TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/19 W211 2220370-1

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Veröffentlicht am 19.07.2019
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Entscheidungsdatum

19.07.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
AsylG 2005 §57
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W211 2220370-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a SIMMA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Somalia, gegen Spruchpunkt I. des Bescheids des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG der Status einer Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

II. Die Spruchpunkte II. und III. werden ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin, eine somalische Staatsangehörige, wurde am XXXX 2019 in Österreich geboren. Ihre Mutter, ebenfalls eine somalische Staatsangehörige, ist in Österreich subsidiär schutzberechtigt; ihr Vater, ein somalischer Staatsangehöriger, ist in Österreich asylberechtigt.

Mit Schreiben vom XXXX .2019 stellten beide Eltern einen Antrag für die Beschwerdeführerin gemäß § 34 AsylG auf Gewährung desselben Schutzes.

Mit Bescheid vom XXXX .2019 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte eine befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt III.).

Gegen den Spruchpunkt I. des Bescheids wurde rechtzeitig eine Beschwerde eingebracht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist eine somalische Staatsangehörige, die am XXXX .2019 in Österreich geboren wurde. Ihre Mutter, ebenfalls eine somalische Staatsangehörige, ist in Österreich subsidiär schutzberechtigt. Ihrem Vater, XXXX , ein somalischer Staatsangehöriger, wurde in Österreich der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Für die Beschwerdeführerin wurde am XXXX .2019 ein Antrag auf internationalen Schutz in Österreich gestellt.

2. Beweiswürdigung:

Die unter 1. getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und sind nicht strittig.

Das Familienverhältnis der Beschwerdeführerin mit ihrem Vater, XXXX , ergibt sich aus der Geburtsurkunde vom XXXX .2019 (AS 5). Dass der Vater der Beschwerdeführerin in Österreich asylberechtigt ist, ergibt sich aus der im Akt aufliegenden Kopie seines Konventionsreisepasses (AS 13) sowie aus einem Auszug aus dem Informationssystem Zentrales Fremdenregister (AS 31ff).

3. Rechtliche Beurteilung:

A) Spruchpunkt I.:

3.1. Rechtsgrundlagen

3.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einer Fremden, die in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status der Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihr im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Flüchtling im Sinne der Bestimmung ist demnach, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb ihres Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

3.1.2. § 34 AsylG:

(1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

[...]

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).

Familienangehöriger im Sinne des AsylG ist, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde [...] (§ 2 Z 22 AsylG).

3.2. Anwendung der Rechtsgrundlagen auf die gegenständliche Beschwerde:

3.2.1. Da die Beschwerdeführerin eine Familienangehörige ihres Vaters ist, dem in Österreich der Status eines Asylberechtigten zukommt, ist ihr gemäß § 34 Abs. 2 und Abs. 4 AsylG der Status einer Asylberechtigten zuzuerkennen. Gründe, die nach § 34 Abs 2 Z 1 und Z 3 AsylG einer solchen Statuszuerkennung entgegenstehen würden, kamen im Verfahren nicht hervor.

3.2.2. In Bezug auf das Vorbringen in der Beschwerde ist auf das Erkenntnis des VwGH, 30.04.2018, Ra 2017/01/0418, zu verweisen:

Darüber hinaus differenziert das Gesetz beim Status des Asylberechtigten jedoch nicht. Weder kennt das Gesetz einen "originären" Status des Asylberechtigten, noch spricht das Gesetz in § 34 Abs. 4 AsylG 2005 davon, dass im Familienverfahren ein anderer, nur "abgeleiteter" Status zuzuerkennen ist. Im Gegenteil spricht der zweite Satz des § 34 Abs. 4 AsylG 2005 ausdrücklich davon, dass "der" Status des Asylberechtigten zuzuerkennen ist, was nur bedeuten kann, dass der Status des Asylberechtigten an sich (ohne weitere Differenzierung) zuzuerkennen ist. Im Übrigen lässt sich auch der Status-Richtlinie 2011/95/EU eine solche Differenzierung bei der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht entnehmen (vgl. insbesondere deren Art. 13).

Ist einem Familienangehörigen - aus welchen Gründen auch immer - ohnedies der Status des Asylberechtigten zu gewähren, so kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, er habe darüber hinaus vorgesehen, dass auch in diesem Fall eigene Fluchtgründe zu prüfen wären. Dies würde der vom Gesetzgeber ausdrücklich angeführten Beschleunigung der Asylverfahren von Asylwerbern im Familienverband entgegenstehen.

Eine weitere Prüfung des Beschwerdevorbringens kann daher entfallen.

3.2.3. Da sich im Verfahren auch keine Hinweise auf Ausschlussgründe des § 6 AsylG ergeben haben, ist der Beschwerdeführerin nach dem oben Gesagten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG der Status der Asylberechtigten zuzuerkennen. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG ist diese Entscheidung mit der Aussage zu verbinden, dass ihr damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

3.3. A) Zu Spruchpunkt II.:

In weiterer Folge waren die Spruchunkte II. und III. des angefochtenen Bescheids ersatzlos zu beheben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei der erheblichen Rechtsfrage betreffend die Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchpunkt A. wiedergegeben.

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen, Schutzunfähigkeit,
Schutzunwilligkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W211.2220370.1.00

Zuletzt aktualisiert am

14.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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