Entscheidungsdatum
19.07.2019Norm
BBG §40Spruch
W265 2221137-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER als Vorsitzende und die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 22.05.2019, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer beantragte bereits mehrfach die Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice (in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet). Zuletzt wurde sein Antrag vom 22.02.2017 nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und der Feststellung der Leiden "Koronare Herzerkrankung", "Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule", "Diabetes mellitus", "Hörstörung beidseits", "Hypertonie" und "Tinnitus beidseits" mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. mit Bescheid der belangten Behörde vom 31.07.2017 abgewiesen.
Am 06.07.2018 stellte der Beschwerdeführer neuerlich einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bei der belangten Behörde und legte dabei ein Konvolut an medizinischen Befunden vor.
Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag.
In dem auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 03.09.2018 basierenden allgemeinmedizinischen Gutachten vom selben Tag wurde Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:
"Anamnese:
Antragsleiden agitierte Depression 2009, Z.n. 3 Stents, KHK 2012; Discusprotrusio L5, BS Prolaps 0/4, Meniskusläsion
Derzeitige Beschwerden:
Ich habe Probleme mit dem Herzen. 2012 hatte ich einen Herzinfarkt und habe 2 Stents bekommen. 2015 habe ich den 3ten Stent bekommen. Von 2009 bis 20012 hatte ich 5 Arbeitsunfälle. Einmal habe ich mir in den rechten Zeigefinger geschnitten. Mir ist auch eine Sehne des rechten Unterarmes gerissen Ich musste eine Meniskus-Operation auf der rechten Seite durchführen, das war 2010. Mir ist auch 2011 das Kreuzband gemacht worden. Ich habe Beschwerden mit dem Kreuz und mit der rechten Hüfte, ich habe Probleme im Nacken, in der linken Schulter und im linken Ellbogen. Der linke Ellbogen wurde operiert. Mein linke Ring- und Kleinfinger ist taub, ich kann mich auch nicht mehr auf den linken Ellbogen abstützen, weil ich sonst Schmerzen bekomme. Ich habe einen operierten Nabelbruch. Jetzt habe ich wieder einen Nabelbruch bekommen. 2014 wurden mir Nierensteine entfernt. Ich glaube auch, dass mir 2017 Nierensteine entfernt worden sind. Ich gehe auch einmal im Monat zum Neurologen, alle 2 Wochen gehe ich zum Orthopäden. Zum Kardiologen gehe ich alle 2 Monate. Ich gehe auch regelmäßig zum Urologen.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Pantoprazol, Sertralin, Metformjn, Diamicron, Fjnolip, Atrovalan, Spirono, Thromboass, Nicolan, Nebivolol, Arca-Be, Seractil, Nervenruh, Baldrian, Magnosolv, Trittico
Sozialanamnese:
verheiratet, 1 Kind, Staplerfahrer, Lagerarbeiter, seit 2012 arbeitslos, bezieht Notstandshilfe
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Dr. XXXX , FA für Neurologie und Psychiatrie vom 19.02.2018
Lumbalgie
Agit. Depressio
Impulskontrolist.
Wiederh. Herzbypass OP
Dr. XXXX MSC Facharzt für Innere Medizin vom 22.03.2016 2 VD KHK, art. Hypertonie, HPL der Pat ist zwar kardial stabil, klagt aber über Dyspnoe NYHA 2-3, in der Myokardszitigrafje zeigt sich keine Progredienz
Dr. XXXX , Facharzt für Orthopädie vom 15.09.2014
Z.n. hinterer KB-Ruptur re, Gonarthrose bd, Coxarthrose bd, Cervikalsyndrom,
Bandscheibenprolaps 0/4, Einengung der Neuroforamina, Lumbalsyndrom, Osteochondrose L5/S1 mit
Diskusprotrusion und Einengung der Neuroforamina bds, Suicus-ulnaris-Syndrom li operiert, HG-Arthralgie bd, PHS ti Schulter MRT LWS:
Diskusprotrusion L5 mit Engstellung der Neuroforamina und Osteochondrose L5/S1 MRT li Knie:
Meniskusläsion med Hinterhorn, Chondrale Läsionen am med.
Fernurcondyl
MRT HWS:
BS Prolaps 0/4, Uncovertebraigelenksarthrosen, Protrusion C6/7
Trotz regelmäßiger Behandlung mit Infiltrationen, Physik. Therapie, Heilgymnastik etc. können immer nur kurzfristige Besserungen erzielt werden.
