TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/17 W235 2119571-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.07.2019
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Entscheidungsdatum

17.07.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W235 2119571-1/26E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX (vormals: XXXX ), geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.12.2015, Zl. 830855506-1674514, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.03.2019 und am 23.04.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG, § 9 BFA-VG, §§ 46, 52 und 55 FPG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen,

1. dass der erste Spruchpunkt I. lautet wie folgt:

"Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom 21.06.2013 wird bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen." und

2. dass der erste Spruchteil des Spruchpunktes II. wie folgt lautet:

"Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG wird nicht erteilt."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der nunmehrige Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Zugehöriger der tschetschenischen Volksgruppe, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 21.06.2013 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Am 22.06.2013 wurde er einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei er zunächst zu seinen persönlichen Daten angab, dass er XXXX heiße, aus Tschetschenien stamme, Moslem sei, ledig sei und sowohl Russisch als auch Tschetschenisch in Wort und Schrift beherrsche. Von 1994 bis 2007 habe er die Grundschule, von 2007 bis 2012 eine Berufsschule in XXXX besucht. Sein zuletzt ausgeübter Beruf sei Fliesenleger gewesen. Er leide an keinen Krankheiten und habe keine Familienangehörigen in Österreich oder in der Europäischen Union. Tschetschenien habe er im Dezember 2012 von XXXX aus verlassen und sei mit einem Reisebus über Moskau in das Dorf XXXX gefahren. Am XXXX 06.2013 habe er mit einem PKW schlepperunterstützt die Russische Föderation verlassen. Die Reise habe sein Onkel mütterlicherseits organisiert.

Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er Probleme mit den tschetschenischen Behörden wegen seines Cousins gehabt habe. Sein Cousin sei ein Widerstandskämpfer gewesen und befinde sich zurzeit in Frankreich als Asylwerber. Am XXXX 05.2011 sei der Beschwerdeführer mit seinem Cousin zum Freitagsgebet in die Moschee von XXXX gegangen. Danach sei er zu einem Freund nach XXXX gegangen, wo er sich ca. eine Stunde lang aufgehalten habe. Am Nachhauseweg habe ein schwarzer Lada angehalten, aus dem vier unbekannte, bewaffnete Männer in Militäruniform ausgestiegen seien und den Beschwerdeführer nach Waffen gefragt hätten. Nachdem er das verneint habe, hätten sie ihm einen Sack über den Kopf gestülpt, ins Auto gezerrt und zu einer ihrer Dienststellen gebracht. Sie hätten ihn geschlagen und ihm vorgeworfen, dass er die Widerstandskämpfer unterstütze. Das habe er verneint, doch hätten sie ihm nicht geglaubt und ihn mit Strom gefoltert. Drei Tage lang sei er angehalten worden und nur aufgrund seiner Zusage, mit ihnen zusammenzuarbeiten freigelassen worden. Er habe einen Zettel unterschreiben müssen und sei aufgefordert worden, immer erreichbar zu sein und nach Anforderung sofort zu erscheinen. Dies habe der Beschwerdeführer auch bis Dezember 2012 gemacht. Dann sei er aufgefordert worden, zu XXXX zu gehen und ihnen Informationen über dessen Kämpfer und Tätigkeiten zu geben. Sie hätten ihm gedroht, seine Familie zu gefährden, falls er das nicht mache. Es sei gefährlich gewesen, von beiden Seiten getötet zu werden. Daher sei der Beschwerdeführer geflohen. Nach seine Ausreise seien die Behörden zu seiner Mutter gekommen und hätten sie aufgefordert, ihn zurückzuholen.

In der Folge legte der Beschwerdeführer seinen russischen Inlandsreisepass vor, bei dem keine Hinweise auf das Vorliegen einer Verfälschung hervorgekommen sind (vgl. AS 15).

1.3. Am 10.04.2014 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Heiratsurkunde vom XXXX 03.2014, ausgestellt vom Standesamt Wien- XXXX , ein, der zu entnehmen ist, dass der Beschwerdeführer am selben Tag Frau XXXX geheiratet hat und nunmehr den Familiennamen XXXX führt (vgl. AS 51).

1.4. Am 20.10.2015 wurde der Beschwerdeführer einer Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unterzogen, in welcher er zunächst angab, dass er sich psychisch und physisch in der Lage fühle, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Gesundheitlich sei alles in Ordnung; er habe Therapien bei einem Psychologen gehabt, habe diese jedoch unterbrochen. Der Beschwerdeführer sei geschieden und habe eine einjährige Tochter namens XXXX . Seine Tochter lebe bei ihrer Mutter. Der Beschwerdeführer habe sich scheiden lassen, weil er mit seiner Frau immer gestritten habe. Sie habe ihm vorgeworfen, dass er keine Papiere, keinen Job und keine Wohnung habe. In Tschetschenien habe er vier bis fünf Jahre bis ca. 2010 als Fliesenleger und Bauarbeiter gearbeitet. Danach habe er keine Arbeit mehr gefunden. Seine Mutter sei in Österreich; man habe sie nicht in Ruhe gelassen. Man sei immer wieder zu ihr gekommen und habe nach dem Beschwerdeführer gefragt. Sein Bruder lebe und arbeite seit 2009 oder 2010 in Russland. Der Schwester und den Halbschwestern des Beschwerdeführers gehe es gut. Aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit sei er im Herkunftsstaat nicht verfolgt worden.

Der Beschwerdeführer werde wegen seines Cousins verfolgt. Dieser habe gekämpft. Er habe keinen Kontakt zu seinem Cousin und wolle dies auch nicht, weil er ein Problem wegen seines Cousins gehabt habe. Sein Cousin sei 2010 im Gebirge gewesen. Nunmehr solle er in Frankreich sein. Weil sein Cousin im Gebirge gewesen sei, sei er verhaftet worden und ein Jahr inhaftiert gewesen. Am Freitag, XXXX 05.2011, sei der Beschwerdeführer in der Moschee gewesen und danach nach XXXX zu einem Bekannten gefahren. Am Nachhauseweg habe sich ihm ein Auto in den Weg gestellt. Vier Männer seien ausgestiegen und hätten ihn gefragt, ob er eine Waffe habe. Das habe der Beschwerdeführer verneint und sie hätten ihn ins Auto gesteckt und ihm einen Sack über den Kopf gezogen. Während sie mit dem Beschwerdeführer herumgefahren seien, hätten sie ihre Arbeit gemacht und mit Leuten telefoniert. Sie hätten den Beschwerdeführer in ihre Abteilung gebracht und zwei, drei Tage geschlagen. Auch hätten sie ihn mit Stromstößen gefoltert. Da er so sehr geschlagen worden sei, habe er gesagt, er werde mitarbeiten und habe unterschrieben. Nachdem der Beschwerdeführer unterschrieben habe, hätten sie ihm den Sack vom Kopf genommen und ihm gesagt, er solle den Islam unterrichten. Er solle "die Leute" dazu bringen ins Gebirge zu gehen und dann solle er sagen, wo "die Leute" seien. Er hätte "die Leute" verraten und auch viel mit Jugendlichen arbeiten und schlecht über die Behörden reden sollen. Der Beschwerdeführer habe gesagt, er habe Angst und sie hätten gesagt, sie würden ihn umbringen, wenn er das nicht mache. Sie hätten ihn ein paar Mal ins Gebirge geschickt, um nach Kämpfern zu suchen. Das sei aber nicht leicht und als er zurückgekommen sei und gesagt habe, dass er sie nicht finden habe können, sei er wieder geschlagen und mit Stromstößen gefoltert worden. Dann sei der Chef "von denen" gekommen und habe gewollt, dass der Beschwerdeführer unter ihm arbeite. Er habe ihm mit 45.000 Rubel gut bezahlte Jobs angeboten, die der Beschwerdeführer jedoch nicht habe machen wollen. Der Chef habe dann zu ihm gesagt, der Islam erlaube das. Der Beschwerdeführer sei jedoch der Ansicht, dass Leute zu verraten und sie quälen zu lassen nach dem Islam nicht richtig sei. Dann hätten "sie" ihn wieder geschlagen und hätten ihm gesagt, er solle die Leute, die zur Moschee kämen, namentlich nennen. Das habe er dann getan, da er Angst gehabt habe umgebracht zu werden. Danach sei er ohne Handy in den Garten zu den Leuten, die er verraten habe, gegangen und habe sie gewarnt. "Sie" hätten ihm dann gesagt, dass er keine Ergebnisse bringe und ins Gebirge gehen solle. "Sie" hätten ihm auch Geld angeboten. Der Beschwerdeführer habe gesagt, er könne wegen seiner Mutter, die zuckerkrank sei, nicht ins Gebirge gehen. Ihm sei gesagt worden, er solle irgendein Ergebnis bringen, irgendjemanden umbringen lassen und dann würden sie ihn in Ruhe lassen. Der Beschwerdeführer habe jedoch gewusst, dass "sie" ihn niemals in Ruhe lassen würden und habe daher nichts gemacht. Der "Chef von Chef" sei immer unzufriedener geworden und daher sei der Beschwerdeführer ausgereist.

