TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/10 W201 2212868-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.07.2019
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Entscheidungsdatum

10.07.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W201 2212868-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Angela Schidlof als Vorsitzende und die Richterin Dr. Margit Möslinger-Gehmayr sowie den fachkundigen Laienrichter Franz Groschan als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich vom 05.12.2018, OB: XXXX betreffend Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Einlangend am 03.09.2018 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" und einem Ausweis gemäß § 29b StVO. Medizinische Unterlagen legte sie ihrem Antrag bei.

2. Am 12.11.2018 erfolgte die Untersuchung der Beschwerdeführerin durch eine Ärztin für Allgemeinmedizin, das Sachverständigengutachten lautet auszugsweise:

"Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand: gut

Ernährungszustand: adipös

Größe: 170,00 cm Gewicht: 98,00 kg Blutdruck: 140/80

Klinischer Status - Fachstatus:

64-jährige Frau kommt gehend ohne Begleitung in meine Ordination. Caput/Collum: Optomotorik unauffällig, Pupillen rund isocor, reagieren prompt auf Licht, die einsehbaren Schleimhäute gut durchblutet, Zähne saniert. Thorax symmetrisch, Herzaktion rein rhythmisch normocard, Vesikuläratmung, keine pathologischen RGs auskultierbar.

Abdomen weich eindrückbar, Leber am Rippenbogen, Milz nicht tastbar. Durchblutung und grob neurologisch unauffällig.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Extremitäten: Die Gelenke der OE altersentsprechend frei beweglich,

UE: blande Narbe nach K-TEP links, das linke Kniegelenk verplumpt, die Beugung deutlich eingeschränkt, Streckung frei, die übrigen

Gelenke altersentsprechend frei beweglich, WS: HWS in allen Ebenen altersentsprechend frei beweglich, BWS/LWS: Drehung und Seitneigung des

Oberkörpers nach links und rechts endlagig eingeschränkt, Finger-Bodenabstand: 20cm. Das Gangbild linkshinkend, normalschrittig und flüssig, Einbeinstand beidseits, Zehen- und Fersengang beidseits durchführbar, links etwas erschwert.

Status Psychicus:

bewusstseinsklar, allseits orientiert, Stimmungslage euthym, Allgemeintempo von normaler Schnelligkeit, Gedächtnis und Konzentration unauffällig

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Rahmensätze:

Position

GdB %

1

Arthrofibrose linkes Knie bei Zustand nach komplikationsreicher zweimaliger Implantation einer Knieprothese und Narbendebridement mit Funktionseinschränkung höheren Grades

02.05.22

40

2

g.Z. Zustand nach Zehenoperation 3. Zehe rechts und 4. Zehe beidseits mit funktionellen Auswirkungen geringen Grades Unterer Rahmensatz, da keine Beeinträchtigung im Alltag

02.02.01

10

3

Bluthochdruck

05.01.01

10

Gesamtgrad der Behinderung 40 v.H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Leiden 1 wird durch Leiden 2 und 3 nicht erhöht, da von zu geringer funktioneller Relevanz

X Dauerzustand"

3. Im Zuge des Parteiengehörs übermittelte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin das Ergebnis der Beweisaufnahme.

4. Am 30.11.2018 ersuchte die Beschwerdeführerin schriftlich um nochmalige Überprüfung des Aktes.

5. Am 05.12.2018 gab die begutachtende Ärztin eine Stellungnahme ab:

"Das linke Kniegelenk ist nicht versteift, eine eingeschränkte Beugefunktion ist gegeben. Diese Einschränkung der Beweglichkeit im Bereich des linken Kniegelenkes führt zwar zu einer gewissen Beeinträchtigung, das objektivierbare Ausmaß des Defizits kann jedoch eine maßgebliche Erschwernis der Erreichbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel nicht ausreichend begründen. Kurze Wegstrecken können allein ohne Unterbrechung, allenfalls unter Verwendung eines Gehbehelfs, zurückgelegt werden.

