Entscheidungsdatum
12.07.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W208 2198581-1/21E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von XXXX , geboren XXXX , Staatsangehörigkeit AFGHANISTAN, vertreten durch ARGE RECHTSBERATUNG DIAKONIE UND VOLKSHILFE, gegen den Bescheid des BUNDESAMTES FÜR FREMDENWESEN UND ASYL, Regionaldirektion vom Oberösterreich vom 15.05.2018, Zl. 1123790304 - 161035198, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) hat nach schlepperunterstützter und unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 26.07.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005 (AsylG) gestellt.
2. Am selben Tag fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Befragung statt, bei der er in der Sprache Dari zum Fluchtweg und Fluchtgrund (Angabe des BF:
Verfolgung durch die Taliban, Anhänger der schiitischen Glaubensrichtung, Krieg) befragt wurde. Verständigungsprobleme lagen nicht vor.
Bei dieser Einvernahme war ein Rechtsberater anwesend, weil der BF angegeben hatte, erst 17 Jahre alt zu sein.
Aufgrund eines medizinischen Sachverständigengutachtens vom 26.10.2016 (Begutachtung am 21.09.2016) wurde ein fiktives Geburtsdatum mit XXXX errechnet. Daraus ergibt sich zum Zeitpunkt der Asylantragstellung (26.07.2016) ein Mindestalter von 16,94 Jahren (AS 109 - 133).
Mit Verfahrensanordnung vom 03.11.2016 wurde vom BFA festgestellt, dass der BF spätestens am XXXX geboren sei (AS 145).
3. Bei der Einvernahme am 31.01.2018 gab der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari an, dass die bisherigen Angaben im Verfahren der Wahrheit entsprächen und machte nähere Ausführungen zu Herkunft und zu den Gründen seiner Flucht. Im Wesentlichen führte er dabei aus, dass nach der Rückkehr seines Cousins ( XXXX ], im Folgenden: J) aus Rumänien, wo dieser studiert hätte, die Probleme begonnen hätten. Es seien ungefähr 6 Personen zum Hof seines Onkels gekommen und hätten gesagt, sie würden mit dessen Sohn zusammenarbeiten wollen. Er müsse diesen "abgeben" und wenn nicht, dann würden sie sie alle töten. Der Onkel habe gesagt, dass die Person, die sie suchen würden, nie bei ihnen gewesen wäre und der Vater des BF hätte zwischenzeitlich den Cousin aus dem Fenster zu den Nachbarn geschickt. Weiters hätten sie gesagt, dass sie Sunniten werden müssten und mit ihnen beim Dschihad mitkämpfen. Daraufhin hätte sein Vater den Cousin nach KUNDUZ gebracht, welcher weiter nach KABUL und schließlich nach Deutschland geflüchtet sei. Sein Vater sei 4 oder 5 Tage in KUNDUZ geblieben und dann wieder zurückgekommen. Dann seien 4 Tage später wieder 6 Personen zu ihnen ins Dorf gekommen und hätten seinen Onkel gefragt, wieso er seinen Sohn nicht abgeben würde. Der Onkel habe gesagt, dass sein Sohn im Ausland studiert hätte, aber nie zurückgekommen wäre. Aufgrund des Lärms seien die Frauen auch in den Raum gekommen. Die Personen hätten seinen Onkel gefesselt und mitgenommen. Am darauffolgenden Tag sei sein Vater zurückgekommen. Aus Angst vor den Taliban hätten sie keine Anzeige bei der Polizei gemacht. Sie hätten gedacht, dass sie den Onkel nach einiger Zeit wieder zurückbringen würden. Zwei Tage später seien jedoch drei Personen gekommen und hätten die Leiche des Onkels vor die Türe gelegt. Am Abend dieses Tages seien sie nach XXXX (im Folgenden: B) gefahren und hätten zwei Nächte bei einem Freund seines Vaters (Maidin) verbracht und danach ein Haus gemietet (BFA, 7). Zwei Cousins und sein Vater seien dort zur Polizei gegangen und hätten eine Anzeige machen wollen. Man habe ihnen gesagt, dass sie auch bei einem Anwalt Anzeige erstatten müssten und danach mit einer Bestätigung wiederkommen sollten (BFA, 7).
Sie seien 2 Jahre und 8 Monate in B geblieben. An einem Monat im Jahr 1394 (ca. 2015) sei KUNDUZ von den Taliban erobert worden und sie hätten die Häuser geplündert. Ungefähr gegen 18:00, 19:00 Uhr seien 9 Personen zu ihnen gekommen und hätten ihr Haus durchsucht und drei ihrer Tazkiras gefunden, wodurch sie sie erkannt hätten. Danach hätten sie sie geschlagen. Er habe Angst bekommen und sei in die Küche geflohen. Einer von ihnen habe ihn verfolgt und ihn gestoßen. Dabei sei sein Bein ins Feuer gekommen und verbrannt. Seinem Cousin seien die Zähne ausgeschlagen worden und seine Schwägerin sei zurückgestoßen worden. Alle Männer seien gefesselt worden. Er habe nicht gewusst wie und warum, aber sie seien dann freigelassen worden. Sie seien dann zum Freund ihres Vaters gegangen und dieser habe seinen Bruder und zwei Cousins ins Krankenhaus gefahren. In der Früh seien sie mit zwei Autos, die ihnen der Freund ihres Vaters besorgt hätte nach KABUL gefahren. Sein Cousin, J, hätte dort einen Freund gehabt (Hossein), bei dem sie zwei Nächte verbracht hätten. Dieser hätte ihnen in KABUL ein Haus organisiert, in dem sie 3 Monate und 8 Tage gewesen wären. Ein weiterer Freund seines Vaters (Habib) habe zwischenzeitlich die Schafe und die Grundstücke verkauft, aber nicht das Haus, denn er habe gesagt, die Taliban würden kommen und schauen, ob jemand vor Ort sei. Von KABUL seien sie mit den zwei Autos nach NIMROZ gefahren (BFA, 7).
Der BF legte folgende Unterlagen vor:
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Bestätigung über die Teilnahme am Deutschkurs der Bildungsgruppe ARGE von September 2016 bis März 2017,
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Bestätigung vom 29.03.2017, über die regelmäßige Teilnahme am Deutschkurs des OÖ Hilfswerkes im Bezirk XXXX von 05.10.2016 bis 29.03.2017,
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Bestätigung vom 12.07.2017 über die Teilnahme am Deutschkurs (Niveau A1) der Volkshochschule Oberösterreich ,
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Prüfungszeugnis A1 - Fit für Österreich des Österreichischen Integrationsfonds ,
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Tazkira (Kopie und Übersetzung),
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Brief aus Afghanistan.
