TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/12 W264 2218772-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.07.2019
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Entscheidungsdatum

12.07.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W264 2218772-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , Sozialversicherungsnummer XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 30.4.2019, Zahl: OB XXXX , mit welchem der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen wurde, gemäß

§ 28 VwGVG zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte unter Verwendung des Formulars in der Fassung 08/2016 beim Sozialministeriumservice Landesstelle Wien (belangte Behörde) am 4.3.2019 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und legte seinem Antrag einen Röntgenbefund der Ordination XXXX über die Lendenwirbelsäule vom 27.2.2019 und eine Ambulanzkarte der Krankenanstalt XXXX vom 11.1.2019 vor.

2. Das von der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten Dris. XXXX , Facharzt für Orthopädie, vom 28.3.2019, basierend auf der Untersuchung des Beschwerdeführers am 26.3.2019, hält als Ergebnis fest:

"Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, weiche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

GdB %

1

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule Oberer Rahmensatz, da mäßige Funktionsbehinderung ohne neurologisches Defizit

02.01.01

20

Der medizinische

Sachverständige stellte nach der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 einen Gesamtgrad der Behinderung von 20 v.H. fest und attestierte "Dauerzustand".

Im Sachverständigengutachten vom 28.3.2019 wird unter "Derzeitige Beschwerden" festgehalten:

"[...] Er habe starke Rückenschmerzen, manchmal spürt er die Arme und Beine nicht in der Nacht. Er kann ohne Medikamente in der Nacht nicht schlafen."

Unter "Medikamente" wird festgehalten:

"Medikamente: Tizanidin, Voltaren

Laufende Therapie: Spritzen

Hilfsmittel: 1 Unterarmstützkrücke rechts"

Unter "Zusammenfassung relevanter Befunde" werden folgende Befunde /

Arztberichte genannt:

* 02/2019 Röntgenbefund LWS

* 01/2019 Befundbericht KAR

Unter "Untersuchungsbefund" wird in diesem Sachverständigengutachten festgehalten:

"Allgemeinzustand: altersentsprechend

Ernährungszustand: adipös

Größe: 173,00 cm Gewicht: 95,00 kg Klinischer Status - Fachstatus:

Caput/Collum: unauffällig

Thorax: symmetrisch, elastisch

Abdomen: deutlich adipös, gering Fettschürze, im rechten Unterbauch unauffällige Narbe

Obere Extremitäten:

Rechtshänder. Symmetrische Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Benützungszeichen sind seitengleich.

Sämtlich Gelenke sind klinisch unauffällig und frei beweglich. Grob- und Spitzengriff sind uneingeschränkt durchführbar. Nacken- und Kreuzgriff sind uneingeschränkt durchführbar.

Unter Extremitäten:

Der Barfußgang wird insgesamt steif und wankend ausgeführt, ist aber hinkfrei. Zehenballengang wird rechts nicht ausgeführt, Fersengang ist möglich, Anhocken ist uneingeschränkt möglich. Beinlänge ist gleich. Symmetrische Muskelverhältnisse. Die Beinachse ist im Lot.

Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Beweglichkeit:

Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.

Wirbelsäule:

In etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Mäßig Hartspann lumbal, es wird deutlich Druckschmerz lumbal angegeben. Kreuzbein-Darmbein-Gelenke beidseits frei.

Beweglichkeit:

Halswirbelsäule: allseits frei.

Brustwirbelsäule/Lendenwirbelsäule: FBA 15, aufrichten mit abstützen. Beim Seitwärtsneigen reichen die Fingerkuppen zum Kniegelenksspalt, Rotation 30-0-35.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt in Konfektionsschuhen zur Untersuchung, verwendet eine Unterarmstützkrücke rechts, der Körper wird deutlich nach rechts geneigt. Das Gangbild ist sicher. Das Aus- und Ankleiden wird im Stehen durchgeführt. Dabei wird zwischendurch eine aufrechte, gerade Körperhaltung eingenommen.

Status Psychicus:

wach, Sprache unauffällig"

3. In dem dem Beschwerdeführer zum eingeholten Sachverständigengutachten eingeräumten Parteiengehör mit Schreiben der belangten Behörde vom 28.3.2019 erstattete der Beschwerdeführer die Stellungnahme vom 12.4.2019 und ersuchte um nochmalige Überprüfung. Zusammengefasst brachte er vor, er sitze im Rollstuhl und breche nach 200 Metern laufen vor Schmerzen zusammen.

