TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/17 G306 2211353-1

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Veröffentlicht am 17.07.2019
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Entscheidungsdatum

17.07.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z7

Spruch

G306 2211353-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX,

StA.: Albanien, vertreten durch XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.11.2018, Zl. XXXX, zu

Recht:

A)

Der Beschwerde zu Spruchpunkt III. des bekämpften Bescheides wird stattgegeben und das befristete Einreiseverbot ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) wurde gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG festgenommen und im Anschluss in das Polizeianhaltezentrum XXXX eingeliefert.

Am 20.11.2018 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) Regionaldirektion Niederösterreich, niederschriftlich einvernommen. Dabei gab der BF zusammengefasst im Wesentlichen an, in Österreich eingereist zu sein und hier zwei Tage gearbeitet zu haben, um die Spitalskosten bezahlen zu können.

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA, Regionaldirektion Niederösterreich, dem BF durch persönliche Übernahme am 20.11.2018 rechtmäßig zugestellt, wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gegen den BF gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen, gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß 46 FPG nach Albanien und zulässig ist (Spruchpunkt I. und II.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 7 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von 2 Jahr befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.) sowie gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.). Der BF wurde in Schubhaft genommen.

Der BF reiste am 24.11.2018, über den Luftweg, vom österreichischen Bundesgebiet in Richtung Albanien aus.

Mit dem am 07.12.2018 beim BFA, RD Niederösterreich, eingelangten undatierten Schriftsatz, erhob der BF, mit Unterstützung des Vereins Menschenrechte Österreich, die Beschwerde - expliziert nur gegen den Spruchpunkt III. (Einreiseverbot) - zitierten Bescheid des BFA. Darin wurde in eventu beantrag, das Bundesverwaltungsgericht möge das erlassene Einreiseverbot beheben bzw. angemessen reduzieren, den Bescheid beheben und zur neuerlichen Verhandlung an das BFA zurückverweisen.

Hinsichtlich des Verfahrensganges und des Parteivorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habenden Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 18.12.2018 vom BFA vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen (Sachverhalt):

Die gegenständliche Beschwerde bezieht sich ausdrücklich nur gegen den Spruchpunkt III. (Einreiseverbot) des angefochtenen Bescheides.

Der BF ist Staatsangehöriger der Republik Albanien und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Die BF ist im Besitz eines am 09.11.2012 ausgestellten und bis 08.11.2022 gültigen Reisepasses von Albanien.

Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Der (private und berufliche) Lebensmittelpunkt des BF befand sich bislang in Albanien wo sich auch seine gesamte Kernfamilie aufhält.

Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung des BF nach Albanien gemäß § 46 FPG unzulässig wäre.

Der BF hat das österreichische Bundesgebiet am 24.11.2018 in Richtung Albanien verlassen (Ausreisebestätigung vom 24.11.2018 befindet sich im Akt S 91).

Der BF war - bis zur Anhaltung im PAZ XXXX noch nie im Bundesgebiet gemeldet.

Beweiswürdigung:

Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Person und zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Der BF hat im Verfahren vor der belangten Behörde zum Beleg seiner Identität seinen Reisepass im Original vorgelegt an dessen Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel aufgekommen sind.

Die Feststellungen betreffend die persönlichen Verhältnisse und die Lebensumstände des BF in Albanien sowie zur fehlenden Integration des BF in Österreich beruhen auf dem Umstand, dass der BF über keinerlei familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich verfügt, sein bisheriger persönlicher, familiärer und beruflicher Lebensmittelpunkt in albanien gelegen ist und von dem BF weder vor der belangten Behörde noch in der Beschwerde konkrete Angaben dahingehend getätigt wurden, die die Annahme einer hinreichenden Integration in Österreich in sprachlicher, gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht rechtfertigen würden. Der BF verfügt in Österreich über kein geregeltes Einkommen und über keinen ordentlichen Wohnsitz.

Die Feststellung betreffend die strafrechtliche Unbescholtenheit in Österreich entspricht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes (Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich).

