TE Vwgh Erkenntnis 1998/10/27 98/05/0094

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Veröffentlicht am 27.10.1998
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §38;
AVG §64a Abs2;
AVG §68 Abs1;
AVG §8;
BauO OÖ 1976 §2;
BauO OÖ 1976 §3;
BauO OÖ 1976 §4;
BauO OÖ 1976 §5;
BauO OÖ 1976 §6;
BauO OÖ 1994 §3;
BauO OÖ 1994 §4;
BauO OÖ 1994 §5;
BauO OÖ 1994 §54 Abs1 litb;
BauO OÖ 1994 §55 Abs2;
BauO OÖ 1994;
BauRallg;
B-VG Art118 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Maria Wörndl in Mondsee, vertreten durch Dr. Hellmut Prankl, Rechtsanwalt in Salzburg, Erzabt-Klotz-Straße 12, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 10. Juni 1997, Zl. BauR-011985/2-1997 UM/Lg, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Dr. Ferdinand Eberl in Salzburg, Hellbrunner Straße 7 A, 2. Gertraud Hanke in Salzburg, Lederwaschgasse 16, 3. Dr. Reinfried Eberl in Salzburg, Pfeifergasse 6), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten und von diesem abgetretenen Beschwerde, der vom Verwaltungsgerichtshof aufgetragenen Beschwerdeergänzung und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Mit Schreiben vom 14. Dezember 1994 beantragten die Mitbeteiligten bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck die Erteilung der Bewilligung zur Schaffung eines (gemeinsamen) Bauplatzes, bestehend aus dem Grundstück Nr. 295/60, KG Mondsee (in der Marktgemeinde Mondsee gelegen), sowie dem Grundstück Nr. 1257/9, KG Hof (in der Gemeinde Tiefgraben gelegen).

Mit Schreiben vom 5. September 1995 beantragten der Erst- und die Zweitmitbeteiligte bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung einer Wohnanlage, einer Bootshütte sowie eines PKW-Unterstandes auf den Grundstücken Nr. 295/60 und 295/374, je KG Mondsee, sowie Nr. 1257/9, KG Hof.

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des unmittelbar an das Grundstück Nr. 1257/9, KG Hof, angrenzenden Grundstückes Nr. 1257/2 samt Baufläche .229, je KG Hof.

Mit Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Mondsee vom 9. Oktober 1996 wurde gemäß § 45 O.ö. BauO 1994 für den Bereich des Grundstückes Nr. 295/60, KG Mondsee, eine Bausperre verhängt.

Mit Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Tiefgraben vom 17. Dezember 1996 wurde gemäß § 45 O.ö. BauO 1994 für das Grundstück Nr. 1257/9, KG Hof, eine Bausperre verhängt.

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck erließ am 7. Februar 1997 nachstehenden Bescheid:

" Das Bauplatzbewilligungsverfahren sowie das Bauverfahren wird bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage - Verhängung einer Bausperre zur Erlassung eines Bebauungsplanes in den Gemeinde(n) Tiefgraben und Mondsee, Aufhebung der Bausperre oder Ausnahme von der Bausperre gemäß § 45 Abs. 2 O.ö. Bauordnung 1994 - ausgesetzt."

Der Erst- und die Zweitmitbeteiligte erhoben gegen diesen Bescheid Berufung.

Mit Berufungsvorentscheidung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 14. März 1997 wurde der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7. Februar 1997 ersatzlos behoben.

Mit Schreiben vom 1. April 1997 stellte die Beschwerdeführerin den Antrag, die Berufung des Erst- und der Zweitmitbeteiligten gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7. Februar 1997 dem "Amt der oberösterreichischen Landesregierung zur Entscheidung vorzulegen". Durch den Aussetzungsbescheid habe die Beschwerdeführerin Rechte erworben, vor allem das Recht, daß nicht verhandelt werde, bis eine Entscheidung der Gemeinde Tiefgraben und Marktgemeinde Mondsee vorliege. Die Beauftragung einer Bezirksverwaltungsbehörde, wie sie die §§ 44 (gemeint: § 54) und 55 der O.ö. BauO 1994 vorsähen, widerspräche dem Art. 118 B-VG.

