TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/19 W265 2212668-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.07.2019
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Entscheidungsdatum

19.07.2019

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W265 2212668-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER als Vorsitzende und die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 20.11.2018, betreffend die Abweisung der Anträge auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" und "Die Inhaberin des Passes ist überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen" in den Behindertenpass zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin stellte am 22.02.2018 beim Sozialministeriumservice (in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und legte dabei ein Konvolut an medizinischen Befunden vor.

Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag.

In dem auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 09.03.2018 basierenden allgemeinmedizinischen Gutachten vom 21.05.2018 wurde Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:

"Anamnese:

Operationen: Tonsillektomie ohne Folgeschaden,

Tubenligatur perumbilikal ohne Folgeschaden,

Gehirnblutung bei einem bis dahin nicht behandelten Bluthochdruck mit armbetontem Hemisyndrom links 2010, Erstversorgung im AKH Wien, keine Trepanation, keine Hirndrucksonde, konservative Therapie, Rehabilitation in Bad Pirawarth, derzeitige Beeinträchtigung:

Funktionsstörung des linken Armes, die linke Hand (Gegenhand) ist nur als Hilfshand zu verwenden, auch das linke Bein betroffen, dadurch Beeinträchtigung der Gehleistung die Antragwerberin benötigt einen Stock zur selbständigen Fortbewegung,

Bluthochdruck seit 2010 in Behandlung, Medikation: Carvedilol 25 1/2-0-1/2, Acetan 10 0-0-1/2, Lisinocomp 1-0-0, ThAss 100 1-0-0, unter Therapie normales Blutdruckverhalten, keine Adaptationszeichen dokumentiert, chronisch obstruktive Lungenerkrankung bei

Nikotinabusus, Medikation: Foster 100/6 2-00-2, Ultibro Breezhaler 1-0-0, unter Therapiebesserung, jedoch Atemnot bei Belastung,

saisonal auftretende Rhinokonjunktivitis allergischer Genese, kein ständiges Therapieerfordernis, geringe Ventilationsstörung durch die Nase, Nikotin: 15, Alkohol: regelmäßig, P: 3,

Derzeitige Beschwerden:

im Vordergrund steht das armbetontem Hemisyndrom links mit Einschränkung der Gehleistung, deutliche Funktionseinschränkung der linken Hand, diese kann nur als Hilfshand verwendet werden, wegen Begleitdepression wird eine Psychotherapie wird einmal wöchentlich angewendet

Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:

Carvedilol 25, Omec 20, Acetan 10, ThAss 100, Lisinocomp, Foster Nexthaler 100/6, Ultibro Breezhaler

Sozialanamnese:

nach Abschluss der Handelsschule bis 1989 als Büroangestellte tätig gewesen, nach der Kinderkarenz nicht mehr gearbeitet, derzeit Hausfrau, bis 10/2010 über 4 Jahre lang als geringfügig beschäftigt in einer Trafik, Kündigung nach Schlaganfall, verheiratet, 3 erwachsene Kinder, Gatte: Gemeindebeamter der Stadt Wien in Ausübung, Antragwerberin lebt in einer Maisonette, zum Erreichen des Obergeschosses sind 17 Stufen zu überwinden, Antragwerberin bezieht Pflegegeld Stufe 1 seit 2012

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

neurologischer Befundbericht des AKH Wien vom 12.10.2010/Diagnosen:

cerebraleischämischer Insult im Bereich der Arteria cerebri media rechts hemisphärisch mit beinbetonter Hemiparese links, arterielle Hypertonie, Hyperlipidämie, Nikotinabusus, Therapievorschlag:

Acecomb 20/25, Dilatrend 25, Nexium 40, Lasix 40, ThAss 100, Simvastatin 40, Fragmin 250,

Befundbericht der Klinik Bad Pirawarth vom 09.12.2010/Diagnosen:

Ischämie im Stromgebiet der Arteria cerebri media rechts am 03.10.2010 mit brachiofacial betonte Hemiparese links und Neglect nach links, arterielle Hypertonie, Hyperlipidämie, St. p.

Nikotinabusus, Vorerkrankungen: St. p. offene TBC mit 4 Jahren, St.

p. Sterilisation, St. p. Diskusprolaps L4/5 und L5/S1 2004 mit konservative Therapie,

Befundbericht der Klinik Pirawarth vom 18.06.2012/Diagnosen: St. p. ischämischer, zerebraler Insult der Arteria cerebri media rechts vom 03.10.2010 mit Hemiparese links und Neglect nach links, arterielle Hypertonie, andere Vorerkrankungen: Adipositas, St. p. offene Lungen-TBC mit 4 Jahren, St. p. Sterilisation, St. p. Diskusprolaps L4/5 und L5/S1 2004 mit konservative Therapie,

stationärer Patientenbrief der Klinik für Notfallmedizin des AKH Wien vom 25.11.2012/Diagnosen: Synkopen und Kollaps, Black-out, Ohnmacht, Anamnese: St. p. Mediainsult 2010, weitere Therapie:

Acecomb semi, ThAss, Carvedilol 25, Acetan 10,

eJournal der neurologischen Klinik des AKH Wien vom 23.10.2013: St.

p. Mediainsult rechtshirnig 10/2010 seither Hemiparese links, unwillkürliche Streckbewegung der linken Finger, da Pneumonie linke obere Extremität und anschließend kurze Bewusstlosigkeit, kein Sturz, kurz verwirrt, insgesamt 3. Solche Episoden seit dem Insult, mehrfache EEGs o. B. lt. mündlicher Auskunft, Medikation: Omec, ThAss, Carvedilol, Acetan, Co-Acetan,