Verständigungsprobleme lagen laut Niederschrift auch bei dieser Befragung nicht vor.
4. Das BFA hat mit dem im Spruch angeführten Bescheid den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status Asylberechtigter gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.), als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) erlassen. (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.) und dass gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG die Frist für eine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).
5. Gegen den am 18.05.2018 zugestellten Bescheid wurde von der gemäß § 52 Abs 1 BFA-VG dem BF zur Seite gestellten und im Spruch genannten Rechtsberatungsorganisation (Vollmacht und Zustellvollmacht vom 11.06.2018) am 12.06.2018 beim BFA Beschwerde eingebracht.
6. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem BVwG am 15.06.2018 vom BFA vorgelegt.
7. Mit Ladungen vom 07.02.2019 wurde vom BVwG eine Verhandlung in der Sache anberaumt und der BF darauf hingewiesen, welche aktuellen Länderinformationen in das Verfahren eingebracht und falls nicht bekannt angefordert werden oder Akteneinsicht genommen und eine Stellungnahme abgegeben werden kann.
8. Das BVwG führte in der gegenständlichen Rechtssache am 27.03.2019 eine öffentliche Verhandlung durch, an der der BF im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Dari und seiner bevollmächtigten Vertretung persönlich teilnahm und ausführlich zu den Fluchtgründen und zur Person befragt wurde, sowie Stellung nehmen konnte. Dem BF wurde hinsichtlich des ergänzenden und aktualisierten Länderberichtsmaterials eine Stellungnahmefrist von 14 Tagen eingeräumt.
Ein Vertreter des BFA nahm an der Verhandlung nicht teil. Die Verhandlungsschrift wurde dem BFA übermittelt.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurden folgende weitere Unterlagen vorgelegt bzw. eingebracht:
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Bestätigungen für gemeinnützige Hilfstätigkeiten von September bis November 2018 und Juli und Dezember 2017 für die Gemeinde und das Hilfswerk,
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Zeugnis zur Integrationsprüfung A2 vom 23.03.2018 - bestanden (Beilage ./1),
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Eine Anmeldebestätigung vom 23.10.2018 für einen Deutschkurs B1 an der VHS XXXX , beginnend mit 03.10.2018 und endet am 12.12.2018,
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Einen Artikel aus www.general-Anzeiger-Bonn.de, aus dem hervorgeht, dass ein Herr XXXX einen Sprachkurs für J (Cousin des BF) finanziert hat (Beilage ./2).
9. Mit Schriftsatz vom 03.04.2019 brachte der BF eine fristgerechte Stellungnahme ein, in welcher er im Wesentlichen auf die Glaubwürdigkeit und Asylrelevanz des BF vor dem Hintergrund der dargestellten Länderberichte verwies.
10. Am 23.04.2019 langte beim BVwG eine Verständigung über die Anklageerhebung der Staatsanwaltschaft gegen den BF wegen § 27 Abs 2a SMG (Suchtgifthandel) ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen
1. Feststellungen
1.1. Zur Person und ihrem Netzwerk
Der BF führt den im Spruch angeführten Namen, wurde am XXXX im Dorf XXXX (alias XXXX [im Folgenden: T]), im Distrikt XXXX , in der Provinz KUNDUZ geboren und hat dort bis zu seinem 13./14. Lebensjahr (2012/2013) gelebt. Danach hat er für zwei Jahre und acht Monate in einem 30-40 Minuten zu Fuß davon entfernten Dorf namens XXXX (alias XXXX , alias XXXX ), ebenfalls in der Provinz KUNDUZ, und dann für 3 Monate in KABUL gelebt (VHS, 6). Er ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan; weiters Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen und bekennt sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam. Seine Muttersprache ist Dari, außerdem spricht er noch ein wenig Paschtu, und verfügt über Deutschkenntnisse (VHS, 4).
Der BF hat ungefähr 7 Jahre lang in Afghanistan die Schule besucht und hat dort Dari lesen und schreiben gelernt.
Der BF ist arbeitsfähig und hat Berufserfahrung als Arbeiter in der Landwirtschaft. Während seiner Schulzeit hat der BF seinem Vater nach der Schule bei diversen Arbeiten in der Landwirtschaft geholfen. Der Vater hat als Bauer gearbeitet und eine eigene Landwirtschaft mit Tieren in ihrem Heimatdorf besessen (VHS, 5-6). Nach ihrem Umzug nach B, konnte der Vater krankheitsbedingt nicht mehr arbeiten. Daher sind die Brüder des BF arbeiten gegangen. Sie haben für verschiedene Personen in der Landwirtschaft gearbeitet (VHS, 12). Habib, ein Freund des Vaters, hat sich um die 22 Jirib Grundstücke (1 Jirib = 2.000 m²) in T und die mehr als 200 Schafe gekümmert, indem er sie weiterverpachtet und einen Anteil dafür kassiert hat.
Der BF ist gesund.
Der BF ist gemeinsam mit folgenden Angehörigen nach Österreich geflüchtet (BFA, 4; AS 243; VHS, 13):
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seinem Onkel mütterlicherseits (ms) XXXX ,
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seinem Cousin XXXX , dessen Ehefrau, XXXX , deren gemeinsamer mj. Sohn XXXX (diese haben noch einen gemeinsamen mj. Sohn, XXXX , in Österreich bekommen), sowie dem mj. Bruder von XXXX , XXXX ,
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seinem Cousin XXXX und dessen Ehefrau XXXX ,
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seinem Cousin XXXX ,
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seinem Cousin XXXX ,
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seiner Cousine/Schwägerin XXXX , deren Ehemann und Bruder des BF
XXXX und deren gemeinsame mj. Tochter XXXX .
Der BF hat folgende Angehörige im IRAN:
Vater XXXX , Mutter XXXX , Bruder XXXX , die Ehefrau seines Onkels väterlicherseits (vs) und zwei Cousins vs, XXXX und XXXX (dieser behindert), sowie weitere Familienangehörige der Mutter des BF (VHS, 13). Der BF weiß nicht, wie diese dort ihren Lebensunterhalt bestreiten (BFA, 4, VHS, 14).
Ein Cousin des BF, J, lebt als Asylberechtigter in Deutschland (BFA 8).
