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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 96/04/0033 E 22. Oktober 1998 96/04/0034 E 22. Oktober 1998Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde der E B gegen den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wegen Verletzung der Entscheidungspflicht i.A. Nachsicht vom Befähigungsnachweis für das Gewerbe der Fußpfleger, zu Recht erkannt:
Spruch
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 42 Abs. 4 VwGG wird die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 30. Mai 1995, Zl. Ge-262719/2-1995/Sti/Pi, als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 21. August 1994 stellte die Beschwerdeführerin an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land den Antrag auf Erteilung der Nachsicht vom Befähigungsnachweis für das Gewerbe des Fußpflegers.
Im Antrag wurde darauf hingewiesen, daß die Beschwerdeführerin nach Ablegung der Matura im Jahr 1987 am Bundesschulzentrum T die Salzburger Schule für Gesundheitstraining und Bewegung besucht habe. Diese Maturanten-Ausbildung dauere zwei Jahre und beinhalte Theorie und Praxis der Gewerbe Fußpflege, Massage und Kosmetik. 1989 habe die Beschwerdeführerin diese Schule mit einem Abschlußzeugnis und dem Diplom für Gesundheitstrainer abgeschlossen. Anschließend habe sie zweieinhalb Jahre im Sporthotel "G" gearbeitet, wo sie alle drei genannten Gewerbe ausgeübt habe. Danach sei sie ein halbes Jahr im Massagefachinstitut C tätig gewesen. Seit Juni 1992 übe die Beschwerdeführerin ihren Beruf des Fußpflegers im Kosmetikinstitut "N" in X aus.
In der Stellungnahme vom 28. September 1994 sprach sich die Landesinnung Oberösterreich der Fußpfleger, Kosmetiker und Masseure gegen die Erteilung der Nachsicht aus.
Nach einer hiezu erstatteten Äußerung der Beschwerdeführerin wurde die genannte Innung um Abgabe einer neuerlichen Stellungnahme ersucht.
Auch in der neuerlichen Stellungnahme vom 6. Dezember 1994 sprach sich die Landesinnung Oberösterreich der Fußpfleger, Kosmetiker und Masseure gegen die Erteilung der Nachsicht vom Befähigungsnachweis für das Fußpflegergewerbe aus. Dies im wesentlichen mit der Begründung, der Befähigungsnachweis für das Fußpflegergewerbe werde derzeit durch die abgelegte Befähigungsprüfung (kaufmännisch rechtliche und fachlich praktische Kenntnisse) nachgewiesen. Um zur Prüfung antreten zu können, müsse der Prüfungswerber eine zweijährige Lehre, die Lehrabschlußprüfung und eine anschließende dreijährige Praxis nachweisen können. Auf Grund dieser Tatsachen könne wohl kaum der bisherige berufliche Werdegang der Beschwerdeführerin im Sinne der Verfassungsgerichtshof-Entscheidung (gemeint offenbar: Slg. 13094) als der anspruchsvollere Ausbildungsgang angesehen werden.
In der hiezu erstatteten Äußerung wies die Beschwerdeführerin im wesentlichen darauf hin, daß der zweijährige, für Maturanten ausgelegte, gehobene, schwierige und anspruchsvolle Ausbildungsweg (an der Salzburger Schule für Gesundheitstraining und Bewegung), Lehrgänge sowie fast sechs Jahre Praxis hätten der Beschwerdeführerin in den gegenständlichen Gewerben die erforderlichen Fertigkeiten und Kenntnisse vermittelt, um diese selbständig, fachgerecht und vollbefähigt ausführen zu können.
Mit Schriftsatz vom 8. März 1995 stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde gemäß § 73 Abs. 2 AVG.
Mit Bescheid vom 30. Mai 1995 wurde in Spruchpunkt I. dem Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht nach § 73 Abs. 2 AVG Folge gegeben. Mit Spruchpunkt II. wurde der Antrag auf Erteilung einer Nachsicht des Befähigungsnachweises für das gebundene Gewerbe der Fußpfleger gemäß § 28 Abs. 1 GewO 1994 abgewiesen und die begehrte Nachsicht nicht erteilt.
Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin könne zwar auf Grund ihrer schulischen Ausbildung und ihrer bisherigen Berufspraxis gewisse Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen nachweisen. Diese seien jedoch nicht in dem Ausmaß gegeben, daß von einer vollen Befähigung gemäß den Bestimmungen der Befähigungsnachweisverordnung gesprochen werden könne. Insbesondere fehle für die Annahme, daß die Beschwerdeführerin neben den notwendigen beruflich-fachlichen Kenntnissen auch die betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Kenntnisse im erforderlichen vollen Umfang besitze, eine ausreichende Grundlage.
Hinsichtlich des Nichtvorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen des § 28 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 wird insbesondere ausgeführt, das Alter der Beschwerdeführerin von 26 Jahren rechtfertige nicht die Erteilung einer diesbezüglichen Nachsicht. Auch seien besondere örtliche Verhältnisse, die sonst nicht anzutreffen seien, nicht vorhanden.
Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid, soweit damit die Erteilung der Nachsicht vom Befähigungsnachweis abgelehnt wurde, Berufung, und zwar mit folgender Begründung:
"1. Gem. § 28 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 ist die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis zu erteilen, wenn nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, daß er die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen besitzt und keine Ausschließungsgründe gem. § 13 vorliegen.
Die Behörde schreibt, daß die Nachsichtswerberin zwar auf Grund ihrer schulischen Ausbildung und ihrer bisherigen Berufspraxis gewisse Fähigkeiten und Erfahrungen nachweisen kann, diese jedoch nicht in dem Ausmaß gegeben sind, daß von einer vollen Befähigung gem. den Bestimmungen der Befähigungsnachweisverordnung gesprochen werden kann. Dies ist eine bloße Behauptung, die im Bescheid nicht näher begründet wird. Nicht nur der zweijährige, für Maturanten ausgelegte, gehobene, schwierige und anspruchsvolle Ausbildungsweg (Salzburger Schule für Gesundheitstraining) sondern auch 6 Jahre Praxis haben der Nachsichtswerberin in dem gegenständlichen Gewerbe des Fußpflegers die erforderlichen Fertigkeiten und Kenntnisse vermittelt, um dieses Gewebe selbständig, fachgerecht, voll befähigt ausführen zu können.
Ausschlußgründe gemäß § 13 liegen nicht vor und werden vom Landeshauptmann auch nicht behauptet.
Die Behörde hätte nach sorgfältigen und hinreichenden Ermittlungen zum Schluß kommen müssen, daß die Nachsichtswerberin die volle Befähigung besitzt.
Die Behörde meint, daß für die Annahme, daß die Nachsichtswerberin neben den notwendigen berufl.-fachlichen Kenntnissen auch betriebswirtschaftliche und rechtliche Kenntnisse im erforderlichen vollen Umfang besitzt, eine ausreichende Grundlage fehlt.
Dem muß entgegengehalten werden, daß die Nachsichtswerberin sehr wohl betriebswirtschaftliche und rechtliche Kenntnisse im erforderlichen vollen Umfang besitzt. Im Zuge der 2jährigen Ausbildung der Salzburger Schule für Gesundheitstraining und Bewegung, wurde den Absolventen grundlegendes Wissen in Buchhaltung, Lohnverrechnung, Schrift- u. Zahlungsverkehr, Kostenrechnung, Steuerrecht, Bürgerliches Recht, Handelsrecht, in den Pflichtgegenständen, Staatsbürgerkunde und Betriebswirtschaftslehre vermittelt. Die Gesamtstundenanzahl entnehmen Sie der beiliegenden Stundentafel der Schule. Weiters muß darauf hingewiesen werden, daß sich die Nachsichtswerberin der Ausbilderprüfung gem. der Ausbilderprüfungsordnung, BGBl Nr. 433/1978 unterzogen hat und die Prüfung lt. Beschluß der Kommission für die Abnahme der Ausbilderprüfung bestanden hat. Inhalt der Ausbilderprüfung war u.a. das Berufsausbildungsgesetz, das Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetz, Fragen des Arbeitnehmerschutzes und des Arbeitsverfassungsgesetzes (Zeugnis u. Aufgabenbereiche der Ausbilderprüfung liegen bei). Es muß somit festgehalten werden, daß die Nachsichtswerberin betriebswirtschaftliche und rechtliche Kenntnisse im erforderlichen Umfang besitzt.