Ambulanzkarte aktuell des Otto-Wagner-Spitals vom 09.12.2014/Diagnosen: COPD IV, Lungenemphysem, St. p. cerebrale ischämischem Insult 10/2010, chronischer Nikotinabusus ca. 30 PY, arterielle Hypertonie, Hyperlipidämie, Adipositas, Medikation:

Ultibro 85/43 1-0-0, Foster Nexthaler 2-0-2, Berodual DA 2 Hübe bei Atemnot maximal 4x täglich, Lungenfunktion: hochgradige obstruktive Ventilationsstörung mit Emphysem Zeichen, FEV1%/FVC: 57%,

Patientenbrief des Otto-Wagner-Spitals vom 17.02.2015/Diagnosen: St.

p. ACMD-Insult 10/2010, arterielle Hypertonie, Hyperlipidämie, Nikotinabusus, Barthel Score bei der Aufnahme: 95/bei Entlassung:

95, stand/Gang: die Patientin kann ohne Hilfsmittel freistehenden kurze Strecken auch ohne Stock gehen, Unterberger und Romberg nicht durchführbar, beim Gehen linkes Bein circumduzierend, linke Schulter tiefer stehend, linker Arm wird in Beugestellung, Wernicke-Mann'sches Gangbild, sprach intakt, Therapieempfehlung:

Omec 20, ThAss 100, Carvedilol 25 Marzipan 10, Lisinocomp, Ultibro 85/43, Foster Nexthaler 100/6, Berodual DA,

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

Guter Allgemeinzustand

Ernährungszustand:

Guter Ernährungszustand

Größe: 169 cm Gewicht: 124 kg Blutdruck: 135/80

Klinischer Status - Fachstatus:

Sauerstoffsättigung der Raumluft: pO2: 94%, Puls: 73/min, keine Ruhedyspnoe

Kopf: Zähne: saniert, Lesebrille, Sensorium frei, flächenhaftes Erythem im Bereich des gesamten Gesichtes (Dermatitis rosacea), Nervenaustrittspunkte unauff.,

Hals: keine Einflussstauung, Schilddrüse schluckverschieblich, Lymphknoten o.B.,

Thorax: symmetrisch, flächenhaftes Exanthem im Bereich der als ventralen Thorax (Dermatitis rosacea)

Herz: normal konfiguriert, Herztöne rein, keine pathologischen Geräusche,

Lunge: verschärftes Atemgeräusch, Basen gut verschieblich, son. Klopfschall,

Wirbelsäule: Halswirbelsäule frei beweglich, Kinn-Jugulum-Abstand 2cm, seichte linkskonvexe Skoliose der Brustwirbelsäule, Hyperlordose der Lendenwirbelsäule, Fingerbodenabstand 10cm, thorakaler Schober 30/33cm, Ott: 10/14cm, Hartspann der Lendenwirbelsäule,

Abdomen: weich, über Thoraxniveau, Hepar und Lien nicht palpabel, keine Resistenz tastbar, blande Narbe nach Tubenligatur,

Nierenlager: beidseits frei, obere Extremität: frei beweglich bis auf Elevationsstörung des linken Armes, ohne Zuhilfenahme des rechten der rechten Hand kann eine Elevation bis 80° erreicht werden, deutliche Funktionsstörung der linken Hand, nur als Hilfshand zu verwenden, rechts Globalfunktion und grobe Kraft erhalten, Nacken- und Kreuzgriff nur rechts möglich,

untere Extremität: frei beweglich bis auf spastische Parese des linken Beines mit

Koordinationsstörung, Einschränkung der Dorsalflexion des linken Sprunggelenkes 0/0/20°

Fehlstellung beider Kniegelenke mit Valgisierung 10° bei freier Beweglichkeit und festem Bandapparat, Umfang des rechten Kniegelenkes: 48cm (links: 48,5cm), Rückflussstörungen im Bereich des linken Unterschenkels, Umfang des linken Unterschenkels: 45cm (rechts: 43,5cm), keine Ödeme, keine trophischen Hautstörungen, Reflex lebhaft auslösbar,

Babinski negativ, Zehenballengang beidseits unter Zuhilfenahme eines Stockes möglich, Fersengang nur rechts möglich,

Gesamtmobilität - Gangbild:

deutliche Gangataxie, ein Stock als Gehhilfe, keine objektivierbare Sturzneigung,

Status Psychicus:

zeitlich und örtlich orientiert, ausgeglichene Stimmungslage, normale Kommunikation möglich,

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

GdB %

1

Hemisyndrom links nach stattgehabtem Schlaganfall mittlerer Rahmensatz, da selbstständige Fortbewegung möglich

04.01.02

60

2

chronisch obstruktive Lungenerkrankung bei Nikotinabusus, Lungenemphysem, Zustand nach abgeheilter Lungentuberkulose im 4. Lebensjahr unterer Rahmensatz, da unter Therapie stabil, FEV 1%/FVC: 57% und keine signifikante Oxygenierungsstörung nachweisbar

06.06.03

50

3

mäßiger Bluthochdruck fixer Rahmensatz

05.01.02

20

4

degenerative Veränderung der Wirbelsäule, Zustand nach Diskusprolaps L4/5 und L5/S1 mit konservativer Therapie 2004 oberer Rahmensatz, da nachvollziehbare Symptomatik ohne Erfordernis einer analgetischen Dauertherapie und geringe Funktionseinschränkung

02.01.01

20

5

allergische Rhinokonjunktivitis unterer Rahmensatz, da milde Ausprägung und nur saisonales Therapieerfordernis

12.04.03

10

 

Gesamtgrad der Behinderung 70 v.H.

 

 

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das führende Leiden unter lf. Nr. 1) wird durch die Gesundheitsschädigung unter lf. Nr. 2) um eine Stufe erhöht, da dieses Leiden bei der Gesamtleidensbeurteilung eine wesentliche Rolle spielt. Die übrigen Leiden erhöhen nicht, da kein maßgebliches ungünstiges funktionelles Zusammenwirken besteht.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Zustand nach Tubenligatur ohne Folgeschaden bedingt keinen Grad der Behinderung.

