TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/12 W168 2212629-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.06.2019
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Entscheidungsdatum

12.06.2019

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §61

Spruch

W168 2212629-1/9E

W168 2212631-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag.Dr. Bernhard MACALKA über die Beschwerden von

1.) XXXX , geb. XXXX , StA: Äthiopien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.12.2018, Zl. 1207308803 / 180900197,

2.) XXXX , geb. XXXX , StA: Äthiopien, vertreten durch die Kindesmutter XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.12.2018, Zl. 1207308705 / 180900205,

zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 21 Abs. 5 Satz 1 BFA - VG wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide rechtmäßig war.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin 1 (BF1) stellte am 23.09.2018 gemeinsam für sich und ihre Tochter, die minderjährige BF2, nach Einreiseverweigerung durch die deutschen Behörden, gegenständliche Anträge auf internationalen Schutz in Österreich und gab hierzu die oben angeführten Personalien an.

Die am gleichen Tag durchgeführten EURODAC - Abfragen ergaben keine Treffer.

Das Vorliegen von italienischen Visa der Kategorie C konnte festgestellt werden.

Die BF1 gab bei der niederschriftlichen Befragung vor der PI XXXX - AGM am 23.09.2018 an, betreffend der BF2 befragt an, dass diese BF2 unter keinerlei Beschwerden oder Krankheiten leiden würde, bzw. keine Medikamente nehmen würde. Sie selbst würde Medikamente benötigen. Befragt zu den Gründen der Ausreise aus Äthiopien führte die BF1 aus, dass sie Äthiopien mittels eines gültigen italienischen Visas verlassen hätten. Sie hätten sich in Folge von Mai 2018 bis zum 21.09.2018 in Italien aufgehalten. Das Ziel wäre Europa gewesen, damit sie, bzw. die BF2, medizinisch versorgt werde.

Aufgrund des Vorliegens von italienischen Touristenvisa, bzw. auch der Angaben des BF1 zu deren Einreise in das Gebiet der Mitgliedsstaaten und zum Reiseweg richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "BFA") am 24.09.2018 die Beschwerdeführer betreffende Aufnahmeersuchen gemäß Art. 12 Abs. 2 der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: "Dublin III-VO") an Italien. Das Führen von Konsultationen wurde den Beschwerdeführern nachweislich zur Kenntnis gebracht.

Italien stimmte daraufhin durch Verschweigung der Aufnahme der BF gem. Art. 12 Abs. 2 Dublin III VO seine Zuständigkeit anerkennend gem. Art. 12 Abs. 2 iVm. Art. 22. Abs. 7 Dublin III VO zu.

Am 13.12.2018 wurde die erstbeschwerdeführende Partei nach Erhalt einer Rechtsberatung einer Befragung durch das BFA unterzogen. Hierbei gab diese zusammenfassend für sich und als gesetzlicher Vertreter der Minderjährigen BF2 zu Protokoll, dass die während der Erstbefragung erstatteten Angaben der Wahrheit entsprechen würden. In Österreich würden sich außer ihrer Tochter keine Personen befinden zu denen ein besonderes Nahe- bzw. Abhängigkeitsverhältnis bestehen würde. Befragt zur seitens des BFA angenommenen Zuständigkeit Italiens führte diese aus, dass sie unter einer Erkrankung im Halbereich leiden würde. Sie wisse nicht genau um welche Erkrankung es sich handeln würde. Sie nehme jedoch Tabletten in der Früh und am Abend. Sie würde seit rund 4 Jahren unter dieser Erkrankung leiden. Es würde Zeit benötigen bis dies heilen würde, es wäre bösartig. Im April hätte sie es rausnehmen lassen wollen. Sie hätte jedoch die Operation in Äthiopien nicht zahlen können. Diesbezüglich wäre sie auch in Italien in Behandlung gestanden, bzw. wäre sie in ein Krankenhaus eingeliefert worden, weil sie bewusstlos gewesen wäre. Sie würde vermuten, dass sie zu wenig Medikamente genommen hätte. Die hätten sie jedoch aus Kostengründen nicht weiterbehandeln wollen. In Österreich wäre sie bereits bei einem Arzt gewesen der ihr Medikamente verschrieben hätte, bzw. wären in Österreich bereits Untersuchungen betreffend die angegebene Erkrankung vorgenommen worden. Stationär wäre sie in Österreich niemals aufgenommen worden. Betreffend der Tochter führte die BF1 aus, dass diese bereits in Äthiopien mit Datum 29.01.2018 operiert worden wäre. Diese würde unter einer Behinderung im Hals- und Rückenbereich leiden, wodurch diese nicht richtig essen und gehen hätte können. Betreffend dieser Erkrankung wäre die BF2 in Italien behandelt worden und dort hätten sie ihr ihre Wirbelsäule komplett gerichtet. Diese Operation wäre in Italien vor rund 6 Monaten durchgeführt worden. Die BF2 wäre in Österreich nicht stationär in einem Krankenhaus behandelt worden. In Italien wären sie jedoch für rund 9 Stunden operiert worden. Weiter zu Italien befragt führte die BF1 aus, dass sie nach Österreich gekommen wäre, weil sie nicht nach Äthiopien zurück wolle. Man hätte sie nach Hause schicken wollen, obwohl ihre Tochter noch nicht vollständig geheilt wäre. Nach Italien wolle sie nicht zurück, da dort eine Krankenschwester mit ihrer Tochter geschrien hätte, obwohl diese wegen Schmerzen geweint hätte. Die wäre nicht ok von diesen gewesen. Auch hätte man ihr gesagt, dass sie Medikamente nicht geben würden, da diese teuer wären. In Österreich wolle sie, dass ihre Tochter weiter behandelt werden würde bis sie richtig geheilt wäre. In Italien wären sie drei Monate nach der Operation in einem Spital gewesen weil die BF2 Schmerzen gehabt hätte. Dort hätte ihr ein Arzt gesagt, dass die Tochter noch für rund ein weiteres Jahr Schmerzen haben würde. Befragt warum die BF1 in Italien keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, bzw. ihr mit der Stellung eines solchen Antrages auch die dortige Grundversorgung offen gestanden wären, führte die BF 1 aus, dass wenn sie dort Asyl beantragt hätte man sie nach Hause geschickt hätte. Dies hätte sie nicht wollen. Betreffender Länderfeststellungen zu Italien führte die BF1 aus, dass sie sie diesbezüglich nicht wisse, ob sie eine Stellungnahme abgeben wolle, bzw. hätte sie den Inhalt sowieso nicht verstanden. Ihre Tochter könne wegen Schmerzen nicht alleine auf das WC und im Krankenhaus hätten sie einen Knochenteil entfernt, bzw. statt diesem hätten sie Metallteile befestigt die weiterhin drinnen bleiben würden. Sie würde denken, dass sie deswegen Schmerzen hätte. Abschließend führte die BF1 aus, dass nur bis zur 6. Klasse in die Schule gegangen wäre. Sie könne nicht lesen und nicht schreiben und wolle nur, dass es ihrer Tochter gut gehe, bzw. diese die erforderlichen Medikamente erhalte. Diese Medikamente wären für diese wichtig und in Äthiopien würde sie diese nicht erhalten. Sie selbst wäre in Äthiopien geblieben.

Mit den angefochtenen Bescheiden wurden I. die Anträge auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass gemäß Art. 12 Abs. 2 oder Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Prüfung der Anträge Italien zuständig sei, II. gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF die Außerlandesbringung der Beschwerdeführer angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gem. § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung nach Italien zulässig sei.

