TE Vwgh Erkenntnis 1998/10/27 98/05/0179

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Veröffentlicht am 27.10.1998
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L81703 Baulärm Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO NÖ 1976 §113 Abs2 Z3;
BauO NÖ 1976 §118 Abs9;
BauO NÖ 1976 §2 Z5;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Elisabeth Feicht in Bad Vöslau, vertreten durch Dr. Wilhelm Klade, Rechtsanwalt in Wien I, Spiegelgasse 2, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 27. Juli 1998, Zl. RU1-V-94189/07, betreffend Bauauftrag (mitbeteiligte Parteien: 1. Dkfm. Friedrich Pfleger, 2. Mag. Gerda Pfleger, beide in Bad Vöslau, Bouegasse 4, 3. Stadtgemeinde Bad Vöslau, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und dem dieser angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Über Antrag der Beschwerdeführerin erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde der erst- und der zweitmitbeteiligten Partei mit Bescheid vom 22. August 1996 gemäß § 113 Abs. 2 Z. 3 lit. a der NÖ Bauordnung 1976 folgenden baupolizeilichen Auftrag:

"Abtragen und Entfernen der kompletten, im östlichen seitlichen Bauwich situierten Terrasse samt Plattenbelag und Unterlagsbeton und sämtlicher im Bauwich befindlicher, mit der Terrasse in Verbindung stehender Bauteile, wie z.B. Betonflügelmauern, Böschung samt Löffelsteinen, Blumentrögen und Stufenanlage."

Mit Bescheid vom 15. Jänner 1997 wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde die dagegen erhobenen Berufungen der erst- und der zweitmitbeteiligten Partei und mit Bescheid vom 16. Jänner 1997 die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab.

Mit Bescheid vom 1. Juli 1997 wies in der Folge die NÖ Landesregierung im Spruchpunkt 1 die Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Berufungsbescheid als unbegründet ab. Im Spruchpunkt 2 dieses Bescheides gab sie jedoch der Vorstellung der erst- und der zweitmitbeteiligten Partei hinsichtlich der Abtragung und Entfernung der Blumentröge Folge, hob den angefochtenen Bescheid in diesem Punkt auf und wies insoweit die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde zurück, "da die Blumentröge lediglich gartengestalterische Maßnahmen sind und mit der Terrasse keine Einheit bilden sowie keine Bauwerke im Sinne der Bestimmung des § 2 Z. 5 der NÖ Bauordnung 1976" darstellten. Im übrigen wurde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Mit hg. Erkenntnis vom heutigen Tag wurde die dagegen zu Zl. 97/05/0235 erhobene Beschwerde der beschwerdeführenden Partei als unbegründet abgewiesen.

Der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde änderte im fortgesetzten Verfahren den Bescheid des Bürgermeisters vom 22. August 1996 dahingehend ab, daß die im seitlichen Bauwich befindlichen Blumentröge vom Abbruchauftrag nicht erfaßt seien, zumal diese lediglich gartengestalterische Maßnahmen und keine Bauwerke im Sinne des § 2 Z. 5 NÖ Bauordnung 1976 darstellten und somit deren Aufstellung auch im seitlichen Bauwich zulässig sei.

In der dagegen erhobenen Vorstellung brachte die Beschwerdeführerin vor, daß es sich bei den Blumentrögen sehr wohl um Bauwerke im Sinne der NÖ Bauordnung 1976 handle, welche mit der Terrasse in baulicher Hinsicht eine Einheit bildeten.