Dr. XXXX FACHARZT FUR INNERE MEDIZIN vom 17.09.2014
Diabetes mellitus
Hypertonie
Koronare Herzkrankheit
St.n. Stent-lmplantation
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
gut
Ernährungszustand:
adipös
Größe: 175,00 cm Gewicht: 120,00 kg Blutdruck: 160/80
Klinischer Status - Fachstatus:
57 Jahre
Haut/farbe: rosig sichtbare Schleimhäute gut durchblutet
Caput:, Visus: unauffällig Hörvermögen mit Hörgeräten nicht eingeschränkt keine Lippenzyanose, Sensorium: altersentsprechend, HNA frei
Collum: SD: schluckverschieblich, keine Einflusstauung, Lymphknoten:
nicht palpabel
Thorax: Symmetrisch, elastisch,
Cor: Rhythmisch, rein, normfrequent
Pulmo: Vesikuläratmung, keine Atemnebengeräusche, keine Dyspnoe
Abdomen: Bauchdecke: weich, kein Druckschmerz, keine Resistenzen tastbar, Hepar am Ribo, Lien nicht palp. Nierenlager: Frei. reaktionslose Narbe rechts Abdominal (Z.n. Darmverschluss 1962) kleiner Nabelbruch
Pulse: Allseits tastbar
Obere Extremität: Symmetrische Muskelverhältnisse. Nackengriff und Schürzengriff bds. uneingeschränkt durchführbar, linker Arm wird nur bis 1000 abduziert, rechter Arm frei beweglich, Ellenbogen frei beweglich, reaktionslose Narbe linker Ellbogen innenseitig, grobe Kraft bds. nicht vermindert, Faustschluß und Spitzgriff bds. durchführbar. Die übrigen Gelenke altersentsprechend frei beweglich. Sensibilität wird im Bereich des linken Ring- und Kleinfingers als vermindert angegeben,
Untere Extremität: Zehenspitzen und Fersenstand sowie Einbeinstand bds. durchführbar, beide Beine von der Unterlage abhebbar, grobe Kraft bds. nicht vermindert, freie Beweglichkeit in Hüftgelenken und Kniegelenken, bandstabil, kein Erguss, symmetrische Muskelverhältnisse, Sensibilität wird unauffällig angegeben keine Varikositas, keine Ödeme bds.,
Wirbelsäule: Kein Klopfschmerz, Finger-Bodenabstand im Stehen: 30cm
Rotation und Seitwärtsneigung im Bereich der HWS zur Hälfte im Bereich der BWS+LWS zu 1/3 eingeschränkt
Gesamtmobilität - Gangbild:
flüssiges Gangbild, kommt mit einem Gehstock
Status Psychicus:
bewußtseinsklar, orientiert, kein kognitives-mnestisches Defizit,
Gedankenstuktur: geordnet, kohärent, keine Denkstörung, Konzentration ungestört, Antrieb unauffällig, Stimmungstage ausgeglichen, gut affizierbar, Affekte angepasst, keine produktive Symptomatik
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
GdB %
1
Koronare Herzkrankheit, Hypertonie oberer Rahmensatz, da Zustand nach Myocardinfarkt und Stentsetzung
05.05.02
40
2
Degenerative Wirbelsäulenveränderungen unterer Rahmensatz, da eine mäßiggradige Bewegungseinschränkung ohne neurologische Defizite vorliegt
02.01.02
30
3
Diabetes mellitus mittlerer Rahmensatz, da mittels oraler Medikation zufriedenstellende Blutzuckerwerte erzielt werden können.
09.02.01
20
4
Depressive Störung 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da unter Medikation und fachärztlicher Stütze kompensiert
03.06.01
20
5
Abnützungserscheinungen des rechten Kniegelenks unterer Rahmensatz, da ohne Funktionseinschränkung
05.08.01
10
6
Bewegungseinschränkung der linken Schulter
02.02.01
10
7
Nabelbruch Unterer Rahmensatz, da geringgradig
07.08.01
10
Gesamtgrad der Behinderung 40 v.H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
weil der führende GdB unter der Position 1 durch Leiden 2-7 nicht erhöht wird, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Ein Hörverminderung kann ohne Vorlage eines aktuellen Tonaudiogramms nicht berücksichtigt werden. Ein anamnestisch saniertes Nierensteinleiden erreicht keinen GdB. Von Seiten der Ellbogen und Fingergelenke konnte keine Funktionseinschränkung objektiviert werden, daher wird kein GdB erreicht.
