TE Vwgh Erkenntnis 1998/10/21 96/09/0179

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Veröffentlicht am 21.10.1998
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde des E Z in W, vertreten durch Dr. Marion Kral, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Habsburgergasse 10/12, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 26. Februar 1996, Zl. UVS-07/05/01017/94, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 3. Bezirk, vom 11. Oktober 1994 wurde der Beschwerdeführer der Übertretung des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz schuldig erkannt, er habe es "als zur Vertretung nach außen Berufener der Firma E zu verantworten, daß diese Gesellschaft drei näher bezeichnete Ausländer am 22. Oktober 1992 auf der Baustelle in W als Monteure ohne arbeitsmarkbehördliche Genehmigung beschäftigt habe, und wurde hiefür mit drei Geldstrafen in Höhe von je S 10.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit drei Ersatzfreiheitsstrafen von je 10 Tagen und Kostenersatz bestraft.

Die belangte Behörde führte eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der sie den Beschwerdeführer sowie mehrere Zeugen einvernahm und auch Einsicht in den erstinstanzlichen Strafakt (auf dessen Verlesung verzichtet worden war) nahm.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG der gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis gerichteten Berufung des Beschwerdeführers keine Folge und bestätigte dieses mit der Maßgabe, daß im Spruch nach den Worten "nach außen Berufener" die Worte "nämlich als handelsrechtlicher Geschäftsführer" einzufügen seien.

Dem lag eine Anzeige des Landesarbeitsamtes Wien vom 23. Oktober 1992 zugrunde, wonach am 22. Oktober 1992 auf der bereits genannten Baustelle Elektroinstallationsarbeiten durch die Firma E durchgeführt worden seien und anläßlich einer Kontrolle die bezeichneten Ausländer, für die keine arbeitsmarktbehördlichen Genehmigungen bestanden hätten, angetroffen worden seien. In seiner Rechtfertigung habe der Beschwerdeführer angegeben, er habe von der Beschäftigung der genannten Ausländer erst im nachhinein erfahren, sein Polier habe offenbar vorgehabt, gute Mitarbeiter anzuwerben und deshalb die Arbeitskenntnisse der drei Ausländer überprüft. Zur Aufnahme von Personal sei er aber nicht berechtigt gewesen. Ein Dienstverhältnis zwischen den Ausländern und der Firma E sei nicht zustande gekommen.

In der gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis erhobenen Berufung habe der Beschwerdeführer vorgebracht, daß es sich bei den Ausländern um Personen gehandelt habe, die zur Weiterbildung auch praktische Arbeit in einem Betrieb hätten verrichten wollen. Sein Polier habe daraufhin überprüfen wollen, ob die Ausländer einerseits einen Lernzweck verfolgten und andererseits auf der Baustelle brauchbar seien und nicht nur eine Belastung darstellten. Es habe sich daher um Volontäre gehandelt.

Auf Grund der Erhebungsergebnisse stellte die belangte Behörde folgenden Sachverhalt als erwiesen fest:

"Am 22.10.1992 führte die Firma E auf der Baustelle in W Elektroinstallationsarbeiten durch. Dabei wurden die im Straferkenntnis näher bezeichneten Ausländer arbeitend angetroffen, für die keine arbeitsmarktbehördliche Genehmigung bestand. Die drei Ausländer waren von Hr. S für die Elektroinstallationsarbeiten auf der Baustelle in W aufgenommen worden."

Die in der Berufungsverhandlung gestellten ergänzenden Beweisanträge des Beschwerdeführers wies die belangte Behörde ab, weil "auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens der Sachverhalt ausreichend festgestellt" habe werden können.

In ihrer Beweiswürdigung folgte die belangte Behörde zunächst der Anzeige des Landesarbeitsamtes, wonach die Ausländer auf der genannten Baustelle arbeitend angetroffen worden seien. Weiters stützte sie sich auf die Aussagen der im Berufungsverfahren vernommenen Zeugen S, G sowie des Beschwerdeführers selbst, die alle einen "glaubwürdigen Eindruck" hinterlassen und nach deren Angaben - im wesentlichen und zusammengefaßt - die drei Ausländer drei (bzw. ein oder zwei) Tage zur Probe "umsonst", d.h. "ohne Entgelt" auf der Baustelle gearbeitet hätten. Ausdrücklich als unglaubwürdig erachtete die belangte Behörde die Angabe des Zeugen S, ihm seien von S drei Leute als Volontäre auf die Baustelle geschickt worden, die lediglich einen Tag auf der Baustelle gewesen seien und nicht gearbeitet hätten. Ausgehend von dem von ihr "festgestellten" Sachverhalt und Zitierung der von ihr in Anwendung gebrachten Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers sei auch die vorliegende Beschäftigung der Ausländer den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zu subsumieren, da unter "probeweiser Beschäftigung" nur ein kurzes Vorführen von Fertigkeiten, nicht aber Arbeitsleistungen über mehrere Tage hindurch verstanden werden könne. Auf Grund der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG, welches ein Ungehorsamsdelikt im Sinn des § 5 Abs. 1 VStG darstelle, habe der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen können, daß ihn an der Übertretung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Im übrigen legte die belangte Behörde ihre Strafzumessungsgründe dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich im wesentlichen dadurch in seinen Rechten verletzt, daß seine ergänzenden Beweisanträge wegen bereits erfolgter Klärung des Sachverhaltes abgewiesen worden seien. Der Beschwerdeführer hatte in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung vom 13. Oktober 1995 nach dem Inhalt des aufgenommenen Protokolls über diese Verhandlung beantragt:

