Entscheidungsdatum
10.07.2019Norm
AuslBG §12aSpruch
L 517 2217224-1/9E
L 517 2217369-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Vorsitzenden und den fachkundigen Laienrichtern Dr. HUBER und Mag. MOSER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice,
Geschäftsstelle XXXX , vom XXXX , GZ: XXXX , in nichtöffentlicher
Sitzung zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013 idgF, iVm § 2, § 4 und § 12a iVm § 20d Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) idgF, als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundesverfassungsgesetz
(B-VG), BGBl Nr 1/1930 idgF, nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
06.02.2019 - Antrag des Arbeitnehmers (in Folge beschwerdeführende Partei oder "bP1") auf Erteilung einer "Rot-Weiß-Rot Karte" Fachkraft im Mangelberuf beim Magistrat XXXX und Zuweisung an das AMS XXXX (in Folge belangte Behörde oder "bB") gem. § 20d Abs. 1 Z2 AuslBG
11.02.2019 - Parteiengehör an die bP2
XXXX - Behandlung im Regionalbeirat
XXXX - negativer Bescheid der belangten Behörde (in Folge bB)
03.04.2019 - Beschwerde der bP1
10.04.2019 - Beschwerdevorlage am BVwG
16.05.2019 - Urgenz
25.06.2019 - Nochmalige Urgenz
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.0. Feststellungen (Sachverhalt):
1.0. Die bP1 (Antragstellender Arbeitnehmer) ist Staatsangehöriger Bosnien-Herzegowinas. Am 06.02.2019 stellte die bP1 beim Magistrat XXXX und in weiterer Folge Weiterleitung an die belangte Behörde, einen Antrag auf Ausstellung einer "Rot Weiß Rot Karte" Fachkraft im Mangelberuf. Mit dem Antrag wurden folgende Unterlagen vorgelegt:
Kopie Reisepass, Arbeitgebererklärung vom 05.02.2019 XXXX ,
Tätigkeit: Installation Wasser, Heizung, Inbetriebnahme und Service
Wasserpumpen, Gasinstallation und Wartung, Entlohnung: EUR 2.205,18, Bescheinigung über die Tätigkeit als Installateur vom 03.01.2019 bei der Firma XXXX im Zeitraum von 01.10.2007 bis 01.12.2018, Zeugnis über den abgelegten Deutschkurs 40h Tangram A1 XXXX vom 15.04.2013, Zeugnisse in übersetzter und beglaubigter Form über den Besuch der ersten bis dritten Klasse Mittelberufsschule XXXX Programm "Umschulung Maschinenbau" Fachqualifikation "Wasserinstallateur" vom 10.09.2012 bis 15.04.2013, Abschlussprüfungszeugnis.
Mit Parteiengehör vom 11.02.2019 wurden der bP2 die gesetzlichen Bestimmungen des § 12a und der Anlage B AuslBG näher gebracht und diese aufgefordert, nachzuweisen inwieweit bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung vor Absolvierung des zweiten Bildungsweg bestand. Ebenso wurde der Nachweis einer vor Beginn der Ausbildung bereits angefangenen Beschäftigung als Installateur im Sinne einer dualen Ausbildung verlangt. Zudem wurde die bP2 darauf hingewiesen, dass es sich bei dem beigebrachten Sprachzeugnis nicht um ein von einer zertifizierten Stelle ausgestelltes Sprachdiplom handelt, und dieses auch älter als ein Jahr sei, weshalb hierfür keine Punkte angerechnet werden könnten.
Daraufhin brachte die bP1 die gewünschten Unterlagen bei: Zeugnisse und Diplom über die abgeschlossene "Elektrotechnische Mittelberufsfachschule" 1999 bis 2002.
Am XXXX erfolgte die Anhörung im Regionalbeirat. Insgesamt 40 von 55 Punkten - keine einhellige Zustimmung.
Mit selben Tag erließ die bB den negativen Bescheid. Für folgende
Kriterien nach Anlage B wurden von der bB Punkte vergeben:
Qualifikation: 20
Sprachkenntnisse: 0
Ausbildungsadäquate Berufserfahrung: 10
Alter 22 Jahre: 10
Insgesamt: 40 Punkte von erforderlichen 55
Das vorgelegte Sprachdiplom vom 15.04.2013 sei von einem nicht zertifizierten Sprachinstitut ausgestellt worden. Per Mail war zwar bekannt geben worden, bis Ende März ein anerkanntes A1 Diplom vorlegen zu können, jedoch reichen auch diese Punkte nicht aus um auf insgesamt 55 Punkte zu kommen.