1.2. Zu den Fluchtgründen
Es wird festgestellt, dass der BF und seine Familie erstmals im Jahr 1391 (= 2012/2013) in seinem Heimatdorf T in KUNDUZ und in der Folge auch im Jahr 1394 (ca. 2015) im Dorf B, ebenfalls in der Provinz KUNDUZ, von den Taliban mit dem Tode bedroht worden ist und gegen diese Art der Verfolgung keinen staatlichen Schutz erhalten hat.
Der Cousin des BF, J, hat in Rumänien Medizin studiert und ist danach nach Afghanistan zurückgekehrt. Dadurch ist er Ziel der Taliban geworden, welche ihn für ihre Zwecke rekrutieren wollten. Nachdem die Taliban in sein Heimatdorf gekommen sind, um diesen zwangsweise zu rekrutieren, wurde J von der Familie des BF versteckt und ist daraufhin heimlich nach Europa geflüchtet (BFA, 8).
Da die Familie des BF den J deckte und angab er sei gar nicht zurückgekehrt, bedrohten die Taliban diese mit dem Tod und suchten nach J. Als sie ihn nicht fanden, wurde der Onkel des BF (und Vater des gesuchten Cousins J) von den Taliban zuerst entführt und dann ermordet.
Die Familie des BF ist daraufhin in ein anderes Dorf namens B umgezogen, das zwar in der Nähe des Heimatdorfes lag, aber unter der Kontrolle der Regierung stand. Dort lebte die Familie unbehelligt von den Taliban und hatten dort ein gutes Leben (VHS, 17).
Fast 3 Jahre später im Jahr 1394 (ca. 2015) griffen die Taliban das Dorf B im Rahmen einer Offensive in der gesamten Provinz KUNDUZ an und erkannten im Zuge von Hausdurchsuchungen und Plünderungen des Dorfes die Familie wieder, weil sie Taskiras fanden und herausfanden, dass sie die Nachkommen eines ehemaligen Dorfvorstehers (dem Großvater des BF) waren; Die Taliban misshandelten sie, fesselten die Männer (unter anderem den damals ca. 14-jährigen BF) drohten ihnen erneut mit dem Tod, entließen sie aber mit der Drohung zurückzukommen letztlich in die Freiheit. Der BF hat sich beim Versuch, sich vor diesen Misshandlungen der Taliban in der Küche zu verstecken, beim Holzbackofen eine Brandwunde am Schienbein zugezogen, die schlecht verheilt und deren Narbe noch sichtbar ist (VHS, 7 und 13). Seine Cousins wurden ebenfalls verletzt. Andere Dorfbewohner, die Widerstand leisteten, wurden von den Taliban getötet.
Die Familie zog daraufhin nach KABUL, wo ihr ein Freund des Vaters und des J, namens Hossein, ein Mietshaus vermietete und sie drei Monate - ebenfalls unbehelligt von den Taliban - lebten. In dieser Zeit bereiteten sie ihre Flucht nach Europa vor, indem sie dem in T verbliebenen Freund des Vaters Habib auftrugen ihre Grundstücke und die Schafe zu verkaufen. Die Großfamilie flüchtete sodann über den IRAN - wo ein Teil verblieb - nach Österreich.
Der BF war vor dem Verlassen Afghanistans in seiner Heimatprovinz und wäre auch bei einer Rückkehr dorthin einer konkreten individuellen Verfolgung durch die Taliban aufgrund der Zugehörigkeit zu seiner Familie ausgesetzt.
Der BF wurde in seinem Herkunftsland nicht aufgrund seiner Zugehörigkeit zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam verfolgt.
1.3. Zur Situation im Fall einer Rückkehr des BF in sein Herkunftsland
Der BF wäre im Fall einer Rückführung in den Herkunftsstaat in seiner Heimatprovinz mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einem realen Risiko einer ernsthaften Bedrohung bzw. der Gefährdung des Lebens, Folter oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch die dort agierenden Taliban ausgesetzt.
Die Heimatprovinz des BF, KUNDUZ, gehört zu den relativ volatilen Provinzen Afghanistans. Talibankämpfer, insbesondere Mitglieder der "Red Unit", einer Taliban-Einheit, die in zunehmendem Ausmaß Regierungsstützpunkte angreift, sind in der Provinz KUNDUZ aktiv. Einige Distrikte sind unter Kontrolle der Taliban.
Auch nachdem die Familie des BF von ihrem Heimatdorf in ein anderes Dorf in der Provinz KUNDUZ, namens B gezogen ist, wurden sie dort von den Taliban wiedererkannt und bedroht.
Es steht dem BF aber als alleinstehender, gesunder und arbeitsfähiger junger Mann eine sowohl aus dem Blickwinkel der Sicherheit als auch der Versorgung zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative in den Großstädten KABUL, MAZAR-E SHARIF oder HERAT zur Verfügung.
Es ist nicht davon auszugehen, dass die Taliban den BF überall in Afghanistan - darunter auch in den Großstädten wie KABUL, HERAT-Stadt oder MAZAR-e-Sharif bzw am Weg dorthin - suchen sowie erkennen würden und er dort deren Bedrohung ausgesetzt wäre. Sie suchen nicht aktiv nach ihm und war das Wiederauffinden durch die Taliban bei der Offensive in KUNDUZ bzw. dem Dorf B ein Zufall. Hätten die Taliban ein Interesse an der Tötung weiterer Familienmitglieder (einschließlich des BF) - aufgrund des Namens des Großvaters oder wegen der vereitelten Zwangsrekrutierung des J - hätten sie ihn und seine Familie nach der ersten Drohung in T aktiv gesucht und im nur 30-40 Minuten von ihrem Heimatdorf entfernten B gefunden, weil es aufgrund der Grundstücke und des im Dorf T anwesenden Freundes der Familie Habib ein ständige Verbindung gab (die den Taliban mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht verborgen blieb) und mit Ausnahme des kranken Vaters sowie der kleinen Kinder und Frauen jeder im Familienclan gearbeitet hat und dazu auch seine Identität preis geben musste, da Arbeitssuche in Afghanistan nahezu immer, der Aktivierung von Netzwerken bedarf. Dem BF und seiner Familie wäre es nicht möglich gewesen fast 3 Jahre in B unbehelligt zu leben ohne auch nur den geringsten Hinweis zu bekommen, dass die Taliban nach ihnen suchen würden.