Wann genau sein Cousin aus der Haft entlassen worden sei, wisse er nicht. Er sei früher entlassen worden, weil die Verwandten gezahlt hätten. Die Jobs mit einem Gehalt von 45.000 Rubel seien im Innenministerium gewesen. Er hätte als eine Art Spion in Zivil arbeiten sollen. Daran, wann genau er ohne Handy durch den Garten gegangen sei, könne er sich nicht erinnern. Das Monat und ein genaues Datum wisse er nicht. Der Beschwerdeführer sei sowohl in XXXX als auch in XXXX im Spital gewesen. Wann genau wisse er nicht und wie lange er dort gewesen sei, wisse er auch nicht. Zwischen fünf und sechs Monate lang - von Mai bis Dezember - sei er mehrmals ins Gebirge gegangen. Genau könne er sich nicht erinnern, aber es sei 2012 oder 2011 gewesen. Konkret verraten hätte er seine Bekannten und Freunde sollen, die gläubig seien. Darunter sei sein Cousin gewesen und auch andere Leute. Die Namen der Anderen wisse er nicht. Für "sie" sei es egal gewesen, welche Leute der Beschwerdeführer verrate. Wichtig sei, dass er Leute verrate und wichtig sei, dass diese gläubig seien, um sie anzuwerben. Mit der Spionagetätigkeit habe er im Dezember 2012 aufgehört und am XXXX 05.2011 damit begonnen. Das sei ein Freitag gewesen. Wie oft er mit Stromstößen gefoltert worden sei, wisse er nicht. Es sei "oft" gewesen. Wie oft er geschlagen worden sei, wisse er auch nicht.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 3 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 und § 6 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter ebenfalls als I. bezeichneten Spruchpunkt dieses Bescheides wurde der Antrag des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Ferner wurde dem Beschwerdeführer unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist. Letztlich wurde festgehalten, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt III.).

In seiner Begründung stellte das Bundesamt im Wesentlichen fest, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger der Russischen Föderation sei sowie Zugehöriger der Volksgruppe der Tschetschenen sei und sich zum moslemisch-sunnitischen Glauben bekenne. Er sei als Bauarbeiter und Fliesenleger in seinem Herkunftsstaat tätig gewesen. Lebensbedrohende oder chronische Erkrankungen würden nicht vorliegen. Nicht festgestellt werden könne, dass er in der Russischen Föderation in der Teilrepublik Tschetschenien einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt gewesen sei bzw. eine solche zukünftig zu befürchten hätte. Es habe nicht festgestellt werden können, dass er bei einer Rückkehr in die Russische Föderation - Teilrepublik Tschetschenien - einer realen Gefahr der Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre. Es sei insgesamt festzustellen, dass bei einer Rückkehr nicht mit dem Entzug seiner Lebensgrundlage zu rechnen sei und der Beschwerdeführer auch nicht in eine aussichtlose Situation geraten würde. Er befinde sich seit 2013 im Bundesgebiet und lebe in einer Betreuungseinrichtung. Seine Mutter habe mit Bescheid des Bundesamtes eine Rückkehrentscheidung in die Russische Föderation erhalten, die mit XXXX 11.2015 in Rechtskraft erwachsen sei. Der Beschwerdeführer sei nur kurz verheiratet gewesen und habe eine einjährige Tochter. Er spreche nicht Deutsch und habe keine sozialen Kontakte zu Österreichern. Er besuche keine Bildungseinrichtungen und gehe keiner Beschäftigung nach. Der Beschwerdeführer bestreite seinen Lebensunterhalt aus den Mitteln der Grundversorgung und sei eine besondere Integration in Österreich nicht feststellbar. Das Bundesamt traf auf den Seiten 13 bis 37 des angefochtenen Bescheides Länderfeststellungen zur Lage in der Russischen Föderation unter besonderer Berücksichtigung der Situation in Tschetschenien.

In seiner Beweiswürdigung führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Herkunftsregion, zur Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, zu seinen Familienverhältnissen und sonstigen Lebensumständen auf den diesbezüglich glaubhaften Angaben im Verfahren und auf der Kenntnis und Verwendung der Sprache Tschetschenisch beruhen würden. Die Feststellungen zu seinem Gesundheitszustand hätten sich aus seinen Ausführungen bei der Einvernahme ergeben. Von der Glaubhaftmachung seiner behaupteten Verfolgung könne aufgrund allgemein gehaltener, vager und unkonkreter Angaben nicht ausgegangen werden. Mit näherer Begründung und unter Anführung von Beispielen wurde zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftslandes unter anderem ausgeführt, dass unwahrscheinlich sei, dass der Beschwerdeführer trotz massiver körperlicher Misshandlungen keine sichtbaren Verletzungen gehabt habe und auch nicht bekannt geben habe können, wann und wie lange er in ärztlicher Behandlung gewesen sei. Auch habe seine Mutter in ihrem eigenen Verfahren angegeben, dass ihr am Beschwerdeführer weder Verletzungsspuren aufgefallen noch Spitalsaufenthalte bekannt seien, obwohl sie im gleichen Haushalt gelebt hätten. Er habe auch nicht konkret die Frage beantworten können, wen er eigentlich hätte beschatten und verraten sollen. Daher sei es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, asylrelevante Verfolgung glaubhaft zu machen. Weiters hätten auch keine Anhaltspunkte gefunden werden können, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in die Russische Föderation bzw. in die Teilrepublik Tschetschenien einer Verfolgungsgefährdung im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Der Beschwerdeführer sei gesund, arbeitsfähig und arbeitswillig. Er verfüge in der Russischen Föderation bzw. in Tschetschenien über umfangreiche familiäre Beziehungen. Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers hätten sich aufgrund seiner niederschriftlichen Einvernahmen ergeben. Die Feststellungen zum Herkunftsland würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren.

