Entscheidungsdatum
02.07.2019Norm
AsylG 2005 §57Spruch
G311 2220107-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Dr. Eva WENDLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Bosnien und Herzegowina, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.05.2019, Zahl XXXX:
A) Der Antrag, dieses Verfahren mit den Verfahren über die Beschwerden des XXXX und des XXXX zu verbinden, wird abgewiesen.
B) Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als der angefochtene
Bescheid gemäß § 28 Abs 3 VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur allfälligen Erlassung eines neuen Bescheids an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen wird.
C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer, der keinen Aufenthaltstitel hat und mit seinem am 06.03.2018 ausgestellten und bis 06.03.2028 gültigen bosnisch-herzegowinischen Reisepass zuletzt am 13.05.2019 in das Schengengebiet einreiste, wurde am 14.05.2019 in XXXX festgenommen und wegen unrechtmäßigen Aufenthalts angezeigt. Nach dem Inhalt der Anzeige der Landespolizeidirektion XXXX vom 14.05.2019 wird ihm vorgeworfen, er habe die Aufenthaltsdauer überschritten. Nach dem Anhalteprotokoll soll er gemeinsam mit XXXX und XXXX von der Finanzpolizei bei der unerlaubten Montage von Fenstern betreten worden sein.
Im Reisepass des Beschwerdeführers sind neben zahlreichen anderen Grenzkontrollstempeln (vor allem über Ein- und Ausreisen nach bzw. aus Kroatien) folgende Grenzübertritte nach Slowenien mit Grenzkontrollstempeln dokumentiert: 25.05.2018, 09.06.2018, 08.02.2019, 24.01.2019.
Am 15.05.2019 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots sowie zur Verhängung der Schubhaft vernommen. Ein Dolmetsch für Bosnisch, mit dem sich der BF problemlos verständigen konnte, wurde der Vernehmung beigezogen. Bei der Einvernahme wurde der Beschwerdeführer mit dem Vorwurf konfrontiert, am Vortag von der Finanzpolizei bei der Ausübung einer illegalen Erwerbstätigkeit (Fenstermontage) betreten worden zu sein. Er rechtfertigte sich damit, dass er in Bosnien und Herzegowina seit ca. Oktober 2018 für ein Unternehmen, das Fenster herstelle, arbeite, und die Fenster nur nach Österreich überstellt und hier abgeladen habe. Er sei schon seit 12 Jahren in diesem Bereich tätig; aktuell verdiene er EUR 450 pro Monat. Er lebe nicht in Österreich, sondern habe sich hier nur einen Tag zum Abladen der Fenster aufgehalten und wollte gleich wieder nach Hause fahren.
Die Behörde unterließ weitere Ermittlungen, z.B. zu Ziel und Zweck seiner früheren Einreisen in den Schengenraum und zu seinem konkreten Aufgabenbereich bei seinem bosnisch-herzegowinischen Arbeitgeber. Auch der Bericht bzw. die Anzeige der (Finanz-) Polizei über die Amtshandlung gegen den Beschwerdeführer am 14.05.2019 ist nicht aktenkundig.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG und erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG (Spruchpunkt I.), stellte die Zulässigkeit der Abschiebung nach Serbien [sic!] fest (Spruchpunkt II.), erließ gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 7 FPG ein fünfjähriges Einreiseverbot (Spruchpunkt III.) und erkannte einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt IV.). Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet einer illegalen Erwerbstätigkeit, nämlich der Montage von Fenstern, nachgegangen und dabei am 14.05.2019 von der Finanzpolizei betreten worden sei. Er halte sich illegal im Bundesgebiet auf. Die Annahme, dass die Beschäftigung, bei der er betreten worden sei, nach dem AuslBG nicht hätte ausüben dürfen und dass er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe, wird von der Behörde nicht näher begründet. Die Entscheidungsbegründung enthält aktenwidrige Angaben, z.B dass der Beschwerdeführer die illegale Beschäftigung zugegeben habe, dass sich seine Kernfamilie in Serbien aufhalte, dass er illegal nach Italien weiterreisen wollte, dass er sich in Kenntnis eines schengenweiten Einreise- und Aufenthaltsverbots über die Rechtsordnung Österreichs und der Mitgliedstaaten der EU hinwegsetzen wollte und aufgrund der Begehung einer strafbaren Handlung eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstelle und dass er in seinem Herkunftsstaat keine Beschäftigung habe.
