TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/22 W238 2208231-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.07.2019
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Entscheidungsdatum

22.07.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W238 2208231-1/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Julia JERABEK sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Ludwig RHOMBERG als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Lange Gasse 53, 1080 Wien, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 11.09.2018, OB XXXX , betreffend Abweisung des Antrags auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG, §§ 1 Abs. 2, 40 Abs. 1 und 2, 41 Abs. 1, 42 Abs. 1 und 2 sowie 45 Abs. 1 und 2 BBG Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wie folgt abgeändert:

Mit einem festgestellten Grad der Behinderung von fünfzig von Hundert (50 v.H.) erfüllt XXXX die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses, sodass ihrem darauf gerichteten Antrag vom 23.04.2018 stattzugeben ist.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin beantragte am 23.04.2018 unter Vorlage medizinischer Beweismittel die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO. Folgender Hinweis ist im Antragsformular der Behörde enthalten:

"Wenn Sie noch nicht im Besitz eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel' sind, gilt dieser Antrag auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel' in den Behindertenpass."

2.1. Seitens des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden als belangte Behörde bezeichnet), wurde - in Folge eines ebenfalls anhängig gemachten Antrags auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten - ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin eingeholt. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 20.06.2018 erstatteten Gutachten vom 25.06.2018 wurden als Ergebnis der Begutachtung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden

Pos.Nr.

GdB%

1

Rezidivierende depressive Störung Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da im Intervall stabil.

03.06.01

20

2

Kniegelenksprothese rechts Unterer Rahmensatz, da die Beugung über 90° möglich ist.

02.05.19

20

3

Migräne Unterer Rahmensatz, da seltene Anfälle.

04.11.01

10

4

Milchzuckerunverträglichkeit, Divertikulose Unterer Rahmensatz, da keine Beeinträchtigung des Ernährungszustandes.

07.04.04

10

zugeordnet und

nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 20 v.H. festgestellt. Begründend wurde diesbezüglich ausgeführt, dass das führende Leiden 1 durch die Leiden 2 bis 4 nicht erhöht werde, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliege. Der Zustand nach Pericarderguss ohne Folgeschäden oder Notwenigkeit einer Medikation erreiche keinen Behinderungsgrad. Das Vorliegen einer Harn- und Stuhlinkontinenz sei befundmäßig nicht belegt und könne daher nicht berücksichtigt werden. Im Vergleich zu einem (nicht im Akt einliegenden) Vorgutachten sei es zur Besserung von Leiden 1 des Vorgutachtens und zum Wegfall von Leiden 2 des Vorgutachtens gekommen. Leiden 3 und 4 des Vorgutachtens seien gleich geblieben. Die Divertikulose werde in Leiden 4 mitberücksichtigt. Leiden 1 sei hinzugekommen. Es handle sich um einen Dauerzustand.

Weiters wurde im Gutachten mit näherer Begründung die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bejaht.

2.2. Dieses Gutachten wurde im Feststellungsverfahren dem Parteiengehör unterzogen. Nach Erhebung von (nicht im Akt enthaltenen) Einwendungen und Vorlage von Befunden seitens der Beschwerdeführerin wurde in einem auf Basis der Aktenlage erstellten Gutachten der bereits befassten Ärztin für Allgemeinmedizin vom 06.08.2018 erneut ein Gesamtgrad der Behinderung von 20 v.H. festgestellt. Im Vergleich zum Vorgutachten vom 25.06.2018 wurde eine weitere Funktionseinschränkung (gemischte Stress-/Urgeinkontinenz) in die Diagnoseliste aufgenommen und unter Heranziehung der Positionsnummer 08.01.06 und dem Rahmensatz von 20 v. H. (eine Stufe über dem unteren Rahmensatz) eingeschätzt. Eine Änderung des Gesamtgrades der Behinderung ergab sich daraus - wie ausgeführt - nicht.

2.3. Zu diesem Gutachten erhob die Beschwerdeführerin im Feststellungsverfahren erneut (nicht im Akt enthaltene) Einwendungen. Dazu wurde eine gutachterliche Stellungnahme der befassten Ärztin vom 06.09.2018 eingeholt, in der die Leidensbeurteilung der Vorgutachten - unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beschwerdeführerin und der vorhandenen Befundberichte - aufrechterhalten wurde.

3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 11.09.2018 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 BBG abgewiesen, da die Beschwerdeführerin mit dem festgestellten Grad der Behinderung von 20 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. In der Begründung des Bescheides verwies die belangte Behörde auf das Aktengutachten vom 06.08.2018 und die Stellungnahme vom 06.09.2018, die als Beilagen zum Bescheid übermittelt wurden.

