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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO OÖ 1976 §61 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Schömer Leasing Aktiengesellschaft in Klosterneuburg, vertreten durch Dr. Gerhard Eckert, Rechtsanwalt in Wien VI, Mariahilferstraße 1B, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 24. November 1994, Zl. BauR - 011345/1 - 1994 Wö/Neu, betreffend einen Beseitigungsauftrag (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der Landeshauptstadt Linz Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Auf den Parzellen Nr. 831/11 und 831/7, für welche die Widmung "Gebiet für Geschäftsbauten" gilt, befindet sich ein Baufachmarkt. Für die benachbarte Parzelle Nr. 887/1 (Linz, Freistädter Straße 302) gilt die Flächenwidmung "Betriebsbaugebiet".
Die Baubehörde stellte fest, daß auf der zuletzt genannten Parzelle ein in den bei der Behörde erliegenden Plänen nicht aufscheinendes Zelt im Bereich der südöstlichen Außenwand des Baumarktes situiert wurde. Der Abstand zu dieser betrage ca. 4 m. Das 5 m hohe Zelt weise einen Grundriß von ca. 23 m mal 9 m auf. Im Zelt würden Gartenmöbel ausgestellt werden. Der Verbindungsgang zum bestehenden Verkaufsraum mit den Maßen von ca. 3,7 m mal 2 m ist gleichfalls durch Zeltplanen gedeckt.
Ein ursprünglich der F.Sch. GesmbH erteilter Entfernungsauftrag gemäß § 61 Abs. 1 OÖ BauO 1976 wurde mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 15. März 1994 behoben, weil die Beschwerdeführerin Eigentümerin des Gebäudes ist.
Mit Schreiben vom 29. April 1994 richtete der Magistrat der Landeshauptstadt Linz an die Beschwerdeführerin einen Vorhalt, wonach das Zelt der Flächenwidmung widerspreche und ein Beseitigungsauftrag ergehen werde. Die Beschwerdeführerin äußerte sich dahingehend, daß durch das Zelt keine Dritten gefährdet würden.
Mit Bescheid vom 24. Mai 1994 erteilte der Magistrat der Landeshauptstadt Linz der Beschwerdeführerin den Auftrag, das Zelt mit Metallkonstruktion und darüber befindlicher Plane mit den Maßen von ca. 24 m mal 10 m mal 5 m und einem Verbindungsgang zum bestehenden Verkaufsraum mit den Maßen von ca. 3,7 m mal 2 m binnen zwei Wochen nach Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen.
In ihrer Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, die gegenständliche Anlage bedürfe gemäß der OÖ Bauordnung keiner Genehmigung, da diese auf Grund ihrer Konstruktion kein fixes Bauwerk sei, sondern jederzeit ohne erheblichen Aufwand und ohne Fachkenntnisse herzustellen sowie zu beseitigen sei. Da das Zelt nach der OÖ Bauordnung nicht bewilligungspflichtig sei, sei es nicht relevant, daß der betreffende Bereich als Betriebsbaugebiet gewidmet sei. Im Zelt würden Gartenmöbel verkauft bzw. ausgestellt. Das Zelt sei daher lediglich eine temporäre Erweiterung des bestehenden Marktes, "welcher daher jedenfalls der selben Flächenwidmung unterliegt, sodaß der Vorwurf der widmungsfremden Benutzung jedenfalls unbegründet ist".
Im Berufungsverfahren führte der bereits im Bauverfahren erster Instanz beigezogene Amtssachverständige im ergänzenden Gutachten vom 8. Juli 1994 folgendes aus:
"Die Gesamtverkaufsfläche des Baumax-Marktes beträgt 3299,36 m2 + angebautes Glashaus mit einer Verkaufsfläche von 364,5 m2.
Die Konstruktion des Zeltes mit einem Ausmaß von 24,10 x 9,90 m besteht aus einer Stahlrahmenkonstruktion. Die verwendeten Stahlrohre als Haupttragwerk sind auf der befestigten Oberfläche (Platten, Unterbeton) mittels Stahlplatten und Stahlschrauben im Boden verankert.
Als Außenhaut dient eine Zeltplane. Das ggstdl. Zelt ist mit einem Verbindungsgang in offener Verbindung mit dem Baumarkt und ist nur über diesen für die Kunden erreichbar.
Die Zweckwidmung des Zeltes besteht als Verkaufsfläche für Gartenmöbel und stellt mit dem Baumarkt eine betriebsorganisatorische bzw. funktionelle Einheit dar."
Mit Schreiben vom 13. Juli 1994 wurde der Beschwerdeführerin dieser Bericht vorgehalten; sie gab hiezu keine Stellungnahme ab.