Die Bescheide legen in ihren Begründungen und den aktuellen Feststellungen insbesondere ausführlich dar, dass in dem zuständigen Mitgliedstaat die Praxis der asylrechtlichen und subsidiären Schutzgewährung, die Grund- und Gesundheitsversorgung, die aktuelle Unterbringungssituation, den Zugang zu medizinischen Dienstleistungen für Antragsteller, sowie die Sicherheitslage unbedenklich sind und den Grundsätzen des Unionsrechts genügen.

Die Feststellungen zur Lage in Italien wurden im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (nunmehr gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

KI vom 26.07.2017, Neuer Circular Letter (Tarakhel); Asylstatistik; Unterbringung (relevant für Abschnitt 3/Dublin-Rückkehrer und Abschnitt 6/Unterbringung).

Im Sinne des Tarakhel-Urteils stellte Italien im Juni 2015 in einem Rundbrief eine Liste von SPRAR-Einrichtungen zur Verfügung, welche für die Unterbringung von Familien geeignet sind, die als Dublin-Rückkehrer nach Italien zurückkehren. Zuletzt wurde am 24. Juli 2017 ein neuer Rundbrief versendet und die Liste aktualisiert. Sie umfasst nun 18 SPRAR-Projekte mit zusammen 78 Unterbringungsplätzen für Familien mit Kindern (MdI 24.7.2017).

Aus einer Statistik des UNHCR geht hervor, dass 2017 bis 16. Juli

93.213 Bootsflüchtlinge in Italien gelandet sind. Das sind um 13.373 Personen mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Allerdings ist der Juli 2017 bislang mit 9.461 Migranten etwas schwächer als der Vergleichszeitraum 2016 (9.618). Aus den Statistiken geht hervor, dass mehr Personen in Italien Asylanträge stellen als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, wobei diese Anträge nicht notgedrungen von Neuankünften gestellt worden sein müssen (UNHCR 16.7.2017).

Laut offizieller italienischer Statistik haben 2017 bis zum 14. Juli

80.665 Personen einen Asylantrag gestellt. Mit selbem Datum waren

22.406 Anträge negativ erledigt, 3.842 erhielten Flüchtlingsstatus,

4.165 erhielten subsidiären Schutz, 10.632 erhielten humanitären Schutz. 2.118 Antragsteller waren nicht mehr auffindbar (VB 19.7.2017a).

Mit Stand 18. Juni 2017 waren 194.809 Migranten in staatlichen italienischen Unterbringungseinrichtungen untergebracht (VB 19.7.2017b).

Quellen:- MdI - Ministero dell Interno (24.7.2017): Circular Letter, per -E-Mail - UNHCR - Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (16.7.2017): Italy weekly snapshot - 16 Jul 2017, per E-Mail - VB des BM.I Italien (19.7.2017a): Statistiken der ital. Asylbehörde, per E-Mail - VB des BM.I Italien (19.7.2017b): Auskunft des VB, per E-Mail

Allgemeines zum Asylverfahren

In Italien existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 2.2017; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle).

Aus aktuellen Statistiken des italienischen Innenministeriums geht hervor, dass es im Jahre 2016 insgesamt 123.600 Asylanträge gegeben hat, was einer Steigerung von 47% gegenüber 2015 entspricht (MdI 10.3.2017, vgl. Eurostat 16.3.2017). 4.808 Personen haben 2016 Flüchtlingsstatus zuerkannt bekommen, 12.873 subsidiären Schutz und

18.979 internationalen humanitären Schutz. 54.254 Anträge (60%) wurden abgewiesen (MdI - 10.3.2017).

Die Asylverfahren nehmen je nach Region sechs bis fünfzehn Monate in Anspruch. Wenn Rechtsmittel ergriffen werden, kann sich diese Dauer auf bis zu zwei Jahren erstrecken (USDOS 3.3.2017).

Aus Statistiken des italienischen Innenministeriums geht hervor, dass es in Italien 2017 mit Stand 21. April 46.225 Asylanträge gab. (VB 26.4.2017)

Quellen:- AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 23.3.2017 - MdI - Ministero dell'Interno (10.3.2017): Dati e statistiche,

http://www.libertaciviliimmigrazione.dlci.interno.gov.it/it/documentazione/statistica/i-numeri-dellasilo;

Zugriff 23.3.2017- USDOS - US Department of State (3.3.2017):

Country Report on Human Rights Practices 2016 - Italy, http://www.ecoi.net/local_link/337159/479923_de.html, Zugriff 30.3.2017- VB des BM.I Italien (26.4.2017): Statistik des ital. Innenministeriums, per E-Mail

Dublin-Rückkehrer

Die meisten Dublin-Rückkehrer landen auf den Flughäfen Rom-Fiumicino und Mailand-Malpensa. Ihnen wird am Flughafen von der Polizei eine Einladung (verbale di invito) ausgehändigt, der zu entnehmen ist, welche Quästur für ihr Asylverfahren zuständig ist. Die Situation von Dublin-Rückkehrern hängt vom Stand ihres Verfahrens in Italien ab:

1. Wenn ein Rückkehrer noch keinen Asylantrag in Italien gestellt hat, kann er dies nun tun, so wie jede andere Person auch (AIDA 2.2017).

2. Ist das Verfahren des Rückkehrers noch anhängig, wird es fortgesetzt und er hat dieselben Rechte wie jeder andere Asylwerber auch (AIDA 2.2017).

3. Wenn ein Verfahren vor endgültiger Entscheidung unterbrochen wurde, etwa weil sich der Antragsteller diesem entzogen hat, und der Betreffende wird von Italien im Rahmen von Art. 18(1)(c) zurückgenommen, wird das Verfahren auf Antrag wieder aufgenommen (EASO 12.2015).

4. Bei Rückkehrern, die unter Art. 18(1)(d) und 18(2) fallen und welche Italien verlassen haben, bevor sie über eine negative erstinstanzliche Entscheidung informiert werden konnten, beginnt die Rechtsmittelfrist erst zu laufen, wenn der Rückkehrer von der Entscheidung in Kenntnis gesetzt wurde (EASO 12.2015; vgl. AIDA 2.2017).

5. Wurde der Rückkehrer beim ersten Aufenthalt in Italien von einer negativen Entscheidung in Kenntnis gesetzt und hat dagegen nicht berufen, kann er zur Außerlandesbringung in ein CIE (Schubhaftlager) gebracht werden. Wurde ihm die Entscheidung nicht zur Kenntnis gebracht, steht dem Rückkehrer der Beschwerdeweg offen, sobald er informiert wurde (AIDA 2.2017).

6. Hat sich der Rückkehrer dem persönlichen Interview nicht gestellt und sein Antrag wurde daher negativ beschieden, kann er nach Rückkehr ein neues Interview beantragen (AIDA 2.2017). (Für weitere Informationen, siehe Kapitel 6.3 Dublin-Rückkehrer.)

Quellen:- AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 23.3.2017 - EASO - European Asylum Support Office (12.2015):

Quality Matrix Report: Dublin procedure, per E-Mail

Non-Refoulement

Grundsätzlich bietet Italien Schutz gegen Abschiebung oder Rückkehr von Flüchtlingen in Länder, in denen ihr Leben oder ihre Freiheit aufgrund Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischer Gesinnung bedroht wäre (USDOS 25.6.2015).