In rechtlicher Hinsicht verwies das Bundesamt zum (ersten) Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides darauf, dass die Angaben des Beschwerdeführers grundsätzlich als unwahr erachtet worden seien und daher nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden könnten. Zur Nichtzuerkennung des subsidiären Schutzes wurde ausgeführt, dass sich keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes, der gemäß § 8 AsylG zur Gewährung von subsidiären Schutz führen würde, ergeben hätten. Auch ergebe sich aus den Feststellungen zur allgemeinen Lage in der Russischen Föderation kein Hinweis, dass im gesamten Staatsgebiet eine extreme Gefahrenlage mit besonders exzessiver und unkontrollierter Gewaltanwendung gegenüber der Zivilbevölkerung oder eine, eine unmenschliche Behandlung bewirkende, humanitäre Situation im gesamten Staatsgebiet vorliege. Beim Beschwerdeführer handle es sich um einen gesunden und arbeitsfähigen, jungen Mann, der durch die familiäre und berufliche Situation auch vor seiner Ausreise aus der Russischen Föderation in der Lage gewesen sei, ein finanziell gesichertes Leben zu führen. In rechtlicher Hinsicht wurde zur Rückkehrentscheidung ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG nicht gegeben seien. Hinsichtlich seiner geschiedenen Ehefrau und seines einjährigen Kindes sei nicht von einem aufrechten Familienleben auszugehen. Der Beschwerdeführer sei nur kurz verheiratet gewesen und lebe nicht im gemeinsamen Haushalt mit seiner minderjährigen Tochter. Ferner sei erwähnenswert, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2014 eine Familie gegründet habe, obwohl ihm hätte bewusst sein müssen, dass ihm während des Asylverfahrens ein unsicherer Aufenthalt zukomme. Es hätten sich im Verfahren keine Anhaltspunkte auf das Vorliegen einer besonderen Integration ergeben. Nach Interessensabwägung wurde festgehalten, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gerechtfertigt sei. Durch die Rückkehrentscheidung werde nicht auf unzulässige Weise in das Recht auf Schutz des Familien- und Privatlebens eingegriffen. Daher sei die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG nicht in Betracht gekommen. Da dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt werde, sei diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden. Da keine Gründe gemäß § 50 Abs. 1 bis Abs. 3 FPG ersichtlich seien, sei auszusprechen, dass die Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei. Letztlich wurde zur Frist für die freiwillige Ausreise festgehalten, dass der Beschwerdeführer ab Rechtskraft dieser Rückkehrentscheidung binnen 14 Tagen zur freiwilligen Ausreise verpflichtet sei.

Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde dem Beschwerdeführer am 29.12.2015 amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

3. Gegen den oben angeführten Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 11.01.2016 fristgerecht im Wege seiner damals bevollmächtigten Vertretung Beschwerde wegen unrichtiger Feststellungen, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Begründend wurde ausgeführt, dass die sogenannten tschetschenischen Warlords, die man auch als Mujaheddin bezeichne, den Beschwerdeführer gezielt persönlich verfolgt und entführt hätten. Zur Beweiswürdigung sei anzuführen, dass der Beschwerdeführer niemals mit seinem Cousin gemeinsam gesehen worden sei. Zurzeit der Entführung sei er allein gewesen. Die Mutter des Beschwerdeführers habe von der Entführung nichts erfahren dürfen. Der Beschwerdeführer hätte durch das Weitererzählen seine Mutter und sich selbst in Gefahr gebracht. Das Bundesamt habe ausgeführt, dass die Fluchtgründe des Beschwerdeführers irrelevant seien, weil er diese schon im früheren Verfahren hätte angeben müssen. Festzustellen sei, dass die spekulativen Ausführungen des Bundesamtes, ob die Vorgangsweise der tschetschenischen Behörden, den Beschwerdeführer zur Rückkehr nach Tschetschenien zu zwingen, zweckmäßig gewesen seien oder nicht, in keiner Weise geeignet seien, die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers in Frage zu stellen. Ferner habe der Beschwerdeführer zu den Vorfällen konkrete und umfangreiche Angaben gemacht, Hintergrundinformationen und Nebendetails eingeschlossen und Zeit- und Ortsangaben geschildert.

Zu den Länderberichten sei festzuhalten, dass daraus hervorgehe, dass von einer Verbesserung der Situation in Tschetschenien nichts zu erkennen sei, sondern wesentliche Verschlechterungen zu erblicken seien. In der Folge wurde ein undatierter Bericht des "Menschenrechtszentrum Memorial" wörtlich zitiert, der sich mit dem Thema fingierte Beweise in Strafprozessen zwischen Herbst 1999 und Frühjahr 2000 befasst. Ferner wurden darin Ereignisse aus den Jahren 2001 und 2002 beschrieben. Ein Bezug zum Vorbringen des Beschwerdeführers bzw. eine Relevanz für gegenständliches Verfahren ist aus diesem Bericht nicht ersichtlich.

Weiters habe der Beschwerdeführer eine in Österreich lebende einjährige Tochter, die er wöchentlich einmal besuchen dürfe. Eine Abschiebung würde daher zur Verletzung von Art. 8 EMRK führen.

4. Am 25.11.2016 legte der Beschwerdeführer persönlich beim Bundesverwaltungsgericht nachstehende Unterlagen in Kopie vor:

* Geburtsurkunde des Beschwerdeführers, ausgestellt am XXXX 2000 vom Rayonstandesamt XXXX samt deutscher Übersetzung und

* Auszug aus dem Inlandsreisepass des Beschwerdeführers, ausgestellt von der Abteilung der Verwaltung des Föderalen Migrationsdienstes Russlands für die tschetschenische Republik im Rayon XXXX am XXXX 2009 samt deutscher Übersetzung

5.1. Am 14.03.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Zuhilfenahme einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Russisch statt, an der der Beschwerdeführer in Begleitung einer Vertrauensperson und sein damaliger Vertreter teilnahmen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat ebenso eine Vertreterin zur mündlichen Verhandlung entsendet. Eingangs der Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass er schlecht Russisch sprechen könne. Er sei zwar von 1994 bis 2007 in der Schule gewesen, aber damals habe es Krieg gegeben und es sei ein "Durcheinander" gewesen. In der Schule sei Tschetschenisch gesprochen worden. Es habe zwar einen Gegenstand "Russisch" gegeben, aber auch da sei Tschetschenisch gesprochen worden. Zur Bestellung einer Dolmetscherin für die Sprache Tschetschenisch wurde die Verhandlung vertagt.

In der Folge wurden dem Vertreter des Beschwerdeführers die Länderfeststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes zur Russischen Föderation übergeben und die Möglichkeit eingeräumt, bis zum nächsten Verhandlungstermin eine Stellungnahme einzubringen. Die Möglichkeit der Einbringung einer Stellungnahme wurde auch der Behördenvertreterin gewährt.

Nachstehende Unterlagen wurden vom Beschwerdeführer in der Verhandlung vorgelegt und in Kopie zum Akt genommen:

* Auszug aus dem Konventionspass seiner nunmehrigen, zweiten Ehegattin, ausgestellt am XXXX 05.2018, Beilage ./1;

* Geburtsurkunde der nunmehrigen Ehegattin des Beschwerdeführers, ausgestellt am XXXX 2006 vom Bezirksstandesamt XXXX samt deutscher Übersetzung, Beilage ./2;

* Heiratsurkunde zwischen dem Beschwerdeführer und Frau XXXX vom XXXX 2017, ausgestellt vom Standesamt Wien- XXXX , Beilage ./3;

* Geburtsurkunde der (zweiten) Tochter des Beschwerdeführers namens XXXX , geboren am XXXX 05.2017, ausgestellt am XXXX 07.2018 vom Standesamt Wien- XXXX , Beilage ./4;

* Auszug aus dem Konventionsreisepass der zweiten Tochter des Beschwerdeführers, ausgestellt am XXXX 05.2018, Beilage ./5;

* Auszug aus dem Mutter-Kind-Pass der nunmehrigen Ehegattin des Beschwerdeführers, dem eine vorliegende Schwangerschaft mit dem voraussichtlichen Geburtstermin XXXX 08.2019 zu entnehmen ist, Beilage ./6 und

* undatierte Anmeldebestätigung für einen Deutschkurs auf der Niveaustufe A1, Beilage ./7

5.2. Mit Stellungnahme vom 19.04.2019 brachte das Bundesamt zunächst vor, dass sich im Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ein Versehen befinde und zwar laute Spruchpunkt I. richtig wie folgt:

"Der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 21.06.2013 wurde hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen."