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
-
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
-
[x] Dauerzustand
..."
Mit Schreiben vom 05.09.2018 brachte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer das Ergebnis des ärztlichen Beweisverfahrens in Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 45 AVG zur Kenntnis und räumte ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme ein.
Mit Schreiben vom 20.09.2018 gab der Beschwerdeführer eine Stellungnahme ab, in welcher er im Wesentlichen ausführte, dass er mit der Einstufung des Grades der Behinderung von 40 v.H. nicht einverstanden sei und bei Zusammenzählen der Prozentpunkte sogar eine 140%ige Behinderung vorliegen würde. Es sei unzutreffend, dass die festgestellten Funktionseinschränkungen einander nicht gegenseitig negativ beeinflussen. Der Beschwerdeführer leide an einer schweren Depression mit Panikattacken und Schlaflosigkeit. Es habe bisher keine Kompensation durch Medikation und fachärztliche Stütze erreicht werden können, der Grad der Behinderung von 20 v.H. für das psychische Leiden sei daher zu niedrig angesetzt. Die Hörbehinderung von 40 v.H. sei nicht in die Aufstellung aufgenommen worden. Der Stellungnahme wurde ein psychiatrischer Befund angeschlossen.
Aufgrund der Einwendungen des Beschwerdeführers ersuchte die belangte Behörde die bereits befasste Sachverständige und Ärztin für Allgemeinmedizin um ein weiteres Sachverständigengutachten. In dem auf der Aktenlage basierenden Gutachten vom 30.09.2018 wurde Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:
"...
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Nun liegt auch das VGA vom 25.07.2017 vor mit folgen Diagnosen und Einstufung:
Koronare Herzerkrankung 30%, Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule 20%, Diabetes mellitus 20%, Hörstörung beidseits 20%, Hypertonie 10%, Tinnitus beidseits 10%, Gesamt-GdB 30%
Siehe eigenes Gutachten vom 03.09.2018: Koronare Herzkrankheit, Hypertonie 40%, Degenerative Wirbelsäulenveränderungen 30%, Diabetes mellitus 20%, Depressive Störung 20%, Abnützungserscheinungen des rechten Kniegelenks 10%, Bewegungseinschränkung der linken Schulter 10%, Nabelbruch 10%, Gesamt-GdB 40%
Nachgereicht wird eine psychiatrisch-Neurologischer Befund Dr. XXXX vom 05.09.2018
Mit folgender Diagnosenliste: Depressives Syndrom, lnsomnie, Panikattacken, OPS, Vertigo Adipositas, Chron. Schmerzen, Arterielle Hypertonie, Diabetes Mellitus Typ 2, Zust. n. Herzinfarkt 2012, Zust. n. Stent 2012, Zust. n. Stent 2015, Lumboischialgie, HWS Syndrom
...
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
GdB %
1
Koronare Herzkrankheit, Hypertonie oberer Rahmensatz, da Zustand nach Myocardinfarkt und Stentsetzung
05.05.02
40
2
Degenerative Wirbelsäulenveränderungen unterer Rahmensatz, da eine mäßiggradige Bewegungseinschränkung ohne neurologische Defizite vorliegt
02.01.02
30
3
Diabetes mellitus mittlerer Rahmensatz, da mittels oraler Medikation zufriedenstellende Blutzuckerwerte erzielt werden können.
09.02.01
20
4
Depressive Störung 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da unter Medikation und fachärztlicher Stütze kompensiert
03.06.01
20
5
Hörstörung beidseits Tabelle Zeile 3 / Kolonne 2 - fixer Rahmensatz
12.02.01
20
6
Abnützungserscheinungen des rechten Kniegelenks unterer Rahmensatz, da ohne Funktionseinschränkung
02.05.18
10
7
Bewegungseinschränkung der linken Schulter
02.06.01
10
8
Nabelbruch Unterer Rahmensatz, da geringgradig
07.08.01
10
9
Tinnitus beidseits Unterer Rahmensatz, da nicht dekompensiert
12.02.02
10
Gesamtgrad der Behinderung 40 v.H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
weil der führende GdB unter der Position 1 durch Leiden 2-8 nicht erhöht wird, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
-
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Stellungnahme im Vergleich zum VGA vom 25.07.2017: Verschlimmerung der Leiden unter der Position 1+2. Leiden 5 des VGA wurde im Leiden unter der Position 1 mitberücksichtigt.