Hinsichtlich unbegleiteter Minderjähriger besteht ein absolutes Rückschiebeverbot an der Grenze (UNICEF 29.3.2017).

Das italienische Innenministerium hat ausdrücklich darauf verwiesen, dass der Zugang zu Asylverfahren und Grundrechten Personen nicht verweigert werden kann, für die willkürlich angenommen wird, dass sie des internationalen Schutzes nicht bedürfen. Außerdem wurde explizit bestätigt, dass alle Migranten das Recht haben, vor Refoulement geschützt zu werden. Es würden laut Innenministerium keine Ausweisungsbefehle erlassen, wenn Migranten zuvor nicht korrekt informiert wurden (AIDA 2.2017).

Quellen:- AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 23.3.2017 - UNICEF - United Nations Children's Fund (29.3.2017): Approvata la "Legge Zampa": più tutele e inclusione per i minori stranieri non accompagnati, http://www.unicef.it/doc/7324/approvata-la-legge-zampa-per-minori-stranieri-non-accompagnati.htm, Zugriff 3.4.2017- USDOS - US Department of State (25.6.2015):

Country Report on Human Rights Practices 2014 - Italy, http://www.ecoi.net/local_link/306380/443655_de.html, Zugriff 14.4.2016

Versorgung und Unterbringung

Grundsätzlich sind Fremde zur Unterbringung in Italien berechtigt, sobald sie den Willen erkennbar machen, um Asyl ansuchen zu wollen und eine entsprechende Bedürftigkeit besteht. Das Unterbringungsrecht gilt bis zur erstinstanzlichen Entscheidung bzw. dem Ende der Rechtsmittelfrist. Bei Rechtsmitteln mit automatisch aufschiebender Wirkung besteht dieses Recht auch bis zur Entscheidung des Gerichts. Gemäß der Praxis in den Jahren 2015 und 2016 erfolgt der tatsächliche Zugang zur Unterbringung erst mit der formellen Registrierung des Antrags (verbalizzazione) anstatt sofort nach der erkennungsdienstlichen Behandlung (fotosegnalamento). Zwischen diesen beiden Schritten sind, abhängig von Region und Antragszahlen, Wartezeiten von Wochen oder gar Monaten möglich, in denen Betroffene Probleme beim Zugang zu alternativer Unterbringung haben können. Betroffene Asylwerber ohne ausreichende Geldmittel sind daher auf Freunde oder Notunterkünfte angewiesen, oder es droht ihnen Obdachlosigkeit. Zum Ausmaß dieses Phänomens gibt es allerdings keine statistischen Zahlen. Tatsächlich ist diese Problematik durch die Erweiterung der SPRAR-Kapazitäten und Einführung der temporären Unterbringungsstrukturen (CAS) nur für Personen relevant, die ihren Antrag im Land stellen, nicht für auf See geretteten Asylwerber (AIDA 2.2017).

Wie die untenstehende Statistik des italienischen Innenministeriums zeigt, wurden die Unterbringungskapazitäten in den letzten 3 Jahren massiv gesteigert. (MdI - 31.3.2017)

Mit Stand 31.3.2017 waren in Italien laut offiziellen Statistiken des italienischen Innenministeriums 137.599 Personen in Flüchtlingsunterkünften untergebracht, davon 2.204 in den sogenannten Hotspots (dienen nur der Registrierung der Flüchtlinge; nach max. 72 Stunden Weiterverbringung in Flüchtlingsunterkünfte in ganz Italien), 13.835 in Erstaufnahmezentren, 137.599 in temporären Strukturen (meist durch NGOs und Private mit staatlicher Förderung zur Verfügung gestellt) und 23.867 in staatlicher Betreuung (SPRAR):

Menschen, die - vor allem auf dem Seeweg - illegal nach Italien kommen, erhalten zunächst Unterstützung in den großen Einwanderungszentren bzw. Hotspots (AIDA 2.2017, vgl: MdI 28.7.2015). Die ursprünglichen CPSA in Lampedusa und Pozzallo bilden seit 2016 zusammen mit den Zentren Taranto und Trapani die sogenannten Hotspots. Dieses Hotspot-Konzept wurde von der Europäischen Kommission entwickelt, um jene Mitgliedsstaaten zu unterstützen, die an den EU-Außengrenzen einem besonderen Migrationsdruck ausgesetzt sind. Nähere Informationen sind weiter unten dem Abschnitt "Hotspots" zu entnehmen (AIDA 2.2017, vgl. EC o. D.). Nach dieser Phase der ersten Hilfe unmittelbar nach Ankunft in den CPSA bzw. Hotspots werden die Fremden, je nach Status, entweder rückgeführt oder in andre Unterkünfte verlegt (AIDA 2.2017, vgl. MdI 28.7.2015). (Für weitere Informationen siehe Kapitel 6.2 Hotspots.)

CDA, CARA und CAS

CDA, CARA und CAS sind Erstaufnahmezentren und bieten eine eher grundlegende Versorgung mit Essen, Kleidung, Basisinformation, Rechtsberatung und medizinischer Notversorgung. Es handelt sich um große Erstaufnahmezentren mit sehr vielen Unterbringungsplätzen (AIDA 2.2017).

Die CDA (centri di accoglienza) sind allgemeine Aufnahmezentren, in denen insbesondere die auf dem Staatsgebiet aufgegriffenen Fremden zur Identitätsfeststellung und Statusbestimmung untergebracht werden, während CARA (Centri d'Accoglienza Richiedenti Asilo) Zentren für die Aufnahme von Asylwerbern sind. CDA und CARA umfassen derzeit 15 Erstaufnahmezentren mit ca. 14.694 Plätzen (AIDA 2.2017). Asylwerber sollen dort einige Wochen oder Monate untergebracht werden, bis die administrativen Formalitäten bezüglich eines Asylantrags abgeschlossen und ein neuer Unterkunftspatz gefunden ist. Sprachtraining oder andere Integrationsmaßnahmen finden in diesen Zentren nicht statt (CoE 2.3.2017).

CARA, CDA und CPSA sollen sukzessive in den durch das Gesetz 142/2015 eingeführten sogenannten "hub regionali" aufgehen. Jede Region soll über einen solchen hub verfügen. Migranten, die in den Hotspots um internationalen Schutz ansuchen, sollen dann an diese "hub regionali" als Erstaufnahmezentren weitergeleitet werden. Ziel ist es, die Strukturen zu straffen und die Schutzsuchenden in Zentren unterzubringen, die in der Nähe von Einwanderungsbüros liegen (AIDA 2.2017, vgl. MdI 2016; SFH 8.2016)

Die CAS (Centri di accoglienza straordinaria) sind temporäre Aufnahmezentren, die speziell in Zeiten hoher Migrationsströme andere Zentren entlasten sollen. De facto dienen sie zur Unterbringung von Bootsflüchtlingen. Ihre Zahl wird je nach Bedarf angepasst und ist daher nur schwer festzumachen. Die CAS dienen auch als "Second-Line-Aufnahme" in Vorbereitung auf die Unterbringung in SPRAR. Derzeit sind ca. 130.000 Personen in über 7000 CAS-Unterkünften in ganz Italien untergebracht (AIDA 2.2017, vgl. MdI 28.7.2015). Primär als Notunterkünfte vorgesehen, liegt der Schwerpunkt der CAS nicht auf einer längerfristigen Integration, obwohl viele Asylsuchende während der Bearbeitung ihrer Asylanträge in einem CAS untergebracht sind (CoE 2.3.2017).