"Beantragt wird weiters die Einvernahme des Zeugen R per Adresse der Firma E zum Beweis für das bisherige Vorbringen, so insbesondere dafür, daß er der für die Baustelle Verantwortliche war und daher Auskunft geben kann über die Vereinbarung, die mit den Ausländern getroffen wurde, und zwar insbesondere, ob ein Dienstverhältnis bestand. Weiters dafür, daß er der Buchhaltung bekanntgab, daß die drei Ausländer als Volontäre beschäftigt wurden und die Firma dieses dem AMS gemeldet hat. Weiters wird die Einräumung einer Frist von 14 Tagen zur Vorlage der Volontärsmeldungen beantragt. Weiters wird die neuerliche Einvernahme im Beisein des BWV des Zeugen G beantragt, um ihn über die Beschäftigung befragen zu können, da nicht erkennbar ist, welche Tätigkeit er für die Firma E zum Zeitpunkt der Kontrolle vornahm und welche Vereinbarungen zum Zeitpunkt der Kontrolle getroffen waren."

Inwieweit der Sachverhalt "ausreichend geklärt" ist, orientiert sich am Tatbestand der in Anwendung gebrachten Strafnorm.

     Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG idF vor der Novelle

BGBl. Nr. 895/1995 begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer

in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung

bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der

Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen

Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung

(§ 4) erteilt, noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein

Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde... bei unberechtigter

Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt

beschäftigen Ausländer mit Geldstrafe von S 5.000,-- bis zu

S 60.000,-- .... .

Nach § 2 Abs. 2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)

in einem Arbeitsverhältnis,

b)

in einem arbeitnehmerähnlichem Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird,

c)

in einem Ausbildungsverhältnis oder

d)

nach den Bestimmungen des § 18.