Hinzukommen der Leiden 4+6 des VGA, sowie der neuen Leiden unter der Position 4-7 des VGA vom 03.09.2018
Stellungnahme zum Beschwerdeschreiben vom 20.09.2018: Das Addieren der Prozente ist nicht möglich. Es erfolgt eine Anhebung nur durch schwerwiegende Zusatzleiden (einem zusätzlichen GdB vom 40%)
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
Keine Änderung des GdB
[x] Dauerzustand
..."
Mit Bescheid vom 03.10.2018 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab und führte begründend aus, dass das medizinische Beweisverfahren einen Grad der Behinderung von 40 v.H. ergeben habe und somit die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien. Dem Beschwerdeführer sei Gelegenheit gegeben worden, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Aufgrund der im Zuge des Parteiengehörs vorgebrachten Einwände sei eine abermalige Überprüfung durch die ärztliche Sachverständige durchgeführt und festgestellt worden, dass sich keine Änderung im Ergebnis des Ermittlungsverfahrens ergeben habe. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem Beiblatt, das einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Mit dem Bescheid wurden dem Beschwerdeführer beiden Sachverständigengutachten übermittelt.
Mit Schreiben vom 23.10.2018 erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin brachte er im Wesentlichen vor, der Grad der Behinderung der Herzkrankheit und des psychischen Leidens seien zu gering bemessen und es liege eine ungünstige gegenseitige Leidensbeeinflussung vor.
Mit Beschluss vom 17.01.2019 hob das Bundesverwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf und verwies die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurück. Begründend wurde dazu ausgeführt, dass die belangte Behörde es unterlassen habe, ein Sachverständigengutachten der Fachrichtung Neurologie und Psychiatrie einzuholen. Ein solches sei einzuholen und die Ergebnisse bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen.
Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie und ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin sowie eine zusammenfassende Gesamtbeurteilung des Arztes für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag.
In dem auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 26.03.2019 basierenden neurologischen Gutachten vom selben Tag wurde Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:
"...
"Anamnese:
VGA 30.9.18: 40%. Seit einem Unfall (Kollege hat ihn in den rechten Zeigefinger geschnitten) 2009 sei er depressiv geworden, er sei dann in FA Behandlung gewesen, seit la sei er 1/ Monat bei Dr. XXXX (dort mache er auch Gesprächstherapie, mit Dauer insgesamt 30 Min), bisher kein stat. psychiatrischer Aufenthalt, ein psychiatrischer Rehabaufenthalt fand bisher nicht statt.
Derzeitige Beschwerden:
Schmerzen in allen Gelenken, Schlafstörung depressive Stimmung
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Sertralin 100mg, Cerebokan 80mg , Trittico 75 mg
Sozialanamnese:
lebt verheiratet, AMS, kein Pflegegeld
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
10.3. Dr. XXXX Depressives Syndrom Med: Sertralin 100mg, Xanor, Cerebokan 80mg, Trittico 75mg
Untersuchungsbefund:
...
Klinischer Status - Fachstatus:
Die Hirnnerven sind unauffällig, die Optomotorik ist intakt.
An den oberen Extremitäten bestehen rechtsseitig keine Paresen, linksseitig bestehen keine Paresen. Die Muskeleigenreflexe sind seitengleich mittellebhaft auslösbar.
Die Koordination ist intakt.
An den unteren Extremitäten bestehen rechtsseitig keine Paresen, linksseitig bestehen keine Paresen,
Fersen/ Zehenspitzen/ Einbeinstand bds. möglich, die Muskeleigenreflexe sind seitengleich mitteilebhaft auslösbar.
Die Koordination ist intakt.
Die Pyramidenzeichen sind an den oberen und unteren Extremitäten negativ.
Die Sensibilität wird allseits als intakt angegeben bis auf zeitweise Parästhesien mit wechselnden Angaben
Das Gangbild ist rechts hinkend mit 1 Krücke flüssig
Gesamtmobilität - Gangbild:
Status Psychicus:
Zeitlich, örtlich zur Person ausreichend orientiert, Auffassung regelrecht, Antrieb vermindert, Stimmung depressiv, deutliche Somatisierungstendenz, Ein- und Durchschlafstörung, nicht produktiv, nicht suizidal eingeengt
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
GdB %
1
Depressio 1 Stufe über unterem Rahmensatz, da weiter Therapie notwendig mit Therapieoptionen
03.06.01
20
Gesamtgrad der Behinderung 20 v.H.