Inhaltlich zusammengefasst führte die bP2 in der Beschwerde vom 03.04.2019 (unterschrieben eingescannt an das BVwG übermittelt am 08.04.2019) aus:
Die Beschwerde richte sich gegen die Punktevergabe
1. Ausbildungsadäquate Berufserfahrung: An Berufserfahrung seien anstelle von 11 Jahren 5
Jahre angerechnet worden, mit der Begründung die Berufserfahrung habe erst ab der Ausbildung als Installateur im zweiten Bildungsweg angerechnet werden können. Es werde darauf hingewiesen, dass im ersten Bildungsweg ein Diplom als Elektriker aus dem Jahr 2001/02 vorliegt.
2. Das Zeugnis über die Deutschprüfung A1 sei nicht anerkannt worden, weil das Zeugnis von einer nicht zertifizierten Stelle ausgestellt worden sei.
Zu 1) wurde ausgeführt: Für die Ausbildung als Installateur, welche im Jahr 2013 abgeschlossen wurde, war eine Berufserfahrung notwendig. XXXX hat vor und nach der Ausbildung als Installateur dieselbe Tätigkeit ausgeführt. Laut Information von XXXX , sei schon der Vater als Installateur tätig gewesen, weshalb er seit Kindesalter an mit diesem Beruf vertraut sei. Die erste Ausbildung von XXXX - in welcher er eine Berufserfahrung von 8 Jahren nachweisen könne - sei Elektriker. Dieser Beruf zähle ebenso zu den Mangelberufen und könne in der Praxis im Betrieb eingesetzt werden (Elektrischer Anschluss von Wärmepumpen, Boiler etc.)
XXXX wäre eine tolle Fachkraft mit sehr viel Berufserfahrung. Bereits seit letztem Jahr über AMS und Leasingfirmen sei die bP2 auf der Suche nach einem Facharbeiter, bis heute habe aber keiner dem Profil entsprochen bzw. sei arbeitswillig gewesen.
Auch das AMS habe seit dem letzten Jahr bis heute nur eine Person vermitteln können. Durch die derzeitige schlechte Personallage am österreichischen Arbeitsmarkt sei die Erfüllung der Aufträge gefährdet.
Zu 2): Die Deutsch A1 Prüfung sei am 12.03.2019 bei einer zertifizierten Stelle abgelegt worden. Entsprechendes Zeugnis ÖSD wurde beigelegt.
Weiters in übersetzter und beglaubigter Form beilegt wurde eine Bestätigung der Firma " XXXX " vom 03.04.2019 über eine Beschäftigung der bP1 in der Firma als Elektriker im Zeitraum von 01.09.1999 bis 30.09.2007.
Am 10.04.2019 erfolgte die Beschwerdevorlage an das BVwG.
In der Beschwerdevorlage führte die bB aus:
"Der Antrag erfolgte laut Arbeitgebererklärung für die berufliche Tätigkeit eines Gas-WasserHeizungsinstallateurs. Für die in diesem Beruf am 15.04.2013 abgeschlossen Ausbildung wurden 20 Punkte angerechnet. Für die danach erworbene ausbildungsadäquate Berufserfahrung 16.04.2013 bis 01.12.2018 bei der Fa XXXX (5 Jahre und rund 8 Monate) wurden 10 Punkte vergeben.
Für die vor Abschluss der Ausbildung zum Gas-Wasser-Heizungsinstallateur absolvierte Praxis wurden keine Punkte vergeben, da erst nach dem erfolgreichen Abschluss einer Ausbildung von einer ausbildungsadäquaten Berufserfahrung im Sinne der Anlage B gesprochen werden kann.
Ebenso wenig konnten für die Facharbeitertätigkeit eines Gas-Wasser-Heizungsinstallateurs Punkte für die als Elektroinstallateur erworbene Praxis vergeben werden.
Mit der Beschwerde wurde ein ÖSD Zertifikat über Sprachkenntnisse auf Niveau A1 vorgelegt, wofür 5 Punkte angerechnet werden können. Für sein Alter wurden XXXX 10 Punkte angerechnet.