Unter Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wurde festgestellt, daß die Berufungsvorentscheidung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 14. März 1997 aufgrund des Vorlageantrages der Beschwerdeführerin lediglich insoweit außer Kraft getreten sei, als sie sich auf die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7. Februar 1997 verfügte Aussetzung des Verfahrens betreffend das Ansuchen des Erst- und der Zweitmitbeteiligten um Erteilung der Baubewilligung beziehe. In Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde der Vorlageantrag der Beschwerdeführerin, insoweit er die Erteilung der Bauplatzbewilligung betraf, als unzulässig zurückgewiesen. Der Berufung des Erst- und der Zweitmitbeteiligten gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7. Februar 1997 wurde unter Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides insoweit Folge gegeben, als mit diesem Rechtsmittel die im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7. Februar 1997 verfügte Aussetzung des Verfahrens betreffend das Ansuchen des Erst- und der Zweitmitbeteiligten um Erteilung der Baubewilligung bekämpft wurde, und der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7. Februar 1997 wurde hinsichtlich dieses Spruchteiles ersatzlos behoben.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, nach der Aktenlage sei unklar, ob das Verfahren betreffend das Ansuchen um Erteilung der Bauplatzbewilligung bereits vor dem 1. Jänner 1995, mit dem die O.ö. BauO 1994 in Kraft getreten sei, anhängig gewesen sei; der diesbezügliche Antrag sei mit 14. Dezember 1994 datiert, weise aber keinen Eingangsvermerk der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck auf. Hinsichtlich der Frage der Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck im gegenständlichen Verwaltungsverfahren habe dahingestellt bleiben können, ob die O.ö. BauO 1976 oder die O.ö. BauO 1994 anzuwenden sei, weil die diesbezüglich maßgeblichen Rechtsvorschriften des § 65 O.ö. BauO 1976 und des § 54 O.ö. BauO 1994 im wesentlichen gleichlautende Regelungen enthielten. Da sich sowohl eine allfällige Erteilung der Bauplatzbewilligung als auch eine allfällige Erteilung der Baubewilligung im gegenständlichen Fall auf das Gebiet zweier Gemeinden erstrecken würde, falle diese Angelegenheit nicht in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde. Der Vorlageantrag der Beschwerdeführerin sei seinem Wortlaut nach nicht auf die Aussetzung des Baubewilligungsverfahrens eingeschränkt. Soweit aber die Beschwerdeführerin die in der Berufungsvorentscheidung verfügte Aufhebung der Aussetzung des Bauplatzbewilligungsverfahrens bekämpfe, komme ihr in diesem Verfahren weder nach der O.ö. BauO 1976 noch nach der O.ö. BauO 1994 Parteistellung zu. Anträge von Personen, denen in jenem Verfahren, in dessen Verlauf die Berufungsvorentscheidung erlassen worden sei, keine Parteistellung zukomme, bewirkten weder das Außerkrafttreten der Berufungsvorentscheidung noch könnten sie die Entscheidungspflicht der Berufungsbehörde über den zugrundeliegenden Berufungsantrag begründen. Sie seien vielmehr als unzulässig zurückzuweisen. Die Frage des Vorliegens oder Nichtvorliegens einer (rechtswirksamen) Bausperre sei von der Baubehörde selbst (im Rahmen des Bauverfahrens) zu beurteilen. Ein allfälliges künftiges Außerkrafttreten der Bausperre (etwa durch Rechtswirksamwerden eines Bebauungsplanes bzw. einer Bebauungsplanänderung) könne bei der Entscheidung über ein Baubewilligungsansuchen nicht berücksichtigt werden und bilde auch keine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG. Bei der allfälligen Zustimmung des Gemeinderates im Sinne des § 45 Abs. 2 O.ö. BauO 1994 handle es sich gleichfalls nicht um die rechtskräftige Entscheidung einer Vorfrage im Sinne des § 38 AVG; die Zustimmung sei vielmehr Tatbestandsvoraussetzung für die Möglichkeit einer ungeachtet des Bestehens einer rechtswirksamen Bausperre erteilten Bewilligung im Sinne des § 45 Abs. 2 O.ö. BauO 1994.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, ursprünglich an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluß vom 24. Februar 1998, B 1892/97, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Behandlung ab.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich in der (ergänzten) Beschwerde in ihrem Recht auf Entscheidung einer Sache durch die unzuständige (gemeint offenbar: zuständige) Behörde sowie in ihrem Recht auf Nichtdurchführung eines Bauplatzbewilligungsverfahrens bzw. eines Bauverfahrens (Recht auf Aussetzung eines Verfahrens) verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 60 Abs. 1 der O.ö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66 (im folgenden: BO 1994), trat dieses Landesgesetz mit 1. Jänner 1995 in Kraft. Gemäß § 58 Abs. 1 BO 1994 waren im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Landesgesetzes anhängige individuelle Verwaltungsverfahren nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften weiterzuführen.