Niveauunterschiede können unter Berücksichtigung der eingeschränkten Beugefunktion im linken Kniegelenk bei sonst frei beweglichen Gelenken in beiden Beinen im Nachstellschritt überwunden werden und das sichere Ein- und Aussteigen ist gewährleistet. Im Bereich der oberen Extremitäten liegen keine relevanten

Funktionseinschränkungen vor, das Erreichen von Haltegriffen und das Festhalten sind nicht eingeschränkt. Kraft und Koordination sind ebenfalls zufriedenstellend und stellen kein Hindernis dar. Da keine bzw. bedarfsweise Schmerzmedikamente eingenommen werden, ist davon auszugehen, dass die Beschwerden nicht permanent in hohem Ausmaß bestehen und daher die Mobilität nicht andauernd maßgeblich eingeschränkt ist."

6. Mit Bescheid vom 05.12.2018 wies das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle NÖ (in weiterer Folge: belangte Behörde) den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab. Begründet wurde die Abweisung mit dem Ergebnis der ärztlichen Untersuchung, die einen Grad der Behinderung von 40% ergeben habe.

7. Gegen den Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde. Sie erhebe Einspruch da sie mit der ärztlichen Beurteilung nicht einverstanden sei.

8. Mit Schreiben vom 14.01.2019 übermittelte die belangte Behörde den Beschwerdeakt an das Bundesverwaltungsgericht.

9. Das BVwG veranlasste eine Verbesserung der Beschwerde, die Beschwerdeführerin übermittelte daraufhin mit Schreiben vom 28.01.2019 die Gründe für ihre Beschwerde und ihr Begehren. Sie habe Dauerschmerzen und nehme keine Medikamente, da diese nicht mehr helfen würden. Sie sei nicht alleine zur Untersuchung gekommen. Auch seien Aussagen ihrer behandelnden Ärzte nicht berücksichtigt worden. Sie ersuche um eine neuerliche Beurteilung.

10. Das BVwG veranlasste eine weitere Untersuchung der Beschwerdeführerin durch eine Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie. Die Fragestellungen lauteten:

1) Gesonderte Einschätzung des Grades der Behinderung für jede festgestellte

Gesundheitsschädigung.

Medizinisch exakte Bezeichnung der festgestellten Gesundheitsschädigungen.

Gewählte Position, wobei auf die Begründung der Wahl der Position besonders zu achten

ist.

Zu Grunde gelegter Rahmensatz, wobei auf die Begründung der Einschätzung des GdB

innerhalb des Rahmensatzes besonders zu achten ist.

2) Gesamtgrad der Behinderung

Beim Zusammentreffen mehrerer Leiden ist eine Gesamteinschätzung vorzunehmen und zu

begründen.

3) Ist eine Veränderung zum Gutachten erster Instanz Abl. 6-8 sowie Abl. 14 objektivierbar?

Wodurch wird die Veränderung dokumentiert bzw. wie äußert sich diese?

Vorgelegte Befunde 1. Instanz: Abl. 4-5

4) Ausführliche Stellungnahme zu den im Rahmen des Beschwerdeverfahrens erhobenen

Einwendungen und vorgelegten medizinischen Beweismitteln der Beschwerdeführerin.

Beschwerdevorbringen, siehe OZ 3

Vorgelegte Befunde bzw. (Privat)Gutachten, siehe Abl. OZ 3

5) Feststellung, ob bzw. wann eine ärztliche Nachuntersuchung erforderlich ist.

Falls der Grad der Behinderung mit mindestens 50% festgestellt werden sollte, wird um Beurteilung

der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ersucht.

2. Zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:

Die Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel möge anhand

der, in der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von

Parkausweisen genannten Kriterien erfolgen.

Das medizinische Ergänzungsgutachten ist schriftlich zu erstatten.

1.1. Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel anhand der, in

der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von

Parkausweisen genannten Kriterien.

Ausgehend von den bisherigen durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes

entwickelten Beurteilungskriterien zur Frage "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher

Verkehrsmittel" sind Funktionseinschränkungen relevant, die die selbstständige

Fortbewegung im öffentlichen Raum sowie den sicheren, gefährdungsfreien Transport

im öffentlichen Verkehrsmittel erheblich einschränken. Als Aktionsradius ist eine

Gehstrecke von einer Entfernung von rund 300 bis 400 m anzunehmen (VwGH 27.5.2014,

Ro 2014/11/0013). Alle therapeutischen Möglichkeiten sind zu berücksichtigen.

Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in

geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des behandelnden Arztes/der

behandelnden Ärztin ist nicht ausreichend. Zur Zumutbarkeit eventueller therapeutischer

Optionen ist ausführlich Stellung zu nehmen.

Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu

berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und

Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig

werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt.

1.2. Die dauernden Gesundheitsschädigungen sind als Diagnoseliste festzuhalten.

Richtsatzmäßige Einschätzungen sind nicht erforderlich und sollen jedenfalls unterbleiben.

1.3. Liegen

a) erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor?

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind

ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen

durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern,

Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu

verstehen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer

Beinverkürzung von 8 cm vorliegen. Komorbiditäten der oberen Extremitäten und

eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen.

b) erhebliche Einschränkungen der Funktionen der oberen Extremitäten vor?

c) erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor?

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig

cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt

jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

-

arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer

Option

-

Herzinsuffizienz mit LVEF unter 30%

-

hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

-

Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

-

COPD IV

-

Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

-

mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss benützt werden

1.4. Stellungnahme zu den Einwendungen der BF:

Der BF gibt in der Beschwerde an, auf Grund ihrer Knietotalendoprothese, nicht in der

Lage zu sein, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen (OZ 3). Die BF hat dazu neue Befunde

vorgelegt.

1.5.Begründung einer eventuell vom bisherigen Ergebnis (Abl. 6 und 14) abweichenden

Beurteilung.

1.6.Feststellung, ob bzw. wann eine ärztliche Nachuntersuchung erforderlich ist."

11. Am 29.04.2019 wurde nach einer Untersuchung der Beschwerdeführerin das ergänzende Sachverständigengutachten durch eine Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie sowie Allgemeinmedizin erstellt. Das Gutachten lautet auszugsweise:

"STATUS:

Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand gut.

Größe 170 cm, Gewicht 98 kg

Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen

Thorax: symmetrisch, elastisch

Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch.

Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein

Druckschmerz.

Integument: unauffällig

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:

Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse.

Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.

Daumensattelgelenk links: Narbe nach Operation vor 10 Jahren, geringgradige Subluxationsstellung, keine Rötung, keine Stauchungsschmerzen, geringgradige

Druckschmerzen über dem Daumensattelgelenk, Opponensfunktion unauffällig,

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe

Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.

Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.

Becken und beide unteren Extremitäten.

Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits mit Anhalten und ohne Einsinken durchführbar, links kürzer als rechts.

Der Einbeinstand ist mit Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist ansatzweise möglich. Die Beinachse zeigt geringgradige Varusstellung rechtes Kniegelenk. Symmetrische Muskelverhältnisse.

Beinlänge ident.

Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird im

Narbenbereich am linken Kniegelenk als gestört angegeben.

Die Beschwielung ist in etwa seitengleich.

Kniegelenk links: mittelgradige Umfangsvermehrung, Patella geringgradig verbacken, in 30 0 + federnd aufklappbar, geringgradige Überwärmung, kein Erguss, Beugeschmerzen.

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Hüften beidseits frei, Knie rechts 0/0/1 30, links 0/10/70, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.

Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60 0 bei KG 5 möglich

Wirbelsäule:

Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte

Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, mäßig Hartspann, kein Klopfschmerz über der Wirbelsäule.

Aktive Beweglichkeit:

HWS: in allen Ebenen frei beweglich

BWS/LWS: FBA: 20 cm, in allen Ebenen frei beweglich

Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen ohne Gehhilfe, das Gangbild geringgradig links hinkend, nicht verlangsamt, Gesamtmobilität zügig.

Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.

Status psychicus: Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.

STELLUNGNAHME:

ad 1) Einschätzunq des Grades der Behinderunq:

1) Knietotalendoprothese links, Zustand nach Narbendebridement mit Funktionseinschränkung höheren Grades 02.05.22 Fixer Richtsatzwert 40%.

2) g.Z. Zustand nach Zehenoperation 3. Zehe rechts und 4. Zehe beidseits

02.02.01 Unterer Rahmensatz, da keine relevante Beeinträchtigung 10%

3) Bluthochdruck 05.01.01 Fixer Richtsatzwert 10%.