Somit fehlen auf die erforderlichen 55 Punkte noch 10 Punkte.
Am 16.05.2019 urgierte die bP2 per Mail bezüglich Erledigung. Als kleines Unternehmen mit steigenden Aufträgen, sei man auf die beantragte Fachkraft angewiesen um die bereits fixierten Aufträgen der nächsten Monate ausführen zu können. Die Zweitausbildung als Elektriker könne im Unternehmen gut verwendet werden, die Qualifikation als Installateur sei persönlich überprüft worden. Es sei nicht möglich am Arbeitsmarkt einen qualifizierten Installateur - mit Arbeitswillen zu finden. Auch eine überkollektivvertragliche Bezahlung ändere an dieser Tatsache nichts.
Am 25.06.2019 wurde von der bP2 nochmals unter Hinweis auf einen Artikel der Wirtschaftskammerzeitung urgiert.
2.0. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsichtnahme in das zentrale Melderegister, dem Firmenbuchauszug, sowie den sonstigen relevanten Unterlagen.
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Der oben unter Punkt II. 1.0. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.
2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,
5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)". Vergleiche dazu auch VwGH, vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.
Die Chronologie und Qualifikation der Ausbildung ergibt sich aus den beigebrachten Zeugnissen und Arbeitsbestätigungen. Demnach war die bP1 nach abgeschlossener Ausbildung zum Installateur am 15.04.2013, von 16.04.2013 bis 01.12.2018 auch als Installateur beschäftigt.
Beide Bescheide wurden wegen fehlender Adresse der bP1 im Akt an den Arbeitgeber zugestellt. Dass die bP1 dennoch Kenntnis vom Inhalt erlangte ergibt sich schlüssig daraus, dass mit Einbringung der Beschwerde auch ein aktuelles Sprachdiplom vom 12.03.2019 beigebracht wurde.
3.0. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:
-
Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz AVG, BGBl Nr. 51/1991 idgF
-
Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl Nr 1/1930 idgF
-
Ausländerbeschäftigungsgesetzes AuslBG, BGBl Nr 218/1975 idgF
-
Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz NAG, BGBl I Nr 100/2005 idgF
-
Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl I Nr 10/2013 idgF
-
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl I Nr 33/2013 idgF
-
Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl Nr 10/1985 idgF
Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.
3.2. Gemäß Art 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 20g AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice das Bundesverwaltungsgericht spätestens drei Monate nach deren Einlangen durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.
In Anwendung des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 20g AuslBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.
Gemäß § 20g Abs 5 AuslBG gelten im Übrigen die Bestimmungen des VwGVG.
3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl Nr 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl Nr 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl Nr 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.
Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:
1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,
2. die Bezeichnung der belangten Behörde,
3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
4. das Begehren und
5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.
Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.4. Gemäß § 21 AuslBG hat der Ausländer in allen Verfahren, in denen seine persönlichen Umstände maßgeblich für die Entscheidung sind, sowie in jenen Fällen, in denen keine Person im Sinne des § 2 Abs. 3 vorhanden ist, Parteistellung. In allen anderen Verfahren hat der Ausländer die Stellung eines Beteiligten.
Gemäß § 21 AuslBG kommt einem Ausländer Parteistellung im Verfahren nur dann zu, wenn seine persönlichen Umstände maßgeblich für die Entscheidung sind. In den Urteilen vom 27.7.2006, Jurisic und Collegium Mererau gegen Österreich (Appl 62539/00) und Coorplan-Jenni GmbH und Hascic gegen Österreich (Appl 10523/00) kommt der EGMR aber zum Ergebnis, dass das Verfahren zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung - entgegen der ständigen Rsp des VfGH und VwGH sowie zu § 21 - eine Angelegenheit ist, die zivilrechtliche Ansprüche iSv Art 6 Abs 1 EMRK betrifft. Deshalb müsse auch für Ausländer stets und nicht nur - wie es § 21 vorsieht - bei Maßgeblichkeit der persönlichen Umstände der Zugang zu einem Gericht iSd Art 6 Abs 1 EMRK gewährleistet und für sämtliche Antragsteller eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt werden.