Abschließend wurde angemerkt, dass von der Einräumung des Parteiengehörs abgesehen worden sei, da dieses bereits im Feststellungsverfahren zweimal gewährt worden sei. Zudem wurde ausgeführt, dass die Durchführung der beantragten Zusatzeintragung nicht möglich sei und über den Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO nicht abgesprochen werde, da die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht vorliegen würden.

4. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde. Darin wurde ausgeführt, dass sie sowohl an psychischen als auch an physischen Beschwerden leide. Aufgrund ihres labilen psychischen Zustandsbildes habe sie bereits ihr Dienstverhältnis beenden müssen, könne keine sozialen Kontakte aufrechterhalten und müsse Menschenansammlungen meiden, um Panikattacken zu vermeiden. Ihre physischen Probleme würden über orthopädische Beschwerden (im Bereich der Kniegelenke, Wirbelsäule und Hände) bis hin zur einer Stuhl- und Harninkontinenz reichen. Bei der Beschwerdeführerin liege auch eine massive genetisch bedingte Bindegewebsschwäche am gesamten Körper vor; diese wirke negativ mit der vorliegenden Stuhl- und Harninkontinenz zusammen und sei von der Sachverständigen nicht berücksichtigt worden. Aufgrund der Wirbelsäulenbeschwerden und der Schmerzen im Kniegelenk sei es der Beschwerdeführerin nicht möglich, kurze Wegstrecken ohne fremde Hilfe zurückzulegen und ein öffentliches Verkehrsmittel zu erreichen. Auch wegen der Harn- und Stuhlinkontinenz sei es ihr nicht möglich, ein öffentliches Verkehrsmittel zu benützen, da sie aufgrund der Kombination der Beschwerden nicht rasch genug eine Toilette aufsuchen könne. Der Beschwerde wurden medizinische Beweismittel beigelegt.

Die Beschwerdeführerin begehrte die Einholung von Gutachten aus den Fachbereichen Neurologie/Psychiatrie, Orthopädie und Urologie sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Die Beschwerdeführerin beantragte, der Beschwerde Folge zu geben, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und dem Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" stattzugeben.

5. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 24.10.2018 vorgelegt.

6. Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes wurden in weiterer Folge Begutachtungen der Beschwerdeführerin durch eine Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie sowie durch einen Arzt für Allgemeinmedizin veranlasst.

6.1. In dem auf Basis einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin erstellten Sachverständigengutachten vom 20.11.2018 führte die befasste Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie auszugsweise Folgendes aus (Wiedergabe ergänzt um die zugehörigen Fragestellungen des Bundesverwaltungsgerichtes):

"Vegetativ: Größe: 168 cm Gewicht: 84 kg Nikotin: O Alkohol: O

Drogen: O

Medikamentöse Therapie:

...

Psychotherapie einmal wöchentlich.

...

Neurologischer Status:

Im Kopf- und im Hirnnervenbereich keine Auffälligkeiten. Keine Halbseitenzeichen. Seitengleiche Verhältnisse bezüglich Tonus, Kraft, Sensibilität und Reflexe. Keine pathologischen Reflexe. Sämtliche Koordinationsversuche regelrecht. Romberg, Unterberger, Zehen- und Fersenstand unauffällig. Gangbild unauffällig.

Psychischer Status:

Bewusstseinsklar und allseits orientiert. Keine Denkstörungen. Keine psychotische Symptomatik. Konzentration, Aufmerksamkeit und Merkfähigkeit regelrecht. Gedankenductus regelrecht. Befindlichkeit schlecht, depressiv, etwas verzweifelt über ihre Situation, weil sie sich geniert für die Inkontinenz. Angst, dass man etwas merken könne. Kreisende Gedanken, wo eine Toilette ist und wie sie es einteilen könne. Vermeidung von Trinken, wenn sie ausgehen muss. Berichtet auch Panikattacken und entsprechendes Vermeidungsverhalten. Vermeide Menschenansammlungen. Rückzugsverhalten. Sonst auch Biorhythmusstörung. Schlafstörung. Erschöpfung. Vermindert affizierbar. Instabil. Keine Suizidalität.

...

Beantwortung der gestellten Fragen:

1. Gesonderte Einschätzung des Grades der Behinderung für jede festgestellte Gesundheitsschädigung, insbesondere betreffend Leiden 1 der Vorgutachten sowie allenfalls weitere in das Fachgebiet Psychiatrie fallende Leiden:

1) Depression gemischt mit Angst Position 03.06.01 40 %

Oberer Rahmensatz, da trotz Medikation instabil und mäßige soziale Beeinträchtigung.

2) Migräne Position 04.11.01 20 %

Oberer Rahmensatz, da Schmerzattacken an weniger als 10 Tagen pro Monat und nicht opioidhaltige Analgetika zum Einsatz kommen und die Attacken coupieren.

