TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/11 W201 2215626-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.07.2019
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Entscheidungsdatum

11.07.2019

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W201 2215626-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Angela Schidlof als Vorsitzende und die Richterin Dr. Margit Möslinger-Gehmayr sowie den fachkundigen Laienrichter Franz Groschan als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 19.02.2019, OB: XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Voraussetzungen für die Eintragung des Zusatzes "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass liegt nicht vor.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer stellte am 12.11.2018 einlangend einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass. Dem Antrag legte er ein Konvolut an Befunden bei.

2. Am 11.12.2018 erfolgte die Untersuchung des Beschwerdeführers durch einen Arzt für Allgemeinmedizin. Das Sachverständigengutachten enthält folgendes:

"Anamnese:

Es gibt ein VGA von 2012 mit 80% (Bechterew 70, COPD III 50)

Derzeitige Beschwerden:

Bei körperlichen Anstrengungen werde ich sehr rasch atemlos, Das ist auch der Grund, warum ich die Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel beantragt habe. Ich habe auch Morbus Bechterew und Einschränkungen in der Wirbelsäule. Diesbezüglich fahre ich regelmäßig nach Gastein auf Kur.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Spiolto 2-0-0, Berodual bB, Alvesco 2-0-0, Furohexal, TASS, Allopurinol, Nebilan, Pantoprazol, Enalacomb, Xyzal, NSR bB

Sozialanamnese:

Ist seit dem 35. Lebensjahr in Berufsunfähigkeitspension, geschieden und hat zwei erwachsene Kinder.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

2018-11 FA f Lungenkrankheiten, Dr. Brunner

Diagnose: FEV1% 64,97 vom Sollwert

COPD 3, respiratorische Globalinsuffizienz, Z.n.

beatmungspflichtiger Infektexazerbation, restriktive Komponente, gemischtes OSAS, BiPAP und nächtliche Sauerstofftherapie.

2018-11 Rheumatologie, Hanusch KH Wien: Diagnosen:

Ankylosierende Spondylitis, Z.n. Uveitis vor >10 Jahren, periphere

Arthritis, Th: Z.n. ETA (unwirksam), Humira (2013-1/16)

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand: unauffällig

Ernährungszustand:

gut

Größe: 160,00 cm Gewicht: 102,00 kg Blutdruck: 160/80

Klinischer Status - Fachstatus:

Caput/Collum: keine Lippenzyanose, keine Halsvenenstauung

Sensorium: Umgangssprache wird anstandslos verstanden Haut und Schleimhäute: unauffällig

Hals: unauffällig, keine Einflussstauung Thorax: symmetrisch, mäßig elastisch Lunge: sonorer Klopfschall, Vesikuläratmung, keine Dyspnoe beim Gang im Zimmer, gemessene Po2 90%

Herz: reine Herzgeräusche, rhythmisch, normfrequent

Abdomen: unauffällig, über Thoraxniveau, Kugelbauch rektal nicht untersucht Neurologisch: grob neurologisch unauffällig

WIRBELSÄULE:

Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet und deutlich verspannt HWS: Drehung und Seitneigung beidseits mehr als die Hälfte eingeschränkt KJA: 4 cm

BWS: leichter RundrückenRotation und Seitwärtsneigung deutlich reduziert

LWS: deutliche Einschränkung der Anteflexion Finger-Bodenabstand im Stehen: 50 cm

Obere Extremitäten:

Trophik und Tonus seitengleich normal, grobe Kraft bds nicht signifikant vermindert.

Schultergelenk rechts Seitliches Anheben: 140° Anheben nach vorne:

160° Schultergelenk links Seitliches Anheben: 140° Anheben nach vorne: 160°

Nackengriff: bds möglich Schürzengriff: bds möglich

Hand- und Fingergelenke: keine signifikanten Funktionseinschränkungen, Feinmotorik und Fingerfertigkeit altersentsprechend Der Pinzettengriff ist beidseits mit allen Fingern möglich.

Der Faustschluß ist beidseits mit allen Fingern möglich

Untere Extremitäten:

grobe Kraft bds nicht signifikant vermindert.

Hüftgelenk rechts: Beugung: 120° Rotation: 40-0-40°

Hüftgelenk links: Beugung: 120° Rotation: 40-0-40°

Kniegelenk rechts: 0-0-140°

Kniegelenk links: 0-0-140°

Sprunggelenke: beidseits annähernd normale Beweglichkeit, Fußheben und -senken bds durchführbar, alle Funktionen ungestört.

Zehenstand und Fersenstand beidseitig möglich, Einbeinstand bds möglich, Fußpulse bds palpabel.

Keine Ödeme, keine postthrombotischen Veränderungen.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt selbstständig gehend mit Halbschuhen ohne Hilfsmittel.

