Entscheidungsdatum
09.07.2019Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
W104 2219497-1/2E
W104 2219269-1/2E
W104 2219271-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Christian Baumgartner über die Beschwerden des XXXX , BNr. XXXX , gegen die Bescheide der Agrarmarkt Austria (AMA)
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vom 30.10.2018, II/4-EBP/14-11069106010, betreffend Einheitliche Betriebsprämie (EBP) für das Antragsjahr 2014, nach Beschwerdevorentscheidung vom 14.5.2019, II/4-EBP/14-12783544010, und
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vom 9.1.2019, II/4-DZ/15-11608919010, betreffend Direktzahlungen (DIZA) für das Antragsjahr 2015, sowie
des XXXX , BNr. XXXX , gegen den Bescheid AMA vom 9.1.2019, II/4-DZ/16-11613071010, betreffend DIZA für das Antragsjahr 2016
zu Recht:
A)
I. Den Beschwerden wird stattgegeben. Für die Antragsjahre 2014 bis 2016 entfallen sämtliche Rückforderungen.
II. Die AMA hat gemäß den Vorgaben in diesem Erkenntnis die entsprechenden Berechnungen durchzuführen und das Ergebnis bescheidmäßig mitzuteilen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Im Antragsjahr 2014 erhielt der jeweilige beschwerdeführende Betriebsinhaber einen EBP-Bescheid mit nachfolgendem Änderungsbescheid über rund 4.338 €, im Antragsjahr 2015 einen DIZA-Bescheid mit nachfolgendem Änderungsbescheid über rund 10.819 €
und im Jahr 2016 einen DIZA-Bescheid mit nachfolgendem Änderungsbescheid über rund 12.102 €. Aufgrund einer Vor-Ort-Kontrolle auf der Alm mit der BNr. XXXX , auf die die Beschwerdeführer aufgetrieben haben, am 18.8.2016, wurde eine Differenzfläche zwischen rund 11 und rund 12 ha festgestellt und es kam durch zu einer Rückforderung für alle Antragsjahre durch die nunmehr angefochtenen Bescheide. Für das Antragsjahr 2014 kam es auch zum Ausspruch einer Sanktion, die jedoch in der Beschwerdevorentscheidung wieder aufgehoben wurde.
Dagegen wurden Beschwerden - und gegen die Beschwerdevorentscheidung betreffend Antragsjahr 2014 auch ein Vorlageantrag - erhoben, in denen im Wesentlichen auf eine Vor-Ort-Kontrolle 2012 verwiesen wird, nach der sich die Beschwerdeführer bei ihrer Antragstellung gerichtet hätten.
Bei der Vorlage der Akten betreffend das Antragsjahr 2014 konzedierte die Behörde folgendes: Im vorliegenden Fall sei bei der VOK am 22.8.2012 hinsichtlich der betreffenden Alm BNr XXXX eine Bruttofläche von 88,34 ha sowie eine Futterfläche von 72,91 ha ermittelt worden. Im Jahr 2014 sei die gegenständliche Alm mit einer Bruttofläche von 88,72 ha sowie mit einer Futterfläche von 73,24 ha beantragt worden. Es sei daher 2014 annähernd das VOK-Ergebnis 2012 beantragt worden, sodass von einem Vertrauen des Antragstellers auf die VOK 2012 ausgegangen werden könne. Somit lägen im gegenständlichen Fall hinsichtlich dieser Alm die Voraussetzungen vor, um von den Sanktionen Abstand zu nehmen.
Für die Antragsjahre 2015 und 2016 wurde von der Behörde erklärt, dass es in diesen Antragsjahren von vornherein zu keinen Sanktionen gekommen sei, weil die Flächenabweichung zur Gänze in der Mehrfläche gegenüber den vorhandenen Zahlungsansprüchen liege. Die Rückforderungen in diesen Antragsjahren beruhten ausschließlich auf der infolge der Alm-Vor-Ort-Kontrolle reduzierten Basisfläche für die Zuteilung von Zahlungsansprüchen und der dadurch erfolgten Reduktion der zugeteilten Zahlungsansprüche.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen: 1. Feststellungen (Sachverhalt):
Anlässlich einer Vor-Ort-Kontrolle am 18.8.2016 auf der Alm mit der BNr. XXXX , auf die die Beschwerdeführer aufgetrieben haben, wurden für die Antragsjahre 2014 bis 2016 Flächenabweichungen zwischen 11 und 12 ha festgestellt.
Es steht fest, dass in den Jahren 2014-2016 auf dieser Alm nahezu jenes Flächenausmaß beantragt wurde, wie es in einer Vor-Ort-Kontrolle am 22.8.2012 bestätigt worden ist.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass es zwischen 2012 und 2016 zu erheblichen Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse in der Natur gekommen ist.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zu den Beantragungen und den Ergebnissen der Vor-Ort-Kontrollen ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten, insbesondere aus den Prüfberichten, den Aufbereitungen der AMA zu den Aktenvorlagen und den Mehrfachanträgen für die in Rede stehenden Antragsjahre und wurden von keiner Verfahrenspartei bestritten.