Grundsätzlich sollen Asylwerber jedenfalls in allen hier genannten Einrichtungen nur temporär untergebracht werden, bis eine Verlegung in das SPRAR (Sistema di protezione per richiedenti asilo e rifugiati) möglich ist. Da SPRAR aber nicht über ausreichende Kapazitäten verfügt, gibt es einen chronischen Rückstau, der wiederum eine zum Teil massive Überbelegung der CAS-Unterkünfte zur Folge hat. Viele Asylsuchende bleiben bis zum Asylentschied in den CAS. Um eine gewisse Entlastung des Systems herbeizuführen, werden Asylwerber oft sofort nach Erhalt eines positiven Bescheids aus dem Aufnahmesystem genommen (AIDA 2.2017).

Generell variiert die Qualität zwischen den verschiedenen Arten von Flüchtlingsunterkünften und auch innerhalb der jeweiligen Kategorien stark und hängt vom Ausmaß der jeweiligen Überbelegung und dem lokalen Management ab (AIDA 2.2017). Die Bedingungen in einigen Einrichtungen führen zu Bedenken nach den Artikeln 3 und 5 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) (CoE 2.3.2017).

SPRAR - (Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugiati)

Das SPRAR besteht derzeit (Stand 2. Februar 2017) aus 640 kleineren dezentralisierten Zweitaufnahmezentren/Projekten mit einer aktuellen Gesamtkapazität von 25.838 betreuten Personen. Etwa 95 dieser Projekte widmen sich unbegleiteten Minderjährigen (2.007 Personen) und 44 Unterkünfte mit insgesamt 592 Plätzen widmen sich Menschen mit psychischen Problemen (SPRAR 2.2.2017).

Die SPRAR-Projekte der Gemeinden sind hauptsächlich Wohnungen oder kleine Zentren und bieten Übersetzungsleistungen, linguistisch-kulturelle Mediation, rechtliche Beratung, medizinische Versorgung, sozio-psychologische Unterstützung, Unterstützung Vulnerabler, Integrationsberatung sowie Freizeitaktivitäten. Die Unterbringungsbedingungen sind besser als in CARA-Zentren. Es steht mehr Platz pro Person zur Verfügung (in kleineren Einheiten teilen sich oft nur zwei Personen ein Zimmer) und die hygienischen Standards sind besser. Es gibt Erholungsbereiche, manchmal besteht auch die Möglichkeit, selbst zu kochen. Bei Unterbringung unbegleiteter Minderjähriger werden diese Standards normalerweise - beispielsweise um Sportmöglichkeiten - nochmals ausgeweitet (AIDA 2.2017).

Trotz aller positiver Aspekte ist das Wachstum von SPRAR in den vergangenen Jahren nicht ausreichend, um den Unterbringungsbedürfnissen in ausreichendem Maße entsprechen zu können. SPRAR deckt derzeit nur etwa 20% der Aufnahmenachfrage ab (AIDA 2.2017, vgl. MdI 31.3.2017).

Ist in keiner der vorgesehenen Strukturen Platz für einen Asylwerber gegeben, wäre für den Zeitraum, in dem dieser nicht untergebracht werden kann, eigentlich ein Taggeld vorgesehen. In der Praxis wird dieses aber nicht ausbezahlt. Stattdessen wird der Asylwerber unter Inkaufnahme einer entsprechenden Überbelegung trotzdem untergebracht (AIDA 2.2017). NGOs berichten, dass Tausende legale und illegale Fremde - ohne Zugang zu öffentlichen Diensten und Leistungen - in verlassenen alten Gebäuden leben (USDOS 3.3.2017).

NGOs

Außerhalb der staatlichen Strukturen existiert noch ein Netzwerk privater Unterbringungsmöglichkeiten, betrieben etwa von Kirchen und Freiwilligenorganisationen. Ihre Zahl ist schwierig festzumachen. Interessant sind sie im Notfall oder für die Unterbringung von Familien (AIDA 2.2017).

CIE - (Centro di identificazione ed espulsione)

Personen, die sich illegal im Land aufhalten und für internationalen Schutz nicht in Frage kommen, werden in Erwartung der Abschiebung in den Schubhaftzentren CIE untergebracht. Die Dauer des Aufenthalts beträgt hierbei maximal 18 Monate (MdI 28.7.2015).

Italien verfügt mit Stand vom 20. Jänner 2016 über insgesamt sechs in Betrieb befindlichen CIEs mit einer theoretischen Kapazität von insgesamt 720 Plätzen (PI 2.2016).

Quellen:- AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 23.3.2017- CoE - Council of Europe Secretary General (2.3.2017): Bericht zu Fact-Finding-Mission zur Lage von MigrantInnen und Flüchtlingen von 16. bis 21. Oktober 2016 (Aufnahmebedingungen; unbegleitete Kinder; internationale Schutzverfahren; MigrantInnen im Transit; Integration; etc.), https://search.coe.int/cm/Pages/result_details.aspx?ObjectId=09000016806f9d70, Zugriff 7.4.2017- EC - European Commission (o.D.), Hotspot-Konzept zur Steuerung außergewöhnlicher Migrationsströme, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/what-we-do/policies/european-agenda-migration/background-information/docs/2_hotspots_de.pdf, Zugriff 3.4.2017

- MdI - Ministero dell'Interno Italiano (28.7.2015): Centri per l'imigrazione,

http://www.interno.gov.it/it/temi/immigrazione-e-asilo/sistema-accoglienza-sul-territorio/centri-limmigrazione, Zugriff 28.3.2017- MdI - Ministero dell'Interno Italiano (2016):

Piano accoglienza 2016. Tavolo di ccordinamento nazionale, Zugriff 11.4.2017- MdI - Ministero dell'Interno (31.3.2017): Dati e statistiche,

http://www.libertaciviliimmigrazione.dlci.interno.gov.it/it/documentazione/statistica/cruscotto-statistico-giornaliero, Zugriff 4.4.2017 - PI - Parlamento Italiano, Senato della Repubblica (2.2016): Rapporto sui centri di identificazione ed espulsione in Italia,

https://www.senato.it/application/xmanager/projects/leg17/file/repository/commissioni/dirittiumaniXVII/rapporto_cie.pdf, Zugriff 11.4.2017 - SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (8.2016):

Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien, https://www.ecoi.net/file_upload/90_1472034789_160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen-final.pdf, Zugriff 11.4.2017- SPRAR - Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugiati (2.2.2017): Composizione di base della rete SPRAR, http://www.sprar.it/i-numeri-dello-sprar, Zugriff 11.4.2017 - USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 -

Italy,http://www.ecoi.net/local_link/337159/479923_de.html, Zugriff 30.3.2017 - VB des BM.I Italien (19.4.2017): Statistik des ital. Innenministeriums, per E-Mail

Hotspots

Im Zuge der zunehmenden Migrationsbewegungen in Richtung Europa hat die Europäische Kommission am 13. Mai 2015 eine Migrationsagenda zur "besseren Steuerung der Migration" verabschiedet. Eine der Maßnahmen ist der sog. "Hotspot approach", bei dem mit Unterstützung der europäischen Asylunterstützungsagentur EASO (sowie unter Hinzuziehung von Frontex, Europol und Eurojust) mit den Behörden der Grenzstaaten eine rasche Identifizierung der ankommenden Migrantinnen und Migranten und die umfassende Registrierung sowie die Abnahme der Fingerabdrücke gewährleisten sollen. Menschen, die Anspruch auf internationalen Schutz haben, können von den betroffenen Mitgliedsstaaten an andere EU Mitgliedsstaaten umverteilt werden, wo ihr Asylantrag bearbeitet wird. Italien und Griechenland sind die ersten beiden Mitgliedstaaten, in denen das Hotspot-Konzept derzeit angewandt wird (EC 27.3.2017; vgl. SFH 8.2016).