Status Psychicus:

Zeitlich, örtlich und zur Person orientiert. Wirkt in der Kommunikation unauffällig, die Stimmungslage ist ausgeglichen. Aufmerksamkeit und Konzentration scheinen nicht beeinträchtigt. Merkfähigkeit scheint unauffällig.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1

Morbus Bechterew

2

Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)

Stellungnahme zu

gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

keine signifikanten funktionellen Veränderungen objektivierbar

Dauerzustand

Nachuntersuchung -

Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine. Es liegt eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung ohne Notwendigkeit einer mobilen Sauerstoffversorgung vor. Dieses Leiden verursacht eine mäßige Reduktion der körperlichen Leistungsfähigkeit, ist jedoch für leichte Belastungen therapeutisch kompensiert, sodass das Erreichen, das Be- und Entsteigen sowie die sichere Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dadurch nicht erheblich erschwert ist. Darüber hinaus führt auch das Zusammenwirken mit dem Wirbelsäulenleiden nicht zu einer erheblichen Erschwernis der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

nein "

3. Am 19.02.2019 erließ das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien (in weiterer Folge: belangte Behörde) den nunmehr angefochtenen Bescheid.

In diesem wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf die Zusatzeintragungen "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" ab und begründete die Abweisung mit dem Ergebnis der allgemeinmedizinischen Untersuchung.

4. Der Beschwerdeführer brachte mit Schreiben vom 04.02.2019 fristgerecht eine Beschwerde ein und führte begründend aus, bei seinen Krankheiten handle es sich um Morbus Bechterew, Mastocytose, Angina Pectoris, COPD 3 usw. Er leide auch an einer erheblichen Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit, weshalb ihm das Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht zumutbar sei. Er könne weder eine längere Strecke gehen noch beim Gehen etwas in den Händen halten.

5. Am 07.03.2019 übermittelte die belangte Behörde den Beschwerdeakt an das Bundesverwaltungsgericht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines Behindertenpasses (GdB 80%).

1.2. Er brachte mit Schreiben vom 12.11.2018 einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass ein.

1.3. Der BF weist einen Grad der Behinderung von 80% auf. Beim BF wurde im Rahmen des eingeholten Sachverständigengutachtens festgestellt, dass er selbstständig ohne Hilfsmittel gehen kann. Die Sprunggelenke sind beidseits annähernd normal beweglich. Fußheben und-senken sind beidseits durchführbar, alle Funktionen sind ungestört. Auch der Zehen- und Fersenstand sind beidseits möglich, Einbeinstand beidseits möglich, es liegen keine Ödeme vor. Es liegt eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung jedoch ohne Notwendigkeit einer mobilen Sauerstoffversorgung vor. Dieses Leiden verursacht eine mäßige Reduktion der körperlichen Leistungsfähigkeit, ist jedoch für leichte Belastungen therapeutisch kompensiert, sodass das Erreichen und das Be-und Einsteigen sowie die sichere Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dadurch nicht erheblich erschwert ist. Auch das Zusammenwirken mit dem Wirbelsäulenleiden bedingt keine erhebliche Erschwernis der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel.

1.4. Dem Beschwerdeführer ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu den Voraussetzungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und aus dem ärztlichen Gutachten vom 11.12.2018.

Das ärztliche Sachverständigengutachten ist schlüssig und nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen.

Der Beschwerdeführer ist dem - nicht als unschlüssig zu erkennenden - Sachverständigengutachten nicht substantiiert entgegengetreten. Medizinische Beweismittel, durch die die Einwendungen im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Parteiengehörs fundiert belegt bzw. dem eingeholten Sachverständigengutachten substantiiert entgegengetreten wird, sind vom Beschwerdeführer nicht vorgelegt worden.

Dem Gutachten eines Sachverständigen kann zwar auch ohne Gegengutachten in der Weise entgegengetreten werden, als die Parteien Unschlüssigkeiten oder Unvollständigkeiten eines Gutachtens aufzeigen.

Der BF hat jedoch keine Unschlüssigkeiten im vorliegenden Gutachten aufgezeigt. So führt er in der Beschwerde selbst lediglich aus, welche Krankheiten bei ihm vorliegen. Weiters führt der an unter Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit zu leiden, weshalb das Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln für ihn unzumutbar wäre. Er könne weder eine längere Strecke gehen, noch gehen und dabei etwas in den Händen halten. Im Gutachten wurde festgehalten, dass der BF angegeben habe, bei körperlichen Anstrengungen sehr rasch atemlos zu werden. Aus diesem Grund habe er auch die Zusatzeintragung beantragt. Weitere Probleme hat der BF im Rahmen der medizinischen Untersuchung nicht angegeben. Im Gutachten wurde jedoch weiters festgestellt, dass die Rückenmuskulatur beim BF symmetrisch ausgebildet ist, jedoch deutlich verspannt. Der BF ist zur Untersuchung selbstständig gehend ohne Hilfsmittel gekommen. Dies steht im Einklang mit dem Untersuchungsergebnis, wonach die Kraft der unteren Extremitäten beidseits nicht signifikant vermindert ist und die Sprunggelenke beidseits normale Beweglichkeit aufweisen, alle Funktionen sind ungestört. Dem BF sind sowohl Zehenstand und Fersenstand als auch der Einbeinstand beidseits möglich.

