TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/18 W111 2221161-1

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Veröffentlicht am 18.07.2019
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Entscheidungsdatum

18.07.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W111 2221161-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. DAJANI, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.06.2019, Zl.:

732234004-190288561, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I und II gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 68 Abs. 1 AVG, jeweils idgF, als unbegründet abgewiesen.

II. In Erledigung der Beschwerde gegen die Spruchpunkte III und IV werden diese ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge auch als BF bezeichnet), ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, reiste im Jahr 2003 unrechtmäßig nach Österreich ein und stellte am 25.07.2003 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 17.12.2009 wurde ihm gemäß § 7 Asylgesetz 1997 Asyl gewährt und festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

2. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 15.07.2011 wurde der BF wegen des Verbrechens des versuchten schweren gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstahls nach den §§ 15, 127, 128 Abs. 2, 129 Z. 1 und 130 letzter Fall Strafgesetzbuch - StGB sowie wegen des Vergehens des unbefugten Führens einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe nach § 50 Abs. 1 Z. 1 Waffengesetz 1996 zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, wovon ein Teil von 13 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt. Auf Grund dieser Verurteilung wurde der BF bis 30.09.2011 in Strafhaft angehalten.

3. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 04.12.2013 wurde der BF wegen des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 erster, zweiter und dritter Fall und Abs. 3 Suchtmittelgesetz - SMG sowie wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach den §§ 12 dritter Fall StGB und 28a Abs. 1 fünfter Fall und Abs. 2 Z. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten, wovon ein Teil von 14 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt.

Die dieser Verurteilung zu Grunde liegenden strafbaren Handlungen hat der BF von Anfang 2012 bis Anfang April 2013 begangen.

Auf Grund dieser Verurteilung wurde der BF bis 06.06.2014 in Strafhaft angehalten.

4. Am 19.08.2014 stellte der BF beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) einen Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses. Auf Betreiben des Bundesamtes wurde (aufgrund der Unzustellbarkeit eines Schriftstückes trotz Obdachlosenmeldung) mit Beschluss eines Bezirksgerichtes vom 24.04.2015 ein Abwesenheitskurator für den BF bestellt.

5. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 06.11.2015 wurde dem BF der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z. 2 Asylgesetz 2005 - AsylG aberkannt und festgestellt, dass dem BF die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Der Status eines subsidiär Schutzberechtigten wurde dem BF nicht zuerkannt und ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gleichzeitig wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung getroffen und festgestellt, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig ist und gegen ihn ein auf die Dauer von 6 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Dieser Bescheid wurde dem Abwesenheitskurator des BF zugestellt und erwuchs in Rechtskraft. Mit Beschluss des BVwG vom 15.4.2019 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 06.11.2015, Zl. 732234004-14771481, gemäß § 16 Abs. 1 BFA-VG iVm § 7 Abs. 4 VwGVG als verspätet zurückgewiesen. Begründend führte das BVwG darin u. a. aus, dass der Bescheid vom 6.11.2015 ordnungsgemäß zugestellt worden sei.

6. Am 20.11.2016 erließ das Bundesamt gemäß § 34 Abs. 3 Z. 2 BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG einen den BF betreffenden Festnahmeauftrag, da er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen und im Bundesgebiet untergetaucht war.

7. Mit Schreiben vom 06.02.2017 teilte das Ministerium für innere Angelegenheiten der Russischen Föderation dem Bundesamt mit, dass der BF als Staatsangehöriger der Russischen Föderation identifiziert worden sei und seiner Rückübernahme zugestimmt werde.

8. Der BF wurde am 09.02.2017 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes festgenommen und am selben Tag vom Bundesamt zur Anordnung der Schubhaft einvernommen. Dabei gab der BF im Wesentlichen an, dass er Österreich nicht verlassen habe, da er nicht nach Russland zurückkehren wolle. Er wohne seit fünf Monaten in einer von ihm gemieteten Wohnung, habe sich dort jedoch nicht angemeldet. Er besitze derzeit kein Geld und finanziere seinen Lebensunterhalt kurzfristig durch eine Beschäftigung, die er jedoch wegen seines abgelaufenen Passes verloren habe. Derzeit beziehe er Sozialhilfe. Er sei geschieden und für zwei Töchter sorgepflichtig. Wo seine Töchter wohnen könne er nicht angeben, da ihm die Adresse von seiner Ex-Gattin nicht bekannt gegeben werde. Er zahle für die Kinder keine Alimente und habe sie vor ca. zwei Monaten das letzte Mal gesehen. Er treffe seine Töchter ca. alle zwei Monate an öffentlichen Orten oder in der Wohnung einer Freundin seiner Ex-Gattin. Abgesehen von seinen Kindern habe er keine Angehörigen in Österreich. Eine Schwester und zwei Brüder befänden sich in Russland.