Weiters werde auf das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingegangen. Der Beschwerdeführer sei seit XXXX 03.2017 mit Frau XXXX verheiratet und habe mit ihr ein gemeinsames Kind. Es sei darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer bisher nur aufgrund eines Antrags auf internationalen Schutz, der sich letztlich als gänzlich untauglich für die Asylgewährung präsentiert habe, zum Aufenthalt berechtigt gewesen sei. Ferner hätten dem Beschwerdeführer und seiner Frau bereits beim Kennenlernen bewusst sein müssen, dass der Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet unsicher sei. Offensichtlich habe der Beschwerdeführer durch die Schaffung vollendeter Tatsachen seinen Aufenthalt in Österreich unter Missachtung der fremdenpolizeilichen Bestimmungen erzwingen wollen. Zum Zeitpunkt der Eheschließung sei jedoch absehbar gewesen, dass sich ein gemeinsames Familienleben nur sporadisch ergeben würde. Es wäre dem Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Russland möglich und zumutbar weiteren Kontakt zu seiner Gattin zu halten. Zudem hätte der Beschwerdeführer auch die Möglichkeit von Russland aus legal nach Österreich einzureisen. Weiters stünde es dem Beschwerdeführer frei, während der Wartezeit für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Niederlassungsverfahren seine Gattin und seine Kinder in einem sicheren Drittstaat zu treffen. Russische Staatsangehörige hätten begünstigte Einreisemöglichkeiten in die ehemaligen GUS Staaten. Der Beschwerdeführer verfüge über keine dem Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung. Er sei mittellos und von staatlicher Unterstützung abhängig. Integrationsbemühungen seien in seinem Fall nicht erkennbar. Während seines gesamten Aufenthalts von mehr als fünf Jahren habe er keinen einzigen Deutschkurs besucht. Weiters gehe er keinen gemeinnützigen Tätigkeiten nach und sei nicht karitativ tätig. Nennenswerte soziale Beziehungen oder eine absolvierte Berufsausbildung seien nicht vorhanden. Aufgrund seiner Integrationsunwilligkeit sei die künftige Eingliederung des Beschwerdeführers in die hiesige Gesellschaft nachhaltig nicht realisierbar. Aus einer Gesamtschau erscheine der Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Hinblick auf die vorliegenden öffentlichen Interessen nicht als unverhältnismäßig.

5.3. Am 23.04.2019 erfolgte die Fortsetzung der am 14.03.2019 vertagten öffentlichen mündlichen Verhandlung nunmehr unter Zuhilfenahme einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Tschetschenisch. An dieser Verhandlung nahm der Beschwerdeführer mit seiner rechtsfreundlichen Vertreterin teil. Ebenso nahm eine Vertreterin des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl an der Verhandlung teil. Bereits in der letzten Verhandlung wurde den Verfahrensparteien die Länderfeststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes zur aktuellen Situation in der Russischen Föderation, einschließlich der Lage in Tschetschenien, (Stand: 28.02.2019) zur Kenntnis gebracht.

Eingangs der Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass er gesund sei. Er stehe nicht in medizinischer Behandlung und nehme auch keine Medikamente. Der Beschwerdeführer habe vor dem Bundesamt die Wahrheit gesagt, ihm seien die Niederschriften rückübersetzt worden und er habe die jeweiligen Dolmetscher gut verstanden. XXXX sei der Name seiner ersten Ehegattin gewesen. Jetzt führe der Beschwerdeführer wieder seinen eigenen Namen. Zum ersten Mal habe er in Österreich im Jahr 2014 geheiratet und sei ca. sieben oder acht Monate verheiratet gewesen. Zum zweiten Mal habe er 2017 geheiratet. Seine Ex-Frau habe genau wie seine nunmehrige Ehefrau einen positiven Asylstatus. Der Beschwerdeführer habe aus der ersten Ehe eine Tochter, die vier oder fünf Jahre alt sei. Auch aus der zweiten Ehe habe er eine Tochter und sei seine Frau schwanger. Beide Töchter hätten ebenfalls Asyl. Der Beschwerdeführer gehöre der tschetschenischen Volksgruppe an und sei islamischen Glaubens. Wegen seiner Volksgruppen- und/oder Religionszugehörigkeit habe er im Herkunftsstaat keine Probleme gehabt. Er spreche Tschetschenisch und könne Russisch schreiben und verstehen, sich aber nicht so gut ausdrücken. Auf Vorhalt, er habe insgesamt 18 Jahre lang eine Ausbildung gemacht und dabei nicht Russisch gelernt, gab der Beschwerdeführer an, er habe Tschetschenisch gesprochen. Es sei eine Schande gewesen, Russisch zu sprechen. Er spreche schon Russisch, aber nicht auf hohem Niveau.

Zu den in der letzten Verhandlung übermittelten Länderfeststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes gab die Vertreterin des Beschwerdeführers an, dass sie diese von der damaligen Vertretung nicht erhalten habe. Eine dreiwöchige Frist zur Stellungnahme wurde eingeräumt. Die Behördenvertreterin merkte an, dass sie den Länderberichten nichts entgegenzusetzen habe. Dem Bundesamt wurde ebenfalls eine dreiwöchige Frist zur Reaktion auf die Stellungnahme des Beschwerdeführer eingeräumt.

Zu seinen Wohnorten und zu seinen Familienangehörigen gab der Beschwerdeführer an, dass sein Vater bereits verstorben sei. Er habe zwei ältere Schwestern, eine gleichaltrige Halbschwester und zwei jüngere Schwestern. Alle seine Schwestern würden in Tschetschenien leben. Weiters habe er noch einen Bruder, der aber nicht mehr in Russland lebe. Sein Bruder lebe mit seiner Mutter in Deutschland. Seine Mutter sei zunächst nach Österreich gekommen, habe jedoch keine Papiere bekommen und sei daher zurück nach Tschetschenien gegangen. Da sie jedoch von der Polizei immer wieder nach dem Beschwerdeführer gefragt worden sei, sei sie nach Deutschland gegangen. Bis zu seiner Ausreise habe der Beschwerdeführer in XXXX in Tschetschenien gelebt. Das Haus dort gehöre seiner Mutter und stehe jetzt leer. Dort habe sich der Beschwerdeführer bis ein halbes Jahr vor seiner Ausreise aufgehalten. Dann habe er sich bei seinem Onkel im Dorf XXXX in Russland versteckt. Dieses Dorf liege nördlich von Tschetschenien. Mit seinen Schwestern telefoniere der Beschwerdeführer selten, aber es gehe ihnen gut. Sein Bruder sei nach Deutschland gegangen, weil "sie" immer nach dem Beschwerdeführer gefragt hätten. Sein Bruder habe seinetwegen in Tschetschenien Probleme gehabt und sei deshalb nach Deutschland gegangen. Auf Vorhalt, dass sein Bruder in Kern-Russland gelebt habe, gab der Beschwerdeführer an, dort habe er nur gearbeitet. Er sei immer wieder nach Hause gekommen.