Migranten, die - vor allem auf dem Seeweg - illegal nach Italien kommen, erhalten zunächst Unterstützung in den großen Hotspot-Zentren. Dort werden ihre Daten erkennungsdienstlich aufgenommen, es erfolgt ein erster medizinischer Check und sie haben die Möglichkeit, um internationalen Schutz anzusuchen (AIDA 2.2017). Jene Menschen, die keinen Schutzanspruch haben, sollen rasch rückgeführt werden. Die anderen werden in die "hub regionali" (Regionalzentren) überstellt. Auch wird eine mögliche Umverteilung an andere EU-Staaten für die Durchführung des Asylverfahrens überprüft (AIDA 2.2017; vgl. EC 27.3.2017).

In Italien wurden bisher 4 Hotspots mit einer Kapazität von insgesamt 1.600 Personen eingerichtet (Lampedusa, Pozzallo, Taranto und Trapani) (EC 27.3.2017). Nach Medienberichten sollen diese nun durch weitere Hotspots ergänzt werden. Im Gespräch hierfür sind Messina und Palermo auf Sizilien sowie Corigliano, Reggio Calabria und Crotone in Kalabrien (AIDA 2.2017, vgl. GdS 17.3.2017).

Die gesetzlich zulässige Aufenthaltsdauer von 48 bzw. 72 Stunden in den Hotspots wird in der Praxis vielfach nicht eingehalten (AIDA 2.2017).

Die hohe Anzahl der Ankünfte hat sich negativ auf das System zur Registrierung und auf das italienische Empfangssystem als Ganzes ausgewirkt. Nicht immer ist die wirksame Identifizierung von Opfern von Menschenhandel oder Vulnerablen bzw. die Bereitstellung von angemessenen Informationen über deren Rechte gewährleistet. Dies ist insbesondere problematisch, wenn eine hohe Anzahl von Flüchtlingen und Migranten gleichzeitig eintrifft (CoE 2.3.2017).

Quellen:- AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 23.3.2017- CoE - Council of Europe Secretary General (2.3.2017): Bericht zu Fact-Finding-Mission zur Lage von MigrantInnen und Flüchtlingen von 16. bis 21. Oktober 2016 (Aufnahmebedingungen; unbegleitete Kinder; internationale Schutzverfahren; MigrantInnen im Transit; Integration; etc.), https://search.coe.int/cm/Pages/result_details.aspx?ObjectId=09000016806f9d70, Zugriff 7.4.2017- EC - European Commission (27.3.2017), Hotspots in Italy,

https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/what-we-do/policies/european-agenda-migration/press-material/docs/state_of_play_-_hotspots_en.pdf, Zugriff 3.4.2017- GdS - Giornale di Sicilia (17.3.2017): Migranti, hotspot a Palermo e Messina. Tramonta l'ipotesi Mineo, http://catania.gds.it/2017/03/17/migranti-hotspot-a-palermo-e-messina-tramonta-lipotesi-mineo_641852/, Zugriff 4.4.2017- SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (8.2016):

Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien, https://www.ecoi.net/file_upload/90_1472034789_160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen-final.pdf, Zugriff 11.4.2017

Dublin-Rückkehrer

Dublin-Rückkehrer die noch nicht in Italien offiziell untergebracht waren, haben Zugang zu Unterbringung. Eine allgemeine Aussage, wie lange es dauert bis tatsächlich ein Platz gefunden ist, ist nicht möglich. Aufgrund von Informationsmangel, Fragmentierung des Systems und Platzknappheit, dauert es tendenziell länger. In den letzten Jahren wurden daher temporäre Aufnahmestrukturen für die Rückkehrer geschaffen, in denen vulnerable Fälle verbleiben bis eine alternative Unterbringung gefunden ist, bzw. in denen nicht-vulnerable Fälle bleiben, bis ihr rechtlicher Status geklärt ist. Berichten zufolge kommt es aber vor, dass Dublin-Rückkehrer nicht untergebracht werden und sich daher selbst um ihre Unterbringung - mitunter in Behelfssiedlungen - kümmern müssen (AIDA 2.2017).

Wenn Rückkehrer in Italien bereits einmal offiziell untergebracht waren und diese Unterbringung einfach verlassen haben, kann dies zu Problemen führen. Wenn diese Personen nach Rückkehr einen Antrag auf Unterbringung stellen, kann dieser von der zuständigen Präfektur abgelehnt werden. Ebenso haben Rückkehrer mit einem Schutzstatus in Italien Probleme beim Zugang zu Unterbringung (AIDA 2.2017).

Im Sinne des Tarakhel-Urteils stellte IT im Juni 2015 in einem Rundbrief eine Liste von SPRAR-Einrichtungen zur Verfügung, welche für die Unterbringung von Familien geeignet sind. Zuletzt wurde am 12. Oktober 2016 ein neuer Rundbrief versendet und die Liste aktualisiert. Sie umfasst nun 11 SPRAR-Projekte mit zusammen 58 Unterbringungsplätzen für Familien mit Kindern (MdI 12.10.2016).

Die NGOs Danish Refugee Council und Swiss Refugee Council haben Anfang 2017 6 Fälle von vulnerablen Rückkehrern (Familien mit Kindern bzw. Schwangeren) nach Italien einem Monitoring unterzogen und berichten, dass 2 dieser Fälle bei Rückkehr keinen Zugang zu Unterbringung hatten. Die übrigen 4 Fälle wurden zunächst übergangsweise untergebracht, wobei die Bedingungen als für Vulnerable unpassend kritisiert wurden. In weiterer Folge konnten Plätze in SPRAR gefunden werden. Die Betroffenen und die beteiligten NGOs sprechen von Willkür oder zumindest Unvorhersehbarkeit seitens der italienischen Behörden. Als problematisch wurde in den gemonitorten Fällen vor allem der mangelnde Informationsfluss betreffend die Vulnerabilität der Rückkehrer zwischen den Behörden des überstellenden Staats und Italiens beschrieben (DRC/SRC 9.2.2017).

Der BM.I-Verbindungsbeamte in Italien, der gegebenenfalls die Rückkehr vulnerabler Fälle aus Österreich am Flughafen Rom-Fiumicino begleiten kann, berichtete im Feber 2017 von der Rückkehr einer Familie mit Kindern nach Italien, woraus sich abseits des Einzelfalls interessante allgemeine Fakten ergeben. Am Flughafen Fiumicino sind ab 10:30 Uhr Vertreter der Vereinigung ITC (Interpreti Traduttori in Cooperativa) vertreten.