...
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Keine Änderung
...
[x] Dauerzustand
..."
In dem auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 26.03.2019 basierenden allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachten vom 01.04.2019 wurde Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:
"Anamnese:
Letzte hierortige Einstufung 9-2018 Dr. XXXX mit 40% (koronare Herzkrankheit 40, degenerative Wirbelsäulenveränderungen 30, Diabetes mellitus 20, depressive Störung 20, Kniegelenksabnützung 10, Schulter links 10, Nabelbruch 10)
Dagegen Einwendungen, da die koronare Herzkrankheit und Depressio zu gering eingestuft sei und die Hörbehinderung nicht mitberücksichtigt worden wäre. HNO Einstufung 7-2017 Dr. XXXX : Hörstörung beidseits 20, Tinnitus 10
Operationen: Hämorrhoiden, "Darmverschluß", linke Ellbogen, Nabelbruch (Rezidiv), Meniskus rechts
2000 Nierensteinentfernung (Rezidiv?)
2012 Herzinfarkt mit Stenting und Rehabilitation in Radegund
Arterielle Hypertonie bekannt - derzeit mit medikamentöser Therapie ausreichend eingestellt.
Diabetes mellitus seit ca. 2000 bekannt, letzter NBZ vor einigen Monaten und letzter HbA1c nicht erinnerlich. Medikamentös und diätisch eingestellt.
Depressionen seit ca. 2009 nach Zeigefingerverletzung im Rahmen eines Unfalls.
Derzeitige Beschwerden:
Die Anamneseerhebung bedingt durch mangelndes Sprachverständnis erschwert (ehemalig mazedon. Staatsbürger), seit ca. 87 in Österreich
Der Antragswerber klagt "über Schmerzen in allen Gelenken, die rechte Hand habe ein komisches Gefühl und er könne keine feste Faust machen, morgens nach dem Aufstehen noch schlimmer mit Schwellungen, manchmal könne er den Stock nicht tragen wegen der Ellbogenschmerzen links. Nackenprobleme, Kreuz und auch der Beine, wegen dem Nabelbruch könne er nichts schweres mehr heben, in der Straßenbahn und sonst stören ihn der Lärm und mache ihn nervös, daß er gleich aufstehen müsse.
Tinnitus weiterhin, links wechselnd
Depressionen habe er sehr viel, wenn er irgendetwas machen wolle, schwitze er, wenn etwas nicht funktioniere, mache er es gleich kaputt und schimpfe mit der Frau"
Pflasterallergie bekannt
Anderwärtige schwere Krankheiten, Operationen oder Spitalsaufenthalte werden negiert. Lt. eigenen Angaben mit öffentlichen VM zur ho. Untersuchung gekommen.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Pantoprazol, Sertralin, Metformin, Diamicron, Febolip, Atorvalan, Spirono, Thrombo Ass, Nicolan, Nebivolol, Arca-Be , Seractil, Nervenruh, Baldrian, Magnosolv, Xyloneural, Trittico,
Sozialanamnese:
seit ca. 2012 arbeitslos, davor bei der ÖBB als Staplerfahrer beschäftigt, Pensionsantrag wurde 3-4 x bereits abgelehnt, 2.x verheiratet seit ca. 2011, Gattin arbeitet als Reinigungskraft, 1 erw. Tochter in Deutschland, wohnt in Genossenschaftswohnung im EG, 3 Stufen sind zu überwinden.
Notstandshilfe, Kein Pflegegeld,
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
2019-3 mitgebrachter Befund DR XXXX , Facharzt für Neurologie und Psychiatrie: seit 21.06.2018 bei mir in einer psychiatrischneurologischen Behandlung:
Depressives Syndrom
Insomnie Panikattacken
OPS
Vertigo
Adipositas
Chron. Schmerzen
Arterielle Hypertonie
Diabetes Mellitus Typ 2 Zust. n. Herzinfarkt 2012
Zust. n. Stent 2012
Zust. n. Stent 2015
Lumboischialgie
HWS Syndrom
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
57 jähriger AW in gutem AZ kommt alleine ins Untersuchungszimmer Rechtshänder,
Ernährungszustand:
gut
Größe: 175,00 cm Gewicht: 116,00 kg Blutdruck: 130/80
Klinischer Status - Fachstatus:
Haut: und sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, kein Ikterus, keine periphere oder zentrale Zyanose
Caput: HNAP frei, kein Meningismus, sichtbare Schleimhäute:
unauffällig Zunge feucht, wird gerade hervorgestreckt, normal PR unauffällig, Rachen: bland, Gebiß: saniert,
Hörvermögen ohne Hörgerät weitgehend unauffällig habe Hörgeräte zu Hause.