Am 15.05.2019 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt. Am 18.05.2019 wurde er nach Bosnien und Herzegowina abgeschoben.
Gegen den oben genannten Bescheid richtet sich die wegen der Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltlicher Rechtswidrigkeit erhobene Beschwerde mit den Anträgen, das Verfahren mit denen über die Beschwerden von XXXX und XXXX, denen derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liege, zu verbinden, eine Beschwerdeverhandlung durchzuführen und den angefochtenen Bescheid, in eventu das Einreiseverbot, zu beheben. Hilfsweise wird die Verkürzung des Einreiseverbots beantragt und ein Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag gestellt. Der Beschwerdeführer begründet die Beschwerde zusammengefasst damit, dass er bei einem bosnischen Unternehmen beschäftigt und in das Bundesgebiet eingereist sei, um Fenster an ein österreichisches Unternehmen zu liefern. Er habe sich im Rahmen des zulässigen visumfreien Aufenthalts und damit rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten. Der angefochtene Bescheid sei schon aus diesem Grund rechtswidrig. Mangels illegaler Beschäftigung hätte gegen ihn kein Einreiseverbot erlassen werden dürfen. Die Behörde habe keine Gefährlichkeitsprognose vorgenommen und nicht dargelegt, warum er in Zukunft eine Gefährdung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Die Entscheidungsbegründung sei mangelhaft. Hätte die Behörde ihre Ermittlungspflicht ordnungsgemäß erfüllt, hätte sich ergeben, dass der Beschwerdeführer in Österreich keiner Beschäftigung nachgegangen sei, die er nach dem AuslBG nicht hätte ausüben dürfen. Jedenfalls sei das Einreiseverbot in der Maximaldauer von fünf Jahren zu kürzen. Der Beschwerdeführer legte mit der Beschwerde diverse Urkunden vor, von denen nur für das Schreiben vom 15.05.2019 eine deutsche Übersetzung vorliegt.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt den Akten des Verwaltungsverfahrens - ohne eine Übersetzung der ausschließlich fremdsprachig vorgelegten Urkunden zu veranlassen - dem Bundesverwaltungsgericht mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid zu bestätigen, vor.
II. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der oben angeführte Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und des Gerichtsakts des Bundesverwaltungsgerichtes sowie aus den durchgeführten Abfragen im Zentralen Melderegister, Fremdenregister und Strafregister. Entscheidungswesentliche Widersprüche liegen nicht vor, sodass sich eine ausführlichere Beweiswürdigung erübrigt.
III. Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchteil A):
Das BVwG kann gemäß § 17 VwGVG iVm § 39 Abs 2 AVG mehrere in seine Zuständigkeit fallende Rechtssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbinden, soweit dies im Rahmen der festen Geschäftsverteilung möglich ist (Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 Rz 798). Da dieses Verfahren der Gerichtsabteilung G311 zugewiesen wurde, die Beschwerdeverfahren des XXXX und des XXXX aber anderen Gerichtsabteilungen des Bundesverwaltungsgerichtes (G314 bzw. G307), ist eine Verbindung der Verfahren im Rahmen der Geschäftsverteilung des BVwG nicht möglich. Der darauf gerichtete Antrag des BF ist daher abzuweisen.
Zu den Spruchteilen B und C):
Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Absatz 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Ausführlich hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27.06.2018, Ra 2017/09/0031, insbesondere Rz 13 und 14 mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet:
"13 Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden; eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterlassen hat, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. etwa VwGH 10.9.2014, Ra 2014/08/0005; 24.3.2015,
Ra 2014/09/0043, 14.12.2015, Ra 2015/09/0057, und 20.2.2018, Ra 2017/20/0498, jeweils mwN).