Es handelt sich dabei um eine Kooperative von Übersetzern, Dolmetschern und Kulturmediatoren, die in ganz Italien mit über 2.000 Experten aktiv sind und mehrere italienische Behörden und internationale Organisationen mit ihrer Kompetenz beim Umgang mit Migranten unterstützen. Diese decken offenbar eine gewisse Bandbreite an Sprachen ab und unterstützen gegebenenfalls bei der niederschriftlichen Befragung zu den Asylgründen in Italien. Die Quästur hat direkt am Flughafen Rom Fiumicino eine Zweigstelle eingerichtet, um den administrativen Ablauf zu beschleunigen und den Rückkehrern die Anfahrt ins Zentrum von Rom zu ersparen. Nach der Befragung wurde der Familie der zeitlich auf 6 Monate befristete Aufenthaltstitel für Asylwerber von der Quästur ausgestellt und die Familie erhielt eine Mahlzeit, während mit der Präfektur von Rom abgeklärt wurde, wo die Rückkehrer vorübergehend unterzubringen wären. Da zum Zeitpunkt der Anreise keine Plätze in SPRAR-Strukturen (Unterkünfte der 2. Stufe; auch: Folgeunterkünfte) zur Verfügung standen, wurde die Familie zuerst außerordentlich untergebracht (in sogenannten Centri accoglienza straordinari). Auch bei dieser Art der Unterbringung werden Familien in eigenen Strukturen untergebracht. Sobald ein Platz in einer SPRAR-Struktur frei wird, werden die Familien dorthin verlegt. Der Transfer in die Unterbringung erfolgt entweder organisiert, oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln, wobei die Kosten dann durch die Vereinigung "ITC" getragen werden. Im gemonitorten Fall war der Transfer für denselben Nachmittag angekündigt. (VB 14.2.2017; ITC o.D.).

Quellen:- AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 23.3.2017- DRC - Danish Refugee Council / SRC - Swiss Refugee Council (9.2.2017): Is mutual trust enough? The situation of persons with special reception needs upon return to Italy, https://www.refugeecouncil.ch/assets/news/2017/drc-osar-drmp-report-090217.pdf, Zugriff 8.5.2017 - ITC Interpreti Traduttori in Cooperativa (o.D.):

The Cooperative,

http://www.cooperativaitc.org/en/about-us/the-cooperative, Zugriff 9.5.2017 - MdI - Ministero dell Interno (12.10.2016): Circular Letter, per -E-Mail - VB des BM.I für Italien (14.2.2017): Bericht des VB, per E-Mail

Medizinische Versorgung

Asylwerber und Personen mit einem Schutzstatus in Italien müssen sich beim italienischen nationalen Gesundheitsdienst registrieren und haben dann in Bezug auf medizinische Versorgung dieselben Rechte und Pflichten wie italienische Staatsbürger. Das Recht auf medizinische Versorgung erfolgt im Moment der Registrierung eines Asylantrags, der wiederum von der Zuweisung eines "codice fiscale" (Steuer-Codes) abhängt, der von den Quästuren im Zuge der Formalisierung des Asylantrags vergeben wird. Das kann Wochen oder sogar Monate dauern, zumal 2016 ein eigenes Steuercode-System für Asylwerber eingeführt wurde. Bis dahin haben Asylsuchende nur Zugang zu medizinischen Basisleistungen wie etwa einer Notfallversorgung, wie sie gemäß Artikel 35 des Einwanderungsgesetzes (TUI) auch illegalen Migranten zusteht. Die Anmeldung erfolgt in den Büros der lokalen Gesundheitsdienste (Aziende sanitaria locali, ASL). Im Zuge der Registrierung wird eine Gesundheitskarte (tessera sanitaria) ausgestellt. Die Registrierung berechtigt zu folgenden Leistungen:

freie Wahl eines Hausarztes bzw. Kinderarztes (kostenlose Arztbesuche, Hausbesuche, Rezepte, usw.); Geburtshilfe und gynäkologische Betreuung bei der Familienberatung (consultorio familiare) ohne allgemeinärztliche Überweisung; kostenlose Aufenthalte in öffentlichen Krankenhäusern (AIDA 2.2017).

Asylwerber und Schutzberechtigte können sich auf Basis einer Eigendeklaration bei der ASL als bedürftig registrieren lassen. Sie werden dann arbeitslosen Staatsbürgern gleichgestellt und müssen keine Praxisgebühr ("Ticket") bezahlen. Die Praxis ist aber nicht im ganzen Land einheitlich. Auch bezüglich der Verlängerung der Befreiung gibt es regional unterschiedliche Regelungen. Die Sprachbarriere ist das größte Zugangshindernis zu medizinischer Versorgung. Asylwerber und Schutzberechtigte mit psychischen Problemen (z.B. Folteropfer) haben das Recht auf dieselbe Behandlung wie italienische Staatsbürger. Seit April 2016 existiert in Rom ein NGO-Projekt zur Indentifizierung und Rehabilitation von Folteropfern (AIDA 2.2017).

Der Zugang zur Gesundheitsversorgung wird in der Praxis dadurch beeinträchtigt, dass viele Asylwerber und Schutzberechtigte nicht über ihre Rechte und das administrative Verfahren zum Erhalt einer Gesundheitskarte informiert sind. Dies gilt insbesondere, wenn sie sich in einer prekären Wohnsituation befinden (SFH 8.2016).

Auch illegal aufhältige Personen können von medizinischen Notdiensten usw. Gebrauch machen. Die Gesetze verbieten es dem medizinischen und Verwaltungspersonal, die Polizei bezüglich illegaler Migranten zu informieren (UNHRC 21.7.2014).

MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).

Quellen: - AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 23.3.2017 - MedCOI - Medical Country of Origin Information (14.12.2016): Auskunft MedCOI, per E-Mail - SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (8.2016): Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien,

https://www.ecoi.net/file_upload/90_1472034789_160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen-final.pdf, Zugriff 11.4.2017 - UNHRC - United Nations Human Rights Council (21.7.2014): National report submitted by the Government of Italy, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1414580593_g1408921.pdf, Zugriff 27.4.2016

Anerkannte Flüchtlinge / subsidiär Schutzberechtigte

Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte erhalten Aufenthaltsberechtigungen für jeweils 5 Jahre. Bei humanitärem Aufenthalt gelten diese 2 Jahre. Um diese zu erhalten brauchen die Schutzberechtigten eine Meldeadresse, was manchmal ein Problem sein kann, vor allem bei der Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung, welche postalisch beantragt werden muss. Laut Gesetz haben in SPRAR-Strukturen untergebrachte Schutzberechtigte ein Recht darauf für 6 weitere Monate untergebracht zu bleiben; in besonderen Fällen auch für 12 oder mehr Monate. Asylwerber und anerkannte Flüchtlinge, die im SPRAR-System untergebracht sind, werden in der Regel in ihrem Integrationsprozess durch individualisierte Projekte mit Berufsausbildung und Praktika unterstützt. Das Angebot ist aber von Projekt zu Projekt unterschiedlich. Die Kapazität des SPRAR-Systems ist aber begrenzt. Bei Unterbringung in anderen Strukturen, ist die Praxis nicht einheitlich. In vielen temporären Aufnahmezentren (CAS), ist ein Verbleib Schutzberechtigter entweder nicht vorgesehen, oder auf wenige Tage beschränkt. Unbegleitete Minderjährige, welche die Volljährigkeit erreichen, dürfen für 6 weitere Monate in der Unterbringung bleiben. Rechtlich haben anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte Zugang zu Sozialwohnungen wie italienische Staatsbürger. Die Aufenthaltsberechtigung in Italien berechtigt die Inhaber eines Schutzstatus auch zu Zugang zum Arbeitsmarkt im selben Ausmaß wie italienische Staatsbürger. Mittel für die Berufsausbildung oder andere Integrationsprogramme für Asylwerber und Schutzberechtigte können durch nationale öffentliche Mittel (8xmille) oder den EU-Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) bereitgestellt werden. Die im Rahmen des AMIF finanzierten Projekte sind jedoch in Bezug auf die Tätigkeit und die Anzahl der Begünstigten sehr begrenzt. Auch Gemeinden können berufliche Schulungen, Praktika und spezifische Beschäftigungsstipendien finanzieren ("borse lavoro"), die für Italiener sowie Ausländer (auch Asylbewerber und Schutzberechtigte) zugänglich sind. Wie Asylwerber, müssen sich Personen mit einem Schutzstatus in Italien beim italienischen Nationalen Gesundheitsdienst registrieren und haben dann dieselben Rechte und Pflichten in Bezug auf medizinische Versorgung wie italienische Staatsbürger. Die Registrierung gilt für die Dauer der Aufenthaltserlaubnis und erlischt auch nicht während einer etwaigen Verlängerungsphase. Probleme beim Zugang zu medizinischer Versorgung für Schutzberechtigte können durch das Fehlen einer Meldeadresse entstehen. In einigen Regionen Italiens sind Schutzberechtigte nicht mehr von der Praxisgebühr ("Ticket") ausgenommen. In manchen Regionen gilt die Befreiung weiter, bis die Schutzberechtigten einen Arbeitsplatz finden (AIDA 2.2017).