Die Unterschrift wurde vom BF verweigert.

9. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 09.02.2017 wurde über den BF Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die Unterschrift zur Bestätigung der Übernahme dieses Bescheides wurde vom BF verweigert. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.02.2017 abgewiesen und gleichzeitig wurde festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

10. Am 21.02.2017 stellte der BF einen Antrag auf Duldung gemäß § 46a Abs. 1 Z. 1 FPG, der mit Bescheid des Bundesamts vom 04.03.2017 abgewiesen wurde. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.06.2017 abgewiesen.

11. Der BF wurde am 02.03.2017 begleitet auf dem Luftweg in die Russische Föderation abgeschoben.

12. Am 19.08.2017 wies sich der BF in Ungarn im Zuge eines Grenzübertrittes mit einem von 29.07.2017 bis 29.07.2022 gültigen russischen Reisepass sowie einer Österreichischen Karte für subsidiär Schutzberechtigte aus.

13. Am 18.09.2018 wurde der BF von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes in Österreich aufgegriffen, gemäß § 40 BFA-VG festgenommen und dem Bundesamt zur Einvernahme vorgeführt.

14. Der BF wurde am 18.09.2018 vom Bundesamt unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Russisch zur beabsichtigten Anordnung der Schubhaft einvernommen. Dabei gab er im Wesentlichen an, dass er in Tschetschenien wie ein Obdachloser gelebt habe und nicht nach Russland zurückkehren wolle. Er wisse, dass gegen ihn ein Einreiseverbot vorliege, er verfüge über keine Dokumente, da er seinen Reisepass nach Hause geschickt habe. Er sei ca. vor einem Jahr alleine illegal in das Bundesgebiet eingereist und habe bei verschiedenen Leuten Unterkunft genommen, wobei er sich an die Adressen nicht erinnere und die Namen der Personen nicht bekannt geben wolle. Behördlich habe er sich nicht gemeldet, da er illegal in Österreich sei. Er besitze kein Geld und arbeite bei einer bosnischen Firma für Fenster- und Türmontage. Er sei geschieden und habe zwei Töchter, zu denen er jedoch keinen Kontakt habe, da das seine Ex-Frau nicht zulasse. Im Bundesgebiet befänden sich zwei Cousinen, seinen Geschwister leben in Tschetschenien. Effekten habe er nicht einzuholen.

Die Unterfertigung der Niederschrift wurde vom BF verweigert.

15. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 18.09.2018 wurde über den BF Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die Unterschrift zur Bestätigung der Übernahme des Bescheides wurde vom BF verweigert. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.10.2018 abgewiesen und gleichzeitig festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

16. Seit 03.12.2018 liegt eine Zustimmung der russischen Behörden zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF vor, die entsprechenden Verbalnoten wurden jedoch noch nicht übermittelt.

17. Das Bundesamt führte am 16.10.2018, 13.11.2018, 11.12.2018, 07.01.2018 und 04.02.2019 Schubhaftprüfungen durch. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.01.2018 wurde festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

18. Am 29.01.2019 urgierte das Bundesamt die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF.

19. Das Bundesamt legte am 07.02.2019 den Verwaltungsakt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG zur neuerlichen Prüfung der Verhältnismäßigkeit dem Bundesverwaltungsgericht vor.

20. Das Bundesamt teilte am 14.02.2019 mit, dass die Zustimmung der Botschaft der Russischen Föderation zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates nunmehr vorliege und die Abschiebung des BF organisiert werden könne.

21. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.02.2019 wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

22. Am 07.03.2019 erfolgte neuerlich eine Aktenvorlage seitens des Bundesamtes an das Bundesverwaltungsgericht zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG betreffend den im Spruch bezeichneten BF.