Die Feststellung, dass es zu keinen erheblichen Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse gekommen ist, ergibt sich daraus, dass die Behörde den diesbezüglichen Behauptungen der Beschwerdeführer in den Beschwerden nichts entgegengesetzt hat, sondern vielmehr für das Antragsjahr 2014 konzediert hat, dass von einem Vertrauen des Antragstellers auf die VOK 2012 ausgegangen werden könne.
3. Rechtliche Beurteilung:
1. Für das Antragsjahr 2014 ist die Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 der Kommission vom 30. November 2009 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates hinsichtlich der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, der Modulation und des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems im Rahmen der Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe gemäß der genannten Verordnung und mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 hinsichtlich der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen im Rahmen der Stützungsregelung für den Weinsektor, ABl. L 316 vom 2.12.2009 (im Folgenden: VO (EG) 1122/2009) anzuwenden. Gemäß Artikel 80 dieser Verordnung ist bei zu Unrecht gezahlten Beträgen der Betriebsinhaber zur Rückzahlung dieser Beträge zuzüglich von Zinsen verpflichtet. Die Verpflichtung zur Rückzahlung gilt jedoch nicht, wenn die Zahlung auf einen Irrtum der zuständigen Behörde oder einer anderen Behörde zurückzuführen ist, der vom Betriebsinhaber billigerweise nicht erkannt werden konnte.
Für die Antragsjahre ab 2014 gilt die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 809/2014 der Kommission vom 17. Juli 2014 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems, der Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums und der Cross-Compliance, ABl. L 227 vom 31.7.2014, S. 69 (im Folgenden: VO (EU) 809/214). Auch gemäß Artikel 7 dieser Verordnung ist bei zu Unrecht gezahlten Beträgen der Betriebsinhaber zur Rückzahlung dieser Beträge zuzüglich von Zinsen verpflichtet. Die Verpflichtung zur Rückzahlung gilt jedoch auch nach dieser Bestimmung nicht, wenn die Zahlung auf einen Irrtum der zuständigen Behörde oder einer anderen Behörde zurückzuführen ist, der vom Betriebsinhaber nach vernünftiger Einschätzung nicht erkennbar war.
Aus den Feststellungen ergibt sich zweifelsfrei, dass auf der betroffenen Alm im Jahr 2012 eine Vor-Ort-Kontrolle stattgefunden hat, wo die Beantragung im Wesentlichen bestätigt wurde. In den Folgejahren wurde annähernd das Futterflächenausmaß beantragt, das den Ergebnissen dieser Vor-Ort-Kontrolle entspricht. Da es in diesen Folgejahren zu keinen nennenswerten Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen gekommen ist, hat sich die Antragstellerin zu Recht auf diese Vor-Ort-Kontrolle verlassen. Sie hatte aus Sicht des Gerichts keinen Grund, an den Ergebnissen der Vor-Ort-Kontrolle zu zweifeln.
Daraus aber, dass bei einer Vor-Ort-Kontrolle im Jahr 2012 ein bestimmtes Futterflächenausmaß für dieses Antragsjahr, bei einer weiteren Vor-Ort-Kontrolle im Jahr 2016 jedoch für die nächsten Antragsjahre ein - weitaus - geringeres Flächenausmaß festgestellt wurde, ohne dass es zwischen den zwei Kontrollen zu wesentlichen Änderungen der natürlichen Verhältnisse gekommen ist, ergibt sich zwangsläufig, dass eine der beiden Vor-Ort-Kontrollen ein falsches Ergebnis gebracht hat. Es können nämlich in dieser Konstellation nicht verschiedene Futterflächenausmaße der Realität entsprechen. Angenommen, die Ergebnisse der Vor-Ort-Kontrolle 2017 sind (etwa aufgrund eines Fortschrittes bei der Messtechnik) exakter und richtig, dann muss die Vor-Ort-Kontrolle 2012 ein falsches Ergebnis gebracht haben, an dem sich jedoch die Beschwerdeführer orientiert haben.
Ohne weitere Ermittlungen ist daher davon auszugehen, dass ein Irrtum der Behörde vorliegt (vgl. VwGH 27.1.2012, 2011/17/0223). Die Beschwerdeführer hatten keinen ersichtlichen Grund, an der Richtigkeit des amtlichen Kontrollergebnisses von 2012 zu zweifeln.
Gemäß den angeführten Rechtsvorschriften gilt aber die Verpflichtung zur Rückzahlung nicht, wenn die Zahlung auf einen Irrtum der zuständigen Behörde oder einer anderen Behörde zurückzuführen ist, der vom Betriebsinhaber billigerweise bzw. vernünftigerweise nicht erkannt werden konnte. Der Antragsteller ist in diesem Fall nicht nur von Kürzungen und Ausschlüssen, sondern auch von der Rückzahlung zu befreien.
Aus den angeführten Gründen waren daher die entsprechenden Rückforderungen aufzuheben.
Der Spruchpunkt A.II. ergibt sich aus § 19 Abs. 3 MOG 2007.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die zitierte Rechtsprechung des VwGH in der Begründung zum Vertrauen in die frühere Vor-Ort-Kontrolle). Im Übrigen ist die Rechtslage eindeutig.
Schlagworte
Berechnung, Bescheidabänderung, Direktzahlung, Flächenabweichung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W104.2219497.1.00Zuletzt aktualisiert am
17.10.2019