Ähnliches gilt für den dreimonatigen Aufenthalt in KABUL, wo sie sogar die Hilfe eines gemeinsamen Freundes des Vaters und des J in Anspruch genommen haben und wie viele andere Bewohner von KUNDUZ auch, während der dortigen Offensive der Taliban dorthin geflüchtet sind. Aufgrund der erheblichen finanziellen Mittel der Familie aus dem Grundstücksverkauf entschloss sich die Familie - die offensichtlich aufgrund der unsicheren Lage nicht mehr nach KUNDUZ zurück wollte - nicht in eine sichere Gegend in Afghanistan zu ziehen, sondern gleich nach Europa auszuwandern, dem Vorbild des Cousins J folgend, der in DEUTSCHLAND erfolgreich Asyl erhalten hatte.
1.4. Zum Privatleben und zur Integration in Österreich
Der BF hält sich seit 26.07.2016 in Österreich auf und lebt in XXXX (Oberösterreich) in einem relativ abgeschieden gelegenen Flüchtlingsheim (VHS 10).
Er besuchte Deutschkurse und hat sich bereits ansatzweise Deutschkenntnisse angeeignet. Er hat einen Deutschkurs Niveau A2 erfolgreich abgeschlossen und besucht derzeit einen weiteren Deutschkurs.
Er leistete gemeinnützige Hilfstätigkeiten für die Gemeinde.
Er ist kein Mitglied von Vereinen und politischen Parteien und war bisher auch sonst politisch nicht aktiv.
Der BF war bisher - abgesehen von der angeführten geringfügigen gemeinnützigen Tätigkeit - nicht erwerbstätig. Er lebt von der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Ferner verfügt er über keine Einstellungszusage.
Der BF ist nur bedingt bereit die gesellschaftlichen Regeln und österreichischen Gesetze zu akzeptieren und einzuhalten. Der BF ist in Österreich derzeit zwar strafrechtlich unbescholten. Eine Anzeige wegen Raufhandel wurde gemäß § 91 StGB vom 07.01.2019, XXXX [VHS, 16] eingestellt. Es wurde aber am 23.04.2019 ein Verfahren wegen Suchtgifthandel gemäß § 27 Abs 2a SMG, XXXX , LPD OÖ [ON 9] von der Staatsanwaltschaft eingeleitet und Anklage erhoben. Der Ausgang ist offen, der BF selbst hat dazu angeführt es tue im leid, es sei ein großer Fehler gewesen, das Verfahren sei eingestellt worden (VHS, 16).
Der BF ist in Österreich nicht verheiratet, nicht verlobt, lebt nicht in einer Lebensgemeinschaft und hat keine Kinder. Er hat mehrere Angehörige seiner Großfamilie, darunter ua seinen Bruder, vier Cousins, eine Cousine (BFA, 4; AS 243; VHS, 13) im Bundesgebiet. Seinem Bruder M XXXX und seiner Nichte wurde abgeleitet von der Ehefrau des Bruders (die eine "westliche Orientierung" und den Wunsch nach einer selbstbestimmten Lebensweise glaubhaft machen konnte) mit mündlich verkündetem Erkenntnis des BVwG vom 04.07.2019, W 272 2198591-1, der Status von Asylberechtigen zuerkannt. Ein Abhängigkeitsverhältnis zum Bruder und seiner Familie besteht nicht.
Er pflegt private Beziehungen zu Afghanen, einem Niederländer, einem Ungar und einem Serben. Er verbringt die Freizeit mit Volleyballspielen und Fußballspielen (VHS, 15).
1.5. Zur Lage im Herkunftsstaat
Das BVwG trifft folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:
1.5.1. Auszug bzw. Zusammenfassung aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 29.06.2018 (letzte Kurzinformation eingefügt 04.06.2019):
Die Kurzinformation vom 04.06.2019 handelt vom politischen Ringen um einen Friedensvertrag mit den Taliban, spricht trotz landesweitem Rückgang der zivilen Opferzahlen im ersten Quartal um 23 %, immer noch von 1773 Toten und Verletzten darunter 582 Kinder. Ursache waren Luftangriffe, Kampfhandlungen, Sprengstoffanschläge und Kampfmittelrückstände. Auch in KABUL-Stadt kam es wieder zu Anschlägen auf Sicherheitskräfte, Mitarbeiter von Ministerien, Ausländer und schiitischen Studenten unter anderem durch den IS. Die IOM gewährt seit April 2019 keine temporäre Unterkunft für zwangsrückgeführte Afghanen mehr. Diese erhalten eine Barzuwendung von ca. 150 Euro sowie Informationen über mögliche Unterkunftsmöglichkeiten. Gemäß dem Europäischen Auswärtigen Amt (EAD) nutzten nur wenige Rückkehrer die Unterbringungsmöglichkeiten von IOM.
Die Kurzinformation vom 26.03.2019 spricht von einem Anschlag des IS in KABUL während des persischen Neujahrsfestes (Nowruz) in einer mehrheitlich von Schiiten bewohnten Gegend. Die Bomben waren in einer Moschee, hinter einem Krankenhaus und in einem Stromzähler plaziert. Ein weiterer Angriff des IS mit Mörsergranaten erfolgte ebenfalls auf einen mehrheitlich von Hazara bewohnten Stadtteil auf eine Gedenkveranstaltung für einen Hazara-Führer. Berichtet wird auch von Überflutungen die der Dürre in den Provinzen Farah, Kandahar, Helmand, HERAT, Kapisa, Parwan, Zabul und KABUL. Diese haben eine weitere Landflucht in die urbanen Zentren ausgelöst und befinden sich insbesondere in Herat-Stadt rund 95.000 Personen in Notunterkünften die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind. Ebenfalls erwähnt werden Friedensgespräche mit den Taliban und die neuerliche Verschiebung der Präsidentenwahl auf 28.09.2019.
Der Kurzinformation vom 01.03.2019 ist zu entnehmen, dass die Sicherheitslage in Afghanistan nach wie vor labil bleibt. Die meisten regierungsfeindlichen Angriffe fanden in den Provinzen Badghis, Farah, Faryab, Ghazni, Helmand, Kandarhar, Uruzgan und Herat statt. Zivile Opfer durch Kämpfe und Anschläge gab es auch in den Provinzen Kunar, Nangarhar, Kunduz und Kabul sowie entlang verschiedener Hauptstraßen in diesen Provinzen. Alle Provinzzentren sind jedoch unter Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung.
Den Kurzinformationen vom 22.01.2019 und 31.01.2019 sind einerseits die Aufnahme von Friedensgesprächen der USA mit den Taliban zu entnehmen andererseits aber auch wieder tödliche Anschläge auf einen Stützpunkt des afghanischen Geheimdienstes in der Provinz WARDAK am 21.01.2019, am Vortag auf einen Konvoi des Provinzgouverneurs der Provinz LOGAR und vor der gesicherten Green Zone in KABUL, wo viele internationale Organisationen und NGO angesiedelt sind.