Hätte die Gewerbebehörde meinen Antrag aus diesem Punkte abweisen wollen, so hätte sie im einzelnen dartun und begründen müssen, welche rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Kenntnisse im Rahmen des herkömmlichen Ausbildungsganges vermittelt werden; sodann hätte sie im einzelnen ermitteln müssen, welche diesbezüglichen Kenntnisse ich im Rahmen meiner abweichenden Ausbildung erworben habe. Erst in einem dritten Schritt hätte die Gewerbebehörde vergleichen können, ob meine erworbene Befähigung der Befähigung entspricht, die in einem herkömmlichen Ausbildungsgang erworben wird.
Die Gewerbebehörde hat offenkundig kein gehöriges Ermittlungsverfahren durchgeführt; sie hat lediglich auf Grundlage der 'Stellungnahme' der zuständigen Landesinnung entschieden. Diese Stellungnahme beschränkt sich jedoch wiederum lediglich auf pauschale Behauptungen zur Frage, wieviel Lehrzeit meine Ausbildung ersetzen würde; abgesehen davon, daß diese Frage rechtlich nicht unmittelbar relevant ist, fehlt für diese Behauptung der Landesinnung jede Begründung; es entsteht der Eindruck, als hätte die Landesinnung bloß willkürlich irgendwelche Jahresangaben behauptet, wobei es ihr einzig und allein darauf anzukommen scheint, daß die Zeit nicht an eine volle Lehrzeit heranreicht.
Die Gewerbebehörde hat nur offensichtlich allein auf Grundlage dieser unzureichenden Stellungnahme entschieden und keine darüber hinausgehenden Ermittlungen angestellt. Angesichts der aufgezeigten Unzulänglichkeiten der Stellungnahme der Landesinnung wären aber weitergehende Ermittlungen der Gewerbebehörde unumgänglich gewesen. Zu diesen weiteren Ermittlungen hätte mir Gehör eingeräumt werden müssen.
Insgesamt ist das Verfahren der Gewerbebehörde offenkundig mit schweren Verfahrensfehlern belastet.
Die Behörde hätte die Erteilung der Nachsicht gem. § 28 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 nicht ablehnen dürfen. Sie hat rechtswidrig entschieden.
2. Gem. § 28 Abs. 1 Z 2 GewO 1994 ist die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis zu erteilen, wenn eine hinreichende, tatsächliche Befähigung des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, keine Ausschlußgründe gem. § 13 vorliegen und
a. dem Nachsichtswerber die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises wegen seines Alters, seiner mangelnden Gesundheit oder aus sonstigen in seiner Person gelegenen wichtigen Gründen nicht zuzumuten ist oder
b. wenn besondere örtliche Verhältnisse für die Erteilung der Nachsicht sprechen.
Die Behörde erkennt richtig, daß - zumindest - eine hinreichende tatsächliche Befähigung des Nachsichtswerbers vorhanden ist. Es wird daher von ihr auch nicht bestritten.
Mir ist die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises insbesondere aus Gründen des Alters unzumutbar. Die Behörde behauptet aber, daß das Alter, ab dem die Ablegung der Befähigungsprüfung nicht mehr zumutbar ist, bei 45 Jahren liege. Sie stützt sich auf den Erlaß des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Angelegenheiten vom 8.1.1993. Dieser Erlaß ist jedoch nicht mehr in Kraft. Im übrigen hat es sich hiebei ohnehin um eine unverbindliche Empfehlung gehandelt."