Dieser Judikatur folgend werden Ausländer daher auch in allen übrigen Verfahren, die seine Zulassung zu einer Beschäftigung bzw. deren Widerruf zum Gegenstand haben, Parteistellung haben (Deutsch/Nowotny/Seitz, Ausländerbeschäftigungsgesetz 2018, zu § 20 Rz 9 ff, § 21 Rz 2). Einer Partei kommen alle nach dem AVG zustehenden Rechte, wie Akteneinsicht, Parteiengehör, Kenntnis des Bescheides sowie die Beschwerdelegitimation zu.
Der ausländische Arbeitnehmer hat im Verfahren um Zulassung zu einer Beschäftigung als Fachkraft Parteistellung.
Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt 3.1. im Generellen und die unter Pkt 3.2. ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.
3.5. Die im vorliegenden Fall maßgebenden Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes in der Fassung BGBl Nr 218/1975 idgF lauten:
Zulassungsverfahren für besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte, sonstige Schlüsselkräfte, Studienabsolventen und Künstler
1. § 20d. (1) Besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte sowie sonstige Schlüsselkräfte und Studienabsolventen haben den Antrag auf eine "Rot-Weiß-Rot - Karte", Schlüsselkräfte gemäß § 12c den Antrag auf eine "Blaue Karte EU" und ausländische Künstler den Antrag auf eine "Niederlassungsbewilligung - Künstler" gemeinsam mit einer schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, die im Antrag angegebenen Beschäftigungsbedingungen einzuhalten, bei der nach dem NAG zuständigen Behörde einzubringen. Der Antrag kann auch vom Arbeitgeber für den Ausländer im Inland eingebracht werden. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat den Antrag, sofern er nicht gemäß § 41 Abs. 3 Z 1 oder 2 NAG zurück- oder abzuweisen ist, unverzüglich an die nach dem Betriebssitz des Arbeitgebers zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Prüfung der jeweiligen Zulassungsvoraussetzungen zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle hat den Regionalbeirat anzuhören und binnen vier Wochen der nach dem NAG zuständigen Behörde - je nach Antrag - schriftlich zu bestätigen, dass die Voraussetzungen für die Zulassung
1. als besonders Hochqualifizierter gemäß § 12
2. als Fachkraft gemäß § 12a,
3. als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1,
4. als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 2 (Studienabsolvent),
5. als Schlüsselkraft gemäß § 12c (Anwärter auf eine "Blaue Karte EU") oder
6. als Künstler gemäß § 14
erfüllt sind. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat die regionale Geschäftsstelle über die Erteilung des jeweiligen Aufenthaltstitels unter Angabe der Geltungsdauer zu verständigen. Bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen hat die regionale Geschäftsstelle die Zulassung zu versagen und den diesbezüglichen Bescheid unverzüglich der nach dem NAG zuständigen Behörde zur Zustellung an den Arbeitgeber und den Ausländer zu übermitteln.
[...]
Fachkräfte in Mangelberufen
§ 12a. Ausländer werden in einem in der Fachkräfteverordnung (§ 13) festgelegten Mangelberuf zu einer Beschäftigung als Fachkraft zugelassen, wenn sie
1. eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen können,
2. die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage B angeführten Kriterien erreichen,
3. für die beabsichtigte Beschäftigung das ihnen nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Mindestentgelt zuzüglich einer betriebsüblichen Überzahlung erhalten und
sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall entfällt.
Fachkräfteverordnung
§ 13. (1) Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz legt im Falle eines längerfristigen Arbeitskräftebedarfs, der aus dem im Inland verfügbaren Arbeitskräftepotenzial nicht abgedeckt werden kann, zur Sicherung des Wirtschafts- und Beschäftigungsstandortes im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort durch Verordnung für das nächstfolgende Kalenderjahr Mangelberufe fest, in denen Ausländer als Fachkräfte gemäß § 12a für eine Beschäftigung im gesamten Bundesgebiet oder in bestimmten Bundesländern zugelassen werden können. Als Mangelberufe kommen Berufe in Betracht, für die bundesweit oder in bestimmten Bundesländern pro gemeldeter offener Stelle höchstens 1,5 Arbeitsuchende vorgemerkt (Stellenandrangsziffer) sind. Berufe mit einer Stellenandrangsziffer bis zu 1,8 können berücksichtigt werden, wenn weitere objektivierbare Mangelindikatoren, insbesondere eine erhöhte Ausbildungsaktivität der Betriebe festgestellt werden oder der betreffende Beschäftigungszweig eine überdurchschnittlich steigende Lohnentwicklung aufweist. Die von Arbeitskräfteüberlassern gemäß § 3 Abs. 2 AÜG gemeldeten offenen Stellen sind bei der Ermittlung der Stellenandrangsziffer gesondert auszuweisen.