Die formellen Bemühungen, Flüchtlinge in die italienische Gesellschaft zu integrieren, sind begrenzt. Darüber hinaus schränkt die hohe Arbeitslosigkeit die Möglichkeit einer legalen Beschäftigung für viele Flüchtlinge ein. Nicht-Italiener werden auf dem Arbeitsmarkt weiterhin diskriminiert und die entsprechenden rechtlichen Schutzbestimmungen werden nicht effizient genug umgesetzt. (USDOS 3.3.2017).

Die sozioökonomische Integration von Schutzberechtigten ist de facto an die Regionen delegiert. Die Regionen haben dabei weitreichende Kompetenzen zur Regelung sozialer Belange. Insgesamt ist das Niveau der Integration von Flüchtlingen zwischen einzelnen Regionen und Gemeinden sehr unterschiedlich und unklare Kompetenzverteilungen verkomplizieren die Abläufe. Aufgrund der Wirtschaftskrise gab es budgetäre Kürzungen mit unmittelbaren negativen Auswirkungen auf die Unterstützung Schutzberechtigter. Die Integrationsaussichten Schutzberechtigter in Italien sind damit begrenzt. Die Ausübung bestimmter Rechte bedingt angeblich das Vorhandensein von Dokumenten, welche viele Schutzberechtigte nicht haben und aus ihren Herkunftsstaaten auch nicht erhalten können (UNHCR 3.2015).

Quellen: - AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 11.5.2017 - UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (3.2015): Submission by the United Nations High Commissioner for Refugees For the Office of the High Commissioner for Human Rights'

Compilation Report - Universal Periodic Review: Italy, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1430987595_5541e115d.pdf, Zugriff 11.5.2017- USDOS - US Department of State (3.3.2017):

Country Report on Human Rights Practices 2016 - Italy, https://www.ecoi.net/local_link/337159/466919_en.html, Zugriff 11.5.2017

Begründend führte das BFA zusammenfassend aus, dass die Anträge auf internationalen Schutz zurückzuweisen seien, da nach durch Verschweigen erfolgter Zustimmung zur Aufnahme gemäß Art. 12 Abs. 2 oder 3 Dublin III VO Italien für die Prüfung der Anträge zuständig sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung der Beschwerdeführer ernstlich für möglich erscheinen lassen würde, sei im Verfahren nicht erstattet worden. Unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen hätten sich keine Hinweise ergeben, dass die Beschwerdeführer an derart schweren körperlichen Krankheiten, bzw. schweren psychischen Störungen leiden würden, sodass eine Überstellung insbesondere auch der BF2 einen unzulässigen Eingriff in besonders durch Art 3 EMRK geschützte Rechte darstellen würde. In einer Gesamtbetrachtung habe sich daher kein Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Es gäbe auch keine Gründe, die Durchführung der Entscheidung gemäß § 61 Abs. 3 FPG aufzuschieben. Beweiswürdigend wurde weiters insbesondere ausgeführt, dass nicht festgestellt hätte werden können, dass eine Überstellung der beschwerdeführenden Parteien nach Italien eine Verletzung des Art. 3 bzw. Art. 8 EMRK bedeuten würde. Das Vorliegen einer glaubhaften bzw. nachvollziehbar konkreten Bedrohung in Italien wäre nicht erstattet worden. Es würde kein besonderes Abhängigkeits- bzw. Naheverhältnis zu sich im Bundesgebiet befindlichen Personen bestehen. Die beschwerdeführenden Parteien könnten sich nach Antragstellung in Italien jederzeit in die staatliche Betreuung zur Versorgung begeben, die gesichert in Italien, insbesondere auch in Bezug auf die minderjährigen Beschwerdeführer im erforderlichen Ausmaße zu Verfügung steht. Italien sei als sicherer Staat im Sinne des Asylgesetzes anzusehen. Italien habe die Statusrichtline, die Verfahrensrichtlinie als auch die Aufnahmerichtlinie der EU ratifiziert. Gegen Italien habe die Europäische Kommission kein Vertragsverletzungsverfahren gem. Art. 226 EG- Vertrag wegen Missachtung dieser Richtlinien eingeleitet. Das Bundesamt würde Dublin Überstellungen nach Italien mindestens 15 Tage vor dem geplanten Termin den italienischen Behörden ankündigen. Auch würden bei Vorlieben von medizinischen Daten diese vom Bundesamt vor der Überstellung den italienischen Behörden mitgeteilt. Auch wäre besonders zu betonen, dass sich die italienischen Behörden in ihrem Schreiben vom 22.05.2018 ausdrücklich bereit erklärt haben die BF im Rahmen ihrer Verpflichtungen aus der Dublin III VO zu übernehmen. Es könne daher nicht erkannt werden, dass den BF der Zugang zum Asylverfahren in Italien verweigert werde. Aufgrund der vorliegenden Länderfeststellungen zu Italien stehe fest, dass die erforderliche Versorgung in Italien im erforderlichen Ausmaß zur Verfügung stehen würde. Das Vorliegen von sonstigen berücksichtigungswerten Krankheiten wäre nicht vorgebracht worden. Im Verfahren sei kein im besonderen Maße substantiiertes glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer relevanten Verletzung des Art. 4 Grundrechte - Charta bzw. Art. 3 EMRK im Falle einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen lassen, hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe daher zu. Italien sei bereit, die Antragsteller einreisen zu lassen und ihre Anträge auf internationalen Schutz zu prüfen bzw. die sonstigen ihn aus der Dublinverordnung und anderen einschlägigen unionsrechtlichen Rechtsakten treffenden Verpflichtungen den Antragstellern gegenüber zu erfüllen. Es sei festzustellen, dass in Italien, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als einer Rechts- und Wertegemeinschaft und des Europarates mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK im gegenständlichen Zusammenhang nicht eintreten werde. Auch aus der Rechtsprechung des EGMR oder aus sonstigem Amtswissen lasse sich eine systematische, notorische Verletzung fundamentaler Menschenrechte in Italien keinesfalls erkennen.