Übergewicht und erhöhter Blutfettspiegel stellen zwar einen Risikofaktor dar, erreichen jedoch keinen Grad der Behinderung.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten: Erstgutachten

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Erstgutachten

[x] Dauerzustand

...

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine, da die anerkannten Gesundheitsschädigungen keine erhebliche Einschränkung der Mobilität zur Folge haben.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein, da keine erhebliche Einschränkung des Immunsystems durch objektive medizinische Befunde belegt wird.

..."

Unter Zugrundelegung dieses ärztlichen Sachverständigengutachtens wurde der Beschwerdeführerin am 25.05.2018 ein Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 70 v.H. ausgestellt.

Mit E-Mail vom 04.06.2018 beantragte die Beschwerdeführerin, bevollmächtigt vertreten durch ihren Ehemann, die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29 b StVO (Parkausweis) sowie die Vornahme der Zusatzeintragungen "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" und "Die Inhaberin des Passes ist überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen" in den Behindertenpass und legte dabei neben der Vertretungsvollmacht einen Antrag auf Kostenübernahme für die Beförderung durch einen Vertragsfahrtendienst bei der WGKK vom 31.10.2014 und den Fahrausweis für die Beförderung durch einen Vertragsfahrtendienst, ärztliche Zuweisungen für Heilgymnastik, Massage und neurophysiologische Behandlungen aus den Jahren 2012 und 2018 und einen Eigentumsvorbehalt für einen seitens der KFA zur Verfügung gestellten Rollstuhl vom 22.11.2013 vor. Weiters wurde vorgebracht, dass im eingeholten Sachverständigengutachten erwähnt werde, die Beschwerdeführerin sei wegen Begleitdepressionen einmal wöchentlich in Psychotherapie. Dies entspreche nicht den Gegebenheiten, die Beschwerdeführerin erhalte seit Beendigung ihrer ersten Rehabilitation eine Physiotherapie, was den angeschlossenen Verordnungen zu entnehmen sei. Während einer Behandlung in der Tagesklinik des Otto-Wagner-Spitals sei 2014/2015 seitens der KFA auch die Beförderung durch einen Vertragsfahrtendienst mit dem Hinweis "Die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels (Straßenbahn, Autobus) ist aus nachstehenden Gründen nicht möglich:

Halbseitenlähmung" genehmigt worden. Die entsprechende Bestätigung sei ebenfalls beigelegt. Der Sachverständige für Allgemeinmedizin habe selbst darauf hingewiesen, dass durch die schwere Lungenerkrankung COPD Atemnot bei Belastung eintrete, habe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel jedoch trotzdem für zumutbar gehalten. Dabei handle es sich um einen Widerspruch, sei es der Beschwerdeführerin nämlich kaum mehr möglich, ihr tägliches Leben zu bewältigen und auch mit Hilfe eines Gehstockes eine Strecke von mehr als 100 Metern zu Fuß zu gehen, ohne mehrmals rastend und nach Atem ringend anzuhalten, wodurch selbst der Weg in eine naheliegende Apotheke für sie unmöglich geworden sei.

Die belangte Behörde ersuchte in der Folge den bereits befassten allgemeinmedizinischen Sachverständigen um eine ergänzende Stellungnahme.

In der Stellungnahme vom 09.07.2018, basierend auf der Aktenlage, führte dieser Folgendes aus:

"...

Die Antragwerberin ist mit der Einschätzung aus 03/2018 nicht einverstanden und lässt durch ihren Vertreter einwenden, dass eine maßgebliche Beeinträchtigung der Mobilität vorläge, die eine Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar macht und die Antragwerberin auf den überwiegenden Gebrauch eines Rollstuhls angewiesen sei.

Es wurde im Gutachten auf alle relevanten Gesundheitsschädigungen ausführlich eingegangen und diese unter lf. Nr. 1) bis 5) im Gutachten erfasst. Es liegt zwar eine Gangstörung vor, es ist jedoch der Antragwerberin möglich unter Zuhilfenahme eines Stockes eine kurze Wegstrecke von mehr als 300 Metern zu Fuß ohne Unterbrechung, ohne überdurchschnittliche Kraftanstrengung, ohne große Schmerzen und ohne fremde Hilfe zurückzulegen. Es sind keine Behelfe erforderlich, die das Ein- und Aussteigen sowie die sichere Beförderung unter Verwendung von Ausstiegshilfen und Haltegriffen in einem öffentlichen Verkehrsmittel wesentlich beeinträchtigen.

Ein Herzleiden, welches eine hochgradige Einschränkung der Auswurfleistung zur Folge hat und eine signifikante Belastungsstörung verursacht, kann bei der klinischen Untersuchung und aufgrund der vorliegenden Befunde nicht ermittelt werden. Es liegen keine erheblichen Einschränkungen der psychischen, neurologischen und intellektuellen Funktionen vor; die Gefahreneinschätzung im öffentlichen Raum ist gegeben.

Es besteht keine massive hochgradige Atemnot schon bei geringster Belastung und keine Indikation für eine Langzeitsauerstofftherapie. Sohin sind öffentliche Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der dauernden Gesundheitsschädigungen zumutbar.

Die Zusatzeintragungen "auf den überwiegenden Gebrauch eines Rollstuhls angewiesen" ist aufgrund des anlässlich der klinischen Untersuchung erhobenen Status nicht gerechtfertigt, da eine selbstständige Fortbewegung mit Hilfsmittel möglich ist.