Zu seinem Leben in der Russischen Föderation gab der Beschwerdeführer an, er habe in Tschetschenien auf der Universität Sport studiert, um Sportlehrer zu werden. Im fünften Jahre seiner Ausbildung habe er "die Probleme" bekommen und habe das Studium abgebrochen. Vor der Uni habe er elf Jahre lang die Schule besucht. Der Beschwerdeführer habe immer wieder gearbeitet; auch seine Mutter und sein Bruder hätten gearbeitet. So habe die Familie sehr gut gelebt. Am Wochenende und in den Ferien habe der Beschwerdeführer Bauarbeiten gemacht und Fliesen gelegt. Die wirtschaftliche Situation der Familie sei sehr gut gewesen. Weiters habe der Beschwerdeführer noch einen Onkel sowie zwei Tanten väterlicherseits und vier Onkel sowie eine Tante mütterlicherseits. Auf Nachfrage brachte der Beschwerdeführer vor, dass er in der Schule zwei Fächer in Russisch und den Rest in Tschetschenisch gehabt habe.

Zu seiner Integration brachte der Beschwerdeführer vor, dass er seine Tochter aus der ersten Ehe einmal wöchentlich für zwei Stunden sehe. Er zahle monatlich € 10,00 für sie. Diese Tochter wohne bei ihrer Mutter, die auch die Obsorge habe, und ihren Großeltern. Seine zweite Tochter werde zwei Jahre alt und solle in den Kindergarten gehen. Diese lebe gemeinsam mit dem Beschwerdeführer und seiner Frau. Beide hätten die Obsorge. Auf die Frage, warum er in Österreich schon zum zweiten Mal eine Familie gründe, wenn sein Aufenthaltsstatus nicht gesichert sei, gab der Beschwerdeführer an, er brauche doch eine Frau, egal wo er lebe. Seine Frau wisse, dass er jetzt keinen positiven Bescheid und keinen gesicherten Aufenthaltsstatus habe. Er habe Kinder gewollt und eine Familie gründen und daher habe er nicht gewartet. Wenn er keinen Aufenthaltstitel bekommen sollte, werde er immer seine Kinder unterstützen und auch in Kontakt sein. Derzeit mache der Beschwerdeführer den A1 Deutschkurs. Zeugnis habe er keines. Er sei dazu bereit jede Arbeit zu machen. Jetzt arbeite er nicht, weil er keine Papiere habe. Er habe bei mehreren Stellen wegen Arbeit vorgesprochen, aber man habe ihm überall gesagt, dass er ohne Aufenthaltstitel nicht offiziell arbeiten könne. Ausbildungen habe er in Österreich nicht absolviert. Er wolle als Bauarbeiter arbeiten, da er das könne. Der Beschwerdeführer betreibe Sport, er sei "Kämpfer" und habe ein gutes Niveau. Durch den Sport habe er auch viele Freunde. Der Beschwerdeführer halte viel von Österreich. Er finde es sehr gut hier und man könne hier gut leben. In der Folge legte der Beschwerdeführer einen Arbeitsvorvertrag als Ordner bei einem Sicherheitsdienst vom XXXX 04.2019 vor. Der Beschwerdeführer habe auch versucht über das AMS eine Beschäftigungsbewilligung zu bekommen. Er habe ein "Papier" bekommen, das er vier Monate arbeiten dürfe, habe dann aber keine Arbeitsstelle gefunden. Er sei öfter zum AMS gegangen und sei ihm gesagt worden, dass es ein Gesetz gebe und dass es möglich sei, dass er für vier Monate Arbeit bekommen könne.

Zu seinen Reisebewegungen und zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer an, er habe die Russische Föderation 2013 oder 2014 verlassen. Als er "die Probleme" bekommen habe, habe er zunächst sechs Monate lang bei seinem Onkel gelebt. Sein Onkel habe dann jemanden gesucht, der ihm geholfen habe wegzugehen. Das habe auch sein Onkel bezahlt. Wieviel Geld sein Onkel bezahlt habe, wisse der Beschwerdeführer nicht. Es sei viel Geld gewesen. Sein Onkel arbeite mit Holz und habe viel Geld; er habe Millionen. Weiters brachte er im Wesentlichen und zusammengefasst vor, dass der Cousin des Beschwerdeführers zwar selbst nicht gekämpft habe, aber mit den Widerstandskämpfern unterwegs gewesen sei. Daher habe er ein Jahr im Gefängnis verbracht. Die Probleme hätten angefangen, als der Beschwerdeführer am XXXX oder XXXX Mai 2011 mit seinem Cousin in der Moschee gewesen sei. Danach sei er nach XXXX zu einem Freund gefahren und auf dem Nachhauseweg von einem Auto angehalten worden, aus dem vier Männer in Militärkleidung ausgestiegen seien. Sie hätten ihn nach Waffen gefragt, was der Beschwerdeführer verneint habe. Dann hätten sie ihm etwas über den Kopf gezogen und ihn ins Auto gezerrt. Danach hätten sie Telefongespräche geführt. Der Beschwerdeführer habe gehört, dass sie "Wo ist er?" gefragt hätten. Offenbar hätten sie noch jemanden festnehmen wollen. Sie hätten ihn zu ihrem Hauptquartier gebracht und geschlagen. Sie hätten gesagt, der Beschwerdeführer sei ein Widerstandskämpfer und würde den Widerstandskämpfern helfen. Dann hätten sie wissen wollen, wo die Widerstandskämpfer seien und der Beschwerdeführer habe gesagt, dass er keinen Kontakt zu diesen habe. Sie hätten ihm nicht geglaubt und ihn immer wieder geschlagen. Er sei drei Tage im Gefängnis gewesen und viel geschlagen worden. Danach hätten sie gewollt, dass er "etwas" unterschreibe. Er habe zusichern müssen, dass er die Widerstandskämpfer verrate. Die Behörden bzw. die Regierungsleute hätten ihn mitgenommen. Sie hätten von ihm verlangt, mit Jugendlichen zu arbeiten. Er hätte die Jugendlichen dazu bringen sollen, schlecht über die Regierung zu reden und Widerstandskämpfer zu werden. Dann hätte er den Behörden sagen sollen, wer dazu bereit sei, Widerstandskämpfer zu werden. "Sie" hätten ihn auch in den Wald bzw. in die Berge gebracht, um sich mit den Widerstandskämpfern zu treffen. Als er zurückgekommen sei und gesagt habe, dass er dort niemanden gesehen habe, hätten sie ihm nicht geglaubt. Dann hätten sie ihn mehrmals mit Strom gefoltert. Der [namentlich genannte] Chef habe ihm dann einen Job im Innenministerium angeboten. Da hätte der Beschwerdeführer für die Behörden spionieren müssen. Das habe er nicht gewollt und den Job abgelehnt. Dann hätten sie ihn wieder geschlagen und gefoltert. Obwohl er das Papier unterschrieben habe und damit einverstanden gewesen sei, für sie zu arbeiten, hätten sie ihn gefoltert. Auf Vorhalt, er habe das Papier unterschrieben und dann die Arbeit abgelehnt, gab der Beschwerdeführer an, er habe "das" einfach unterschrieben, das sei keine Arbeitsstelle gewesen. Sie hätten verlangt, dass er die Namen der Jugendlichen nenne, die die Moschee besuchen würden. Das habe der Beschwerdeführer auch getan, aber als er nach Hause gekommen sei, habe er diese Leute angerufen und darüber informiert. Er habe sich vom Haus entfernt und habe die Leute angerufen und ihnen gesagt, wen er genannt habe. "Sie" seien damit nicht zufrieden gewesen und hätten ihm angeboten, zur Gruppe von XXXX zu gehen und sich dieser anzuschließen. Dann hätte er die Behörden über diese Gruppe informieren sollen. Dafür hätten sie ihm viel Geld geboten. Er habe gesagt, das könne er nicht machen, weil seine Mutter krank sei. Sie hätten gesagt, wenn er nur einen Namen nenne, würden sie ihn aus dem Vertrag, den er unterschrieben habe, entlassen. Die Situation sei immer schlechter geworden, da "sie" immer verlangt hätten, dass er jemanden verrate. Er habe in die Berge gehen müssen und Leute suchen. Aber wenn ihn jemand von der Gruppe sehen würde, würde er getötet werden. Er habe Angst gehabt, dass er dort jemanden treffe. Aber sein Chef habe gesagt, wenn er niemanden finde, dann sei er betroffen. Damit meine er, "sie" würden ihn umbringen. Daher sei er geflüchtet. Seine Mutter habe ihm nach der Flucht erzählt, dass die Behörden mehrmals nach ihm gefragt hätten.