Anlässlich der Aktenvorlage teilte das Bundesamt mit, dass die Abschiebung des BF nunmehr für den 23.03.2019 organisiert worden sei und die Abschiebung des BF somit durchgeführt werden könne. Das Bundesamt führte des Weiteren aus, dass im Schubhaftbescheid die Fluchtgefahr, die Verhältnismäßigkeit und die Nichtanwendung des gelinderen Mittels entsprechend begründet worden seien. Der BF sei einem Einreiseverbot zuwiderhandelnd illegal nach Österreich zurückgekehrt und habe sich im Verborgenen aufgehalten. Es sei damit zu rechnen, dass der BF jede Möglichkeit nützen würde, um unterzutauchen, um sich der drohenden Abschiebung in die Russische Föderation zu entziehen. Der Sicherungsbedarf sei somit noch immer gegeben.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.3.2019 wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist

II. Gegenständlicher Folgeantrag:

Am 21.03.2019 stellte der BF nunmehr aus dem Stande der Schubhaft heraus den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Im Zuge der erfolgten Erstbefragung schilderte der BF, dass er sich von Mitte 2018 bis Mitte Oktober 2018 nach seiner Abschiebung in der Russischen Föderation aufgehalten habe, seit Oktober 2018 sei er wieder in Österreich.

In Russland und in Tschetschenien sei seine Sicherheit nicht gewährleistet, sein Leben sei dort in Gefahr. Nach der letzten Abschiebung nach Russland seien Polizisten zu ihm nach Hause gekommen und hätten seiner Schwester eine Ladung für ihn übergeben. Er selbst sei nach der Abschiebung gar nicht nach Tschetschenien gereist, aber die russischen Behörden hätten offensichtlich die tschetschenischen Behörden über seine Ankunft informiert. Vor der Entlassung am Flughafen in Moskau sei ihm mitgeteilt worden, dass der FSB über seine Ankunft informiert worden sei. Aus diesem Grund habe er sich zur erneuten Flucht entschlossen. Im Fall der Rückkehr würde er von den Tschetschenen gefoltert und getötet werden. Er habe ja zugegeben, den tschetschenischen Kämpfern geholfen zu haben.

Am 25.03.2019 wurde der BF durch die belangte Behörde niederschriftlich zum Folgeantrag einvernommen. Der BF führte aus, in der Lage zu sein, der Einvernahme zu folgen, er sei nicht in ärztlicher Behandlung und nehme auch keine Medikamente. Er könne eine Ladung von der Polizei vorlegen, dass er sofort bei der Polizei erscheinen müsse, diese habe die Schwester zu ihm geschickt, sie habe es der Gattin nach Österreich geschickt.

Dem BF wurde vorgehalten, dass er nur eine Kopie einer angeblichen Ladung vorlegen könne, zudem sei augenscheinlich bei der Jahreszahl etwas ausgebessert worden. Der BF wurde gefragt, welches Jahresdatum seiner Meinung nach auf der Ladung befindlich sei und vermeinte er, dass es das Jahr 2017, das Jahr seiner Abschiebung sein müsse. Nach der Abschiebung habe der FSB seine Daten nach Tschetschenien geschickt. Er habe im Jahr 2010 bekannt gegeben, dass er den tschetschenischen Widerstandskämpfern geholfen habe.

Darüber hinaus verwies darauf, dass er zwei Kinder in Österreich habe, er nannte deren Namen, das Geburtsdatum konnte er nicht nennen. Er sei von der Kindesmutter längst geschieden, er habe zuletzt 500 Euro für die Kinder an Unterhalt überwiesen, als er das letzte Mal gearbeitet habe.

Der BF schilderte, dass ein Freund für ihn ein - gefälschtes - österreichisches Visum organisiert habe, damit er arbeiten könne. Er sei dann festgenommen worden, befinde sich seit fast sieben Monaten in Schubhaft. Auf die Frage, ob die Behörde recht in der Annahme gehe, dass es sich um ein gefälschtes Visum gehandelt habe, antwortete der BF: "Ja".

Er sei im Jahr 2017 von Österreich abgeschoben worden, nach sechs Monaten sei er wieder nach Österreich zurückgekehrt. Dann hätten ihn verschiedene Freunde unterstützt. In der Heimat würden noch zwei Brüder und eine Schwester leben, die Eltern seien bereits verstorben. Die Geschwister könnten ohne Probleme dort leben, hätten sie Probleme, hätten sie Tschetschenien schon verlassen. Nach der Abschiebung habe er sich sechs Monate lang in Russland aufgehalten, er habe versteckt gelebt. Bei der Rückkehr seien am Flughafen seine Daten kontrolliert worden, nach einigen Stunden sei er freigelassen worden. Dem BF wurde vorgehalten, dass er erst sechs Monate nach Anhaltung in Schubhaft den gegenständlichen Folgeantrag stelle, das vorgelegte Dokument sei offensichtlich manipuliert. Der BF antwortete darauf, dass man im Fernsehen sehe, dass man in Tschetschenien nicht frei reden dürfe, es gebe dort keine Freiheit. Er sei ein moderner Muslim, kein Terrorist, kein Bandit.