Es werden keine neuen objektiven medizinischen Befunde vorgelegt, die von dem hierorts erhobenen Status abweichen und sohin hinsichtlich der "Unzumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel" und des behinderungsbedingten "überwiegenden Erfordernisses eines Rollstuhls" ein abweichendes Kalkül bedingen."

Mit Schreiben vom 12.07.2018 brachte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 45 AVG zur Kenntnis und räumte ihr die Möglichkeit einer Stellungnahme ein.

Mit Email vom 03.08.2018 gab die durch ihren Ehemann bevollmächtigt vertretene Beschwerdeführerin eine Stellungnahme ab. Darin brachte sie im Wesentlichen vor, die Wegstrecke zur nächstgelegenen Apotheke betrage etwa 310 Meter. Die Beschwerdefühererin habe daher versucht, die Behauptung, die der Sachverständige aufgestellt habe, umzusetzen, und eine "Strecke von mehr als 300 Metern zu Fuß ohne Unterbrechung, ohne durchschnittliche Kraftanstrengung, ohne große Schmerzen und ohne fremde Hilfe" zurückzulegen. Bereits nach etwa 100 Metern habe die Beschwerdeführerin eine Pause einlegen müssen, da sie durch ihr COPD IV Leiden außer Atem gewesen sei. Zum Glück hätten die Beschwerdeführerin und ihr Mann den von der Krankenkassa zur Verfügung gestellten Rollstuhl mitgeführt, auf dem sich die Beschwerdeführerin niederlassen habe können. Den Versuch, die restliche Strecke von etwa 210 Metern in einem Zug zu Fuß und nur unter Zuhilfenahme des Gehstockes zu bewältigen habe sie nach weiteren 100 Metern abbrechen müssen, da aufgrund der Atemnot erneut eine Pause im Rollstuhl benötigt worden sei. Mittlerweile schmerze durch die Anstrengungen auch der rechtsseitige Bewegungsapparat selbst (Knie und Hüfte, die durch die Folgen des Schlaganfalls nur mehr eingeschränkt nutz- und steuerbar seien) bereits so stark, dass sie auf eine weitere Etappe verzichten habe müssen und die Beschwerdeführerin im Rollstuhl sitzend vollkommen erschöpft wieder in die Wohnung gebracht worden sei. Wie sich aus ein paar Schritten in den Praxisräumen im Rahmen der Gutachtenserstellung behaupten lasse, dass die Beschwerdeführerin eine Strecke von mehr als 200 Metern zurücklegen könne, entziehe sich jedem menschlichen Verständnis. Betreffend das Ein- und Aussteigen in öffentliche Verkehrsmittel werde darauf hingewiesen, dass die in der Nähe der Wohnung verlaufenden Straßenbahnlinien 30 und 31 nicht nur von Niederflurwagen befahren werde, sondern in den verkehrsarmen Zeiten von den klassischen Garnituren mit drei Stufen bedient werde. Auch bei den Niederflurgarnituren, die meist stärker frequentiert seien und in denen man nicht immer einen Sitzplatz finde, sowie in Bussen bestehe das Problem, sich mit nur einer funktionierenden Hand anzuhalten, ohne gleichzeitig den Gehstock fallen zu lassen. Zur Anmerkung des Sachverständigen, dass keine massive hochgradige Atemnot schon bei geringster Belastung und keine Indikation für eine Langzeitsauerstofftherapie bestehe, werde entgegnet, dass nur durch die medikamentöse Behandlung mit Ultibro 85/43 und Foster Nexthaler 100/6 glücklicherweise eine Langzeitsauerstofftherapie noch nicht notwendig sei. Der Beschwerdeführerin sei die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar. Es werde um eine weitere Begutachtung durch einen zweiten Sachverständigen - vorzugsweise durch einen Facharzt für Neurologie - ersucht.

Aufgrund der Einwendungen der Beschwerdeführerin ersuchte die belangte Behörde den bereits befassten Sachverständigen und Arzt für Allgemeinmedizin um eine ergänzende Stellungnahme. In der Stellungnahme vom 12.11.2018, basierend auf der Aktenlage, wurde Folgendes ausgeführt:

"...

Die Antragwerberin ist mit dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht einverstanden und macht geltend, dass aufgrund der Mobilitätseinbusse und des Lungenleidens eine Unzumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel bestünde und der überwiegenden Gebrauch eines Rollstuhls erforderlich sei.

Es wird ein Antrag auf Kostenübernahme für die Beförderung durch einen Fahrtendienst und eine Verordnung für physikalische Maßnahmen vorgelegt.

Es werden jedoch keine neuen objektiven medizinischen Befunde beigebracht, die vom Ermittlungsergebnis abweichen und insbesondere ein höheres Funktionsdefizit belegen, als anlässlich der amtswegigen durchgeführten Untersuchung ermittelt werden konnte.

Bei Fehlen abweichender medizinische Befunde kann keine Änderung in Kalkül hinsichtlich der Unzumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel und dem Erfordernis eines Rollstuhls erfolgen.

..."

Mit angefochtenem Bescheid vom 20.11.2018 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragungen "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" und "Die Inhaberin des Passes ist überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen" in den Behindertenpass ab. In der Begründung des Bescheides werden im Wesentlichen die Ausführungen des eingeholten Sachverständigengutachtens vom 25.05.2018, welches als schlüssig erachtet werde, wiedergegeben. Der Beschwerdeführerin sei Gelegenheit gegeben worden, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Aufgrund der im Zuge des Parteiengehörs vorgebrachten Einwände sei eine abermalige Überprüfung durch den ärztlichen Sachverständigen durchgeführt und festgestellt worden, dass sich keine Änderung im Ergebnis des Ermittlungsverfahrens ergeben habe. Mit dem Bescheid wurden der Beschwerdeführerin das ärztliche Sachverständigengutachten und die ergänzenden Stellungnahmen des Gutachters übermittelt. Weiters wurde im Bescheid angemerkt, dass über den Antrag auf Ausstellung eines § 29b-Ausweises nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) nicht abgesprochen werde, da laut Entscheidung der belangten Behörde die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht vorlägen.