Mit Schriftsatz vom 22. Jänner 1996 erhob die Beschwerdeführerin beim Verwaltungsgerichtshof Beschwerde gegen den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wegen Verletzung der Entscheidungspflicht mit dem Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge über ihre Berufung gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 30. Mai 1995 in der Sache dahin entscheiden, daß der Berufung vollinhaltlich Folge gegeben und dem Antrag auf Nachsicht vom Befähigungsnachweis stattgegeben werde.
Mit Verfügung vom 18. März 1996 leitete der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 35 Abs. 2 VwGG das Vorverfahren ein und trug der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG auf, innerhalb einer Frist von drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen.
Am 22. Juni 1996 legte die belangte Behörde die Verwaltungsakten mit dem Bemerken vor, daß das Ermittlungsverfahren nicht habe abgeschlossen werden können.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war.
Gemäß § 27 VwGG kann Säumnisbeschwerde erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht angerufen werden kann, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Diese Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.
Da die belangte Behörde den versäumten Bescheid auch innerhalb der ihr gemäß § 36 Abs. 2 VwGG eröffneten Frist nicht nachgeholt hat, ist die Zuständigkeit zur Entscheidung in der Sache auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen.
Im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wurde die berührte Kammergliederung im Hinblick auf die mit Schreiben der Beschwerdeführerin vom 30. Oktober 1995 vorgelegten Bescheinigungsmittel sowie im Hinblick auf die im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten durchgeführten Befragungen (informierter Vertreter von Arbeitgebern der Beschwerdeführerin) über Art und zeitliches Ausmaß der von der Beschwerdeführerin als Nachsichtswerberin im einzelnen verrichteten Tätigkeit um neuerliche Stellungnahme ersucht.
Die Landesinnung der Fußpfleger, Kosmetiker und Masseure, Sektion Gewerbe und Handwerk der Wirtschaftskammer Oberösterreich, führte in ihrer Stellungnahme vom 5. Mai 1998 aus, daß seit Abgabe der ursprünglichen Stellungnahme vom 28. September 1994 sich nur Unwesentliches geändert habe. Die Beschwerdeführerin habe vom 19. Juni bis 23. Juni 1995 einen 40-stündigen Akkupunkturmassagekurs, vom 1. September 1995 bis 3. September 1995 einen Ohrakkupunkturmassagekurs und vom 16. März bis 19. März 1995 einen Kurs für rhythmisch-energetische Gelenkbehandlung absolviert. An fachlich-praktischer Tätigkeit sei eine Beschäftigung beim Massageinstitut C in der Dauer vom 1. April 1995 bis 1. Juli 1995 (mit zehn Wochenstunden) hinzugekommen. Da die Voraussetzungen gemäß § 28 GewO 1994 nach wie vor nicht erfüllt würden, könne einer Nachsichtserteilung nicht zugestimmt werden.
Der Beschwerdeführerin wurde die Möglichkeit eingeräumt, zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen. Eine Stellungnahme wurde nicht abgegeben.
Gemäß § 28 Abs. 1 GewO 1994 ist die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis, sofern dieses Bundesgesetz oder eine Verordnung gemäß § 20 Abs. 4 oder 22 Abs. 4 nichts Gegenteiliges bestimmt, zu erteilen, wenn
nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, daß er die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen (volle Befähigung) besitzt und keine Ausschlußgründe gemäß § 13 vorliegen, oder
eine hinreichende tatsächliche Befähigung des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, keine Ausschlußgründe gemäß § 13 vorliegen und
a) dem Nachsichtswerber die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises wegen seines Alters, seiner mangelnden Gesundheit oder aus sonstigen, in seiner Person gelegenen wichtigen Gründe nicht zuzumuten ist, oder
b) wenn besondere örtliche Verhältnisse für die Erteilung der Nachsicht sprechen.