Im Anschluss an diese Einvernahme hob das BFA den faktischen Abschiebeschutz des Betroffenen gemäß § 12a Absatz 2 Asylgesetz mit mündlich verkündetem Bescheid vom 25.03.2019 auf. Dies wurde im Protokoll der niederschriftlichen Einvernahme vom 25.03.2019 dokumentiert. Die belangte Behörde gab den Verfahrensgang wieder, insbesonders auch die strafrechtlichen Verurteilungen des BF. Gegen diesen würde seit 2015 eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot für die Dauer von sechs Jahren bestehen. Der BF sei letztmalig am 02.02.2017 in den Herkunftsstaat abgeschoben worden. Der BF sei wieder illegal eingereist und habe sich dann ein Jahr illegal im Bundesgebiet aufgehalten und habe erst sechs Monate nach Verhängung der Schubhaft den Folgeantrag gestellt.

Zu den Gründen für die neuerliche Antragstellung führte die belangte Behörde aus, dass es dem BF möglich gewesen sei, einen russischen Reisepass ausgestellt zu bekommen. Wäre der BF tatsächlich von Bedeutung für die russischen Behörden, wäre er sofort am Flughafen festgenommen worden, nachdem dies nicht erfolgt sei, müsse die erkennende Behörde zwingend davon ausgehen, dass die vorgebrachte Verfolgung einzig und allein einem Gedankenkonstrukt entspringe.

Die belangte Behörde führte weiters aus, dass der BF erst ein halbes Jahr nach Verhängung der Schubhaft einen Folgeantrag gestellt habe. Wäre er tatsächlich im Heimatland gefährdet, hätte er sicherlich bereits kurz nach der neuerlichen illegalen Einreise in das Bundesgebiet einen neuerlichen Antrag gestellt. Der BF habe sich aber eineinhalb Jahre erneut illegal im Bundesgebiet aufgehalten, bevor er einen Antrag gestellt habe.

Der BF habe zudem ein Dokument vorgelegt, allerdings sei dies nur eine Kopie. Die angebliche Vorladung sei für den 22.09.2017, wobei augenscheinlich die Jahreszahl manipuliert worden sei. Es sei eindeutig zu erkennen, dass die Jahreszahl ausgebessert worden sei und stelle sich die Frage, warum der BF erst im Februar 2019 in den Besitz dieses Schreibens gekommen sein soll. Der BF habe darüber hinaus bei seiner Einvernahme bezüglich Verhängung der Schubhaft mit keinem Wort angegeben, von den heimischen Behörden verfolgt zu werden, es widerspreche jeder Lebenserfahrung, dass ein Asylwerber tatsächlich bestehende Verfolgung verschweige. Es liege somit ein Folgeantrag vor. Bereits im Vorverfahren sei festgestellt worden, dass dem BF bei der Rückkehr der Abschiebung in den Herkunftsstaat keine Verletzung seiner Integrität drohe. Die allgemeine Lage, wie auch die persönlichen Verhältnisse hätten sich seit dem Vorverfahren nicht geändert.

Im Verwaltungsakt befindet sich die erwähnte angebliche Kopie einer angeblichen Ladung für September 2017, dabei handelt es sich offensichtlich um ein handschriftlich ausgefülltes Formular, wobei augenscheinlich die Jahreszahl insofern manipuliert wurde, als ursprünglich sich darauf vier Zahlen befinden, nämlich 200 (die Vierte unleserlich) und anstelle der vierten unleserlichen Zahl die Ziffern 17 darüber handschriftlich vermerkt wurden.

Mit Beschluß des BVwG vom 15.4.2019 , GZ W226 2148131-6/4E wurde die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 BFA-VG für rechtmäßig befunden.

Am 3.4.2019 wurde der Beschwerdeführer im Zuge einer Frontex-Charterabschiebung in die Russische Föderation abgeschoben.