Aus dem Gutachten ist eindeutig ersichtlich, dass beim BF keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten sowie der Wirbelsäule vorliegen, die die Mobilität des BF erheblich und dauerhaft einschränken. Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung bedingt keine Notwendigkeit einer mobilen Sauerstoffversorgung. Dieses Leiden verursacht zwar eine mäßige Reduktion der körperlichen Leistungsfähigkeit, ist jedoch für leichte Belastungen therapeutisch kompensiert, sodass das Erreichen sowie die sichere Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dadurch nicht erheblich erschwert ist. Auch das Zusammenwirken mit dem Wirbelsäulenleiden führt nicht zu einer erheblichen Erschwernis der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel.

Das Beschwerdevorbringen wurde im Rahmen der Begutachtung bereits berücksichtigt und war nicht geeignet die gutachterliche Beurteilung, wonach sich die dauernden Gesundheitsschädigungen nicht maßgebend negativ auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirken, zu entkräften. Neue Befunde wurden mit der Beschwerde nicht vorgelegt.

Das Sachverständigengutachten wird in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A) Abweisung der Beschwerde

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)

Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)

Der Behindertenpass ist mit einem 35 x 45 mm großen Lichtbild auszustatten und hat zu enthalten:

1. den Familien- oder Nachnamen, den Vornamen, den akademischen Grad oder die Standesbezeichnung und das Geburtsdatum des Menschen mit Behinderung;

2. die Versicherungsnummer;

3. den Grad der Behinderung oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit;

4. eine allfällige Befristung.

(§ 1 Abs. 1 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen)

Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist u.a. jedenfalls einzutragen:

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und - erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder - erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder - erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder - eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder - eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

(§ 1 Abs. 2 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen auszugsweise)

§ 1 Abs. 4 lit h der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen lautet:

"Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:

1. die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes (.....)

h) eine Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 zweiter Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen aufweist;

diese Eintragung ist bei Vorliegen einer Gallen-, Leber- oder Nierenerkrankung mit einem festgestellten Grad der Behinderung von mindestens 20% vorzunehmen."

Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 2 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Bundessozialamtes. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

(§ 1 Abs. 3 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen)

In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird u.a. Folgendes ausgeführt:

Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):

Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleichbedeutend.

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128, und die dort angeführte Vorjudikatur sowie vom 22. Oktober 2002, Zl. 2001/11/0242, vom 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).

§ 46 BBG lautet:

Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen.

In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

Auf den Beschwerdefall bezogen:

Die Sachverständige stellte fest, dass dem BF trotz der belegten Erkrankungen die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar und möglich ist. Die vorliegenden Leiden sind aufgrund medizinischer Behandlung gut kompensiert. Der Sachverständige stellte fest, dass dem WS das freigegeben mit halb schon ohne Hilfsmittel möglich ist. Weder die oberen noch die unteren Extremitäten sind in ihrer Funktion wesentlich eingeschränkt

Die Feststellungen des Sachverständigen wurden vom BF in keiner Phase des Verfahrens in Zweifel gezogen. Lediglich in der Beschwerde führte der BF ganz allgemein aus, dass ihm aufgrund seiner Krankheiten und der dadurch bedingten erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit das Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln unzumutbar sei. Entsprechende Befunde, die im Rahmen des Sachverständigengutachtens noch keine Berücksichtigung gefunden hätten, legte der BF jedoch nicht vor.

Der BF ist dem Sachverständigengutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten und hat keine neuen Befunde vorgelegt, die eine Änderung der Einschätzung in Bezug auf die beantragte Zusatzeintragung bewirken könnten.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. (§ 24 Abs. 1 VwGVG)

Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. (§ 24 Abs. 2 VwGVG)

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)

Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen für den beantragten Zusatzvermerk sind die Art, das Ausmaß und die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Zur Klärung des Sachverhaltes wurde ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt.

Wie oben ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.

Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Im Übrigen wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren nicht beantragt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird ausgeführt, dass damit präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden sollen. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt. Es war sohin keine - von der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweichende - Neuregelung beabsichtigt.

Vielmehr wird in den Erläuterungen ausdrücklich festgehalten, dass im Hinblick auf die ab 01.01.2014 eingerichtete zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit, um Rechtssicherheit zu gewährleisten und die Einheitlichkeit der Vollziehung der im Behindertenpass möglichen Eintragungen sicherzustellen, die Voraussetzungen, die die Vornahme von Eintragungen im Behindertenpass rechtfertigen, in einer Verordnung geregelt werden sollen.

Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.

Schlagworte

Behindertenpass, Sachverständigengutachten, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W201.2215626.1.00

Zuletzt aktualisiert am

16.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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