Ausgehend von dieser Gesetzeslage ist Voraussetzung für die Erteilung der Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 das Vorliegen der vollen Befähigung. In diesem Sinn umfaßt die Nachsicht nicht die Befähigung (die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen), sondern allein den - normativ - geforderten Nachweis dieser Befähigung. Hiebei bilden die den Befähigungsnachweis festlegenden Vorschriften den Maßstab dafür, ob die Nachsichtsvoraussetzungen des § 28 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 vorliegen. Die Nachsicht darf sohin von vornherein nur erteilt werden, wenn die vom Nachsichtswerber absolvierte Ausbildung mindestens in gleicher Weise wie die in den den Befähigungsnachweis festlegenden Vorschriften geforderte Ausbildung das Ausbildungsziel verwirklichen läßt (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1996, Zl. 95/04/0124, und die dort zitierte Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts).
Die Befähigung für das Gewerbe der Fußpfleger ist nach der Fußpfleger-Befähigungsnachweisverordnung, BGBl. Nr. 30/1996, nachzuweisen durch das Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Befähigungsnachweisprüfung gemäß § 2 dieser Verordnung. Diese Befähigungsnachweisprüfung besteht aus dem schriftlichen Prüfungsteil, dem Prüfungsteil praktische Arbeiten und dem Prüfungsteil Unternehmerprüfung, wobei die §§ 3, 4 und 5 näher bestimmen, auf welche für die Gewerbausübung erforderlichen Kenntnisse bzw. praktische Arbeiten sich der jeweilige Prüfungsteil zu erstrecken hat.
Zur Prüfung gemäß § 2 ist nach der zitierten Verordnung (u.a.) zuzulassen, wer durch Zeugnisse a) die erfolgreiche Ablegung der Lehrabschlußprüfung im Lehrberuf Fußpfleger und b) eine mindestens zweijährige fachliche Tätigkeit gemäß § 22 Abs. 2 GewO 1994 nachweist (§ 7 Z. 2).
Wenn sich nun die Beschwerdeführerin zur Dartuung dafür, daß sie die für eine Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen besitze, vor allem auf die von ihr absolvierte Salzburger Schule für Gesundheitstraining und Bewegung beruft, so ist auf die Verordnung über den Ersatz der Lehrabschlußprüfung und der Lehrzeit auf Grund schulmäßiger Ausbildung, BGBl. Nr. 356/1985, i. d.F. BGBl. Nr. 95/1989, zu verweisen. Diese nimmt auf die von der Beschwerdeführerin absolvierte Salzburger Schule Bedacht und präzisiert, inwieweit die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Ausbildungsvariante mit dem standardisierten Ausbildungsgang übereinstimmt (vgl. das gegenüber der Beschwerdeführerin ergangene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Slg. 13.485/1993, in dem der Verfassungsgerichtshof auch ausgesprochen hat, daß den darin enthaltenen Bewertungen verschiedener Ausbildungs-(Lehr)gänge der Verfassungsgerichtshof aus der Sicht der vorliegenden Beschwerdefälle nicht entgegenzutreten vermag). Die in dieser Verordnung enthaltenen Bewertungen sehen nun hinsichtlich der Salzburger Schule für Gesundheitstraining und Bewegung nicht etwa (wie hinsichtlich anderer Schulen und Lehrberufe) einen Ersatz der Lehrabschlußprüfung vor, sondern nur den Ersatz der Lehrzeit von einem Jahr (für die hier in Frage stehende Lehrzeit von zwei Jahren).