14 Sind (lediglich) ergänzende Ermittlungen vorzunehmen, liegt die (ergänzende) Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht im Interesse der Raschheit im Sinn des § 28 Abs. 2 Z 2 erster Fall VwGVG, zumal diesbezüglich nicht bloß auf die voraussichtliche Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens alleine, sondern auf die Dauer des bis zur meritorischen Entscheidung insgesamt erforderlichen Verfahrens abzustellen ist. Nur mit dieser Sichtweise kann ein dem Ausbau des Rechtsschutzes im Sinn einer Verfahrensbeschleunigung Rechnung tragendes Ergebnis erzielt werden, führt doch die mit der verwaltungsgerichtlichen Kassation einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung verbundene Eröffnung eines neuerlichen Rechtszugs gegen die abermalige verwaltungsbehördliche Entscheidung an ein Verwaltungsgericht insgesamt zu einer Verfahrensverlängerung (vgl. etwa das zit. Erkenntnis Ra 2017/20/0498, mwN)."
Dabei ist von folgender rechtlicher Beurteilung auszugehen: Als Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina ist der Beschwerdeführer Drittstaatsangehöriger gemäß § 2 Abs 4 Z 10 FPG. Als Inhaber eines biometrischen Reisepasses ist er grundsätzlich gemäß Art 1 Abs 2 iVm Anhang II Visumpflichtverordnung von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tage nicht überschreitet, befreit. Er durfte daher unter den Einreisevoraussetzungen des Art 6 Abs 1 lit a, c, d und e Schengener Grenzkodex (Verordnung [EU] 2016/399) in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einreisen und sich dort gemäß Art 20 SDÜ (Schengener Durchführungsübereinkommen; vgl § 2 Abs 4 Z 6 FPG) unter den Voraussetzungen des Art 5 Abs 1 lit a, c, d und e SDÜ frei bewegen. Dazu gehört unter anderem, dass er den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen kann, über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt oder in der Lage ist, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben, und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellt. Zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit in Österreich ist der Beschwerdeführer im Rahmen des visumfreien Aufenthalts nicht berechtigt.
Gegen einen Drittstaatsangehörigen wie den Beschwerdeführer ist gemäß § 52 Abs 1 FPG eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (Z 1) oder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde (Z 2).
Mit einer Rückkehrentscheidung kann gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 7 FPG ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens fünf Jahren erlassen werden, wenn der Drittstaatsangehörige bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, er hätte nach den Bestimmungen des AuslBG für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der er betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen. Die Behörde weist zu Recht darauf hin, dass die Erfüllung eines Tatbestands des § 53 Abs 2 FPG eine entsprechende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, die idR ein Einreiseverbot erforderlich macht, indiziert.
Ausgehend von den Ein- und Ausreisestempeln im Reisepass des Beschwerdeführer kann der in der Anzeige vom 14.05.2019 erhobene Vorwurf, er habe die erlaubte Aufenthaltsdauer überschritten und halte sich deshalb nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, nicht nachvollzogen werden. Es steht derzeit weder fest, ob er sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt, noch, ob er bei einer nach dem AuslBG nicht erlaubten Beschäftigung betreten wurde.