(2) Ein vom Verwaltungsrat des Arbeitsmarktservice Österreich gemäß den Bestimmungen des Arbeitsmarktservicegesetzes, BGBl. I Nr. 313/1994, einzurichtender Ausschuss kann nach Maßgabe des Abs. 1 einvernehmlich Vorschläge für die Festlegung von Mangelberufen erstatten. Wird kein Einvernehmen erzielt, können die Vertreter der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber gesonderte Vorschläge erstatten.
(3) In der Verordnung gemäß Abs. 1 können unter Bedachtnahme auf die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes Höchstzahlen festgelegt werden. Diese gelten für die Zulassung von Fachkräften in Mangelberufen, die ausschließlich für bestimmte Bundesländer festgelegt wurden.
(4) Unbeschadet der Regelungen des § 12 kann die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort darüber hinaus im Falle eines anhaltend dringenden Bedarfs an Arbeitskräften in besonders hochqualifizierten Beschäftigungsbereichen durch Verordnung für das nächstfolgende Kalenderjahr festlegen, dass Ausländer mit bestimmten tertiären Ausbildungen in diesen Beschäftigungsbereichen als besonders Hochqualifizierte nach Maßgabe des § 12 und der Anlage A zugelassen werden können, wobei die erforderliche Mindestpunkteanzahl um 5 Punkte herabgesetzt wird.
Anlage B
Zulassungskriterien für Fachkräfte in Mangelberufen gemäß § 12a
Kriterien
Punkte
Qualifikation
maximal anrechenbare Punkte: 30
abgeschlossene Berufsausbildung im Mangelberuf
20
allgemeine Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120
25
Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer
30
ausbildungsadäquate Berufserfahrung
maximal anrechenbare Punkte: 20
Berufserfahrung (pro Jahr) Berufserfahrung in Österreich (pro Jahr)
2 4
Sprachkenntnisse Deutsch
maximal anrechenbare Punkte: 15
Deutschkenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau (A 1) Deutschkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2) Deutschkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1)
5 10 15
Sprachkenntnisse Englisch
maximal anrechenbare Punkte: 10
Englischkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2) Englischkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1)
5 10
Alter
maximal anrechenbare Punkte: 15
bis 30 Jahre bis 40 Jahre
15 10
Summe der maximal anrechenbaren Punkte
90
erforderliche Mindestpunkteanzahl
55
Bei der beantragten Tätigkeit als Installateur handelt es sich um den in der Fachkräfteverordnung 2019 angeführten Mangelberuf "Rohrinstallateur".
Wie den Erläuterungen in der Regierungsvorlage (1077 dB 24 GP.) zur Novelle des Ausländerbeschäftigungsgesetzes BGBl I Nr 25/2011, mit der das kriteriengeleitete Zuwanderungsmodell eingeführt wurde, klar zu entnehmen ist, soll Fachkräften aus Drittstaaten bei Erfüllung personenbezogener und nach Punkten bewerteter Kriterien und klar definierter arbeitsmarktpolitischer Voraussetzungen nur eine qualifizierte Beschäftigung in Österreich ermöglicht werden. Eine Tätigkeit die im überwiegenden Ausmaß in Hilfsarbeitertätigkeiten oder einfachen angelernten Tätigkeiten besteht, soll davon nicht erfasst werden.
Daraus ergibt sich dass, wenn auch eine formale Gleichstellung der im Ausland absolvierten Ausbildung mit einer inländischen Ausbildung nicht erforderlich ist, doch eine inhaltlich der österreichischen Lehre vergleichbare Qualifikation vorliegen muss.
Der Nachweis kann etwa durch Beibringung des Curriculums, Jahreszeugnisse, Umschulungsbestätigungen sowie durch Praxisbelege während der Ausbildungszeit erbracht werden.
Von der bP1 konnte die erfolgreiche Absolvierung der Umschulung zum Installateur im Rahmen des dualen Bildungssystems - nach vorangegangener Ausbildung zum Elektriker -durch Beibringung entsprechender Zeugnisse ausreichend nachgewiesen werden. Entsprechende Punkte wurden für die Qualifikation angerechnet.