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 24.6.2019 , GZ 732234004-190288561 wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 20.03.2019 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I), derAntrag auf internationalen Schutz vom 14.06.2019 hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III). Gemäß § 55 Absatz 1a FPG wurde festgehalten, daß keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt IV).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte der Entscheidung aktuelle Feststellungen zur entscheidungsmaßgeblichen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers zugrunde und führte begründend im Wesentlichen aus, der für die Entscheidung relevante Sachverhalt habe sich seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert. Die nunmehr dargelegten Gründe, im Wesentlichen ie vorgelegte Kopie einer angeblichen Ladung erwiesen sich im Kern als nicht glaubhaft, insbesondere da die Antragstellung erst zu einem Zeitpunkt erfolgte, als der Beschwerdeführer bereits mehr als 1 Jahr im Bundesgebiet aufhaltig und bereits 6 Monate in Schubhaft war. Darüber hinaus wurde ins Treffen geführt, daß bei der lediglich in Kopie vorliegenden Ladung augenscheinlich die Jahreszahl manipuliert worden sei und der Beschwerdeführer anläßlich der Verhängung der Schubhaft die angebliche Verfolgungsgefahr mit keinem Wort erwähnt hätte. Auch sei keine maßgebliche Änderung in Bezug auf die allgemeinen Gegebenheiten in seinem Heimatstaat eingetreten. Es liege sohin entschiedene Sache im Sinne von § 68 AVG vor. Gründe für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG hätten sich nicht ergeben. Der Beschwerdeführer verfüge über kein schützenswertes Privat- und Familienleben im Bundesgebiet.

Der angeführte Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei am 25.6.2019 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 9. 7. 2019 erhob die beschwerdeführende Partei Beschwerde und monierte dabei eine mangelhafte Zustellung des Bescheides vom 6.11.2015, mit dem der Status des Asylberechtigten dem Beschwerdeführer aberkannt worden sei. Hinsichtlich der detaillierten Ausführungen wird auf den Beschwerdeinhalt verwiesen.

Weiters wurde angeführt, daß selbst für den Fall, daß der Aberkennungsbescheid richtig zugestellt worden wäre, eine entschiedene Sache gemäß § 68 AVG nicht vorliegen würde, da eine solche nur vorliegen würde falls ein negativer Asylbescheid vorliegen würde. Ein solcher läge aber nicht vor, weil "eine Aberkennung aufgrund eines beantragten Reisepasses nichts darüber aussagt", ob der Beschwerdeführer nach der Abschiebung 2017 in Russland nicht tatsächlich einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt gewesen war.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger der Russischen Föderation. Der Verfahrensgang wurde bereits umfangreich dargestellt.

Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet erstmals am 25.07.2003 einen Antrag auf internationalen Schutz. Er begründete diesen mit seiner Unterstützung des Tschetschenischen Widerstands.

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 17.09.2009 wurde dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Mit Bescheid des BFA vom 06.11.2015 wurde dieser zuerkannte Status des Asylberechtigten dem BF aberkannt. Zugleich wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und ein auf die Dauer von 6 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Die Lage im Herkunftsland des Beschwerdeführers sowie die Lage des Beschwerdeführers selbst stellt sich gegenüber den im rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren getroffenen Feststellungen im Wesentlichen unverändert dar. Ein glaubwürdiger neuer bzw. entscheidungsrelevanter Sachverhalt liegt nicht vor.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt des BFA betreffend den Betroffenen, sowie durch Einsicht in die hg. Gerichtsakte betreffend die genannten Vorverfahren.

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers gründen auf den Angaben des Beschwerdeführers in dem Verfahren über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz sowie das Aberkennungsverfahren.

Die Feststellungen zum ersten Antrag auf internationalen Schutz, zu dessen Erledigung sowie zum damaligen Vorbringen des Betroffenen ergeben sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsverfahrensaktes des BFA und dem Gerichtsakt des AsylGH.

Die Rechtskraft der Entscheidung des BFA vom 06.11.2015, mit welchem der Status des Asylberechtigten aberkannt wurde ist gegeben. Zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung gab es durch den Beschluss des BG Fünfhaus vom 27.04.2015 einen Abwesenheitskurator, an welchen die Entscheidung zugestellt wurde.

Die Wirksamkeit der Zustellung der genannten Entscheidung des BFA vom 06.11.2015 ergibt sich u. a. daraus, dass in der Zwischenzeit mehrere Entscheidungen betreffend Schubhaft ergangen sind und sämtliche bisher damit befassten Gerichtsabteilungen des BVwG keinen Anlass gefunden haben, an der Rechtskonformität der Zustellung dieser Entscheidung zu zweifeln.

Zudem ist festzuhalten, dass bereits das BVwG in seinem Beschluss vom 15.4.2019 zur GZ W226 2148131-7/2E festgehalten hat, dass von einer seinerzeitigen ordnungsgemäßen Zustellung des Bescheides über die Aberkennung des Asylstatuses vom 6.11.2015 auszugehen sei. Auch aus dem nunmehrigen Aktenstand lässt sich nichts Gegenteiliges erkennen. Vielmehr hat die Behörde der Abwesenheitskuratorin XXXX per Email vom 20.11.2015 mitgeteilt, dass eine (nunmehr neue) Obdachlosenmeldung bestehen würde. Inwieweit XXXX den Beschwerdeführer zu kontaktieren versuchte, lässt sich zwar aus dem vorliegenden Akt nicht erkennen, hat aber für die Frage der Zustellung des gegenständlichen Bescheides keine Bedeutung.