Mit Email vom 08.01.2019 erhob die Beschwerdeführerin, bevollmächtigt vertreten durch ihren Ehemann, gegen diesen Bescheid fristgerecht die gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Dabei brachte sie vor, der Sachverständige, dessen persönliche Begutachtung bereits zehn Monate zurückliege, sei in keinster Weise auf die Einwände der Beschwerdeführerin eingegangen. Wie bereits in der Stellungnahme zum Parteiengehör ausgeführt, sei es der Beschwerdeführerin nicht möglich, auch nur annähernd eine Strecke von 300 Metern ohne Unterbrechung zurückzulegen. Im Sachverständigengutachten vom März 2018 habe der Gutachter angeführt, dass es bei körperlicher Anstrengung zu Atemnot kommen könne, was jedoch in weiterer Folge nicht in der Beurteilung berücksichtigt worden sei. Auch der Umstand, dass sich die Beschwerdeführerin nicht einmal wöchentlich in psychologischer, sondern in physiologischer Behandlung durch Hausbesuche einer Physiotherapeutin befinde, sei nicht korrigiert beziehungsweise für eine Neubeurteilung herangezogen worden. Die belangte Behörde sei auch dem Ersuchen nach der Einholung eines weiteren ärztlichen Sachverständigengutachtens nicht nachgekommen. Der Beschwerde wurden keine medizinischen Befunde angeschlossen.

Aufgrund der Einwendungen der Beschwerdeführerin in der Beschwerde ersuchte das Bundesverwaltungsgericht um Erstellung eines Sachverständigengutachtens. In dem auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 12.03.2019 basierenden Gutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 13.05.2019 wurde Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:

"...

SACHVERHALT:

Gegen den Bescheid des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen vom 20.112018, mit welchem der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" und "Die Inhaberin des Passes ist überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen" in den Behindertenpass abgewiesen wird, wird Beschwerde vorgebracht.

Im Beschwerdevorbringen der BF vom 08.01.2019, Abl. 87, wird eingewendet, dass das Zurücklegen einer Entfernung von 300 m ohne Unterbrechung nicht möglich sei, die Atemnot sei nicht berücksichtigt worden, sie befinde sich einmal wöchentlich zuhause in physiotherapeutischer Behandlung.

Im Beschwerdevorbringen vom 3.8.2018, Abl. 77-78, wird angemerkt, dass eine COPD IV festgestellt worden sei und es bereits nach kurzen Anstrengungen zur Atemnot komme. Die Wegstrecke betrage 310 m. Bereits nach 100 m müsse die BF eine Pause einlegen, da sie außer Atem sei, und sich auf einen Rollstuhl niederlassen. Nach weiteren 100 m sei eine neuerliche Pause im Rollstuhl erforderlich gewesen. Sie habe auch Schmerzen im Bewegungsapparat rechts. Bei Zustand nach Schlaganfall mit halbseitigen Lähmungserscheinungen sei sie sehr stark beeinträchtigt und könne Stufen in alte Straßenbahngarnituren nicht bewältigen, da sie nur eine funktionierende Hand habe und in dieser den Stock halte. Eine Langzeitsauerstofftherapie sei unter Behandlung mit Ultibro und Foster noch nicht notwendig. Ohne überwiegenden Gebrauch des Rollstuhls könne sie sich außerhalb der Wohnung nicht fortbewegen.

Im Beschwerdevorbringen vom 4.6.2018. Abl. 63-64, wird eingewendet:

dass es nicht richtig sei. dass eine Psychotherapie einmal pro Woche angewendet werde. sondern vielmehr eine Physiotherapie. Die Beförderung durch einen Vertragsfahrtendienst sei genehmigt worden, da die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels aus nachstehenden Gründen nicht möglich sei: Halbseitenlähmungen (Bestätigung der KFA).

Dass zwar eine Lungenerkrankung mit COPD vorliege, jedoch die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht ausgeschlossen sei, stelle einen Widerspruch dar, sie könne kaum mehr als 100 m zu Fuß mit Gehstock gehen. müsse mehrmals rasten und habe Atemnot.

Ergebnis der Begutachtunq vom 9.3.2018, Abl.57:

1 Hemisyndrom links nach stattgehabtem Schlaganfall, selbständige Fortbewegung möglich 60%

2 Chronisch obstruktive Lungenerkrankung bei Nikotinabusus, Lungenemphysem, Zustand nach abgeheilter Lungentuberkulose im 4. Lebensjahr, unter Therapie stabil 50 %

3 Mäßiger Bluthochdruck 20 %

4 Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule. Zustand nach Diskusprolaps 1.4/1.5 und L5/S1 mit konservativer Therapie 2004 20 %

5 Allergische Rhinoconjunctivitis 10 %

Vorgeschichte:

2010 cerebral ischämischer Insult im Bereich der A. cerebri media rechts mit Hemiparese links, Bluthochdruck

2004 Diskusprolaps L4/L5 und L5/S1, konservative Therapie

COPD IV, Lungenemphysem

Synkopen

Zwischenanamnese seit 03/2018:

Keine Operation

Stationärer Aufenthalt 10/2018 nach Sturz auf Stiege, Wunde im Bereich des linken Schienbeins, noch nicht verheilt.

Befunde:

Abl. 68, Verordnung Physiotherapie vom 23.1.2018 und 17.8.2012 (Zustand nach TIA, Hemiparese links)

Abl. 45-52, Bericht neurologisches Zentrum Otto Wagner Spital 17.2.2015 (Zustand nach Arteria cerebri media dext. Insult 10/2010, Bluthochdruck, Hyperlipidämie, Nikotinabusus. Nikotin:

durchschnittlich 20 Zigaretten pro Tag, Alkohol: täglich bis 1/4 Wein.