Gegen diese Bescheide richten sich die fristgerecht durch die ARGE, Diakonie Flüchtlingsdienst GmbH als Vertreter eingebrachten Beschwerden. In diesen wird zusammenfassend ausgeführt, dass die gegenständlichen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit und aufgrund von Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten werden würden. Die Behörde hätte sich zur Beurteilung der Lage in Italien auf Länderfeststellungen gestützt, die unvollständig, unzureichend, einseitig und teilweise nicht mehr aktuell seinen, bzw. hätte ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Gerade bei Ländern in denen sich die Situation schnell ändern würde, wäre die Behörde verpflichtet aktuelle Quellen heranzuziehen. In Italien hätte eine außerordentliche Zunahme von Flüchtlingen stattgefunden. Diese Situation wäre durch aktualisierte Länderfeststellungen zu Italien zu beleuchten gewesen. Es wäre keine individuelle Zusage bzw. keine Einzelfallprüfung einer Versorgung hinsichtlich eines konkreten Unterbringungsplatzes eingeholt worden. Aufgrund der Lage in Italien wären zahlreiche Asylsuchende in Italien obdachlos, bzw. würden während der Wartezeit von eventuell einem Monat keine Versorgung erhalten. Eine solcherart Wartezeit hätte insbesondere für Familien mit Kleinkindern fatale Folgen. Mehrer Berichte von NGOs über die Versorgungslage in Italien wurden den diesbezüglichen Beschwerdeausführungen beigefügt. Auch wäre auf das Erkenntnis Tarakel zu verweisen. Auch aus diesem würde erschließlich sein, dass die Einholung einer Einzelfallzusicherung hinsichtlich eines konkreten Unterbringungsplatzes erforderlich wäre. Die Zustände in den italienischen Flüchtlingscamps würden jedenfalls eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC gewährleisteten Rechte darstellen, da diese maßlos überfüllt seien. Eine individuelle Zusicherung der Versorgung hätte in diesem Verfahren eingeholt werden müssen. Die Behörde hätte ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt, als diese sich in den gegenständlichen Verfahren nicht ausreichend mit den konkreten Versorgungsmöglichkeiten für die BF in Italien auseinandersetzt, bzw. relevante Ermittlungen zu den konkreten Unterbringungsmöglichkeiten der BF in Italien unterlassen hätte. Auch hätte sich die Behörde zu wenig mit dem Kindeswohl betreffend insbesondere der BF2 auseinandergesetzt. Auch im Rahmen der Interpretation der EMRK würde dem Kindeswohl gem. der Judikatur des EGMR eine tragende Rolle zukommen. Eine Abschiebung würde nicht dem Kindeswohl entsprechen, da diese aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen würden. Die Behörde hätte sich insbesondere auch auf mangelnde Länderberichte dahingehend gestützt, als insbesondere die Unterbringung und medizinische Versorgung in der Realität weit von den theoretischen Angaben abweicht. Die Behörde hätte sich bei ihrer Entscheidung auf Länderfeststellungen gestützt die unvollständig, einseitig und teilweise nicht mehr aktuell seien. Angeführt wurde ein Bericht einer dänischen NGO vom 9.2.2017 betreffend eine geringe Anzahl von Verfahren mit Familien in denen diese NGO die Bedingungen der Unterbringung als für Vulnerable nicht passend kritisieren würde, bzw. festgestellt hätte, dass 2 Familien keinen Zugang zu einer Unterbringung erhalten hätten. Die italienischen Behörden wären aufgrund des hohen Zustroms von Flüchtlingen überfordert und würden an erheblichen Personalmangel leiden. Da in den gegenständlichen Verfahren keine individuellen Garantien seitens der italienischen Behörden für die Unterbringung und Versorgung der Beschwerdeführer vorliegen würden und den Beschwerdeführern in Italien Obdachlosigkeit, menschenunwürdige Bedingungen und unzureichende medizinische Versorgung drohen würde, wäre das Verfahren mit Mangelhaftigkeit belastet. Die Behörde hätte diesbezüglich eine mangelhafte Beweiswürdigung, bzw. eine unrichtige rechtliche Beurteilung vorgenommen als eine Überstellung nach Italien Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC verletzen würde. Aus diesen Gründen hätte die Behörde mangelhafte Beweiswürdigungen vorgenommen, unrichtige Feststellungen getroffen und in Folge eine falsche rechtliche Beurteilung vorgenommen. Aufgrund der systemischen Mängel im italienischen Aufnahmesystem würde eine Überstellung der Beschwerdeführer nach Italien eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK und Art. 4 GRC gewährleisteten Rechte wahrscheinlich erscheinen lassen. Die Einholung von Einzelfallzusicherungen wäre erforderlich gewesen. Aufgrund der vorliegenden schweren Ermittlungsfehler wäre der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich wäre und den Beschwerden bereit aus diesem Grunde gem. §21 Abs. 3 BFA - VG stattzugeben wäre. Aus diesen Gründen würde ebenso der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gem. §17 Abs. 1 BFA - VG gestellt werden. Dies da den Beschwerdeführern in eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung drohen würde. Ferner wären die Anträge zu stellen sein den Beschwerden stattzugeben und die gegenständlichen Verfahren zu beheben und die Anträge der Beschwerdeführer für zulässig zu erklären und an die erste Instanz zu verweisen um ein inhaltliches Verfahren durchzuführen, bzw. eine mündliche Verhandlung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchzuführen, in eventu festzustellen, dass die gem. §61 FPG angeordnete Außerlandesbringung auf Dauer unzulässig sei, der Beschwerde gem. §17 Abs. 1 BFA - VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Mit Datum 28.01.2019 wurde das BVwG über die erfolgte Labor - Untersuchung der BF1 betreffend die angegebene Schilddrüsenerkrankung am UKH Salzkammergut informiert. Diesem Schreiben ist insbesondere betreffend die Erkrankung der BF1 zu entnehmen, dass empfohlen wird, die thyreostatistische Therapie mittels eines Medikamentes fortzusetzen und regelmäßige Kontrollen durchzuführen.

Mit Mitteilung des LPD - NÖ vom 27.02.2019 wurde das BVwG über die gemeinsam ohne besondere Vorkommnisse erfolgte Rücküberstellung der Beschwerdeführer mit Datum 27.02.2018 nach Italien informiert.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführer reisten gemeinsam mittels italienischer Schengen Visa in das Gebiet der Mitgliedsstaaten ein und stellten in Österreich mit Datum 23.09.2018 gegenständliche Anträge auf internationalen Schutz.

Das BFA richtete in Folge begründete Aufnahmeersuchen an Italien. Italien stimmte seine Zuständigkeit durch Verschweigung mit Datum 27.10.2018 anerkennend gem. Art. 12 Abs. 2 oder 3 iVm. Art. 22 Abs. 7 Dublin III - VO diesen Ersuchen nachweislich zu.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur unbedenklichen Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Italien an.

Die Beschwerdeführer leiden unter keinen unmittelbar schweren, bzw. akut lebensbedrohenden Erkrankungen, die eine Überstellungsunfähigkeit indizieren würden.

Konkrete, in den Personen der Beschwerdeführer gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor. Eine Überstellung der Beschwerdeführer nach Italien stellt keine Verletzung von durch Art. 3 EMRK geschützte Rechte dar.

Besonders intensiv ausgeprägte private, familiäre oder berufliche Bindungen der Beschwerdeführer bestehen im österreichischen Bundesgebiet nicht. Eine insbesondere gemeinsam durchgeführte Überstellung der Beschwerdeführer

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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