Aus den §§ 2 bis 6 BO 1976 ergibt sich für den Zeitraum vor und nach dem Inkrafttreten der Novelle LGBl. Nr. 33/1988, daß dem Nachbarn im Bauplatzbewilligungsverfahren keine Parteistellung eingeräumt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. April 1988, Zl. 88/05/0046, BauSlg. Nr. 1087, betreffend die Rechtslage vor der Novelle LGBl. Nr. 33/1988, mit einem weiteren Nachweis). Dies ist auch für den Anwendungsbereich der BO 1994 maßgeblich (siehe die §§ 3 bis 5 dieses Gesetzes); in diesem Sinne gehen Neuhofer-Sapp (O.ö. Baurecht4, 53, Erl. 4 zu § 5 BO 1994) von der Anwendbarkeit dieser Rechtsprechung auch auf die BO 1994 aus. Die Beschwerdeführerin hat als Nachbarin somit keinesfalls Parteistellung im Bauplatzbewilligungsverfahren.

§ 64a AVG (dessen Abs. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 471/1995) lautet:

"§ 64a. (1) Die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, kann, wenn nur eine der Parteien Berufung erhoben hat oder wenn keine einander widersprechenden Berufungsanträge vorliegen, die Berufung nach Durchführung allfälliger weiterer Ermittlungen binnen zweier Monate nach Einlangen der zulässigen Berufung bei der Stelle, bei der sie einzubringen war, durch Berufungsvorentscheidung erledigen und den von ihr erlassenen Bescheid nach jeder Richtung abändern, ergänzen oder aufheben.

(2) Die Berufungsvorentscheidung ist jeder Partei zuzustellen. Jede Partei kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Berufungsvorentscheidung den Antrag stellen, daß die Berufung der Berufungsbehörde zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). In der Berufungsvorentscheidung ist auf die Möglichkeit eines solchen Vorlageantrages hinzuweisen. Mit dem Einlangen eines rechtzeitig eingebrachten Vorlageantrages tritt die Berufungsvorentscheidung außer Kraft. Die Parteien sind über das Außerkrafttreten der Berufungsvorentscheidung zu verständigen."

Die Berufungsvorentscheidung tritt nur infolge eines zulässigen Vorlageantrages außer Kraft; ein unzulässiger Antrag hat keine Rechtswirkungen (Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts6, 218, Rz 534/6). Da die Beschwerdeführerin keine Partei des Bauplatzbewilligungsverfahrens ist, war ihr Vorlageantrag, soweit er dieses Verfahren betraf, unzulässig; in diesem Rahmen trat daher die Berufungsvorentscheidung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 14. März 1997 nicht außer Kraft.

Im Baubewilligungsverfahren kommt nach der anzuwendenden BO 1994 dem Nachbarn Parteistellung zu.

§ 64a Abs. 2 zweiter Satz AVG bestimmt, daß "jede Partei" - also nicht nur der Berufungswerber - den Antrag auf Vorlage der Berufung an die Berufungsbehörde stellen kann, wodurch die Berufungsvorentscheidung außer Kraft tritt. Somit soll die Berufungsvorentscheidung eine neue Sachentscheidung darstellen und damit den angefochtenen erstinstanzlichen Bescheid zur Gänze verdrängen, und zwar mit Wirkung für alle Parteien des erstinstanzlichen Verfahrens. Das Gesetz differenziert dabei nicht danach, wer Berufung erhebt und welche materiellen Berechtigungen dem Berufungswerber zustehen (vgl. Thienel, Zweifelsfragen der Berufungsvorentscheidung im Mehrparteienverfahren, ÖGZ 1991/2, 10, mit einem weiteren Nachweis).