Mit Bescheid vom 30. September 1994 gab der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz der Berufung keine Folge. Das Verkaufszelt sei überdacht und habe eine lichte Raumhöhe von mehr als 1,5 m. Das Erfordernis fachtechnischer Kenntnisse für eine werkgerechte Herstellung ergebe sich auch daraus, daß das Zelt eine Stahlrahmenkonstruktion aufweise, welche auf einer befestigten Oberfläche mittels Stahlplatten und Stahlschrauben im Boden verankert worden sei. Das vorliegende Zelt sei weder ein Bau für den vorübergehenden Bedarf von höchstens drei Wochen noch sei es seinem Umfang nach mit den übrigen in § 41 Abs. 4 lit. c der OÖ Bauordnung genannten Bauvorhaben vergleichbar. Das Zelt unterliege daher der Bewilligungspflicht nach § 41 der OÖ Bauordnung. Weiters bilde das Zelt mit dem im hier gegenständlichen Bereich errichteten Baumarkt eine betriebsorganisatorische und funktionelle Einheit sowie stehe mit diesem in einem räumlichen Naheverhältnis, weshalb die Fläche des Zeltes zur Gesamtverkaufsfläche des Baumarktes im Sinne des § 24 Abs. 2 des OÖ Raumordnungsgesetzes 1994 zu zählen sei. Da die Gesamtverkaufsfläche des Baumarktes aber bereits ohne Zelt weit mehr als 3.000 m2 betrage, sei das Zelt als Teil eines Geschäftsbaues für den überörtlichen Bedarf im Sinne des § 24 Abs. 1 des OÖ Raumordnungsgesetzes 1994 anzusehen. Ein solcher Geschäftsbau dürfe jedoch ausschließlich und in seiner Gesamtheit nur im Gebiet für Geschäftsbauten errichtet werden. Da sich das Zelt aber im Betriebsbaugebiet befinde, habe die Möglichkeit, nachträglich um die Baubewilligung anzusuchen, wegen Widerspruches des Bauvorhabens zum Flächenwidmungsplan nicht eingeräumt werden können. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 5. Oktober 1994 zugestellt.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung. Zwischenzeitig seien Änderungen vorgenommen worden, sodaß das Zelt den Vorschriften der Raumordnung und Bauordnung entspreche: Im Zelt würden keine Waren zum Verkauf angeboten. Der Zugang vom Markt zum Zelt sei zwischenzeitlich derart verändert worden, daß kein direkter Zugang vom Markt zum Zelt mehr möglich sei. Zwischen Markt und Zelt bestehe auch kein räumliches Naheverhältnis mehr, da der Verbindungsgang zwischen Baumarkt und Zelt entfernt worden sei. Eine betriebsorganisatorische Einheit bestehe nicht, da das Zelt vom Hauptmarkt abgetrennt sei. Es würden im Zelt auch nicht Gegenstände gelagert, welche im laufenden Geschäftsbetrieb angeboten würden. Die im Zelt gelagerte Saisonware stehe weder mittelbar noch unmittelbar im jeweiligen Verkaufsprogramm. Der Verkaufsmarkt und das Zelt bildeten keine betriebsorganisatorische Einheit, sie stünden zueinander in keinem räumlichen Naheverhältnis und bildeten keine funktionelle Einheit, weshalb die Flächen dieser Bauten nicht zusammenzuzählen seien.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Vorstellung keine Folge. Das Zelt werde in der "Saison" als Verkaufszelt für Gartenmöbel benützt. Die Flächen des Zeltes und des Baumarktes, auf denen Waren zum Verkauf angeboten würden, erfüllten die Kriterien des § 24 Abs. 2 zweiter Satz des OÖ Raumordnungsgesetzes 1994 und seien daher zusammenzuzählen. Daß zum Zeitpunkt der Einbringung der Vorstellung in diesem Zelt saisonbedingt keine Waren zum Verkauf angeboten worden seien, ändere nichts an der Tatbestandsmäßigkeit dieses Teils des Geschäftsbaues, wobei es auch für das räumliche Naheverhältnis nicht von entscheidender Bedeutung sei, ob der direkte Zugang vom Markt zwischenzeitlich verändert worden sei oder nicht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher sich die Beschwerdeführerin in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht verletzt erachtet, entgegen den Bestimmungen des § 61 der OÖ Bauordnung und des § 24 OÖ Raumordnungsgesetzes 1994 nicht zur Beseitigung einer baulichen Anlage verhalten zu werden. Es werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, wie die Mitbeteiligte, eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 61 Abs. 1 der OÖ Bauordnung 1976 (im folgenden: BO) hat die Baubehörde, wenn sie feststellt, daß eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, - unbeschadet der Bestimmungen des § 56 - dem Eigentümer mit Bescheid aufzutragen, entweder nachträglich innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist um die Baubewilligung anzusuchen oder die bauliche Anlage innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist zu beseitigen. Die Möglichkeit, nachträglich um die Baubewilligung anzusuchen, ist dann nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Baubewilligung nicht erteilt werden kann.
Die Beschwerdeführerin bestreitet in der Beschwerde nicht mehr, daß das Zelt inklusive des Verbindungsganges der Bewilligungspflicht nach § 41 BO unterliegt, eine solche Bewilligung jedoch nicht vorliegt, meint aber, daß das Gebäude bewilligungsfähig sei.