4) Rhizarthrose links, Zustand nach Resektionsarthroplastik 02.06.06 10% Unterer Rahmensatz, da rezidivierende Beschwerden bei geringgradiger Subluxationsstellung ohne relevante Einschränkung der Greifformen.

ad 2) Gesamtgrad der Behinderung 40%

Die führende Funktionsbeeinträchtigung Nummer 1 wird durch die übrigen Leiden nicht erhöht, da diese das Gesamtbild in funktioneller Hinsicht nicht negativ beeinflussen.

ad 3) Ist eine Veränderung zum Gutachten 1. Instanz Abl. 6-8,14 objektivierbar? Hinzukommen von Leiden 4, sonst keine Änderung.

Stellungnahme zu Abl. 4-5:

Abl. 5, 4, Befund Gruppenpraxis für Orthopädie Wiener Neustadt Dr. Reisner 01.09.2015 und 19.04.2018 (Diagnosenliste, siehe oben) - bekannte Diagnosenliste, Gehstrecke mit Pause maximal 1 Stunde) - Befund untermauert Richtigkeit der getroffenen Beurteilung.

ad 4) Stellungnahme zu Beschwerdevorbringen OZ 3:

In Abl. 41 wird vorgebracht, dass auf die Erklärungen der Ärzte der BF nicht eingegangen worden sei, sie habe Dauerschmerzen beim Gehen und in Ruhe, Schmerzmittel würden nicht helfen. Sie sei nicht allein gekommen, der Mann habe im Auto vor dem Haus gewartet.

Eine Gehhilfe würde sie noch nicht benötigen, könne auch mit der linken Hand keine halten. Sie könne schlecht Stiegensteigen, nicht Radfahren, das Knie nicht abbiegen und habe große Probleme beim Aussteigen aus dem Auto, wenn der Parkplatz sehr eng sei. Bei einer neuerlichen Operation müsste der Oberschenkel zu 80 % gebrochen werden. Sie lege Befunde über einen Operationstermin für die linke Hand vor.

Dem wird entgegengehalten, dass die funktionelle Einschränkung im linken Kniegelenk mit 40 % in ausreichendem Maße eingestuft wurde, eine Einstufung mit 50 % würde bereits einer Amputation des Oberschenkels entsprechen. Die funktionelle Einschränkung beim Stiegensteigen und Aussteigen aus dem Auto mit eingeschränkter Beugefähigkeit ist in der getroffenen Position erfasst.

Die Rhizarthrose links wird neu einer Einschätzung unterzogen.

Stellungnahme zu vorgelegten Befunden, OZ 3

Abl. 40, Befund Gruppenpraxis 25. 1. 2019 (2009 Knietotalendoprothese links, 2010 Narbendebridement Knietotalendoprothese,

2012 Femurwechsel und PE Wechsel, Arthrofibrose linkes Knie mit Bewegungseinschränkung

Irritation der Arthrose TMT 1 links, Zustand nach Hammerzehen Operation 3. C rechts, 4 beidseits 2017 und 2018, Fasciitis plantaris links, Zustand nach Resektions- und

Sehneninterpositions-Arthroplastik linkes Daumensattelgelenk 2007 mit deutlichen Restbeschwerden.

Aus orthopädischer Sicht sind die Funktionseinschränkungen im vorliegenden Gutachten, insbesondere des linken Kniegelenks und auch des rechten Kniegelenks, nur wenig berücksichtigt. Weiters bestehen deutliche Einschränkungen der Daumensattelgelenke, die ebenfalls nur unzureichend berücksichtigt sind.) - Im Bereich des rechten Kniegelenks konnte keine behinderungsrelevante funktionelle Einschränkung festgestellt werden, die weiteren Funktionseinschränkungen, im Bereich des linken Kniegelenks und Daumensattelgelenks, werden entsprechend den feststellbaren Defiziten einer Einstufung unterzogen.

Abl. 38, Befund Gruppenpraxis 20. 12. 2018 (Diagnosenliste siehe oben, nochmalige Operation im Daumensattelgelenk links grundsätzlich besprochen) - Befund führt zu keiner Änderung der aktuell getroffenen Beurteilung.

Abl. 37, Befund 9. 1. 2019 (Schmerzen linke Hand bei Rhizarthrose links, Hyperextension linker Daumen, Anmeldung zur Revision im Herz Jesu Krankenhaus) - Befund wird in Einstufung von Leiden 4 berücksichtigt.