Der Feststellung betreffend die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Albanien beruht darauf, dass der BF weder vor der belangten Behörde noch in der Beschwerde konkrete Angaben dahingehend getätigt hat, denen zufolge eine rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung anzunehmen gewesen wäre. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung gemäß § 46 aus von der BF zu vertretenden Gründen nicht möglich wäre (§ 52 Abs. 9 FPG).

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:

"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(1a) (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht."

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens war der Beschwerde gegen das erlassene Einreiseverbot stattzugeben. Dies aus folgenden Erwägungen:

Eingangs ist zu erwähnen, dass die belangte Behörde die für die Begründung des Bescheides erforderliche Sorgfalt vermissen lässt und diese damit nicht den Erfordernissen einer umfassenden und in sich schlüssigen Begründung einer abweisenden behördlichen Entscheidung entspricht (vgl. § 60 iVm. § 58 Abs. 2 AVG).

Zunächst ist festzuhalten, dass sich die belangte Behörde bei der Begründung des angeordneten Einreiseverbots fast ausschließlich auf rechtliche Ausführungen allgemeiner Natur und auf modulhaft gehaltene Formulierungen beschränkt hat.

Der belangten Behörde ist vorzuwerfen, dass sie in der Begründung des angefochtenen Bescheides überhaupt nicht dargelegt hat, inwiefern auf Grund der konkreten Umstände des Einzelfalles eine (besondere) "Schwere des Fehlverhaltens" des BF anzunehmen gewesen wäre. Auch jene Umstände, die einer Beurteilung des "Gesamtverhaltens" der BF zugrunde gelegen wären, wurden nicht dargelegt. Insgesamt reduzierte die belangte Behörde ihre Begründung für das Einreiseverbot einzig auf die Feststellung, dass der BF nach § 53 Abs. 2 Z 7 FPG - bei einer Beschäftigung betreten worden sei, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen - sowie, dass dieser die erlaubte Aufenthaltsdauer um 71 Tage überschritten habe, ohne jedoch einzelfallbezogen darzulegen, wie sie zu dieser Schlussfolgerung gelangte.

Insoweit die belangte Behörde ausführte, dass der BF eine "Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit" darstellen würde, ist einzuwenden, dass Umstände, die für die konkrete Annahme der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch den BF sprechen würden, überhaupt nicht ersichtlich sind. So ist zu berücksichtigen, dass der BF in Österreich bislang unbescholten ist. Er noch nie bei einer Schwarzarbeit angetroffen bzw. sonst im Bundesgebiet aktenkundig geworden in Erscheinung getreten ist.

Die Begründung des angefochtenen Bescheides lässt des Weiteren jegliche Kriterien vermissen, die im vorliegenden Fall für die Bemessung der Dauer des Einreiseverbots herangezogen wurden und die letztlich für die Festlegung des Einreiseverbots im Ausmaß von 2 Jahren ausschlaggebend waren. Das erkennende Gericht vermisst auch die von der belangten Behörde zu treffende Gefährdungsprognose die das Gesamtverhalten des BF in Betracht zu ziehen hat. Es ist im bekämpften Bescheid nicht ersichtlich auf Grund welcher konkreten Feststellungen von der belangten Behörde eine Beurteilung vorgenommen wurde. Es genügt nicht, das bloße anführen des Tatsachensachverhalts. Die Beurteilung muss sich auf das zugrundeliegende Fehlverhalten, die Schwere und vor allem die Art der Handlung und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abgestellt werden. Diese Verpflichtung trifft umso mehr zu, weil sich der BF mit der ihm zu Last gelegten Fehlverhalten selbst gar nicht strafbar gemacht hat (§ 28 AuslBG).