Was das nunmehrige Vorbringen betreffend die Ereignisse in der Russischen Föderation nach der Rückkehr betrifft, kann auch das erkennende Gericht nicht nachvollziehen, warum der BF nach eigenen Angaben relativ kurze Zeit nach der ersten Abschiebung mit einem gefälschten Visum nach Österreich gelangt sein will und dann in weiterer Folge jedoch offensichtlich untergetaucht ist. Warum der BF in weiterer Folge nicht sofort wieder Asyl beantragt hat, haben sich doch nach seinen nunmehrigen Behauptungen wesentliche Neuerungen ergeben, kann nicht nachvollzogen werden. Tatsächlich findet sich im Verwaltungsakt eine niederschriftliche Einvernahme des BF vom 18.09.2018, wo dieser nach Festnahme im Bundesgebiet einzig ausführt, dass er nach der Abschiebung "wie ein Obdachloser gelebt" habe. Der BF schildert bei dieser Gelegenheit freimütig, bereits seit einem Jahr illegal in Österreich wieder aufhältig zu sein, er sei nicht behördlich gemeldet, weil er eben illegal da sei, er arbeite bei einer bosnischen Firma. Mit keinem Wort kommt der BF zu diesem Zeitpunkt darauf zu sprechen, dass es neue Fluchtgründe geben würde, dass es Ladungen gegen ihn geben würde, all das hat der BF erst unmittelbar vor der erneuten drohenden Abschiebung bekannt gegeben. Für das erkennende Gericht ist nicht nachvollziehbar, warum der BF mit gefälschtem Visum in das Bundesgebiet einreist, fast ein Jahr lang im Untergrund lebt und einer illegalen Beschäftigung nachgeht und warum der BF nicht zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt die angeblich neuen Fluchtgründe geltend macht.

Auch die Bedenken der belangten Behörde betreffend das vorgelegte Dokument sind völlig gerechtfertigt, handelt es sich bei diesem Vordruck doch offensichtlich nur um eine Kopie, an welcher die Jahreszahl offensichtlich manipuliert wurde und ein Vordruck aus den Jahren 2000 bis 2009 offensichtlich verwendet wurde, um für den BF eine angebliche Ladung für das Jahr 2017 herzustellen. Bei größtmöglicher Phantasie kann auch das erkennende Gericht nicht nachvollziehen, warum Behörden in Tschetschenien einen Vordruck aus dem vorangehenden Jahrzehnt verwenden sollten, um einen angeblich gefährlichen Unterstützer der Rebellen zu einer polizeilichen Befragung zu laden. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde erweist sich auch diesbezüglich als nicht zu beanstanden.

Auch die Feststellungen zum Privat und Familienleben des Betroffenen haben im Wesentlichen, verglichen mit der Entscheidung des BFA vom 06.11.2015 keine Änderung erfahren. Der BF führt diesbezüglich einzig aus, dass er getrennt von seiner geschiedenen ehemaligen Ehegattin lebt, er will einmal 500 Euro an Unterhalt überwiesen haben. Diesem Vorbringen steht die in der Entscheidung vom 06.11.2015 ausgeführte vielfache strafrechtliche Delinquenz des BF entgegen, welche, wie dargestellt, auch zur Erlassung eines sechsjährigen Einreiseverbotes geführt hat. Auch in diesem Spruchpunkt betreffend Einreiseverbot wurde das Privatinteresse des BF - welcher wie dargestellt auch über einen russischen Reisepass verfügte, mit dem er vorangehend freiwillig in die Russische Föderation gereist ist - mit den öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung abgewogen.

Auch in den individuellen Verhältnissen des BF hat sich keine maßgebliche Änderung ergeben, dieser schildert selbst vor der belangten Behörde, grundsätzlich gesund zu sein, keine Medikamente zu nehmen und auch nicht in intensiver fachärztlicher Behandlung zu stehen. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen Erkrankung des Betroffenen sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Die allgemeine Lage in der Russischen Föderation hat sich seit des rechtskräftigen Abschlusses des Aberkennungsverfahrens im Wesentlichen nicht geändert.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen (BFA-VG, AsylG 2005, FPG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Zu A)

3.2. Zur Zurückweisung des Folgeantrags auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache (Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Beschwerde nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet.