Im Herbst und Winter 2018 kam es zu mehreren Anschlägen in KABUL auf Ministerien, auf Islamgelehrte, Demonstrationen der Hazaras und Gefängnismitarbeitern bei denen es zivile Opfer gab. Brandvorrichtung/Sprengfallen, Selbstmordanschläge regierungsfeindlicher Gruppierungen und Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Luftangriffe und explosive Kampfmittelrückstände waren weitere Ursachen für zivile Opfer. Zivilisten in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Faryab, Helmand und Kandahar waren am stärksten betroffen.
Aus der KI vom 11.9.2018, geht hervor, dass Angriffe des Islamischen Staates (IS/ISKP) in KABUL, Anschläge in Nangarhar und Aktivitäten der Taliban in den Provinzen Sar-i Pul und Jawzjan stattgefunden haben. Es handelte sich dabei um Selbstmordanschläge auf eine Demonstration, eine Mädchenschule, einen Festumzug und einen Wrestling-Club.
Der KI vom 22.08.2018, sind Angriffe des Islamischen Staates (IS/ISKP) in Kabul und Paktia und Aktivitäten der Taliban in Ghazni, Baghlan, Faryab und Kunduz zu entnehmen. Dies waren Entführungen auf der Takhar-Kunduz-Autobahn, ein IS-Angriff auf die Mawoud Akademie in Kabul sowie vor dem Flughafen Kabul und auf eine schiitische Moschee in Gadrez-Stadt in Paktia, sowie Kämpfe zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Aufständischen in den Provinzen Ghazni, Baghlan und Faryab.
Das LIB der Staatendokumentation führt zur SICHERHEITSLAGE im Punkt 3 im Wesentlichen aus:
Die Sicherheitslage in Afghanistan ist sehr instabil. Es ist mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Die afghanische Regierung bzw deren Sicherheitskräfte behalten auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt; vgl. AAN 6.6.2018) bedrohen.
Die Aufständischen üben öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriffe in städtischen Zentren aus. Sie greifen Glaubensstätten, religiöse Führer sowie Gläubige an; es gibt Tötungen, Entführungen, Bedrohungen und Einschüchterungen von religiösen Personen - hauptsächlich durch regierungsfeindliche Elemente. Ein Großteil der zivilen Opfer waren schiitische Muslime. Die Angriffe wurden von regierungsfeindlichen Elementen durchgeführt - hauptsächlich dem IS. Es wurden aber auch Angriffe auf sunnitische Moscheen und religiöse Führer ausgeführt. Es haben zahlreiche Angriffe auf Behörden, die mit der Wahlregistrierung betraut sind, stattgefunden.
Die häufigste Ursache für zivile Opfer waren IEDs und komplexe Angriffe. An zweiter Stelle waren Bodenoffensiven, gefolgt von gezielten Tötungen, Blindgängern (Engl. UXO, "Unexploded Ordnance") und Lufteinsätzen. Die Bewohner der Provinzen Kabul, Helmand, Nangarhar, Faryab und Kandahar waren am häufigsten vom Konflikt betroffen.
Die Taliban kontrollieren zwischen 10% und 14 % der afghanischen Distrikte Die Fähigkeiten und der Einfluss des IS sind seit seiner Erscheinung im Jahr 2015 zurückgegangen. Operationen durch die ANDSF und die US-Amerikaner, Druck durch die Taliban und Schwierigkeiten die Unterstützung der lokalen Bevölkerung zu gewinnen, störten das Wachstum des IS und verringerten dessen Operationskapazitäten. Trotz erheblicher Verluste von Territorium, Kämpfern und hochrangigen Führern, bleibt der IS nach wie vor eine Gefährdung für die Sicherheit in Afghanistan und in der Region. Er ist dazu in der Lage, öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen (HPA) in städtischen Zentren zu verüben (USDOD 12.2017).
Der IS hat sich nämlich in den vergangenen Monaten zu einer Anzahl tödlicher Angriffe in unterschiedlichen Teilen des Landes bekannt - inklusive der Hauptstadt. Dies schürte die Angst, der IS könne an Kraft gewinnen (VoA 10.1.2018; vgl. AJ 30.4.2018). Auch haben örtliche IS-Gruppen die Verantwortung für Angriffe auf Schiiten im ganzen Land übernommen (USDOD 12.2017).
Zur Heimatprovinz des BF wird im LIB ausgeführt:
3.19. KUNDUZ
Kunduz liegt 337 km nördlich von Kabul und grenzt an die Provinzen Takhar im Osten, Baghlan im Süden, Balkh im Westen und Tadschikistan im Norden (NPS o.D.; vgl. Pajhwok o.D.a). Die Provinz hat folgende Distrikte: Imam Sahib/Emamsaheb, Dasht-e-Archi, Qala-e-Zal, Chahar Dara/Chardarah, Ali Abad/Aliabad, Khan Abad/Khanabad und Kunduz; die Hauptstadt ist Kunduz-Stadt (Pajhwok o.D.b; vgl. UN OCHA 4.2014). Gemäß einer Quelle wurden vor zwei Jahren in der Provinz drei neue Distrikte gegründet: Atqash, Gultapa, Gulbad (Pajhwok 11.2.2018).
Auch ist die Provinzhauptstadt Kunduz-Stadt etwa 250 km von Kabul entfernt (Xinhua 7.7.2017). Als strategischer Korridor wird Kunduz als bedeutende Provinz in Nordafghanistan erachtet - Sher Khan Bandar, die Hafenstadt am Fluß Pandsch, an der Grenze zu Tadschikistan, ist beispielsweise von militärischer und wirtschaftlicher Bedeutung (Khabarnama 22.8.2016; vgl. Pajhwok 2.1.2018, AN 21.12.2017).
Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.049.249 geschätzt (CSO 4.2017). In der Provinz leben Paschtunen, Usbeken, Tadschiken, Turkmenen, Hazara und Paschai (NPS o.D.).