Zur illegalen Erwerbstätigkeit:

Der bloße Vorwurf, ein Drittstaatsangehöriger sei einer Beschäftigung nachgegangen, obwohl ihm der dafür erforderliche Aufenthaltstitel bzw. die erforderliche Beschäftigungsbewilligung nicht erteilt worden sei, § 53 Abs. 2 Z 7 FPG reicht nicht aus. Der Tatbestand setzt zumindest voraus, dass der Drittstaatsangehörige - wenn auch im Gegensatz zur Rechtslage vor dem FrÄG 2011 nicht mehr unbedingt durch bestimmte Organe der Abgabenbehörde, des Arbeitsmarktservice oder des öffentlichen Sicherheitsdienstes - bei einer Beschäftigung "betreten" wird, die er nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) nicht hätte ausüben dürfen (vgl. VwGH 18.3.2014, 2013/22/0332, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung zur Vorgängerbestimmung des § 60 Abs. 2 Z 8 iVm Abs. 5 FPG idF vor dem FrÄG 2011).

Im vorliegenden Fall geht es nicht hervor, dass es zu einer Betretung des BF im Sinn dieser Bestimmung kam, da die einzige Grundlage auf die sich die belangte Behörde für die illegale Erwerbstätigkeit stützt, die ist, dass der BF bei seiner niederschriftlichen Befragung angab, im Bundesgebiet zwei Tage gearbeitet zu haben.

Diese Feststellung - im Zuge einer Einvernahme die illegale Erwerbstätigkeit eingestanden - steht der Erfüllung des Tatbestandes dann nicht entgegen, wenn die dazu berufenen Organe, im Nachhinein die Finanzpolizei um Prüfung ersucht, ob - etwa in Hinblick auf die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung - eine nach dem AuslBG zulässige Tätigkeit vorliegt oder nicht. Eine vorsätzliche Vorgehensweise ist nämlich keine Voraussetzung der Erfüllung des Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 Z 7 FPG. Auf die subjektive Sicht des Drittstaatsangehörigen kommt es nicht an. Von einem eine Beschäftigung in Österreich aufnehmenden Drittstaatsangehörigen muss verlangt werden, sich mit den dafür einschlägigen Rechtsnormen vertraut zu machen.

Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Bestimmungen und der Verhinderung von "Schwarzarbeit" ist zwar eine erhebliche Bedeutung zuzugestehen. Im Hinblick auf die Umstände des vorliegenden Falles ist der Tatbestand - betreffend der illegalen Erwerbstätigkeit - nicht erfüllt, da der BF bei dieser nicht "betreten" wurde und die nach dem AuslBG nicht zulässigen Beschäftigung auch aufgrund einer Nachschau durch die dafür berufenen Behörden - im Nachhinein - nicht überprüft wurde.

Was die Feststellung der belangten Behörde bezüglich des Überschreitens der höchstzulässigen Aufenthaltsdauer anbelangt ist auszuführen, dass das erkennende Gericht hier, die von der belangten Behörde zu treffende Gefährdungsprognose die das Gesamtverhalten des BF in Betracht zu ziehen hat, vermisst. Es ist im bekämpften Bescheid nicht ersichtlich auf Grund welcher konkreten Feststellungen von der belangten Behörde eine Beurteilung vorgenommen wurde. Es genügt nicht, das bloße anführen des Tatsachensachverhalts (BF hat die erlaubte Aufenthaltsdauer um 71 Tage überschritten). Die Beurteilung muss sich auf das zugrundeliegende Fehlverhalten, die Schwere und vor allem die Art der Handlung und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abgestellt werden.

Da sich das Einreiseverbot als unrechtmäßig erweist, war Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 iVm. § 27 VwGVG ersatzlos aufzuheben.

Entfall einer mündlichen Verhandlung

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision

Die im Zusammenhang mit der Erlassung eines Einreiseverbots anzustellende Gefährdungsprognose und die dabei vorzunehmende Interessensabwägung können jeweils nur im Einzelfall erstellt bzw. vorgenommen werden. Die Revision war nicht zuzulassen, weil sich das erkennende Gericht dabei an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen war.

Schlagworte

Bescheid, Einreiseverbot, Rechtswidrigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G306.2211353.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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