Nach der Rechtsprechung zu dieser Bestimmung liegen verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG vor, wenn in der für den Vorbescheid (für das Vorerkenntnis) maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid (Vorerkenntnis) als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern. Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN).

Eine neue Sachentscheidung ist, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (vgl. VwGH 25.04.2007, 2004/20/0100, mwN).

Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.6.1998, 96/20/0266).

Als Vergleichsbescheid (Vergleichserkenntnis) ist der Bescheid (das Erkenntnis) heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. in Bezug auf mehrere Folgeanträge VwGH 26.07.2005, 2005/20/0226, mwN). Dem neuen Tatsachenvorbringen muss eine Sachverhaltsänderung zu entnehmen sein, die - falls feststellbar - zu einem anderen Ergebnis als im ersten Verfahren führen kann, wobei die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen muss, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (vgl. das schon zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 04.11.2004 mwN). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers (und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden) auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen. (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; vgl. auch VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684; 19.02.2009, 2008/01/0344).

Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH 20.03.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit einem solchen Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321).

Ein auf das AsylG 2005 gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise - für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status - auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U 1533/10; VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344 mwN).

Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens im Sinne des § 28 Abs. 2 VwGVG ist somit nur die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Recht den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

Die Rechtsmittelbehörde darf nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung (wegen entschiedener Sache) durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist und hat dementsprechend entweder - im Falle des Vorliegens entschiedener Sache - das Rechtsmittel abzuweisen oder - im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung - den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den gestellten Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (VwSlg. 2066A/1951, VwGH 30.05.1995, 93/08/0207; Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren2, 1433 mwH).

Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 08.09.1977, 2609/76). Die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft aufgrund geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht werden (VwGH 23.05.1995, 94/04/0081).

3.2.2. Der Beschwerdeführer legte seinem gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz, wie im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt, keinen nach Rechtskraft seines vorangegangenen Verfahrens neu entstandenen Sachverhalt mit einem glaubhaften Kern zugrunde.

3.2.Ein Antrag auf internationalen Schutz richtet sich aber auch auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und daher sind auch Sachverhaltsänderungen, die ausschließlich subsidiäre Schutzgründe betreffen, von den Asylbehörden im Rahmen von Folgeanträgen einer Prüfung zu unterziehen (vgl. VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344).

Auch im Hinblick auf Art. 3 EMRK ist nicht erkennbar, dass die Rückführung des zuletzt in Tschetschenien ansässig gewesenen Beschwerdeführers zu einem unzulässigen Eingriff führen würde und dieser bei einer Rückkehr in eine Situation geraten würde, die eine Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK mit sich brächte oder diesem jedwede Lebensgrundlage fehlen würde.

Es ergibt sich aus den Länderfeststellungen zur Russischen Föderation respektive Tschetschenien nach wie vor, dass kein Grund besteht, davon auszugehen, dass jeder zurückgekehrte Staatsbürger einer reellen Gefahr einer Gefährdung gemäß Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre, sodass nicht von einem Rückführungshindernis im Lichte der Art. 2 und 3 EMRK auszugehen ist.

Der Beschwerdeführer leidet unverändert an keinen schwerwiegenden Erkrankungen, ist zu einer Teilnahme am Erwerbsleben und eigenständigen Bestreitung seines Lebensunterhalts grundsätzlich in der Lage und verfügt über ein soziales Netz in Tschetschenien, das ihn im Falle einer Rückkehr wieder aufnehmen könnte. Er ist mit den Verhältnissen in der Russischen Föderation vertraut, beherrscht die Landessprache. Es sind nach wie vor keine Gründe zu erblicken, welche annehmen ließen, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner persönlichen Umstände nicht in der Lage sein sollte, in der Russischen Föderation neuerlich ein Leben unter würdigen Bedingungen, wie es der dort ansässigen Durchschnittsbevölkerung möglich ist, zu führen. Nochmals festzuhalten ist, dass der Beschwerdeführer im Verfahren keinerlei Befunde hinsichtlich einer aktuell vorliegenden Erkrankung vorgelegt hat und kein Vorbringen hinsichtlich einer aktuell im Bundesgebiet durchlaufenen (medikamentösen) Therapie erstattet hat. Ebensowenig haben sich Hinweise darauf ergeben, dass dieser aus gesundheitlichen Gründen in seinem Alltag oder seiner Möglichkeit, am Erwerbsleben teilzunehmen, maßgeblich eingeschränkt wäre.