In den ADLs fast komplett selbstständig, benötigt minimale Hilfe beim Baden und beim Frisieren. Parese linke untere Extremität proximal bis distal KG 2-4, linke obere Extremität hochgradige Hemiparese, bei Entlassung mit einer Hilfsperson gehfähig, weitere Rehabilitation in Bad Pirawarth. Mobile Physiotherapie einmal pro Woche.)

Abl. 42-44 Bericht neurologisches Zentrum Otto Wagner Spital 30.1.2015 (grobmotorische Funktionsgriffe und feinmotorische Präzisionsgriffe links sind eingeschränkt möglich, das Fixieren von Gegenständen in der linken Hand ist möglich, Sensibilität linke obere Extremität distal reduziert. Kochen mit Verwendung von Hilfsmitteln gut möglich, Tempo reduziert, Schuhe anziehen und Binden der Schuhbänder mit Knoten möglich, Schmerzen an der linken oberen Extremität treten nicht mehr auf, Besserung der Tonusverhältnisse nach Behandlung mit Botox, Versorgung mit Schienen.)

Abl. 41, Befund 2. interne Lungenabteilung Otto Wagner Spital 9.12.2014 (COPD IV, Lungenemphysem, chronische Nikotinkonsum ca. 30PY, Bluthochdruck, Therapie mit Ultibro und Foster, Berodual bei Atemnot bis viermal täglich. Lungenfunktion: hochgradige obstruktive Ventilationsstörung mit Emphysemzeichen, FEVI 27 0/0, erhöhter Atemwegswiderstand, Inhalationsschulung und antiobstruktive Therapie)

Abl. 24-30, Bericht RZ Pirawarth 8.6.2012

Abl. 19-23 Bericht RZ Pirawarth 9.12.2010

Abl. 10-13 Bericht Neurologie AKH 12.11.2010 (ischämische Insult Arteria cerebri media rechts mit beinbetonter Hemiparese links)

Sozialanamnese: Verheiratet, 3 erwachsene Kinder, lebt in Maisonette, Erdgeschoss +1.

Stock

Berufsanamnese: Trafikantin bis 2010, Hausfrau

Medikamente: Lisinocomp, ThromboASS, Aquaphoril. Pantoloc, Lasix, Diltiazem Lisinopril.

Foster. Ultibro

Allergien: 0

Nikotin: 10

Laufende Therapie: Physiotherapie 1x / Woche

Derzeitige Beschwerden:

"Beschwerden habe ich vor allem nach einem Sturz im Oktober 2018 im linken Bein, habe hier kein Gefühl. die Wunde über dem Schienbein ist immer noch nicht verheilt. Kann keine 300 m gehen, derzeit noch schlechter wegen des Ulcus am linken Bein. Habe kein Gefühl in den Beinen und immer wieder Schwindel, gehe mit Stock in der rechten Hand. Das linke Bein wurde im letzten Jahr eher schlechter.

Seit 2014 verwende ich einen Lungenspray, vorher hatte ich keine Behandlung der Lunge. Muss ständig ein WC aufsuchen. Verwende den Rollstuhl für längere Strecken, 120 m bis zum Hausarzt konnte ich vor 2 Jahren selber gehen, jetzt ist es nicht mehr möglich wegen der allgemeinen Erschöpfung und Schmerzen in Sprunggelenk, Hüften und rechtem Kniegelenk. Habe einmal in der Woche Physiotherapie, PT kommt nach Hause. Letzter Rehabilitationsaufenthalt war 2015, war zweimal zur Rehabilitation in Bad Pirawarth."

STATUS:

Allgemeinzustand gut. Ernährungszustand: BMI 37,0

Größe 170 cm, Gewicht 107 kg, RR 125/80, 55a

Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen.

Thorax: symmetrisch, elastisch

Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA, keine Obstruktion. Basen nicht tiefer HAT rein, rhythmisch.

Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar: kein Druckschmerz.

Integument: unauffällig

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:

Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal: symmetrische Muskelverhältnisse.

Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird am linken Arm als gestört angegeben.

Sämtliche Gelenke rechts sind bandfest und klinisch unauffällig, links äußerlich unauffällig, endlagige Bewegungsschmerzen.

Aktive Beweglichkeit: Rechts frei, links: Schultern aktiv 0/80°, passiv 0/120, R mäßig eingeschränkt, Ellbogengelenk 0/30/120, Unterarmdrehung endlagig eingeschränkt, Handgelenk 0/60/70, Finger aktiv links nicht beweglich, passiv Strecken nicht zur Gänze möglich, Kraft proximal KG 4 distal KG1. Rechts frei, Grob- und Spitzgriff sind links aktiv nicht durchführbar. Der Faustschluss ist links nicht möglich.

Nacken- und Schürzengriff sind rechts uneingeschränkt links nicht durchführbar.

Becken und beide unteren Extremitäten:

Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang: bds. möglich,

Fersengang: rechts möglich, links nicht möglich.

Der Einbeinstand ist mit Anhalten sicher möglich. Die tiefe Hocke ist nicht möglich. Die Beinachse zeigt ggr. Valgusstelung der Kniegelenke, annähernd symmetrische Muskelverhältnisse.

Beinlänge ident.

Die Durchblutung ist ungestört, ggr. Ödem links, keine Varizen, die Sensibilität wird im Bereich des linken Unterschenkels als gestört angegeben.

Linkes Bein kühler, ggr. livid, ggr. spastisch

Über dem mittleren Drittel des Unterschenkels bds Ulcus von 3x5 cm:

putride Sekretion.