Maßgebend für ein Volontärsverhältnis ist, daß ein Ausländer ausschließlich zum Zweck der Erweiterung und Anwendung von Kenntnissen, zum Erwerb von Fertigkeiten für die Praxis ohne Arbeitspflicht und ohne Entgeltanspruch gegenüber dem mit der Ausbildung betrauten Unternehmen in Österreich eingesetzt werden (vgl. hg. Erkenntnis vom 26. September 1991, Zl. 91/09/0058). Für die Qualifikation eines Arbeitsverhältnisses als arbeitnehmerähnlich ist die Rechtsnatur der Vertragsbeziehungen zwischen der arbeitnehmerähnlichen Person und dem Arbeitsempfänger nicht entscheidend. Entscheidend ist vielmehr die wirtschaftliche Unselbständigkeit desjenigen, der die Arbeit leistet und der unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie ein Arbeitnehmer tätig ist, ohne aber vom Empfänger der Arbeitsleistung persönlich abhängig zu sein. Für die wirtschaftliche Abhängigkeit des Abeitnehmerähnlichen ist entscheidend, daß dieser Gegenleistungen aus dem Rechtsverhältnis mit dem Empfänger der Arbeitsleistung erhält. Für die Arbeitnehmerähnlichkeit einer Person ist weiters der organisatorische Aspekt ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit von Bedeutung, der darin besteht, daß sie auf Grund ihrer Tätigkeit, die sie im Auftrag und für Rechnung eines anderen leistet, auf Grund der Art und Weise, in der sie für ihn tätig ist, trotz fehlender persönlicher Abhängigkeit nicht mehr in der Lage ist, ihre Arbeitskraft, insoweit sie durch das konkrete Rechtsverhältnis in der Verfügung über ihre Arbeitskraft gehindert ist, anderweitig für Erwerbszwecke einzusetzen und daher als unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie der persönliche Arbeitnehmer tätig anzusehen ist. Bei der Beurteilung, ob es sich um ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis handelt, kommt es auf das Gesamtbild der Tätigkeit an, wobei nicht alle Kritierien, die an sich zur Bestimmung der Arbeitnehmerähnlichkeit wegen wirtschaftlicher Unselbständigkeit in konkreten Einzelfällen möglicherweise relevant sein könnten, als solche aber gar nicht erschöpfend faßbar sind, verwirklicht sein müssen. Arbeitnehmerähnlich kann daher eine Person kann daher eine Person auch dann sein, wenn hinsichtlich ihrer Tätigkeit das eine oder andere an sich relevante Merkmal fehlt, das eine oder andere an sich relevante Merkmal nur geringfügig ausgeprägt ist, während andere wieder in besonders prägnanter Weise zum Ausdruck kommen. Zwar wurde vom Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach ausgesprochen, daß auch kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse dem Ausländerbeschäftigungsgesetz unterworfen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Mai 1997, Zl. 95/09/0293, das hg. Erkenntnis vom 1. Oktober 1997, Zl. 96/09/0036, u.a.)., doch wäre dem Vorbringen des Beschwerdeführers, eine bloß probeweise Beschäftigung von Ausländern unterliege den Bestimmungen des AuslBG, Erfolg beschieden, weil der Verwaltungsgerichtshof zu dieser Frage ebenfalls bereits ausgesprochen hat, daß eine unentgeltliche Vorführung von notwendigen Kenntnissen und Fähigkeiten für die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, die überdies nur kurz angedauert habe, nicht den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes unterfällt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1991, Zl. 91/09/0038, und das hg. Erkenntnis vom 1. Oktober 1997, Zl. 96/09/0036). Als entscheidend wurde angesehen, ob sich der Ausländer in einer wirtschaftlichen Abhängigkeit von dem vom Beschwerdeführer vertretenen Unternehmen befunden hat. Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, daß für das Vorliegen einer Beschäftigung im Sinn des § 2 Abs. 2 lit. a oder b AuslBG die Entgeltlichkeit ein wesentliches Merkmal ist, wobei sich der Anspruch des Arbeitenden auf Bezahlung aus einer mit dem Arbeitgeber getroffenen Vereinbarung, allenfalls aber auch unmittelbar aus arbeitsrechtlichen Vorschriften (so etwa nach § 29 AuslBG oder aus kollektivvertraglichen Regelungen) ergibt, und wonach es an der für eine Beschäftigung nach dem AuslBG essentiellen persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeit fehlt, wenn - sei es ausdrücklich oder konkludent - für die Tätigkeit Unentgeltlichkeit vereinbart wurde (vgl. auch das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 1. Oktober 1997 und die Erkenntnisse vom 26. Juni 1991, Zlen. 91/09/0038 und 91/09/0039). Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den kursorischen Feststellungen der belangten Behörde weder für eine Bejahung noch für eine Verneinung der Tatbildmäßigkeit in Richtung des Vorliegens eines Volontärsverhältnisses noch in Richtung einer bloß probeweisen Beschäftigung ausreichende Anhaltspunkte. Im Rahmen ihrer Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde die diesbezüglichen Aussagen der einvernommenen Zeugen sowie auch des Beschwerdeführers als glaubwürdig, dies fand allerdings in den von ihr getroffenen Feststellungen keinen Niederschlag. Wäre ferner den Beweisanträgen des Beschwerdeführers Folge geleistet und geklärt worden, welchen Inhalt die Vereinbarungen mit den genannten Ausländern gehabt haben - dies insbesondere im Hinblick auf die behauptete Unentgeltlichkeit sowie auch im Hinblick auf die beabsichtigte Dauer der Dienstleistung -, hätten sich nicht nur Widersprüche klären lassen (gerade über die Dauer der Beschäftigung), sondern auch eine entsprechende Grundlage für die Tatbestandsmäßigkeit gefunden werden können, die vorliegenden Beschäftigungsverhältnisse entweder als Arbeitsverhältnis, als arbeitnehmerähnliches Verhältnis, als Volontärsverhältnis oder als bloß probeweise Beschäftigung zu qualifizieren. Da für eine derartige rechtliche Zuordnung die Sachverhaltsgrundlage nicht ausreichend erscheint, hat die belangte Behörde ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben war.

Bei dieser Sachlage muß auf die weiteren Ausführungen in der Beschwerde (in Richtung Verletzung der Bestimmungen des § 44a VStG sowie des § 51h Abs. 3 und 4 VStG - die unbegründet sind ,vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. März 1998, Zl. 96/09/0131, und vom 15. April 1998, Zl. 96/09/0265, vom 18. März 1998, Zlen. 339, 369 und 370 und zur Frage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 1998, Zl. 97/09/0344) nicht näher eingegangen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 21. Oktober 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996090179.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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