Der Vorlageantrag der Beschwerdeführerin, einer Nachbarin, bewirkte daher - obwohl sie gar nicht Berufung erhoben hat - das Außerkrafttreten der Berufungsvorentscheidung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 14. März 1997, soweit diese die Aufhebung der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7. Februar 1997 verfügten Aussetzung des "Bauverfahrens" betrifft.

Im Hinblick auf das Fehlen der Parteistellung der Beschwerdeführerin im Bauplatzbewilligungsverfahren beziehen sich die folgenden Ausführungen ausschließlich auf das Baubewilligungsverfahren.

§ 54 Z. 1 lit. b BO 1994 lautet:

§ 54

Eigener Wirkungsbereich der Gemeinde

Folgende Aufgaben nach diesem Landesgesetz sind von der Gemeinde

im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen:

1. die der Baubehörde übertragenen Aufgaben, ausgenommen

...

b) Akte der Vollziehung, die sich auf das Gebiet zweier oder mehrerer

Gemeinden erstrecken,

..."

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes verbietet Art. 118 Abs. 2 B-VG, daß Gemeinden im Rahmen des eigenen Wirkungsbereiches Hoheitsakte bei Vorhaben setzen, die sich (örtlich) auch auf das Gebiet einer anderen Gemeinde erstrecken. U.a. sind Verfahren betreffend Bauvorhaben, die sich auf das Gebiet zweier oder mehrerer Gemeinden erstrecken, vom eigenen Wirkungsbereich ausgenommen (Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 18. März 1987, Slg. Nr. 11.307, m.w.N.). Die Durchführung des Baubewilligungsverfahrens betreffend ein Bauvorhaben, das auf mehreren Grundstücken realisiert werden soll, ist daher gemäß § 54 Z. 1 lit. b i.V.m. § 55 Abs. 2 BO 1994 von der Bezirksverwaltungsbehörde zu besorgen. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck war zur Erlassung des Bescheides vom 7. Februar 1997 und der Berufungsvorentscheidung vom 14. März 1997 zuständig.

§ 38 AVG lautet:

"§ 38. Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, ist die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Behörde bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird."

§ 38 AVG räumt der Partei keinen Anspruch auf Aussetzung des Verfahrens ein. Ein solches Recht kann nur aus der jeweils in Betracht kommenden Verwaltungsvorschrift abgeleitet werden (Walter-Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 521, E 104 zu § 38 AVG). Die BO 1994 enthält keine Bestimmung, wonach dem Nachbarn ein Anspruch auf Aussetzung des Verfahrens zukommt. Die Beschwerdeführerin kann sich daher nicht auf ein Recht auf Aussetzung des Verfahrens stützen.

Selbst aus einem rechtskräftigen Aussetzungsbescheid nach § 38 AVG erwächst der Partei kein subjektives Recht auf Nichtbeendigung des ausgesetzten Verfahrens (hg. Erkenntnis vom 1. Oktober 1996, Zl. 96/11/0120, mit einem weiteren Nachweis). Umso mehr muß dies für den Fall gelten, daß der Aussetzungsbescheid noch nicht rechtskräftig geworden ist. Aus dem nicht in Rechtskraft erwachsenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7. Februar 1997 kann die Beschwerdeführerin keinesfalls ein subjektives Recht auf Nichtbeendigung des ausgesetzten Baubewilligungsverfahrens ableiten.

Der Nachbar ist nicht zur Wahrung fremder Rechte legitimiert (vgl. Hauer, Der Nachbar im Baurecht5, 219, m.w.N., betreffend das Fehlen der Legitimation eines Nachbarn zur Wahrung von Rechten eines anderen Nachbarn). Die Beschwerdeführerin kann somit nicht mit Erfolg geltend machen, daß der Erst- und die Zweitmitbeteiligte die Aussetzung angestrebt haben. Abgesehen davon haben der Erst- und die Zweitmitbeteiligte - wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausführt - mit Schreiben vom 10. Jänner 1997 "um vorläufige Verfahrensaussetzung" ersucht; dieses Ersuchen war aber gerade nicht auf die Aussetzung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage im Sinne des § 38 AVG gerichtet.

Somit ließ schon der Inhalt der (ergänzten) Beschwerde erkennen, daß die von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen. Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 27. Oktober 1998

Schlagworte

Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Parteien BauRallg11/1Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998050094.X00

Im RIS seit

29.01.2002

Zuletzt aktualisiert am

09.09.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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