Sprunggelenk links: in Mittelstellung fixiert.

Kraft links: Hüftbeugen KG 5, Kniestrecken KG 5, Kniebeugen KG 4, Sprunggelenk fixiert, Zehenbeweglichkeit KG 4

rechts proximal und distal KG 5

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie annähernd frei, Sprunggelenk links in Mittelstellung fixiert, Zehen annähernd frei beweglich.

Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° möglich.

Wirbelsäule:

Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, ggr. Hartspann, kein Kopfschmerz über der Wirbelsäule.

Aktive Beweglichkeit:

HWS: in allen Ebenen endlagig eingeschränkt beweglich

BWS/LWS: FBA: 30 cm, in allen Ebenen endlagig eingeschränkt beweglich

Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt mit Rollstuhl in Begleitung. das Gehen im Untersuchungszimmer ist ohne Anhalten geringgradig links hinkend, angedeutet Wernicke-Gangbild, der linke Arm wird nicht mitbewegt, abgewinkelt am Oberkörper anliegend gehalten. Richtungswechsel ohne Anhalten sicher möglich.

Das Aus- und Ankleiden wird zum Teil selbständig im Sitzen durchgeführt.

Status psychicus: Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.

STELLUNGNAHME:

ad 1) Diagnosenliste:

1 Halbseitenlähmungen links armbetont nach Schlaganfall 2010

2 Chronisch obstruktive Lungenerkrankung bei Nikotinabusus. Lungenemphysem, Zustand nach abgeheilter Lungentuberkulosen 4. Lebensjahr, COPD IV

3 mäßiger Bluthochdruck

4 degenerative Veränderungen der Wirbelsäule

5 allergische Rhinoconjunctivitis

Ulcus Unterschenkel beidseits nach Trauma: kein dauerhaftes Leiden.

ad 2) Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor?

Nein.

Das Gehen im Untersuchungszimmer ist ohne Anhalten geringgradig links hinkend angedeutet Wernicke-Gangbild, der linke Arm wird nicht mitbewegt. abgewinkelt am Oberkörper anliegend gehalten. Richtungswechsel ohne Anhalten sicher möglich. Bei geringgradig distal betonter Schwäche und geringgradiger Spastizität des linken Beins konnte keine höhergradige Gangbildbeeinträchtigung feststellen, das Gehen ohne Gehhilfe im Untersuchungszimmer war möglich. Die geringgradige Gangbildbeeinträchtigung ist überwiegend bedingt durch die eingeschränkte Beweglichkeit im linken Sprunggelenk, eine höhergradige Parese liegt nicht vor.

ad 3) Liegen erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor?

Nein. Es konnte zwar eine Lungenfunktionseinschränkung. bekannt seit 2014 und seither in Behandlung, dokumentiert werden. klinisch konnten jedoch weder eine Obstruktion noch maßgeblich tiefer stehende Lungenbasen festgestellt werden. sodass eine medikamentös ausreichende Kompensation vorliegt, kein Hinweis für Dyspnoe.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit sind nicht objektivierbar.

ad 4) Liegen erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen vor?

Nein.

Es liegen zwar ein geringgradiges neurologisches Defizit im linken Bein distal betonte vor und eine mittelgradige Funktionseinschränkung im Bereich der Gelenke der linken oberen Extremität mit eingeschränkter Funktion der linken Hand, diese nur als Hilfshand verwendbar, die armbetonte Hemiparese links führt jedoch nicht zu einer erheblichen Erschwernis beim Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300-400 m und Benützen öffentlicher Verkehrsmittel.

In welchem Ausmaß wirken sich die festgestellten Leidenszustände in Zusammenschau mit den in Abl. 55-61, 71-72 und 80 festgestellten Erkrankungen nach ihrer Art und Schwere auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus?

Die festgestellten Leidenszustände verunmöglichen nicht das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300-400 m, Überwinden von Niveauunterschieden zum Aussteigen in öffentlichen Verkehrsmitteln bzw. den sicheren Transport. Das Hemisyndrom links ist armbetont, es konnte ohne Gehilfe ein ausreichend sicheres Gangbild festgestellt werden, COPD wurde 2014 diagnostiziert, die Einstufung mit Grad IV ist auf den unbehandelten Status zurückzuführen, etablierte antiobstruktive Therapie hat zu einer Besserung geführt. Aktuelle Befunde liegen nicht vor, der klinische Untersuchung des Befundes zeigt jedoch keinen Hinweis auf eine höhergradige Lungenfunktionseinschränkung. Eine Langzeitsauerstofftherapie ist nicht etabliert.

Der mäßige Bluthochdruck führt zu keiner erheblichen Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit. Im Bereich der Wirbelsäule konnten keine höhergradigen Funktionseinschränkungen festgestellt werden. Die allergische Rhinoconjunctivitis führt zu keiner erheblichen Einschränkung beim Erreichen und Benützen öffentlicher Verkehrsmittel.

Zu allfälligen Schmerzzuständen (Art und Ausmaß) ist Stellung zu nehmen, die speziell mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einhergehen.

Art und Ausmaß allfälliger Schmerzzustände, die speziell mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einhergehen, können nur indirekt erfasst werden.

Anhand des beobachteten Gangbilds mit geringgradig links hinkendem Gehen und sicherer Gesamtmobilität, des aktuellen Untersuchungsergebnisses mit ausreichender Beweglichkeit der unteren Extremitäten und der derzeitigen Therapieerfordernis (analgetische Bedarfsmedikation) ergibt sich kein Hinweis auf höhergradige Schmerzzustände, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke. das Überwinden von Niveauunterschieden und das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschwerten.

Sofern aus med. Sicht zumutbare therapeutische Optionen oder Kompensationsmöglichkeiten betreffend die festgestellten Leidenszustände gegeben sind, sind diese darzulegen.