4. Die belangte Behörde holte zur Stellungnahme des Beschwerdeführers einen ergänzenden Sachverständigenbeweis des bereits befassten Sachverständigen ein und erstattete der Sachverständige Dr. XXXX am 29.4.2019 eine Gutachtensergänzung.

Darin führte der Sachverständige aus:

"Der BW ist mit dem Ergebnis der Begutachtung nicht einverstanden und wendet ein, dass er keine 200 m gehen könne, derzeit im Rollstuhl sitzt und am 01.07.2019 eine OP hat.

Weiters werden noch persönliche Umstände angeführt.

Entsprechend der nachgereichten OP-Checkliste ist eine Versteifung L4/5 wegen Listhese geplant.

Entsprechend dem Röntgenbefund von 02/2019 besteht geringe Anterolisthese L4 Grad I ohne signifikante Instabilität. Klinisch bestand kein neurologisches Defizit bei nur geringer funktioneller Einschränkung.

Nach nochmaliger Prüfung der Unterlagen und des klinischen Befundes ergibt sich keine Änderung der Einschätzung des Wirbelsäulenleidens. Die Notwendigkeit der Benützung eines Rollstuhls ist nicht nachvollziehbar und durch Befunde nicht erhärtet.

Die vorgebrachte Argumentation ist nicht geeignet, die bereits vorhandene Leidensbeurteilung zu entkräften, welche daher auch aufrechterhalten wird."

5. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 30.4.2019 wies die belangte Behörde daher den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab und stellte fest, dass der Beschwerdeführer mit einem Grad der Behinderung von 20 v.H. (20%) die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt. Dabei stützte sich die belangte Behörde beweiswürdigend auf das im vorangegangenen Ermittlungsverfahren eingeholte Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. XXXX vom 28.3.2019 sowie die sachverständige Stellungnahme vom 29.4.2019. Diese beiden Sachverständigenbeweise wurden dem Bescheid beigelegt und festgehalten, dass sie einen Bestandteil der Begründung darstellen.

6. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit E-Mail vom 10.5.2019 das Rechtsmittel der Beschwerde und erstattete darin das mit seiner Stellungnahme vom 12.4.2019 ident Vorgebrachte als Beschwerdevorbringen.

7. Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht am 13.5.2019 zur Entscheidung vor und langte dieser am 13.5.2019 ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich der Beschwerdeführer mit der Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses nicht einverstanden erklärt hat, war die Beschwerde zu prüfen.

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist am XXXX geboren und hat den Wohnsitz im Inland inne.

1.2. Der Beschwerdeführer begehrte mit seinem Antrag, welcher am 4.3.2019 bei der belangten Behörde Sozialministeriumservice Landesstelle Wien, einlangte, die Ausstellung eines Behindertenpasses.

1.3. Beim Beschwerdeführer liegt folgende dauernde Funktionseinschränkung vor: Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule.

1.4. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 20 v.H. und liegt damit beim Beschwerdeführer zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt kein Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. vor.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellung zur Örtlichkeit des Wohnsitzes des Beschwerdeführers sowie zum Geburtsdatum ergibt sich aus der unbedenklichen Auskunft aus dem Zentralen Melderegister.

Die Feststellung des Datums des Einlangens des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt des von der belangten Behörde vorgelegten Fremdakts.

2.2. Die Feststellungen zu der beim Beschwerdeführer vorliegenden dauernden Funktionseinschränkung sowie zum Grad der Behinderung, beruht auf dem im verwaltungsbehördlichen Ermittlungsverfahren eingeholten Gutachten eines Facharztes aus dem medizinischen Fachbereich der Orthopädie vom 28.3.2019 sowie auf der ergänzenden ärztlichen Stellungnahme desselben Facharztes vom 29.4.2019.

In dem Gutachten vom 28.3.2019 wird auf die Art des Leidens des Beschwerdeführers und dessen Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Der fachärztliche Sachverständige erstellte sein Gutachten auf der Grundlage der vom Beschwerdeführer vorgelegten Befunde - dies sind ein Röntgenbefund der Lendenwirbelsäule vom 27.2.2019 und eine Ambulanzkarte der Krankenanstalt XXXX vom 11.1.2019 über Kreuzschmerzen - sowie des vom Sachverständigen erhobenen Untersuchungsbefundes vom 26.3.2019 - Tag der persönlichen Untersuchung.

Die sachverständig festgestellte Funktionseinschränkung "Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule" (Leiden 1) fällt nach der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 unter Position Nr. 02.01.01 (Wirbelsäule - Funktionseinschränkungen geringen Grades), für welche die Einschätzungsverordnung einen Rahmen von 10 % bis 20 % vorsieht.