Abl. 36, Röntgen beide Hände 17. 12. 2018 (hochgradige Rhizarthrose links bei postoperativem Zustand, Arthrose des Daumengrund- und Endgelenks beidseits, geringgradige DIP- Arthrosen vor allem 3. und 5. Strahls beidseits) - Rhizarthrose wird in Einstufung von Leiden 4 berücksichtigt, Funktionseinschränkungen im Bereich der DIP-Gelenke sind nicht feststellbar.

Abl. 34, Information zur Operationsvorbereitung 15. 1. 2019 (vorgesehene Operation:

Hammock- Plastik links für 16. 8. 2019) - wird in Leiden 4 berücksichtigt.

Abl. 12, Befund 29. 11. 2018

(Diagnosenliste siehe oben, aufgrund der Arthrofibrose des Kniegelenks links besteht eine massive Bewegungseinschränkung, aus diesem Grund ist die Gehstrecke massiv eingeschränkt, Stiegensteigen nur mit Geländer und mühsam durch Nachsteigen möglich. DieProblematik des linken Kniegelenks ist im vorliegenden Gutachten unzureichend berücksichtigt. Zusammenfassend liegen daher die Voraussetzungen zur Ausstellung eines

Behindertenpasses eindeutig vor, da die Gehstrecke massiv eingeschränkt ist.) Eine massive Einschränkung der Gehstrecke ist nicht objektivierbar. Die Funktionseinschränkungen im linken Kniegelenk führt zwar zu einer Beeinträchtigung, eine höhergradige Gangleistungsminderung ist daraus jedoch nicht abzuleiten.

ad 5) Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich.

Ergänzungsgutachten hinsichtlich Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel entfällt."

12. Am 28.05.2019 wurden die belangte Behörde sowie die Beschwerdeführerin vom Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt und die Möglichkeit eingeräumt, eine Stellungnahme abzugeben. Weder die Beschwerdeführerin noch die belangte Behörde gaben binnen der eingeräumten Frist eine Stellungnahme ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz in Österreich. Sie stellte einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.

1.2. Aufgrund des durch das Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachtens ergibt sich ein Grad der Behinderung von 40%. Die Beschwerdeführerin leidet an folgenden, einstufungswürdigen Leiden: Die Beschwerdeführerin hat eine Knietotalendoprothese mit einer Funktionseinschränkung höheren Grades, Zustand nach einer Zehenoperation 3.Zehe rechts und 4. Zehe beidseits ohne relevante Beeinträchtigung, Bluthochdruck sowie eine Rizarthrose links.

1.3. Die Beschwerdeführerin erfüllt nicht die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses und daher auch nicht die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung, somit ist auch die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO nicht möglich.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und dem darin enthaltenen fachärztlichen Gutachten.

Es wird auf das oben auszugsweise wiedergegebene, vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten vom 29.04.2019 verwiesen. Im genannten Gutachten wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß sowie auf ihr Beschwerdevorbringen ausführlich, schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Die Gutachterin setzte sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Befunden auseinander. Auf Grund der vorgelegten medizinischen Unterlagen wurde auch das Leiden 4 (Rhizarthrose) mit einem GdB von 10% neu von der Sachverständigen berücksichtigt.

Die Gutachterin ging auch ausführlich auf die von der Beschwerdeführerin nachträglich beigebrachten Befunde ein, und stellte fest, dass die massive Einschränkung der Gehstrecke, wie zB im Befund vom 29.11.2018 angeführt, nicht objektivierbar ist. Die Funktionseinschränkung wurde zwar durch die Sachverständige als Beeinträchtigung anerkannt, jedoch war daraus eine höhergradige Gangleistungsminderung nicht ableitbar. Die funktionellen Einschränkungen des linken Kniegelenks wurden von der Sachverständigen mit einem Grad der Behinderung von 40% eingestuft. Wie die Sachverständige zu diesem Punkt ausführte, würde eine Einstufung mit 50% bereits einer Amputation des Oberschenkels entsprechen. Die von der Beschwerdeführerin beschriebenen funktionalen Einschränkungen wurden bei der Einstufung berücksichtigt.