Die Vorstellungsbehörde stellte fest, daß die - vor Jahren bei einem Gartenbauunternehmen erworbenen - sechs Holztröge je mit einer Länge von 97 cm, einer Breite von 49 cm sowie einer Höhe von 35 cm sowie ein Trog aus Waschbeton mit einer Länge von 125 cm, einer Breite von 50 cm und einer Höhe von 38 cm auf dem Grundstück der erst- und der zweitmitbeteiligten Parteien aufgestellt seien.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der NÖ Landesregierung vom 27. Juli 1998 wurde die Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Nur jene baulichen Anlagen unterlägen einer baubehördlichen Bewilligungspflicht, zu deren Herstellung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich sei, die mit dem Boden in eine gewisse Verbindung gebracht und wegen ihrer Beschaffenheit die öffentlichen Interessen zu berühren geeignet seien. Diese Voraussetzungen träfen für die im Sachverhalt erwähnten verfahrensgegenständlichen Blumentröge nicht zu, zumal es zu ihrer Aufstellung weder der Kenntnis der Regeln der technischen Wissenschaften noch ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse bedürfe. Darüber hinaus seien diese Blumentröge weder fundamentiert noch im Boden bzw. auf der Terrasse fest verankert, sodaß der Aufstellungsort jederzeit problemlos verändert werden könne. Somit hätten diese Blumentröge auch für die vom Abbruch betroffene Terrasse keinerlei bautechnische Funktion und seien in baurechtlicher Hinsicht auch nicht Bestandteil der Terrasse. Sie dienten lediglich der Verschönerung der Terrasse, weshalb sie lediglich gartengestalterische Maßnahmen und keine Bauwerke im Sinne des § 2 Z. 5 der NÖ Bauordnung darstellten. Sie unterlägen daher nicht der baubehördlichen Bewilligungspflicht. Die Blumentröge könnten im Garten und somit auch im seitlichen Bauwich aufgestellt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Begründung des angefochtenen Bescheides mit der Behauptung, die beschwerdegegenständlichen Blumentröge seien mit Erdreich und Pflanzen gefüllt und deswegen wegen ihres Gewichtes nicht problemlos veränderbar. Sie bildeten mit der Terrasse in baulicher Hinsicht eine Einheit und seien daher Bestandteil der Terrasse. Die Blumentröge hätten jedenfalls in den die Terrasse betreffenden Abbruchauftrag einbezogen werden müssen. Sie befänden sich innerhalb des bescheidmäßig festgesetzten Abstandes. Demnach seien die Vorschriften über den Bauwich, welcher auch dem Schutz des Nachbarn diene, verletzt worden.

Auf das beschwerdegegenständliche Auftragsverfahren ist die NÖ Bauordnung 1976 (BO) anzuwenden (siehe hiezu die Begründung des hg. Erkenntnisses vom heutigen Tag, Zl. 97/05/0235). Der Beschwerdeführerin kommt gemäß § 118 Abs. 8 leg. cit. im Rahmen der ihr zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechte gemäß Abs. 9 leg. cit. als Nachbarin auch im Abbruchsverfahren Parteistellung zu (siehe hiezu nochmals das vorzitierte hg. Erkenntnis vom heutigen Tag).

Der Spruchpunkt 2 des Bescheides der NÖ Landesregierung vom 1. Juli 1997 ist in Rechtskraft erwachsen. Die tragenden Gründe dieses aufhebenden Bescheides binden auch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. hiezu die bei Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 4. Auflage, S. 149, referierte hg. Rechtsprechung). Die von der Vorstellungsbehörde vertretene Rechtsansicht ist im übrigen aus folgenden Gründen zutreffend:

Ein Abbruchauftrag gemäß § 113 Abs. 2 Z. 3 BO setzt ein Bauwerk gemäß § 2 Z. 5 leg. cit., sohin ein Objekt voraus, dessen fachgerechte Herstellung ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen erfordert und mit dem Boden kraftschlüssig verbunden ist. Blumentröge der hier zu beurteilenden Art vermögen im Hinblick auf ihre Größe, Zweckbestimmung und Beschaffenheit weder öffentliche Interessen, die von der Baubehörde wahrzunehmen sind, noch subjektiv-öffentliche Rechte, die von der Beschwerdeführerin geltend gemacht werden, im Sinne des § 118 Abs. 9 BO zu berühren. Im Hinblick auf die von der belangten Behörde festgestellte Funktion der hier zu beurteilenden Blumentröge kann von keinem Bauwerk im Sinne des § 2 Z. 5 BO gesprochen werden, weil für die Herstellung von Blumentrögen dieser Art ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen nicht erforderlich ist. Der gegenständliche Fall unterscheidet sich von der mit hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1994, Zl. 93/06/0235, zur Tiroler Bauordnung erledigten Beschwerdesache entscheidend dadurch, daß die Größe und der Aufstellungsort der dort zu beurteilenden Blumentröge wesentliche bautechnische Kenntnisse erforderten, weil in diesem Sachzusammenhang von ihnen eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen und die Sicherheit von Sachen nicht auszuschließen war. Die beschwerdegegenständlichen Blumentröge sind auch nicht untrennbar mit der vom Abbruchauftrag erfaßten Terrasse verbunden.

Da die Beschwerdeführerin auch keine wesentliche Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuzeigen vermochte, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 27. Oktober 1998

Schlagworte

Baurecht Baubefehl Polizeibefehl baupolizeilicher Auftrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998050179.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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