Zu seinem Cousin habe er keinen Kontakt, aber er glaube, er sei in Deutschland. Von wann bis wann sein Cousin inhaftiert gewesen sei, wisse der Beschwerdeführer nicht. Auf die Frage wie oft der Beschwerdeführer nach der dreitägigen Festnahme noch angehalten oder festgehalten worden sei, gab er an, zwischen dieser Zeit sei er nicht "richtig" festgenommen worden. Aber er sei mitgenommen worden. Wie oft er mitgenommen worden sei, könne er nicht sagen. Es sei oft gewesen. Er sei so geschlagen worden, dass niemand es merke. Auf Vorhalt, wieso die Behörden ausgerechnet den Beschwerdeführer für diese Arbeit gewollt hätten, gab er an, er habe viele Kontakte zu Jugendlichen gehabt. Auf Vorhalt, er habe vor dem Bundesamt ausgesagt, er hätte Freunde und Bekannte verraten sollen, die gläubig gewesen seien, brachte der Beschwerdeführer vor, "früher" habe er das so nicht gesagt. Es sei um ihre Arbeit gegangen; "sie" hätten jemanden finden wollen, den "sie" hätten umbringen können. Auf die Frage, was mit den Leuten passiert sei, die er verraten und danach gewarnt habe, entgegnete der Beschwerdeführer, dass er die Leute angerufen habe. Die Leute, deren Namen er genannt habe, seien von den Behörden beobachtet und ihre Namen seien notiert worden. Auf die Frage, wieso er dann Angst gehabt habe, dass diese Leute umgebracht werden könnten, antwortete der Beschwerdeführer, sie würden die Leute auch plagen. Es werde angenommen, dass sie Verräter seien und etwas falsch machen. Die Behörden könnten ihnen auch etwas anhängen bzw. etwas unterstellen, was sie nicht gemacht hätten. Auf die Frage, wie oft der Beschwerdeführer während der Zeit von Mai 2011 bis Dezember 2012 Kontakt zu den "diesen Leuten" gehabt habe und wie dieser hergestellt worden sei, gab er an, er sei immer wieder "wohin" geschickt worden. Er sei von ihnen "gesteuert" worden, dass er dies und jenes machen solle. Es sei ein- oder zweimal pro Woche vorgekommen. Er habe immer eine Information hinbringen müssen. Er habe nur die verraten, die die Moschee besucht hätten. Aber "sie" hätten jemanden gewollt, der Widerstandskämpfer werde. Auf Vorhalt, ob er diese eineinhalbjährige Tätigkeit jemandem erzählt habe, gab der Beschwerdeführer an, das habe er niemandem gesagt. Er sei nicht eineinhalb, sondern ein halbes Jahr damit beschäftigt gewesen.

Nach Rückübersetzung gab der Beschwerdeführer an, dass er die Leute, die er gewarnt habe, nicht angerufen habe, sondern sei über den Garten, um nicht gesehen zu werden, zu ihnen nach Hause gegangen und habe sie informiert.

5.4. Am 13.05.2019 langte die Stellungnahme des Beschwerdeführers zu den Länderfeststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes ein. In dieser Stellungnahme wurden - ohne weiteres Vorbringen - Internet- bzw. Zeitungsberichte vom 11.03.2019 und vom 11.01.2018 zitiert. Diese Berichte weisen keinen Bezug zur Person des Beschwerdeführers auf.

Das Bundesamt erstattete daraufhin keine (weitere) Stellungnahme.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, Zugehöriger der tschetschenischen Volksgruppe und bekennt sich zum moslemischem Glauben. Er stammt aus dem Ort XXXX in der russischen Teilrepublik Tschetschenien, wo er geboren und aufgewachsen ist. Der Beschwerdeführer hat das Gebiet der Russischen Föderation verlassen, reiste unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 21.06.2013 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Die insgesamt fünf Schwestern bzw. Halbschwestern des Beschwerdeführers leben in Tschetschenien und steht der Beschwerdeführer mit seinen Schwestern zumindest sporadisch in telefonischem Kontakt. Darüber hinaus leben noch fünf Onkel und drei Tanten sowohl mütterlicher- als auch väterlicherseits im Gebiet der Russischen Föderation.

1.1.2. Nicht als Sachverhalt zugrunde gelegt werden sämtliche Angaben des Beschwerdeführers zur behaupteten Bedrohungssituation in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation. Insbesondere wird nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer einer konkreten Verfolgung bzw. Bedrohung von behördlicher Seite bzw. von "Regierungsleuten" wegen des Verdachts, er sei ein Widerstandskämpfer, ausgesetzt ist, die asylrelevante Intensität erreicht. Ebenso wenig wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer von diesen "Regierungsleuten" verschleppt, drei Tage festgehalten und misshandelt wurde, sowie dass er dazu gezwungen wurde, Jugendliche dazu zu bringen, Widerstandskämpfer zu werden und diese dann in weiterer Folge an die Behörden zu verraten. Der Beschwerdeführer hat mit seinem Vorbringen keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht.

Nicht festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in die Russische Föderation aus Gründen seiner Zugehörigkeit zur tschetschenischen Volksgruppe und/oder aus Gründen seines moslemischen Glaubens einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Ebenso wenig wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in die Russische Föderation aus sonstigen, in seiner Person gelegenen Gründen (etwa wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung) einer asyl-relevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Auch eine drohende asylrelevante Verfolgung aus anderen Gründen ist nicht hervorgekommen und zwar weder aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers noch aus amtswegiger Wahrnehmung.

1.1.3. Der Beschwerdeführer ist gesund bzw. steht aktuell nicht in medizinischer Behandlung.

Der Beschwerdeführer verfügt über eine gesicherte Existenzgrundlage in der Russischen Föderation. In Tschetschenien leben noch seine fünf (Halb)schwestern, mit den der Beschwerdeführer in Kontakt steht. Ferner leben noch fünf Onkel und drei Tanten im Gebiet der Russischen Föderation. Der Beschwerdeführer hat eine mehrjährige Schul(aus)bildung absolviert und in der Folge als Fliesenleger sowie als Bauarbeiter gearbeitet. Die wirtschaftliche Situation der Familie war gut, insbesondere ist der Onkel mütterlicherseits des Beschwerdeführers, der in XXXX lebt, ausgesprochen wohlhabend. Festgestellt wird sohin, dass der Beschwerdeführer über eine Ausbildung verfügt und arbeitsfähig ist sowie, dass er im Fall seiner Rückkehr in die Russische Föderation ein familiäres- bzw. soziales Netz vorfinden und sohin nicht in eine existenzgefährdende Lage geraten würde.