Die Gutachterin kam auf Grund der Gesundheitsbeeinträchtigung der Beschwerdeführerin unter Berücksichtigung aller im Beschwerdeverfahren vorgelegten Befunde und unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nachvollziehbar zu einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H.

Aufgrund der Feststellung, dass die Leiden 2 bis 4 die führende Funktionseinschränkung nicht negativ beeinflussen wird der Gesamtgrad der Behinderung nicht erhöht.

In dem Gutachten wurde - wie oben zitiert - festgestellt, dass keine Einschränkungen der Funktionen der unteren und oberen Extremitäten und keine Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit in jenem Ausmaß vorliegen, dass das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke nicht möglich ist.

Das ergänzend eingeholte Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder dessen Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Das Sachverständigengutachten wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. In der gegenständlichen Sachverhaltskonstellation liegen die Voraussetzungen für eine meritorische Entscheidung vor (Vgl. VwGH vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063; VwGH vom 10.09.2014, Zl. Ra 2014/08/0005).

Zu Spruchpunkt A)

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)

Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)

Der Behindertenpass ist mit einem 35 x 45 mm großen Lichtbild auszustatten und hat zu enthalten:

1. den Familien- oder Nachnamen, den Vornamen, den akademischen Grad oder die Standesbezeichnung und das Geburtsdatum des Menschen mit Behinderung;

2. die Versicherungsnummer;

3. den Grad der Behinderung oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit;

4. eine allfällige Befristung.

(§ 1 Abs. 1 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen)

Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist u.a. jedenfalls einzutragen:

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und - erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder - erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder - erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder - eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder - eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

(§ 1 Abs. 2 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen auszugsweise)

Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 2 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Bundessozialamtes. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

(§ 1 Abs. 3 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen)

In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird u.a. Folgendes ausgeführt:

Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):

Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleichbedeutend.

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128, und die dort angeführte Vorjudikatur sowie vom 22. Oktober 2002, Zl. 2001/11/0242, vom 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).

Gemäß § 29b Abs. 1 StVO ist Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, BGBl Nr. 283/1990, die über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen. Die näheren Bestimmungen über diesen Ausweis sind durch Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zu treffen.

Auf den Beschwerdefall bezogen:

Die Beschwerdeführerin hat eine Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde eingebracht, der den Grad der Behinderung mit 40% feststellt.

Im ergänzenden Sachverständigengutachten vom 29.04.2019 wurde auf sämtliche von der Beschwerdeführerin bei ihrer Antragstellung geltend gemachten und durch Befunde belegten Beeinträchtigungen und Erkrankungen sowie auf die nachträglich beigebrachten Befunde eingegangen und diese gemäß der Anlage zur Einschätzungsverordnung gewürdigt. Auch wurde von Seiten der Gutachterin auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass die Aussagen der behandelnden Ärzte übergangen worden seien, eingegangen und diese im Ergänzungsgutachten einer detaillierten Beurteilung unterzogen.

Im Zuge der ergänzenden Untersuchung wurde das Leiden 4 neu in die Einschätzung aufgenommen, jedoch wurde dargelegt, dass auch dieses Leiden zu keiner Erhöhung des führenden Leidens führt. Es wurde der Gesamtgrad der Behinderung nachvollziehbar dargelegt.

In dem im Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten wurde festgestellt, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, da keine Einschränkungen der Funktionen der unteren und oberen Extremitäten und keine Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vorliegen und daher das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke zumutbar und möglich ist.

Die Beschwerdeführerin ist dem ergänzenden Sachverständigengutachten nicht mehr mit einer Stellungnahme entgegengetreten.

Der Grad der Behinderung beträgt weiterhin 40%, die Beschwerdeführerin erfüllt daher nicht die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses und daher auch nicht die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung und die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte das Gericht von der Verhandlung absehen, weil der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde. Die Schriftsätze der Parteien und die Akten des Verfahrens lassen erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Vielmehr erschien der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage geklärt. Dem steht auch Art 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegensteht, vgl. dazu auch das zuletzt das Erkenntnis des VwGH vom 21.02.2019, Ra 2019/08/0027.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung (vgl. VwGH vom 24.04.2014, Zl. Ra 2014/01/0010; VwGH vom 24.03.2014, Zl. Ro 2014/01/0011) zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W201.2212868.1.00

Zuletzt aktualisiert am

16.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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