Der Beschwerdeführer bestreitet, am 14.05.2019 Fenster montiert zu haben. Die Behörde hätte daher weitere Erhebungen zu der konkreten Tätigkeit, bei der er betreten wurde, vornehmen müssen, und dafür zumindest den entsprechenden Bericht bzw. die Anzeige der Finanzpolizei samt allfälligen weiteren Beweismitteln (Lichtbilder, Einvernahmeprotokolle etc.) beischaffen müssen bzw. allenfalls die meldungslegenden Organe der Finanzpolizei einvernehmen müssen. Außerdem hätte eine Übersetzung sämtlicher vom Beschwerdeführer vorgelegter Urkunden ins Deutsche veranlasst werden müssen. Im Rahmen einer nachvollziehbaren Beweiswürdigung hätte die Behörde dann ausgehend von all diesen Beweismitteln darlegen müssen, warum sie der Verantwortung des Beschwerdeführers folgt oder nicht. Sollte sich dabei ergeben, dass er die Fenster nicht montiert, sondern tatsächlich nur geliefert und abgeladen hat, wäre weiter zu prüfen, ob allenfalls eine Betriebsentsendung nach Österreich iSd § 18 AuslBG vorliegt, für die möglicherweise eine arbeitsmarktbehördliche Bewilligung erforderlich gewesen wäre. Dabei spricht eine dauernd wiederkehrende Tätigkeit im Inland, wie sie hier aufgrund der regelmäßigen Ein- und Ausreisen des Beschwerdeführers in den Schengenraum möglicherweise vorliegt, gegen eine bloß kurzfristige Tätigkeit iSd § 18 Abs 2 AuslBG (vgl. VwGH 21.01.2004, 2001/09/0230).
Wenn sich herausstellt, dass sich der Beschwerdeführer nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung (gegebenenfalls samt Einreiseverbot) gegen ihn zu prüfen. Die dabei zu beurteilende Frage nach dem Eingriff in sein Privat- oder Familienleben darf aber nicht allein im Hinblick auf seine Verhältnisse in Österreich beurteilt werden, sondern es ist auch die Situation in den anderen "Schengen-Staaten" in den Blick zu nehmen (vgl. VwGH 03.07.2018, Ro 2018/21/0007; 20.12.2018, Ra 2018/21/0236).
Da die belangte Behörde noch keine geeigneten Schritte zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts gesetzt hat, kann derzeit noch nicht beurteilt werden, ob gegen den Beschwerdeführer eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verhängt werden muss und wenn ja, für wie lange. Auf der Grundlage der bisherigen Ermittlungen ist keine abschließende rechtliche Beurteilung des Sachverhalts möglich; dieser ist vielmehr in wesentlichen Teilen ergänzungsbedürftig. Je nach dem Ergebnis der oben dargestellten, zusätzlich notwendigen Erhebungen wird das die belangte Behörde nach der gebotenen Ergänzung des Ermittlungsverfahrens neuerlich entscheiden müssen, ob und auf welcher Rechtsgrundlage gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (allenfalls samt Einreiseverbot) zu erlassen ist oder nicht. Dabei wird gegebenenfalls auch seine mittlerweile bereits erfolgte Ausreise aus dem Bundesgebiet zu berücksichtigen sein (siehe VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234).
Da zu den tragenden Sachverhaltselementen keine Beweisergebnisse vorliegen, zur Klärung des relevanten Sachverhalts zusätzliche Ermittlungen notwendig sein werden und dadurch bedingte Weiterungen des Verfahrens nicht ausgeschlossen werden können, führt es weder zu einer Kostenersparnis noch zu einer Verfahrensbeschleunigung, wenn das BVwG die Erhebungen selbst durchführt, zumal die belangte Behörde jegliche Ermittlungen zur komplexen Frage, ob der Beschwerdeführer die Tätigkeit, bei der er betreten wurde, nach dem AuslBG ausüben durfte oder nicht, offenbar deshalb unterließ, damit diese durch das Bundesverwaltungsgericht vorgenommen werden.
Im Ergebnis ist der angefochtene Bescheid daher - dem in der Beschwerde eventualiter gestellten Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag entsprechend - gemäß § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur allfälligen Erlassung eines neuen Bescheids an das BFA zurückzuverweisen. Dabei wird insbesondere auch darauf zu achten sein, den Zielstaat einer allfälligen Abschiebung (anders als hier in Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids) im Einklang mit den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens festzulegen und die Entscheidung nachvollziehbar und im Einklang mit dem Akteninhalt zu begründen.
Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG, weil schon aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Die Revision ist wegen der Einzelfallbezogenheit der Entscheidung über die Anwendung des § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG, die keine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG begründet, nicht zuzulassen (siehe z.B. VwGH 25.01.2017, Ra 2016/12/0109).
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelleEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G311.2220107.1.00Zuletzt aktualisiert am
15.10.2019