Der fachärztliche Sachverständige schöpfte bei der Festsetzung des Grades der Behinderung den Rahmensatz der Positionsnummer 02.01.01 mit 20% aus. Er stellte den Grad der Behinderung mit dem oberen Rahmensatz mit der Begründung fest, dass eine mäßige Funktionsbehinderung, jedoch ohne neurologischem Defizit, besteht.

Damit steht auch der im Rahmen der persönlichen Untersuchung am 26.3.2019 erhobene klinische Untersuchungsbefund in Einklang, wonach die Beweglichkeit in der Halswirbelsäule allseits frei gegeben ist. Der Beschwerdeführer gab einen Druckschmerz lumbal an und stellte der Sachverständige einen mäßigen Hartspann lumbal fest. Die Kreuzbein-Darmbein-Gelenke sind beidseits frei.

Zum Gangbild hielt der Sachverständige fest, dass der Körper bei Verwendung einer Unterarmstützkrücke deutlich nach rechts geneigt wird, das Gangbild aber sicher ist.

Die laufende Therapie besteht in Spritzen und verwendet der Beschwerdeführer die Medikamente Tizanidin und Voltaren.

Die Einwendungen des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde sind dieselben wie in seinem Parteiengehör zum Gutachten vom 12.4.2019 und erstattete der fachärztliche Sachverständige eine ergänzende Stellungnahme auf das Vorbringen des Beschwerdeführers. In seiner Stellungnahme vom 29.4.2019 gelangte der Sachverständige schlüssig und nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass die vorgebrachte Argumentation des Beschwerdeführers nicht geeignet ist, die durchgeführte Leidensbeurteilung zu entkräften, weshalb der bisher festgestellte Grad der Behinderung aufrechterhalten wird. Die Notwendigkeit der Benützung eines Rollstuhls ist aus Sicht des Sachverständigen nicht nachvollziehbar und ist dies vor dem Hintergrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer zur persönlichen Untersuchung am 26.3.2019 mit einer Unterarmstützkrücke erschien und ein sich unter Verwendung dieser ein sicheres Gangbild zeigte, auch plausibel.

Des Weiteren lässt sich die Verwendung eines Rollstuhls nicht aus den vorgelegten Befunden begründen, so der Sachverständige in seiner Stellungnahme vom 29.4.2019.

Entsprechend dem vorgelegten Röntgenbefund vom Februar 2019 besteht eine geringe Anterolisthese L4 Grad I ohne eine signifikante Instabilität. Klinisch bestand kein neurologisches Defizit bei nur geringer funktioneller Einschränkung. Es ist eine Operation geplant, in welcher eine Versteifung der L4/5 wegen Listhese erfolgt. Eine höherer Grad der Behinderung ist dadurch nicht gerechtfertigt, so der Sachverständige.

Das Gutachten setzt sich umfassend und nachvollziehbar mit den vorgelegten Befunden und dem Vorbringen des Beschwerdeführers über seine Beschwerden zum Zeitpunkt der Untersuchung am 26.3.2019 auseinander. Das orthopädische Gutachten vom 28.3.2019 beschreibt nachvollziehbar und schlüssig den aktuellen Zustand des Beschwerdeführers.

Die Einwendungen des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde waren nicht geeignet, dem fachärztlichen Sachverständigengutachten entgegenzutreten und wurden die Einwendungen auch nicht auf fachlicher Ebene vorgebracht. Die erhobenen Einwendungen waren für sich nicht geeignet das vorliegenden Gutachten Dris. XXXX vom 28.3.2019 zu entkräften.

Der Beschwerdeführer ist damit in seiner Beschwerde den Ausführungen des beigezogenen fachärztlichen Sachverständigen, denen das Bundesverwaltungsgericht folgt, nicht ausreichend substantiiert entgegengetreten. Weder hat er ein Sachverständigengutachten bzw. eine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen des beigezogenen medizinischen Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig seien, noch hat er Unterlagen vorgelegt, welche Hinweise auf ein zusätzliches Dauerleiden oder aber auf eine wesentliche Änderung gegenüber den bereits im Verfahren vor der belangten Behörde berücksichtigten Leiden ergeben würden. In dem Beschwerdeschriftsatz werden keine solchen Leiden vorgebracht, welche nicht schon im Sachverständigengutachten vom 28.3.2019 berücksichtigt bzw. befundet worden wären und wird im Beschwerdeschriftsatz auch nicht in Abrede gestellt, dass die vom medizinischen Sachverständigen aufgrund der durchgeführten Begutachtung festgestellte Funktionseinschränkung vorliegt oder die Einschätzung auf einer anderen Grundlage als jener der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 vorzunehmen wäre.