Nicht festgestellt wird, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerde-führers in die Russische Föderation eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für den Beschwerdeführer als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

1.1.4. In Österreich heiratete der Beschwerdeführer zunächst am XXXX 03.2014 die in Österreich asylberechtigte russische Staatsangehörige XXXX . Aus dieser Ehe entstammt eine am XXXX 05.2014 geborene Tochter, die ebenfalls über den Status einer Asylberechtigten verfügt. Aktuell sieht der Beschwerdeführer diese Tochter, für die er nicht obsorgeberechtigt ist und mit der er nicht im gemeinsamen Haushalt wohnt, einmal pro Woche für zwei Stunden und zahlt monatlich € 10,00 Unterhalt. Nach der Scheidung von Frau XXXX heiratete der Beschwerdeführer am XXXX 03.2017 neuerlich eine russische Staatsangehörige namens XXXX , die als anerkannter Konventionsflüchtling in Österreich lebt. Auch mit Frau XXXX hat der Beschwerdeführer eine Tochter, die am XXXX 05.2017 geboren wurde und ebenfalls in Österreich asylberechtigt ist. Der Beschwerdeführer lebt mit seiner zweiten Ehegattin und seiner zweiten Tochter im gemeinsamen Haushalt. Diese Ehegattin des Beschwerdeführers ist wieder schwanger und ist der errechnete Geburtstermin der XXXX 08.2019.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig erwerbstätig, sondern lebt seit der Antragstellung von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Es wurde zwar ein Arbeitsvorvertrag als Ordner bei einem Sicherheitsdienst vom XXXX 04.2019 vorgelegt; allerdings kann nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer in den Jahren zuvor versucht hat, seine Selbsterhaltungsfähigkeit herzustellen. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten. Er lebt seit Antragstellung am 21.06.2013 auf der Grundlage einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz in Österreich. Ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht ist nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer spricht - bis auf wenige Floskeln - nicht Deutsch. Er hat weder einen Deutschkurs absolviert noch ein Deutschzertifikat erlangt und hat auch darüber hinausgehend keine Ausbildungen bzw. Kurse gemacht. Der Beschwerdeführer betreibt Sport und verfügt in Österreich über einen Bekanntenkreis. Darüber hinaus nimmt er nicht am sozialen Leben in Österreich teil und hat auch keine besondere Bindung zu Österreich. Daher kann nicht festgestellt werden, dass eine ausgeprägte und verfestigte Integration des Beschwerdeführers in Österreich vorliegt.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor. Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG unzulässig wäre.

1.2. Zur Situation in der Russischen Föderation / in Tschetschenien wird festgestellt:

1.2.1. Politische Lage:

Die Russische Föderation hat ca. 143 Millionen Einwohner (CIA 12.7.2018, vgl. GIZ 7.2018c). Russland ist eine Präsidialdemokratie mit föderativem Staatsaufbau. Der Präsident verfügt über weit reichende exekutive Vollmachten, insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik (GIZ 7.2018a, vgl. EASO 3.2017). Er ernennt auf Vorschlag der Staatsduma den Vorsitzenden der Regierung, die stellvertretenden Vorsitzenden und die Minister und entlässt sie (GIZ 7.2018a). Wladimir Putin ist im März 2018, bei der Präsidentschaftswahl im Amt mit 76,7% bestätigt worden. Die Wahlbeteiligung lag der Nachrichtenagentur TASS zufolge bei knapp 67% und erfüllte damit nicht ganz die Erwartungen der Präsidialadministration (Standard.at 19.3.2018). Putins wohl ärgster Widersacher Alexej Nawalny durfte nicht bei der Wahl kandidieren. Er war zuvor in einem von vielen als politisch motivierten Prozess verurteilt worden und rief daraufhin zum Boykott der Abstimmung auf, um die Wahlbeteiligung zu drücken (Presse.at 19.3.2018). Oppositionelle Politiker und die Wahlbeobachtergruppe Golos hatten mehr als 2.400 Verstöße gezählt, darunter mehrfach abgegebene Stimmen und die Behinderung von Wahlbeobachtern. Wähler waren demnach auch massiv unter Druck gesetzt worden, um an der Wahl teilzunehmen. Auch die Wahlkommission wies auf mutmaßliche Manipulationen hin (Tagesschau.de 19.3.2018, FH 1.2018). Putin kann dem Ergebnis zufolge nach 18 Jahren an der Staatsspitze weitere sechs Jahre das Land führen. Gemäß der Verfassung darf er nach dem Ende seiner sechsjährigen Amtszeit nicht erneut antreten, da es eine Beschränkung auf zwei aufeinander folgende Amtszeiten gibt (Tagesschau.de 19.3.2018, vgl. OSCE/ODIHR 18.3.2018).

Die Verfassung wurde per Referendum am 12.12.1993 mit 58,4% der Stimmen angenommen. Sie garantiert die Menschen- und Bürgerrechte. Das Prinzip der Gewaltenteilung ist zwar in der Verfassung verankert, jedoch verfügt der Präsident über eine Machtfülle, die ihn weitgehend unabhängig regieren lässt. Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, trägt die Verantwortung für die Innen- und Außenpolitik und kann die Gesetzentwürfe des Parlaments blockieren. Die Regierung ist dem Präsidenten untergeordnet, der den Premierminister mit Zustimmung der Staatsduma ernennt. Das Parlament - Staatsduma und Föderationsrat - ist in seinem Einfluss stark beschränkt. Der Föderationsrat ist als "obere Parlamentskammer" das Verfassungsorgan, das die Föderationssubjekte auf föderaler Ebene vertritt. Er besteht aus 178 Abgeordneten: Jedes Föderationssubjekt entsendet je einen Vertreter aus der Exekutive und Legislative in den Föderationsrat. Die Staatsduma mit 450 Sitzen wird für vier Jahre nach dem Verhältniswahlrecht auf der Basis von Parteilisten gewählt. Es gibt eine Siebenprozentklausel. Wichtige Parteien sind die regierungsnahen Einiges Russland (Jedinaja Rossija) mit 1,9 Millionen Mitgliedern und Gerechtes Russland (Spravedlivaja Rossija) mit 400.000 Mitgliedern. Die Kommunistische Partei der Russischen Föderation (KPRF) mit 150.000 Mitgliedern, die die Nachfolgepartei der früheren KP ist. Die Liberaldemokratische Partei (LDPR) mit 185.000 Mitgliedern, die populistisch und nationalistisch ausgerichtet ist, die Wachstumspartei (Partija Rosta), die sich zum Neoliberalismus bekennt; Jabloko, eine demokratisch-liberale Partei mit 55.000 Mitgliedern, die Patrioten Russlands (Patrioty Rossii), linkszentristisch, mit 85.000 Mitgliedern, die Partei der Volksfreiheit (PARNAS) und die demokratisch-liberale Partei mit 58.000 Mitgliedern (GIZ 7.2018a). Die Zusammensetzung der Staatsduma nach Parteimitgliedschaft gliedert sich wie folgt: Einiges Russland (339 Sitze), Kommunistische Partei Russlands (42 Sitze), Liberaldemokratische Partei Russlands (40 Sitze), Gerechtes Russland (23 Sitze), Vaterland-Partei (1 Sitz), Bürgerplattform (1 Sitz) (AA 5.2018b).

Russland ist eine Föderation, die aus 85 Föderationssubjekten (einschließlich der international umstrittenen Einordnung der Republik Krim und der Stadt föderalen Ranges, Sewastopol) mit unterschiedlichem Autonomiegrad besteht. Die Föderationssubjekte (Republiken, Autonome Gebiete, Autonome Kreise, Gebiete, Regionen und Föderale Städte) verfügen über jeweils eine eigene Legislative und Exekutive (GIZ 7.2018a, vgl. AA 5.2018b). Die Gouverneure der Föderationssubjekte werden auf Vorschlag der jeweils stärksten Fraktion der regionalen Parlamente vom Staatspräsidenten ernannt. Dabei wählt der Präsident aus einer Liste dreier vorgeschlagener Kandidaten den Gouverneur aus (GIZ 7.2018a).