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des OÖ Raumordnungsgesetzes 1994 (im folgenden: ROG) lauten:
"§ 22
Widmungen im Bauland
...
(6) Als Betriebsbaugebiete sind solche Flächen vorzusehen, die zur Aufnahme von Betrieben dienen, die auf Grund ihrer Betriebstype die Umgebung (insbesondere durch Lärm, Staub, Geruch oder Erschütterungen) weder erheblich stören noch (insbesondere durch Dämpfe, Gase, Explosionsstoffe oder durch Strahlung) gefährden. In Betriebsbaugebieten dürfen auch die solchen Betrieben zugeordneten Verwaltungs- und Betriebswohngebäude sowie Lagerplätze errichtet werden. Andere Bauten und Anlagen dürfen nicht errichtet werden.
...
§ 23
Sonderwidmungen im Bauland
...
(3) Als Gebiete für Geschäftsbauten sind solche Flächen vorzusehen, die ausschließlich für Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf (§ 24) bestimmt sind.
...
§ 24
Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf
(1) Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf sind:
...
2. Handelsbetriebe, die keine Lebens- und Genußmittel der Grundversorgung anbieten (Fachmärkte), deren Gesamtverkaufsfläche, wenn die Kunden die Waren überwiegend selbst entnehmen können, mehr als 1.000 m2, sonst mehr als 3.000 m2, beträgt.
(2) Als Gesamtverkaufsfläche gelten alle Flächen eines Betriebes, auf denen Waren zum Verkauf angeboten werden, unabhängig davon, ob es sich um geschlossene Räume oder Freiflächen handelt. Die Flächen mehrerer Geschäftsbauten sind bei der Ermittlung der Gesamtverkaufsfläche zusammenzuzählen, wenn die Bauten
eine betriebsorganisatorische Einheit bilden oder zueinander in einem räumlichen Naheverhältnis stehen oder eine funktionelle Einheit bilden."
Die Beschwerdeführerin führte in ihrer Berufung gegen den Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 24. Mai 1994 aus, im Zelt würden Gartenmöbel verkauft bzw. ausgestellt. Im ergänzenden Gutachten vom 8. Juli 1994 erklärte der Amtssachverständige, die Zweckwidmung des Zeltes bestehe als Verkaufsfläche für Gartenmöbel. Das Zelt sei durch einen Gang mit dem Baumarkt verbunden und sei nur über diesen Verbindungsgang für die Kunden erreichbar. Auf die "zwischenzeitigen Änderungen", die in der Vorstellung behauptet wurden, hatte die Vorstellungsbehörde nicht einzugehen, weil für das nachprüfende Verfahren vor der Gemeindeaufsichtsbehörde und vor dem Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich nur jener Sachverhalt und jene Rechtslage entscheidend sein können, die im Zeitpunkt des abschließenden Bescheides auf Gemeindeebene gegeben waren (Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 589, E 194a zu § 66 Abs. 4 AVG). Im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides bestand nach der Aktenlage der Verbindungsgang zwischen Zelt und Baumarkt; im Zelt wurden Gartenmöbel ausgestellt und verkauft. Das Zelt konnte von Kunden nur durch den Verbindungsgang zum Markt betreten werden. Baumarkt und Zelt standen somit in einem räumlichen (baulichen) und funktionellen Naheverhältnis im Sinne des § 24 Abs. 2 Z. 2 und 3 ROG. Das Zelt wurde somit Teil eines Geschäftsbaues für den überörtlichen Bedarf im Sinne des § 24 Abs. 1 Z. 2 ROG. Wie die belangte Behörde zutreffend in ihrer Gegenschrift feststellt, darf ein solcher Geschäftsbau jedoch nur auf einer Fläche errichtet werden, die als "Gebiet für Geschäftsbauten" im Sinne des § 23 Abs. 3 ROG gewidmet ist. Da die Errichtung des Zeltes inklusive des Verbindungsganges der Flächenwidmung "Betriebsbaugebiet" widerspricht, wurde daher zu Recht keine Möglichkeit eingeräumt, nachträglich um die Baubewilligung anzusuchen.
Im Zusammenhang mit der Frage, ob die erwähnten Verkaufsflächen zusammenzuzählen sind, ist es unerheblich, ob, wie die Beschwerdeführerin nunmehr behauptet, Betreiber des Marktes die Baumax-AG ist, Eigentümer des Zeltes jedoch die Beschwerdeführerin. Offen bleibt bei dieser Darstellung, wer Betreiber des Zeltes und wer Eigentümer des Baumarktes ist; entscheidend ist allein, daß die Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 ROG 1994 gegeben sind.
Zur Klärung des Sachverhaltes bedurfte es weder des Zeugen Dir. C. noch eines (weiteren) Bausachverständigengutachtens, weil das Gutachten vom 8. Juli 1994 der Beschwerdeführerin gemäß § 45 Abs. 3 AVG vorgehalten worden ist und sie sich dazu nicht geäußert hat.
Damit erwies sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 27. Oktober 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1995050006.X00Im RIS seit
03.05.2001