Die Behörde ging demnach unter Berücksichtigung hinreichend aktuellen Länderberichtsmaterials in zutreffender Weise davon aus, dass die entscheidungsrelevante Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers - verglichen mit dem Zeitpunkt der letzten rechtskräftigen Entscheidung vom 6.11.2015 im vorangegangenen inhaltlichen Verfahren - keine maßgebliche Veränderung erfahren hat.

3.2.4. Da weder in der maßgeblichen Sachlage, und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden konnte. Die Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache war sohin rechtmäßig, weshalb die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 68 AVG abzuweisen ist.

3.3. Zu den Spruchpunkten III und IV wird folgendes erwogen :

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der im angefochtenen Bescheid getroffene Ausspruch in Bezug auf § 57 AsylG 2005 hatte seine Grundlage in § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005, wonach das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen hat, wenn sich ein Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des sechsten Hauptstückes des FPG fällt. Im Entscheidungszeitpunkt befindet sich der Beschwerdeführer allerdings nicht mehr im Bundesgebiet, wodurch die Voraussetzung für die amtswegige Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 weggefallen ist, weshalb der angefochtene Bescheid im Umfang des Ausspruchs der Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen ersatzlos zu beheben war (vgl. VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234, Rn 24).

Hinsichtlich der Festlegung einer bzw keiner Frist zur freiwilligen Ausweise, wird festgehalten, daß Voraussetzung einer solchen Feststellung die Erlassung einer Rückkehrentscheidung ist (vgl. § 55 Abs.1 iVm Abs 1a), was aber im gegenständlichen Fall aufgrund der nach wie vor aufrechten Rückkehrentscheidung unterblieben ist, im Rahmen derer aber bereits das die aufschiebende Wirkung gem. § 18 Abs 2 Ziffer 1 BFA-VG aberkannt wurde und daher gem § 55 Abs 1a FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht besteht.

3.4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Nach § 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben. Die mit dem FRÄG 2015 eingeführte Regelung des Abs. 6a leg.cit. indiziert, dass im Zulassungsverfahren grundsätzlich weitergehende Möglichkeiten der zulässigen Abstandnahme von der Durchführung von Verhandlungen bestehen:

Aus einer systematischen Betrachtung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen (§§ 21 Abs 3, 6a und 7 BFA-VG, 28 Abs 3 VwGVG) und dazu ergangener höchstgerichtlicher Judikatur ist abzuleiten, dass der gesetzlichen Intention zufolge eine gerichtliche Beschwerdeverhandlung in Verfahren über zurückweisende Bescheide im Zulassungsverfahren prinzipiell nicht bzw lediglich in Ausnahmekonstellationen vorgesehen ist (vgl VwGH 28.4.2015, Ra 2014/19/0172; 8.9.2015, Ra 2014/18/0157 bis 0159; 15.12.2015, Ra 2015/19/0212 sowie zuletzt 30.6.2016, Ra 2016/19/0072-8) und ist davon auszugehen, dass in jenen Verfahren - im Sinne eines entsprechenden Ausgleichs - in der Spezialbestimmung des § 21 Abs 3 BFA-VG weitergehende Möglichkeiten hinsichtlich einer behebenden Entscheidung zwecks Vornahme ergänzender Ermittlungstätigkeiten seitens der Behörde bestehen, als dies zufolge der allgemein für kassatorische Entscheidungen bestehenden Rechtsgrundlage des § 28 Abs 3 VwGVG ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl insb VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063-4) der Fall ist.

Im vorliegenden Verfahren erscheint der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt. Die Beschwerde tritt den Erwägungen der belangten Behörde zum Vorliegen entschiedener Sache inhaltlich nicht substantiiert entgegen und zeigt keinen nach rechtskräftigem Abschluss des vorangegangenen Verfahrens neu entstandenen Sachverhalt auf. In Hinblick auf die Rückkehrentscheidung ergab sich ebenfalls keine Notwendigkeit zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Insbesondere fand sich in der Beschwerdeschrift keinerlei substantiiertes Vorbringen zu diesem Punkt bzw. eine substantiierte Bestreitung der seitens der Behörde getroffenen Erwägungen und ist der seitens der Behörde festgestellte Sachverhalt nach wie vor als aktuell und vollständig anzusehen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Da die Entscheidung über die gegenständliche Beschwerde letztlich lediglich von Fragen der Beweiswürdigung abhängig war, ist die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

entschiedene Sache, Voraussetzungen, Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W111.2221161.1.00

Zuletzt aktualisiert am

14.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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