Soweit die bP2 in ihrer Beschwerde vorbringt, es seien an Stelle von 11 Jahren Berufserfahrung nur 5 Jahre angerechnet worden, kann Folgendes ausgeführt werden:
Zwar ist dem AuslBG nicht direkt zu entnehmen, dass ausbildungsadäquate Berufserfahrungen erst nach dem tatsächlichen Ausbildungsabschluss erworben werden können, doch ist den Überlegungen der bB insoweit zu folgen, als jene Zeiten vor abgelegter Abschlussprüfung im Rahmen der Ausbildung als Praxis erfolgten und angerechnet wurden und eine Doppelanrechnung nicht im Sinne der Punktevergabe ist.
Die Ausbildung als Elektriker und die gesammelten Berufserfahrungen in diesem Tätigkeitsfeld mögen zwar für die angestrebte Tätigkeit und Verwendung im Betrieb zusätzlich von Nutzen sein, doch erfolgte die Antragstellung für die Anstellung als "Installateur" im Bereich Gas und Wasser worüber es einschlägige Qualifikation nachzuweisen galt. Insbesondere die ausgestellten Zeugnisse auch nur die Berufsbezeichnung als "Wasserinstallateur" aufweisen, wobei fraglich ist inwieweit darüber hinaus in Bosnien wirklich eine eigene Ausbildung zum "Gasinstallateur" besteht und ob nicht letztere im Curriculum und Praxis mitumfasst ist.
Durch die Beibringung des aktuellen ÖSD A1 Zertifikates konnten zu den bereits vorliegenden 40 Punkten weitere 5 Punkte angerechnet werden.
Insgesamt erreichte die bP1 45 Punkte, und fehlen 10 Punkte auf die notwendigen Mindestpunkte von 55.
Auf Grundlage der obigen Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden, die Beschwerde abzuweisen und der Bescheid vollinhaltlich zu bestätigen.
3.6. Gemäß § 45 Abs. 3 AVG des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu erlangen und dazu Stellung zu nehmen.
Im gegenständlichen Fall wurde der bP2 das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis gebracht und wurden von dieser auch weitere Unterlagen beigebracht. Das der bP1 sowohl das Parteiengehör als auch der Bescheid nicht zugestellt werden konnte, liegt daran, dass von der bP1 weder ein Vertretungsbefugter im Inland bekannt geben wurde (wie im Antrag unter F. ausdrücklich vorgesehen), noch eine Heimatadresse in Bosnien angegeben wurde. Die bP1 kam diesbezüglich ihrer Mitwirkungsverpflichtung nicht nach und war eine Zustellung nicht möglich. Dass die bP1 dennoch Kenntnis vom Inhalt des Bescheides erlangte, ergibt sich aus dem Umstand, dass von dieser ein aktuelles Sprachzertifikat beigebracht wurde.
3.7. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes steht das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der bB releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).
Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vergleichbaren Regelung des § 67d AVG (vgl. VwGH vom 24.4.2003, 2002/07/0076) wird die Durchführung der Verhandlung damit ins pflichtgemäße Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die Wendung "wenn es dies für erforderlich hält" schon iSd rechtsstaatlichen Prinzips nach objektiven Kriterien zu interpretieren sein wird (vgl. VwGH vom 20.12.2005, 2005/05/0017). In diesem Sinne ist eine Verhandlung als erforderlich anzusehen, wenn es nach Art. 6 MRK bzw. Art. 47 Abs. 2 GRC geboten ist, wobei gemäß Rechtsprechung des VfGH der Umfang der Garantien und des Schutzes der Bestimmungen ident sind.
Nach der Rechtsprechung des EGMR ist das Sozialrecht auf Grund seiner technischen Natur und der dadurch oftmaligen Notwendigkeit, Sachverständige beizuziehen, als gerade dazu prädestiniert, nicht in allen Fällen eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. Eriksson
v. Sweden, EGMR 12.4.2012; Schuler-Zgraggen v. Switzerland, EGMR 24.6.1993).
Im Erkenntnis vom 18.01.2005, GZ 2002/05/1519, nimmt auch der Verwaltungsgerichtshof auf die diesbezügliche Rechtsprechung des EGMR (Hinweis Hofbauer v. Österreich, EGMR 2.9.2004) Bezug, wonach ein mündliches Verfahren verzichtbar erscheint, wenn ein Sachverhalt in erster Linie durch seine technische Natur gekennzeichnet ist. Darüber hinaus erkennt er bei Vorliegen eines ausreichend geklärten Sachverhalts das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise an, welches das Absehen von einer mündlichen Verhandlung gestatte (vgl. VwGH vom 4.3.2008, 2005/05/0304).