Es wurden acht Föderationskreise (Nordwestrussland, Zentralrussland, Südrussland, Nordkaukasus, Wolga, Ural, Sibirien, Ferner Osten) geschaffen, denen jeweils ein Bevollmächtigter des Präsidenten vorsteht. Der Staatsrat der Gouverneure tagt unter Leitung des Präsidenten und gibt der Exekutive Empfehlungen zu aktuellen politischen Fragen und zu Gesetzesprojekten. Nach der Eingliederung der Republik Krim und der Stadt Sewastopol in die Russische Föderation wurde am 21.3.2014 der neunte Föderationskreis Krim gegründet. Die konsequente Rezentralisierung der Staatsverwaltung führt seit 2000 zu politischer und wirtschaftlicher Abhängigkeit der Regionen vom Zentrum. Diese Tendenzen wurden bei der Abschaffung der Direktwahl der Gouverneure in den Regionen und der erneuten Unterordnung der regionalen und kommunalen Machtorgane unter das föderale Zentrum ("exekutive Machtvertikale") deutlich (GIZ 7.2018a).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (5.2018b): Russische Föderation - Außen- und Europapolitik,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/russischefoederation node/russischefoederation/201534, Zugriff 1.8.2018;

* CIA - Central Intelligence Agency (12.7.2018): The World Factbook, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/rs.html, Zugriff 1.8.2018;

* EASO - European Asylum Support Office (3.2017): COI-Report Russian Federation - State Actors of Protection, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1489999668_ easocoi-russia-stateactors-of-protection.pdf, Zugriff 1.8.2018;

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2017 - Russia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1428824.html, Zugriff 1.8.2018;

* GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (7.2018a): Russland, Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/russland/geschichte-staat/#c17836, Zugriff 1.8.2018;

* GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (7.2018c): Russland, Gesellschaft, https://www.liportal.de/russland/gesellschaft/, Zugriff 1.8.2018;

* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights (18.3.2018): Russian Federation Presidential Election Observation Mission Final Report,

https://www.osce.org/odihr/elections/383577?download=true, Zugriff 29.8.2018;

* Presse.at (19.3.2018): Putin: "Das russische Volk schließt sich um Machtzentrum zusammen",

https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5391213/Putin_Das-russische-Volkschliesst-sich-um-Machtzentrum-zusammen, Zugriff 1.8.2018;

* Standard.at (19.3.2018): Putin sichert sich vierte Amtszeit als Russlands Präsident,

https://derstandard.at/2000076383332/Putin-sichert-sich-vierte-Amtszeit-als-Praesident, Zugriff 1.8.2018 und

* Tagesschau.de (19.3.2018): Klarer Sieg für Putin, https://www.tagesschau.de/ausland /russland-wahl-putin-101.html, Zugriff 1.8.2018

Tschetschenien:

Die Tschetschenische Republik ist eine der 22 Republiken der Russischen Föderation. Die Fläche beträgt 15.647 km2 (Rüdisser 11.2012) und laut offizieller Bevölkerungsstatistik der Russischen Föderation zum 1.1.2018 beläuft sich die Einwohnerzahl Tschetscheniens auf 1,4 Millionen (GKS 25.1.2018), wobei die offiziellen Angaben von unabhängigen Medien infrage gestellt werden. Laut Aussagen des Republiksoberhauptes Ramzan Kadyrow sollen rund 600.000 TschetschenInnen außerhalb der Region leben, die eine Hälfte davon in der Russischen Föderation, die andere Hälfte im Ausland. Experten zufolge hat die Hälfte Tschetschenien während der Kriege nach dem Zerfall der Sowjetunion verlassen, bei der anderen Hälfte handle es sich um Siedlungsgebiete außerhalb Tschetscheniens, die bereits vor über einem Jahrhundert entstanden seien, teilweise durch Migration aus dem Russischen in das Osmanische Reich, und zwar über Anatolien bis in den arabischen Raum (ÖB Moskau 12.2017). In Bezug auf Fläche und Einwohnerzahl ist Tschetschenien somit mit der Steiermark vergleichbar. Etwa die Hälfte des tschetschenischen

Territoriums besteht aus Ebenen im Norden und Zentrum der Republik.

Heutzutage ist die Republik eine nahezu monoethnische: 95,3% der Bewohner/innen Tschetscheniens gaben [bei der letzten Volkszählung] 2010 an, ethnische Tschetschenen/innen zu sein. Der Anteil ethnischer Russen/innen an der Gesamtbevölkerung liegt bei 1,9%. Rund 1% sind ethnische Kumyk/innen, des Weiteren leben einige Awar/innen, Nogaier/innen, Tabasar/innen, Türk/innen, Inguschet/innen und Tatar/innen in der Republik (Rüdisser 11.2012).

In Tschetschenien gilt Ramzan Kadyrow als Garant Moskaus für Stabilität. Mit Duldung der russischen Staatsführung hat er in der Republik ein autoritäres Herrschaftssystem geschaffen, das vollkommen auf seine eigene Person ausgerichtet ist und weitgehend außerhalb des föderalen Rechtsrahmens funktioniert (ÖB Moskau 12.2017, vgl. AA 21.5.2018). So musste im Mai 2016 der Vorsitzende des Obersten Gerichts Tschetscheniens nach Kritik von Kadyrow zurücktreten, obwohl die Ernennung/Entlassung der Richter grundsätzlich in föderale Kompetenz fällt. Fraglich bleibt auch die föderale Kontrolle über die tschetschenischen Sicherheitskräfte, deren faktische Loyalität vorrangig dem Oberhaupt der Republik gilt. Im Juni 2016 beschloss das tschetschenische Parlament die vorzeitige Selbstauflösung, um vorgezogene Neuwahlen parallel zu den Wahlen zum Oberhaupt der Republik durchzuführen. Bei den Wahlen vom 18.9.2016 lag die Wahlbeteiligung in Tschetschenien weit über dem landesweiten Durchschnitt. Kadyrow wurde laut offiziellen Angaben bei hoher Wahlbeteiligung mit überwältigender Mehrheit für eine weitere Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Unabhängige Medien berichteten über Unregelmäßigen bei den Wahlen, in deren Vorfeld Human Rights Watch über massive Druckausübung auf Kritiker des derzeitigen Machthabers berichtet hatte. Das tschetschenische Oberhaupt bekundet immer wieder seine absolute Loyalität gegenüber dem Kreml (ÖB Moskau 12.2017). Vertreter russischer und internationaler NGOs berichten immer wieder von Gewalt und Menschenrechtsverletzungen, einem Klima der Angst und Einschüchterung (AA 21.5.2018). Gegen vermeintliche Extremisten und deren Angehörige, aber auch gegen politische Gegner, wird rigoros vorgegangen. Anfang 2016 sorgte Kadyrow landesweit für Aufregung, als er die liberale Opposition in Moskau als Staatsfeinde bezeichnete, die danach trachteten, Russland zu zerstören. Nachdem er dafür von Menschenrechtsaktivisten sowie von Vertretern des präsidentiellen Menschenrechtsrats scharf kritisiert worden war, wurde in Grozny eine Massendemonstration zur Unterstützung Kadyrows organisiert (ÖB Moskau 12.2017).

Während der mittlerweile über zehn Jahre dauernden Herrschaft des amtierenden Republikführers Ramzan Kadyrow gestaltete sich Tschetscheniens Verhältnis

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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