Collum: Halsorgane unauffällig, keine Einflußstauung, keine Stenosegeräusche
Thorax: symmetrisch,
Cor: HT rhythmisch, mittellaut, normfrequent Puls: 72 / min
Pulmo: sonorer KS, Vesikuläratmen, Basen atemverschieblich, keine Dyspnoe in Ruhe und beim Gang im Zimmer
Abdomen: Bauchdecken über Thoraxniveau, Hepar nicht vergrößert, Lien nicht palpabel, keine pathologischen Resistenzen tastbar, indolent, blande NVH rechter Mittelbauch und im Nabelbereich bei rezidiv. Kleinem reponiblen Bruch, NL bds. Frei
Extremitäten:
OE: Tonus, Trophik und grobe Kraft altersentsprechend unauffällig. Blande Narbenverhältnisse linker Ellenbogen Nacken und Schürzengriff gut möglich in den Gelenken altersentsprechend frei beweglich, Faustschluß rechts etwas abgeschwächt durchgeführt, beim An- und Ausziehen unauffälliges verwenden insbesondere der rechten Hand, eine Sensibilitätsstörung wird nicht angegeben Feinmotorik und Fingerfertigkeit ungestört.
UE: Tonus, Trophik und grobe Kraft altersentsprechend unauffällig. in den Gelenken altersentsprechend frei beweglich, Bandstabilität, Hypoensibilität der Finger 1-4 palmar rechts angegeben, selbständige Hebung beider Beine von der Unterlage möglich, Grobe Kraft an beiden Beinen seitengleich normal.
Fußpulse tastbar, verstärkte Venenzeichnung keine Ödeme
PSR: seitengleich unauffällig, Nervenstämme: frei, Lasegue: neg.
Wirbelsäule: In der Aufsicht gerade, weitgehend im Lot, in der Seitenansicht gering verstärkte Brustkyphose und leichte Abflachung der physiologischen Lendenlordose, FBA: 20 cm, Aufrichten frei, kein
Klopfschmerz, Schober: Ott: unauffällig, altersentsprechend freie Seitneigung und Seitdrehung der LWS, altersentsprechend freie
Beweglichkeit der HWS, Kinn-Brustabstand: 1 cm,
Hartspann der paravertebralen Muskulatur
Gesamtmobilität - Gangbild:
kommt mit Halbschuhen und einem Stock, ohne diesen im Untersuchungszimmer weitgehend unauffällig frei gehend, Zehenballen- und Fersengang sowie Einbeinstand beidseits möglich. Die tiefe Hocke wird zu 1/2 nahezu vollständig durchgeführt. Vermag sich selbständig aus- und wieder anzuziehen
Status Psychicus:
Bewußtsein klar. Gedanken in Form Und Inhalt geordnet, psychomotorisch ausgeglichen, Merk- und Konzentrationsfähigkeit erhalten; keine produktive oder psychotische Symptomatik, Vergleiche neurologisches Fachgutachten
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
GdB %
1
Koronare Herzkrankheit, Hypertonie oberer Rahmensatz, da Zustand nach Myocardinfarkt und Stentsetzung
05.05.02
40
2
Degenerative Wirbelsäulenveränderungen unterer Rahmensatz, da eine mäßiggradige Bewegungseinschränkung ohne neurologische Defizite vorliegt
02.01.02
30
3
Diabetes mellitus mittlerer Rahmensatz, da mittels oraler Medikation zufriedenstellende Blutzuckerwerte erzielt werden können.
09.02.01
20
4
Hörstörung beidseits Tabelle Zeile 3 / Kolonne 2 - fixer Rahmensatz
12.02.01
20
5
Abnützungserscheinungen des rechten Kniegelenks unterer Rahmensatz, da ohne Funktionseinschränkung
02.05.18
10
6
Bewegungseinschränkung der linken Schulter
02.06.01
10
7
Nabelbruchrezidiv Unterer Rahmensatz, da geringgradig
07.08.01
10
8
Tinnitus beidseits Unterer Rahmensatz, da nicht dekompensiert
12.02.02
10