Einem Antragsteller - so er die Auffassung vertritt, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden - steht es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 27.6.2000, 2000/11/0093).

Das Sachverständigengutachten Dris. XXXX , Facharzt für Orthopädie, wird aufgrund der obigen Ausführungen seitens des Bundesverwaltungsgerichts als vollständig und schlüssig erachtet und weist keine Widersprüche auf. Das eingeholte Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen oder deren Beurteilungen beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Die getroffene Einschätzung, basierend auf den vorliegenden Befunden, entspricht der festgestellten Funktionsbeeinträchtigung (diesbezüglich wird auch auf die oben nur auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen in dem Gutachten verwiesen); die Gesundheitsschädigung wurde nach der Einschätzungsverordnung

BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 richtig eingestuft.

Das vorliegende Sachverständigengutachten stammt aus der Feder eines Facharztes für Orthopädie und wird vom Bundesverwaltungsgericht in freier Beweiswürdigung dieser Entscheidung zu Grunde gelegt.

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs 2 AVG) bedeutet nach stRsp des VwGH nicht, dass der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs 2 AVG hat nur zur Folge, dass die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt jedoch eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist.

Die vorliegenden Beweismittel und der vorgelegte Fremdakt der belangten Behörde - in welchem die vom Beschwerdeführer vorgelegten Beweismittel einliegen - ermöglichen dem erkennenden Gericht, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes Bild zu machen.

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess, der den Regeln der Logik zu folgen hat, und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76).

Die Würdigung der Beweise ist zufolge § 45 Abs 2 AVG keinen gesetzlichen Regeln unterworfen. Davon ist jedoch eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, nicht ausgeschlossen. Schlüssig sind solche Erwägungen nur dann, wenn sie ua den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut, entsprechen.

Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führt beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Richter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungs-methoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).

Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte - insbesondere der zitierten Entscheidungen - sind das zitierte medizinische Sachverständigengutachten

Dris. XXXX vom 28.3.2019 sowie seine ergänzende sachverständige Stellungnahme vom 29.4.2019 jeweils schlüssig, nachvollziehbar, weisen keine Widersprüche auf und erfüllen dieses - die Grundlage der Einschätzung des Grades der Behinderung bildende eingeholte Gutachten - die Voraussetzungen des § 4 Abs 2 Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012.

Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllen die verwaltungsbehördlich eingeholten Ausführungen der medizinischen Sachverständigengutachten auch die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die maßgeblichen formalrechtlichen Rechtsgrundlagen sind jene des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) und jene des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG).

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Im Bundesbehindertengesetz normiert § 45 Abs 3, dass in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses oder auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grad der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch Senat zu erfolgen hat. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor, sodass entsprechend dem § 45 Abs 4 BBG ein Vertreter der Interessensvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundiger Laienrichter hinzuzuziehen war.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte - mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes - ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind - soweit im VwGVG nicht anderes bestimmt ist - auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß

Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Ad Spruchpunkt A) - Entscheidung in der Sache:

Die maßgeblichen materiellrechtlichen Bestimmungen sind jene des Bundesbehindertengesetzes (BBG).

Gemäß § 1 Abs 2 BBG ist unter "Behinderung" iSd BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, welche geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

§ 40 Abs 1 BBG normiert, dass behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen ist, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG), BGBl 22/1970, angehören.

Behinderten Menschen, welche nicht dem im Abs 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist (§ 40 Abs 2 BBG).

Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

§ 35 Abs 2 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) sieht vor, dass die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit

(Grad der Behinderung) durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen sind. Eine solche zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967,

BGBl 376.

Gemäß § 41 Abs 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs 2 BBG vorliegt.

Gemäß § 54 Abs 12 BBG sind die Gesetzesstellen § 1, § 41 Abs 1 und 2, § 55 Abs 4 und 5 idF BGBl I 81/2010 mit 1. September 2010 in Kraft getreten.

Gemäß § 42 Abs 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Der Behindertenpass ist gemäß § 42 Abs 2 BBG unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Treten Änderungen ein, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen diese zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen (§ 43 Abs 1 BBG).

Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt gemäß § 45 Abs 2 BBG Bescheidcharakter zu.

Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012) lauten auszugsweise wie folgt:

Behinderung

§ 1. Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

-

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

-

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Grundlage der Einschätzung

§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.

Zunächst ist rechtlich festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im gegenständlichen Fall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012 einzuschätzen war und blieb dies in der Beschwerde auch unbestritten.

Betreffend das beim Beschwerdeführer sachverständig festgestellt vorliegende Leiden ist der Anlage zur Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF

BGBl II 251/2012 Folgendes zu entnehmen:

Leiden 1 betreffend:

02.01 Wirbelsäule

02.01.01 Funktionseinschränkungen geringen Grades 10 - 20%

Akute Episoden selten (2-3 Mal im Jahr) und kurzdauernd (Tage)

Mäßige radiologische Veränderungen

Im Intervall nur geringe Einschränkungen im Alltag und Arbeitsleben

Keine Dauertherapie erforderlich

Bei ihrer Beurteilung hat sich die Behörde eines oder mehrerer Sachverständiger zu bedienen, wobei es dem Antragsteller frei steht, zu versuchen, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 30.04.2014, 2011/11/0098; 21.08.2014,

Ro 2014/11/0023).

Wie bereits in der Beweiswürdigung ausgeführt wurden Gegengutachten vom Beschwerdeführer nicht eingebracht. Nach Ermittlung des Sachverhalts ist - wie in der Beweiswürdigung ausgeführt - das Beschwerdevorbringen nicht geeignet, darzutun, dass der in der Höhe von weniger als 50 v.H. festgestellte Grad der Behinderung nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß des Beschwerdeführers entspräche. Der Beschwerdeführer legte mit seiner Beschwerde auch keine neuen Befunde bzw. medizinischen Beweismittel vor, welche als Gegengutachten aus der Feder von (einer) Person(en) mit medizinischem Sachverstand stammen.

Wie bereits in der Beweiswürdigung ausgeführt, wurde der Beschwerdeführer am 26.3.2019 von dem mit der Gutachtenerstellung beauftragten Sachverständigen aus dem Fachbereich der Orthopädie untersucht und ist dieser Untersuchungsbefund in das Gutachten eingeflossen. Das fachärztliche Sachverständigengutachten vom 28.3.2019 erfüllt die Voraussetzungen des § 4 Abs 2 der Einschätzungsverordnung und bildet die Grundlage der Einschätzung des Grades der Behinderung des Beschwerdeführers.

Das Sachverständigengutachten vom 28.3.2019 befundet die Funktionsbeeinträchtigung des Beschwerdeführers und beurteilt entsprechend dem § 2 Abs 1 der Einschätzungsverordnung deren Auswirkungen als Grad der Behinderung.

Unter Beachtung der oben dargetanen Position aus der Anlage zur Einschätzungsverordnung samt deren Rahmensatz und den Vorgaben der Einschätzungsverordnung in den §§ 2 und 3 wurde somit der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers im fachärztlichen Sachverständigengutachten vom 28.3.2019 unter Zugrundelegung der Einschätzungsverordnung mit 20 v.H. korrekt eingeschätzt. Demnach liegt beim Beschwerdeführer zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt kein Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. vor und ist dem Beschwerdeführer in Ermangelung des Grades der Behinderung von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass nicht auszustellen.

Im Übrigen ist aber darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs 2 BBG in Betracht kommt, sodass in einem solchen Fall es dem Beschwerdeführer unbenommen ist, einen neuerlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu stellen.

Die Beschwerde war aus den dargelegten Gründen als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs 1 VwGVG). Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist (§ 24 Abs 2 VwGVG).

Nach § 24 Abs 4 VwGVG 2014 kommt ein Entfall der Verhandlung dann nicht in Betracht, wenn Art 6 MRK und Art 47 GRC die Durchführung einer solchen gebieten. Eine Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist daher durchzuführen, wenn es um 'civil rights' oder 'strafrechtliche Anklagen' iSd Art. 6 MRK oder um die Möglichkeit der Verletzung einer Person eingeräumter Unionsrechte (Art. 47 GRC) geht und eine inhaltliche Entscheidung in der Sache selbst getroffen wird (VwGH 9.9.2014, Ro 2014/09/0049).

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10.5.2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3.5.2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 3.10.2013, 2012/06/0221).

Der EGMR hat in seiner Entscheidung vom 18.7.2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 3.10.2013, 2012/06/0221).