Die Intensivierung physikalischer und ergotherapeutischer Maßnahmen stellt eine zumutbare Therapieoption dar.

Um ausführliche Begründung, wenn eine Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vorliegt, wird ersucht.

Es liegen keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten und der

Wirbelsäule vor, welche die Mobilität erheblich und dauerhaft einschränkten

Es sind belastungsabhängige Probleme bei Zustand nach Insult mit armbetonter Hemiparese links im Vordergrund, welche die Steh- und Gehleistung mäßig einschränken. Die Gesamtmobilität ist jedoch ausreichend, um kurze Wegstrecken von etwa 300-400 m, allenfalls unter Verwendung einer einfachen Gehhilfe, zurücklegen zu können und um Niveauunterschiede zu überwinden, das sichere Aus- und Einsteigen ist möglich.

An den oberen Extremitäten sind rechts keine höhergradigen Funktionsbehinderungen eine ausreichende Kompensation der linken oberen Extremität ist möglich. sodass die Benützung von Haltegriffen zumutbar und möglich ist.

Es liegt kein Hinweis für eine relevante Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit, insbesondere keine hochgradige Lungenfunktionseinschränkung, vor, sodass eine erhebliche Erschwernis beim Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, Be- und Entsteigen sowie bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht begründbar ist.

Die behinderungsbedingte Erfordernis der überwiegenden Verwendung eines Rollstuhls ist durch festgestellte Funktionseinschränkungen und dokumentierte Leiden nicht ausreichend begründbar.

ad 5) Stellungnahme zu den Einwendungen der BF Abl. 63-64,77-78,86-87

Vorgebracht wird, dass aufgrund der Hemiparese links und der Lungenfunktionseinschränkung das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel nicht möglich ist.

Dem wird entgegengehalten, dass anhand vorgenommener Untersuchung und vorgelegter Befunde eine erhebliche Erschwernis beim Zurücklegen kurzer Wegstrecken und Benützen öffentlicher Verkehrsmittel nicht nachvollziehbar ist, weitere Begründung siehe oben.

ad 6) Stellungnahme zu allfälligen von den angefochtenen Gutachten Abl. 55 - 61 abweichenden Beurteilungen

Keine abweichende Beurteilung

ad 7) Feststellung ob bzw. wann eine Nachuntersuchung erforderlich ist

Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich.

ad 8) Wurden im Rahmen der nunmehrigen Begutachtung weitere Befunde vorgelegt, welche der Erneuerungsbeschränkung unterliegen?

Wenn ja, Stellungnahme, ob aus den neu vorgelegten Befunden eine andere med. Beurteilung abzuleiten wäre.

Nachgereichter Befund:

Antrag auf Verlängerung der medizinischen Hauskrankenpflege vom 26.3.2019 - 22.4.2019 (chronische Wunde, Ulcus cruris beidseits):

Nicht relevant für beantragte Zusatzeintragung."

Mit Schreiben vom 11.06.2019 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerdeführerin und der belangten Behörde das genannte Gutachten vom 13.05.2019 im Rahmen des Parteiengehörs und räumte diesen die Möglichkeit ein, innerhalb einer Frist von zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben.

Mit Fax vom 25.06.2019 gab die Beschwerdeführerin, bevollmächtigt vertreten durch ihren Ehemann eine Stellungnahme ab. Darin wurde erneut auf die Leiden der Beschwerdeführerin, insbesondere die nach einem Schlaganfall bestehende linksseitige Mobilitätseinschränkung und die COPD-Erkrankung, hingewiesen. Die beantragte Zusatzeintragung sei erforderlich, um der Beschwerdeführerin Wegstrecken, die für sie nicht oder nur im Rollstuhl sitzend zu bewältigen seien, ohne große Anstrengungen zurückzulegen. Zudem könnte die Beschwerdeführerin mit der Zusatzeintragung den Eurokey Toilettenschlüssel erwerben, der für sie eine spürbare Erleichterung sowohl bei Einkäufen als auch bei den spärlichen Ausflügen oder Urlauben bedeuten würde. Die Beschwerdeführerin sei nicht an finanziellen Vorteilen interessiert, sondern an einer menschenwürdigen Möglichkeit, die ihren Alltag und den ihres Gatten zu erleichtern. Trotz mehrfachen Hinweisen auf Fehler im Gutachten seien die Einwände immer wieder dem Erstgutachter zur Stellungnahme übermittelt worden, welcher auf keinen der Einwände direkt eingegangen sei und auf die Richtigkeit des Gutachtens bestanden habe. Die seitens des Bundesverwaltungsgerichtes beauftragte Sachverständige habe sich dem Gefühl nach ausreichend Zeit genommen, um den körperlichen Zustand der Beschwerdeführerin zu beurteilen. Umso bestürzter sei sie gewesen, als auch dieses Gutachten von der Möglichkeit der Zurücklegung einer kurzen Wegstrecke von 300 bis 400 Metern ausgegangen und die Nichteintragung der Zusatzeintragung angeregt habe. Ihr sei bewusst, dass sich das Gericht auf Gutachten stützen müsse, die Realität des Zustandes der Beschwerdeführerin entspreche jedoch leider nicht einmal annähernd der Einschätzung des Gutachtens. Sie könne keine Entfernung von 300 Metern ohne Zuhilfenahme eines Rollstuhles oder einer Gehhilfe bzw. eine weitere Person zur Unterstützung zurücklegen.

Die belangte Behörde gab keine Stellungnahme ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin eines Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 70 v.H.

Sie stellte am 04.06.2018 beim Sozialministeriumservice einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO sowie einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragungen "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" und "Die Inhaberin des Passes ist überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen" in den Behindertenpass.

Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

-

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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