Auf dem Boden der vom Verordnungsgeber getroffenen Bewertung wird somit durch die Absolvierung der Salzburger Schule für Gesundheitstraining und Bewegung gerade nicht die (mit der Lehrabschlußprüfung standardisierte) Berufsausbildung im betreffenden Lehrberuf ersetzt. Insoweit ist es daher vom Ansatz her verfehlt, wenn die Beschwerdeführerin in der Berufung mit dem Hinweis auf den "zweijährigen, für Maturanten ausgelegten, gehobenen, schwierigen und anspruchsvollen Ausbildungsweg (Salzburger Schule für Gesundheitstraining)" einen Ersatz der (standardisierten) Berufsausbildung durch die Absolvierung dieser Schule darzutun sucht. In Ansehung der vom Verordnungsgeber eben auf die Lehrzeit - nach § 6 Abs. 1 zweiter Satz BAG sind für die Festsetzung der Dauer der Lehrzeit eines Lehrberufes die in diesem zu erlernenden Fertigkeiten und Kenntnisse, der Schwierigkeitsgrad der Ausbildung in dem betreffenden Lehrberuf sowie die Anforderungen, die die Berufsausübung stellt, maßgebend - bezogene Bewertung der Absolvierung der Salzburger Schule für Gesundheitstraining und Bewegung in Relation zur (standardisierten) Berufsausbildung ist es daher auch verfehlt, wenn die Beschwerdeführerin in der Berufung der Gewerbebehörde zum Vorwurf macht, sie habe lediglich auf Grundlage der "Stellungnahme" der zuständigen Landesinnung entschieden, wobei sich die Stellungnahme lediglich auf pauschale Behauptungen zur Frage, wieviel Lehrzeit ihre Ausbildung ersetzen würde, beschränke. Daß sich aber die Beschwerdeführerin - neben der Absolvierung der Salzburger Schule - einer Berufsausbildung unterzogen hat, in der jene Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt worden wären, die einer Lehrzeit entsprechen würden, die durch die Verordnung BGBl. Nr. 356/1985, i.d.F. BGBl. Nr. 95/1989, nicht ersetzt werden, ist auch auf dem Boden des Vorbringens der Beschwerdeführerin nicht zu finden.
Da auch der im Wege der Nachsichtsgewährung nicht zu unterschreitende Befähigungsstandard in der jeweiligen Meisterprüfungsordnung bzw. Verordnung über die erforderlichen Befähigungsnachweise implizit verbindlich festgelegt ist (vgl. VfSlg. 13094/1992), wobei die Verordnung BGBl. Nr. 356/1985, i.d.F. BGBl. Nr. 95/1989, präzisiert, inwieweit die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Ausbildungsvariante mit dem standardisierten Ausbildungsgang übereinstimmt, ist schon nach dem oben Gesagten das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 28 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 zu verneinen und erweist sich insoweit die Berufung als unbegründet.
Die Berufung ist aber auch nicht begründet, soweit eine hinreichende tatsächliche Befähigung im Grunde des § 28 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 geltend gemacht wird.
§ 28 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 normiert kumulativ als Tatbestandserfordernis die hinreichende tatsächliche Befähigung, das Nichtvorliegen eines Ausschlußgrundes (§ 13) und das Vorliegen eines der alternativ umschriebenen Ausnahmegründe. Fehlt demnach auch nur eines der positiv erforderlichen Tatbestandselemente oder ist in Ansehung des Nachsichtswerbers ein Ausschlußgrund zu bejahen, dann führt bereits dies zur Abweisung des Nachsichtsansuchens, ohne daß die Beurteilung der anderen Tatbestandselemente an diesem Ergebnis etwas ändern können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1996, Zl. 95/04/0124).
Von der Beschwerdeführerin wird gar nicht behauptet, daß "besondere örtliche Verhältnisse" vorlägen.
Soweit die Beschwerdeführerin aber geltend macht, ihr sei die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises "insbesondere aus Gründen des Alters" unzumutbar, so unterläßt sie es, auch nur ansatzweise darzutun, warum ein Alter der Beschwerdeführerin von (nunmehr) 29 Jahren die Ablegung der erforderlichen Prüfung unzumutbar machen sollte. Die Beschwerdeführerin gehört einer Altersgruppe an, bei der nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Alter für sich allein kein wichtiger Grund im Sinne des Gesetzes sein kann (vgl. z.B. Erkenntnis vom 26. September 1973, Zl. 525/73, Alter 42 Jahre, Erkenntnis vom 18. Mai 1977, Zl. 2027/76, Alter 40 Jahre, Erkenntnis vom 7. September 1988, Zl. 88/18/0002, Alter 49 Jahre). Im übrigen wird darauf hingewiesen, daß es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht Aufgabe der Behörde ist, von Amts wegen alle Fakten zu erheben, die möglicherweise für eine Nachsichtserteilung sprechen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Juli 1996, Zl. 95/04/0124, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 22. Oktober 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996040032.X00Im RIS seit
20.11.2000