Strategisch wichtig ist die Stadt Kunduz nicht nur für Afghanistan (DW 30.9.2015; vgl. Xinhua 7.7.2017), denn Kunduz war bis zum Einmarsch der US-Amerikaner im Jahr 2001 die letzte Hochburg der Taliban (RFE/RL 9.2015). Wer die Stadt kontrolliert, dem steht der Weg nach Nordafghanistan offen. Kunduz liegt an einer wichtigen Straße, die Kabul mit den angrenzenden nördlichen Provinzen verbindet (DW 30.9.2015). Kunduz-Stadt ist eine der größten Städte Afghanistans und war lange Zeit ein strategisch wichtiges Transportzentrum für den Norden des Landes. Kunduz ist durch eine Autobahn mit Kabul im Süden, Mazar-e Sharif im Westen, sowie Tadschikistan im Norden verbunden (BBC News 3.10.2016). Die Regierung plant u.a. die Turkmenistan-Afghanistan-Tadschikistan-Eisenbahnlinie, die Andkhoy, Sheberghan, Mazar-e-Sharif, Kunduz und Sher Khan Bandar verbinden und als Anbindung an China über Tadschikistan dienen soll (TD 5.12.2017).
Um Ordnung und Normalität in die Stadt Kunduz zu bringen, hat die Kommunalverwaltung im Februar 2018 eine Massenaufräum-Aktion gestartet. Ebenso wurden weitere Projekte implementiert: im Rahmen dieser werden Landstraßen und Wege gewartet, vier neue Parks errichtet - die insbesondere von Frauen und Kindern genutzt werden sollen, etc. Diese Projekte führten zusätzlich zur Schaffung von 550 Jobs - auch für Frauen. Das Erscheinungsbild der Stadt hat sich u.a. aufgrund der Errichtung von Straßenbeleuchtung verbessert (Tolonews 17.2.2018).
In Kunduz gibt es zahlreiche Unternehmen, die verschiedene Produkte wie Fruchtsäfte, Klopapier, Taschentücher und Sojabohnen produzieren. Die Sicherheitslage hatte mit Stand März 2017 jedoch negative Auswirkungen auf das wirtschaftliche Wachstum in der Provinz (UNAMA 26.3.2017). In der Provinz wird ein Projekt im Wert von 9.5 Mio. USD für den Ausbau der ANA-Infrastruktur [Anmerkung:
der Infrastruktur der Afghan National Army] implementiert (SIGAR 30.1.2018).
Kunduz gehörte im November 2017 zu den Opium-freien Provinzen Afghanistans (UNODC 11.2017).
Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage in Kunduz
Kunduz zählt zu den relativ volatilen Provinzen Afghanistans, in der Aufständische aktiv sind (AJ 4.10.2017; vgl. Khaama Press 15.8.2017, Reuters 22.7.2017, Tolonews 24.5.2017). In den Jahren 2015 und 2016 fiel Kunduz-Stadt jeweils einmal an Taliban-Aufständische (Xinhua 8.7.2017); die Stadt konnte in beiden Fällen von den afghanischen Streitkräften zurückerobert werden (BBC 4.10.2016; vgl. Reuters 1.10.2015, NYT 14.1.2018, UNAMA 26.3.2017). Das deutsche Militär hat einen großen Stützpunkt in der Provinz Kunduz (Gandhara 7.3.2018; vgl. SZ 7.3.2018). Während des Jahres 2017 sank die Anzahl der zivilen Opfer in Folge von Bodenoffensiven u.a. in der Provinz Kunduz; ein Grund dafür war ein Rückgang von Militäroffensiven in von Zivilist/innen bewohnten Zentren durch die Konfliktparteien (UNAMA 2.2018).
Im Februar 2018 berichteten einige Quellen, die Sicherheitslage in der Provinzhauptstadt Kunduz hätte sich sehr verbessert; den Einwohnern in Kunduz-Stadt sei es aufgrund der Beleuchtung zahlreicher Straßen möglich, auch nachts in der Stadt zu bleiben (Tolonews 26.2.2018; vgl. Tolonews 17.2.2018).
Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 225 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die folgende Darstellung der Staatendokumentation veranschaulicht werden sollen:
Im gesamten Jahr 2017 wurden 377 zivile Opfer (93 getötete Zivilisten und 284 Verletzte) in der Provinz Kunduz registriert. Hauptursache waren Bodenangriffe, gefolgt von IEDs und gezielten Tötungen. Dies bedeutet einen Rückgang von 41% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).
Aufgrund von Terrorbekämpfungsoperationen in der Provinz sind zahlreiche Familien nach Kunduz-Stadt vertrieben worden (Pajhwok 23.1.2018; vgl. Pajhwok 20.1.2018).
Nach dem US-amerikanischen Luftangriff auf das Médecins Sans Frontières (MSF)-Krankenhaus im Jahr 2015 wurde im Juli 2017 wieder eine Klinik von MSF in Kunduz-Stadt eröffnet (AJ 4.10.2017; vgl. Reuters 22.7.2017).
Militärische Operationen in der Kunduz
In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien (Pajhwok 23.1.2018; vgl. Pajhwok 20.1.2018, Tolonews 25.10.2017, Xinhua 24.9.2017, Khaama Press 22.1.2017, Z News 12.1.2017, Khaama Press 9.1.2017). Auch werden regelmäßig Luftangriffe durchgeführt (LWJ 27.1.2018; vgl. Khaama Press 20.1.2018, Xinhua 14.2.2018, Khaama Press 7.6.2017, TG 4.11.2017, Tolonews 18.10.2017); dabei werden Aufständische - u.a. tadschikische Kämpfer - (Khaama Press 7.6.2017) und manchmal auch Talibankommandanten getötet (Xinhua 14.2.2018). Manchmal werden Talibankämpfer (Xinhua 4.3.2018) verhaftet. In der Provinz kommt es zu Zusammenstößen zwischen den Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (UNGASC 27.2.2018; vgl. Pajhwok 23.2.2018, NYT 16.1.2018, Khaama Press 27.1.2018, Khaama Press 15.8.2017, Tolonews 4.7.2017).
Regierungsfeindliche Gruppierungen in Kunduz
Talibankämpfer, insbesondere Mitglieder der "Red Unit", einer Taliban-Einheit, die in zunehmendem Ausmaß Regierungsstützpunkte angreift, sind in der Provinz Kunduz aktiv (NYT 16.1.2018; vgl. AT 17.1.2018; NYT 14.11.2017). Einige Distrikte, wie Atqash, Gultapa und Gulbad, sind unter Kontrolle der Taliban (Pajhwok 11.2.2018). Auch in Teilen der Distrikte Dasht-e-Archi und Chardarah sind Talibankämpfer zum Berichtszeitpunkt aktiv (UOL 9.3.2018; Pajhwok 16.1.2018; Xinhua 14.2.2018, Tolonews 25.10.2017, Xinhua 24.9.2017).