In seiner Entscheidung Tusnovics, 07.03.2017, 24.719/12 hat der EGMR ausgesprochen, dass
insbesondere in Verfahren in denen es nur um rechtliche oder sehr technische Fragen geht, den Anforderungen des Artikel 6 MRK auch ohne mündliche Verhandlung Rechnung getragen werden kann. Da es sich beim Recht auf eine öffentliche Verhandlung (auch vor der einzigen Gerichtsinstanz) um kein absolutes Recht handelt, kann dessen Entfall durch außergewöhnliche Umstände gerechtfertigt sein.
Das gilt besonders dann, wenn die Tatfrage nicht bestritten und das Gericht lediglich über Rechtsfragen zu entscheiden hat, die nicht besonders komplex sind. Dies wird etwa wie in der zitierten Entscheidung dann der Fall sein, wenn die festgestellten Tatsachen im gesamten Verfahren nicht bestritten wurden, eine einschlägige ständige Rechtsprechung besteht und der Bf (die bP) keine rechtlichen oder faktischen Fragen aufgeworfen hat, die die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich gemacht hätten.
Unter Bezugnahme auf die zitierte Judikatur der Höchstgerichte sowie Heranziehung der vorliegenden Akten als auch des festgestellten Sachverhaltes und der daraus resultierenden Ermittlungsergebnisse und unter Beachtung der entsprechenden Stellungnahmen der bP wurde von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung iSd § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen. Dies begründet sich u.a aus dem Umstand, dass eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtsfrage erwarten lässt und auch der festgestellte Sachverhalt nicht ergänzungsbedürftig scheint. Weiteres besteht auch keine zwingende gesetzliche Bestimmung, die das Bundesverwaltungsgericht verpflichtet, in der anhängigen Beschwerdesache eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
Es stand den bP offen, mit Beschwerde weitere Unterlagen zur behaupteten Qualifikation beizubringen.
In diesem Zusammenhang wird auch auf das Erk. des VwGH vom 27.9.2013, Zl. 2012/05/0213 verwiesen ("...Im Übrigen lassen die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die vorgelegten Verwaltungsakten erkennen, dass die Erörterung in einer Verhandlung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht
erwarten lässt, zumal das Verfahren rechtliche ... Fragen betrifft,
zu deren Beantwortung auch im Sinne der Judikatur des EGMR (Hinweis E vom 28. Mai 2013, 2012/05/0120 bis 0122, mwH auf die Rechtsprechung des EGMR; ferner etwa das Urteil des EGMR vom 18. Juli 2013, Nr. 56422/09, Schädler-Eberle gegen Liechtenstein) eine öffentliche, mündliche Verhandlung nicht geboten erscheint."), wo das genannte Höchstgericht zum Schluss kam, dass keine Verhandlung durchzuführen ist (zumal sich § 24 Abs. 4 VwGVG mit § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG inhaltlich deckt, erscheinen die dort angeführten Überlegungen im gegenständlichen Fall sinngemäß anwendbar).
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich daher als nicht erforderlich.
3.8. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030).
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Diesbezüglich ist die vorliegende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Darüber hinaus stellten sich im gegenständlichen Fall in erster Linie Fragen der Tatsachenfeststellung und der Beweiswürdigung.
Sonstige Hinweise, die auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage schließen lassen, liegen ebenfalls nicht vor. Rein der Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht erst mit 01.01.2014 ins Leben gerufen wurde, lässt nicht den Schluss zu, dass es sich um eine Rechtsfrage handelt, die noch nicht vom Verwaltungsgerichtshof geklärt wurde.
Die grundsätzliche Bestimmung betreffend Ausstellung der Rot-Weiß-Rot Karte erfuhr keine substanzielle Änderung, weshalb auch in diesem Zusammenhang die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht gegeben waren.
Auf Grundlage der obigen Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Berufserfahrung, Fachkräfteverordnung, Rot-Weiß-Rot-KarteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L517.2217369.1.00Zuletzt aktualisiert am
17.10.2019