Aus Art 47 Abs 2 GRC kann ein absoluter Anspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht abgeleitet werden, so der VfGH in seiner Entscheidung vom 9.10.2018, E 3817/2018, worin dieser auf die Judikatur des EGMR verweist und ausspricht, dass dieser folgend laut VfGH-Judikatur eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn die Tatfrage unumstritten oder nur eine Rechtsfrage zu entscheiden ist oder wenn die Sache keine besondere Komplexität aufweist (siehe VfSlg 18994/2010, 19.632/2012).

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof ist sowohl bei der Einschätzung des Grades der Behinderung auf Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens als auch bei der Beurteilung, ob die gesundheitlichen Einschränkungen des Betroffenen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar erscheinen lassen, "wegen des für die Entscheidungsfindung wesentlichen persönlichen Eindrucks von der Person des Antragstellers" grundsätzlich eine mündliche Verhandlung geboten (VwGH 19.8.2018, Ra 2018/11/0145, VwGH 21.6.2017, Ra 2017/11/0040-5 mit dem Hinweis VwGH 8.7.2015, 2015/11/0036, 21.4.2016, Ra 2016/11/0018, 25.5.2016, Ra 2016/11/0057, und 16.8.2016, Ra 2016/11/0013).

Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 24 Abs 1 VwGVG lautet aber auch, dass das Verwaltungsgericht (selbst bei anwaltlich Vertretenen) auch ohne Antrag von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen hat, wenn das Verwaltungsgericht eine solche für erforderlich hält, wobei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ohne Parteiantrag nicht im Belieben, sondern im pflichtgemäßen Ermessen des Verwaltungsgerichts steht (VwGH 18.10.2016, 2015/03/0029 mwH). Dies ist nach der Rechtsprechung etwa dann anzunehmen, wenn die Beweiswürdigung der Verwaltungsbehörde substantiiert bekämpft oder ein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen erstattet wird.

Zwar wurde in casu die Beweiswürdigung der Verwaltungsbehörde nicht substantiiert bekämpft, jedoch überlasst das Gesetz (kann-Bestimmung im § 24 Abs 4 VwGVG) die Beurteilung der Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung dem Einzelrichter bzw dem Senat, sodass es dem Gericht obliegt zu beurteilen, ob die Aktenlage für die Entscheidung ausreicht oder es zur weiteren Klärung der Rechtssache einer mündlichen Erörterung bedarf.

Soweit nicht in einem Bundes- oder einem Landesgesetz anderes bestimmt ist, kann gemäß § 24 Abs 4 VwGVG die Verhandlung entfallen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. 210/1958, noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.3.2010 S. 389 entgegenstehen (§ 24 Abs 4 VwGVG).

Es muss einem Senat des Bundesverwaltungsgerichts zugebilligt werden, dass sich dieser darüber ein Urteil zu bilden vermag, ob die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Im vorliegenden Fall wurde durch Ermessen des erkennenden Gerichts die Durchführung einer Verhandlung nicht als erforderlich erachtet, zumal der Beschwerdeführer nicht von der gutachterlich festgestellten Funktionsbeeinträchtigung verschiedene Funktionsbeeinträchtigungen behauptet und gegen das eingeholte - vom Bundesverwaltungsgericht als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei erachtete - fachärztliche Sachverständigengutachten keine substantiierten Einwendungen erhob.

Siehe dazu VfGH 9.6.2017, 1162/2017 und VfGH 9.10.2018, E 3817/2018-5, wonach der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung kein absoluter ist: "Aus Art. 47 Abs. 2 GRC kann kein absoluter Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgeleitet werden: Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und - ihm folgend - des Verfassungsgerichtshofes kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn die Tatfrage unumstritten und nur eine Rechtsfrage zu entscheiden ist oder wenn die Sache keine besondere Komplexität aufweist (vgl. VfSlg. 18.994/2010, 19.632/2012). Angesichts der vom Verwaltungsgericht zu beurteilenden Sach- und Rechtsfragen ist es vertretbar, wenn es im Einklang mit dieser Rechtsprechung von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen hat."

Gemäß VwGH 1.3.2016, Ra 2015/11/0120, ist bei einer Abweisung der Beschwerde jedenfalls dann eine mündliche Verhandlung geboten, wenn dem Verwaltungsgericht divergierende Beweisergebnisse vorliegen. In casu ist dazu festzuhalten, dass divergierende Beweisergebnisse nicht vorliegen.

Im gegenständlichen Fall wurden die Auswirkungen der vorhandenen Funktionsbeeinträchtigung als Grad der Behinderung medizinisch sachverständig nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BG

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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