Im Zeitraum 1.1.2017 - 15.7.2017 wurden IS-bezogene Sicherheitsvorfälle registriert, während zwischen 16.7.2017 - 31.1.2018 keine sicherheitsrelevanten Ereignisse mit Bezug auf den IS gemeldet wurden (ACLED 23.2.2018).
Zu als interne Fluchtalternativen in Frage kommenden Provinzen wird ausgeführt:
"3.1. KABUL
Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul-Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, an Nangarhar im Südosten, an Logar im Süden und an (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Provinz Kabul besteht aus folgenden Einheiten (Pajhwok o.D.z): Bagrami, Chaharasyab/Char Asiab, Dehsabz/Deh sabz, Estalef/Istalif, Farza, Guldara, Kabul Stadt, Kalakan, Khak-e Jabbar/Khak-i-Jabar, Mirbachakot/Mir Bacha Kot, Musayi/Mussahi, Paghman, Qarabagh, Shakardara, Surobi/Sorubi (UN OCHA 4-2014; vgl. Pajhwok o.D.z).
Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.679.648 geschätzt (CSO 4.2017).
In der Hauptstadt Kabul leben unterschiedliche Ethnien: Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Sikhs und Hindus. Ein Großteil der Bevölkerung gehört dem sunnitischen Glauben an, dennoch lebt eine Anzahl von Schiiten, Sikhs und Hindus nebeneinander in Kabul Stadt (Pajhwok o.D.z). Menschen aus unsicheren Provinzen, auf der Suche nach Sicherheit und Jobs, kommen nach Kabul - beispielsweise in die Region Shuhada-e Saliheen (LAT 26.3.2018). In der Hauptstadt Kabul existieren etwa 60 anerkannte informelle Siedlungen, in denen 65.000 registrierte Rückkehrer/innen und IDPs wohnen (TG 15.3.2018).
Kabul verfügt über einen internationalen Flughafen: den Hamid Karzai International Airport (HKIR) (Tolonews 25.2.2018; vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35). Auch soll die vierspurige "Ring Road", die Kabul mit angrenzenden Provinzen verbindet, verlängert werden (Tolonews 10.9.2017; vgl. Kapitel 3.35.).
Allgemeine Information zur Sicherheitslage
Einst als relativ sicher erachtet, ist die Hauptstadt Kabul von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen der Taliban betroffen (Reuters 14.3.2018), die darauf abzielen, die Autorität der afghanischen Regierung zu untergraben (Reuters 14.3.2018; vgl. UNGASC 27.2.2018). Regierungsfeindliche, bewaffnete Gruppierungen inklusive des IS versuchen in Schlüsselprovinzen und -distrikten, wie auch in der Hauptstadt Kabul, Angriffe auszuführen (Khaama Press 26.3.2018; vgl. FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018). Im Jahr 2017 und in den ersten Monaten des Jahres 2018 kam es zu mehreren "high-profile"-Angriffen in der Stadt Kabul; dadurch zeigte sich die Angreifbarkeit/Vulnerabilität der afghanischen und ausländischen Sicherheitskräfte (DW 27.3.2018; vgl. VoA 19.3.2018 SCR 3.2018, FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018).
Informationen und Beispiele zu öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen (HPA) können dem Kapitel 3. "Sicherheitslage (allgemeiner Teil)" entnommen werden; Anmerkung der Staatendokumentation.
Im Zeitraum 1.1.2017- 30.4.2018 wurden in der Provinz 410 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die folgende Darstellung der Staatendokumentation veranschaulicht werden sollen:
[Grafik]
Im gesamten Jahr 2017 wurden 1.831 zivile Opfer (479 getötete Zivilisten und 1.352 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Selbstmordanschläge, gefolgt von IEDs und gezielte Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 4% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. Für Kabul-Stadt wurden insgesamt 1.612 zivile Opfer registriert; dies bedeutet eine Steigerung von 17% im Gegensatz zum Vorjahr 2016 (440 getötete Zivilisten und 1.172 Verletzte) (UNAMA 2.2018).
Im Jahr 2017 war die höchste Anzahl ziviler Opfer Afghanistans in der Provinz Kabul zu verzeichnen, die hauptsächlich auf willkürliche Angriffe in der Stadt Kabul zurückzuführen waren; 16% aller zivilen Opfer in Afghanistan sind in Kabul zu verzeichnen.
Selbstmordangriffe und komplexe Attacken, aber auch andere Vorfallsarten, in denen auch IEDs verwendet wurden, erhöhten die Anzahl ziviler Opfer in Kabul. Dieser öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriff im Mai 2017 war alleine für ein Drittel ziviler Opfer in der Stadt Kabul im Jahr 2017 verantwortlich (UNAMA 2.2018).
Militärische Operationen und Maßnahmen der afghanischen Regierung in der Provinz Kabul Regelmäßig werden in der Hauptstadt Sicherheitsoperationen durch die Regierung in unterschiedlichen Gebieten ausgeführt (Tolonews 31.1.2018; vgl. AT 18.3.2018, RS 28.2.2018; vgl. MF 18.3.2018). Im Rahmen des neuen Sicherheitsplanes sollen außerdem
Hausdurchsuchungen ausgeführt werden (MF 18.3.2018). Um die Sicherheitslage in Kabul-Stadt zu verbessern, wurden im Rahmen eines neuen Sicherheitsplanes mit dem Namen "Zarghun Belt" (der grüne Gürtel), der Mitte August 2017 bekannt gegeben wurde, mindestens 90 Kontrollpunkte in den zentralen Teilen der Stadt Kabul errichtet. Die afghanische Regierung deklarierte einen Schlüsselbereich der afghanischen Hauptstadt zur "Green Zone" - dies ist die Region, in der wichtige Regierungsinstitutionen, ausländische Vertretungen und einige Betriebe verortet sind (Tolonews 7.2.2018). Kabul hatte zwar niemals eine formelle "Green Zone"; dennoch hat sich das Zentrum der afghanischen Hauptstadt, gekennzeichnet von bewaffneten Kontrollpunkten und Sicherheitswänden, immer mehr in eine militärische Zone verwandelt (Reuters 6.8.2017). Die neue Strategie beinhaltet auch die Schließung der Seitenstraßen, welche die Hauptstadt Kabul mit den angrenzenden Vorstädten verbinden; des Weiteren, werden die Sicherheitskräfte ihre Präsenz, Personenkontrollen und geheimdienstlichen Aktivitäten erhöhen (Tolonews 7.2.2018). Damit soll innerhalb der Sicherheitszone der Personenverkehr kontrolliert werden. Die engmaschigen Sicherheitsmaßnahmen beinhalten auch eine erhöhte Anzahl an Sicherheitskräften und eine Verbesserung der Infrastruktur rund um Schlüsselbereiche der Stadt (Tolonews 1.3.2018). Insgesamt beinhaltet dieser neue Sicherheitsplan 52 Maßnahmen, von denen die meisten nicht veröffentlicht werden (RFE/RL 7.2.2018). Auch übernimmt die ANA einige der porösen Kontrollpunkte innerhalb der Stadt und bildet spezialisierte Soldaten aus, um Wache zu stehen. Des Weiteren soll ein kreisförmiger innerer Sicherheitsmantel entstehen, der an einen äußeren Sicherheitsring nahtlos anschließt - alles dazwischen muss geräumt werden (Reuters 14.3.2018).
Regierungsfeindliche Gruppierungen in der Provinz Kabul
Sowohl die Taliban als auch der IS verüben öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriffe in der Stadt Kabul (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 17.3.2018, Dawn 31.1.2018), auch dem Haqqani- Netzwerk wird nachgesagt, Angriffe in der Stadt Kabul zu verüben (RFE/RL 30.1.2018; vgl. NYT 9.3.2018, VoA 1.6.2017). So existieren in der Hauptstadt Kabul scheinbar eine Infrastruktur, Logistik und möglicherweise auch Personal ("terrorists to hire"), die vom Haqqani-Netzwerk oder anderen Taliban-Gruppierungen, Splittergruppen, die unter der Flagge des IS stehen, und gewaltbereiten pakistanischen sektiererischen (anti-schiitischen) Gruppierungen verwendet werden (AAN 5.2.2018).
Zum Beispiel wurden zwischen 27.12.2017 und 29.1.2018 acht Angriffe in drei Städten ausgeführt, zu denen neben Jalalabad und Kandahar auch Kabul zählte - fünf dieser Angriffe fanden dort statt. Nichtsdestotrotz deuten die verstärkten Angriffe - noch - auf keine größere Veränderung hinsichtlich des "Modus Operandi" der Taliban an (AAN 5.2.2018).
Für den Zeitraum 1.1.2017 - 31.1.2018 wurden in der Provinz Kabul vom IS verursachte Vorfälle registriert (Gewalt gegenüber Zivilist/innen und Gefechte) (ACLED 23.2.2018). [...]
"3.3. BALKH
Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Sie hat folgende administrative Einheiten: Hairatan Port, Nahra-i-Shahi, Dihdadi, Balkh, Daulatabad, Chamtal, Sholgar, Chaharbolak, Kashanda, Zari, Charkont, Shortipa, Kaldar, Marmal, und Khalm; die Provinzhauptstadt ist Mazar-e Sharif. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz Samangan liegt sowohl östlich als auch südlich von Balkh. Die Provinzen Kunduz und Samangan liegen im Osten, Jawzjan im Westen und Sar-e Pul im Süden (Pajhwok o.D.y).
Balkh grenzt an drei zentralasiatische Staaten: Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan (RFE/RL 9.2015). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt (CSO 4.2017).
Die Hauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.: Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.:
Provinzhauptstadt Baghlan]; sie ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut.
Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Viele der Straßen, vor allem in den gebirgigen Teilen des Landes, sind in schlechtem Zustand, schwer zu befahren und im Winter häufig unpassierbar (BFA Staaatendokumentation 4.2018). In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35).
Im Juni 2017 wurde ein großes nationales Projekt ins Leben gerufen, welches darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren (Pajhwok 7.6.2017).
Nach monatelangen Diskussionen hat Ende März 2018 der ehemalige Gouverneur der Provinz Balkh Atta Noor seinen Rücktritt akzeptiert und so ein Patt mit dem Präsidenten Ghani beendet. Er ernannte den Parlamentsabgeordneten Mohammad Ishaq Rahgozar als seinen Nachfolger zum Provinzgouverneur (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Reuters 22.3.2018). Der neue Gouverneur versprach, die Korruption zu bekämpfen und die Sicherheit im Norden des Landes zu garantieren (Tolonews 24.3.2018).
Allgemeine Information zur Sicherheitslage
Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans (RFE/RL 23.3.2018), sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan (Khaama Press 16.1.2018; vgl. Khaama Press 20.8.2017). Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Khaama Press 16.1.2018).
Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (Tolonews 7.3.2018), oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte (BBC 22.4.2017; vgl. BBC 17.6.2017).
In der Provinz befindet sich u.a. das von der deutschen Bundeswehr geführte Camp Marmal (TAAC-North: Train, Advise, Assist Command - North) (NATO 11.11.2016; vgl. iHLS 28.3.2018), sowie auch das Camp Shaheen (BBC 17.6.2017; vgl. Tolonews 22.4.2017).
Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert [...].
Im gesamten Jahr 2017 wurden 129 zivile Opfer (52 getötete Zivilisten und 77 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodenoffensiven und Blindgänger/Landminen. Dies bedeutet einen Rückgang von 68% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).
Militärische Operationen in Balkh
Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte führen regelmäßig militärische Operationen durch, um regierungsfeindliche Aufständische zu verdrängen und sie davon abzuhalten, Fuß im Norden des Landes zu fassen (Khaama Press 16.1.2018). Diese militärischen Operationen werden in gewissen Gegenden der Provinz geführt (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT.3.2018, Pajhwok 21.8.2017, Pajhwok 10.7.2017). Dabei werden Taliban getötet (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT 6.3.2018, Pajhwok 10.7.2017) und manchmal auch ihre Anführer (Tolonews 18.3.2018; vgl. Tolonews 7.3.2018, PT 6.3.2018, Tolonews 22.4.2017).
Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 7.3.2018).
Regierungsfeindliche Gruppierungen in Balkh
Regierungsfeindliche Gruppierungen versuchen ihren Aufstand in der Provinz Balkh voranzutreiben (Khaama Press 16.1.2018). Sowohl Aufständische der Taliban als auch Sympathisanten des IS versuchen in abgelegenen Distrikten der Provinz Fuß zu fassen (Khaama Press 20.8.2017).
Im Zeitraum 1.1.2017 - 15.7.2017 wurden keine IS-bezogenen Vorfälle in der Provinz registriert. Im Zeitraum 16.7.2017 - 31.1.2018 wurden dennoch vom IS verursachten Vorfälle entlang der Grenze von Balkh zu Sar-e Pul registriert (ACLED 23.2.20