2. Stellungnahme, ab wann der Gesamtgrad der Behinderung anzunehmen ist:

Grad der Behinderung ist ab Antrag anzunehmen.

3. Fachspezifische Stellungnahme zu den im Verfahren vorgelegten

Unterlagen und Befunden:

Befund Dr. med. XXXX vom 11.9.2018: Im fachärztlichen Attest beschreibt die Ärztin im Wesentlichen, dass Beschwerdeführerin (BF) trotz medikamentöser und therapeutischer Therapie keine andauernde Stabilität erreichen konnte.

Stellungnahme:

Dies bestätigt meine Einschätzung, die durch meine Untersuchung bestätigt wird.

4. Fachspezifische Stellungnahme zu den Einwendungen in der Beschwerde, soweit sie den Grad der Behinderung betreffen (Zusatzeintragung ÖVM ist nicht Beschwerdegegenstand):

Soweit es das nervenfachärztliche Fachgebiet betrifft, wurde der BF bezüglich der Einschätzung der ‚Depression' und der Einschätzung der ‚Migräne' Recht gegeben und beide Leiden höher eingestuft, da die Einstufung von 20 % beziehungsweise 10 % aus fachärztlicher Sicht nicht nachvollziehbar war. Die anderen Leiden unterliegen der Beurteilung des Allgemeinmediziners.

5. Fachspezifische Stellungnahme zu anlässlich der Beschwerdeerhebung vorgelegten Befunden, soweit in das Fachgebiet Psychiatrie fallend:

Siehe unter 3. idente Antwort.

6. Begründung zu einer allfälligen zu den angefochtenen Sachverständigengutachten vom 25.06.2018 in der Fassung des Aktengutachtens vom 06.08.2018 einschließlich Stellungnahme vom 06.09.2018 abweichenden Beurteilung:

Zu einer zum angefochtenen Sachverständigengutachten vom 25.6.2018 in der Fassung des Aktengutachtens vom 6.8.2018 einschließlich der Stellungnahme vom 6.9.2018 abweichenden Beurteilung kommt es, da sowohl auf Grund der eigenen Untersuchung als auch unterstützt durch den Befund der behandelnden Fachärztin für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin Dr. XXXX vom 11.9.2018 die Depression gemischt mit Angst höher eingestuft werden musste als im Gutachten. Es konnte nicht bestätigt werden, dass die Depression zwischenzeitlich unterbrochen war durch eine Phase der Stabilität. Weiters war auch die Migräne bei einer Häufigkeit von 2-3 Mal pro Monat nicht als selten einzustufen. Daher kam es auch hier zu einer höheren Einstufung.

7. Stellungnahme, ob bzw. wann eine Nachuntersuchung erforderlich ist:

Aufgrund der Dauer der depressiven Erkrankung und auch der Dauer der Migräne, die trotz der eingetretenen Menopause nicht vollkommen sistierte, ist nicht davon auszugehen, dass beide Leiden eine wesentliche Besserung erfahren werden, sodass eine ärztliche Nachuntersuchung aus nervenfachärztlicher Sicht nicht erforderlich ist."

6.2. In dem ebenfalls auf Basis einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin erstellten - zusammenfassenden - Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 13.05.2019 wurde insbesondere Folgendes ausgeführt:

"Status Präsens:

Allgemeinzustand: gut

Ernährungszustand: sehr gut

Größe: 169

Gewicht: 86 kg

Caput/Hals: unauffällig, keine Lippenzyanose, Sprache unauffällig, keine Halsvenenstauung. Schilddrüse schluckverschieblich.

Cor: reine Herztöne, rhythmische Herzaktion, Blutdruck: 130/75.

Pulmo: V.A., sonorer KS, Basen atemversch., keine Sprechdyspnoe, keine maßgebliche Kurzatmigkeit bei Bewegungsprüfung im Untersuchungszimmer.

Abdomen: unauffällig, über Thoraxniveau, weich, keine Druckpunkte, keine path. Resistenzen palp., Leber am Ribo palp., Milz n.p., Darmgeräusche normal und unauffällig, Nierenlager bds. frei.

HWS: Kopfdrehung und Seitneigung: nach rechts und links frei, Inkl. und Rekl. endlagig eingeschränkt.

BWS: gerade.

LWS: Rumpfdrehung und Seitneigung endlagig eingeschränkt.

Extremitäten:

Obere Extremitäten:

Schultergelenk rechts: Beweglichkeit frei, Nackengriff frei,

Schürzengriff frei durchführbar. Schultergelenk links: Beweglichkeit frei, Nackengriff durchführbar, Schürzengriff durchführbar. Ellenbogengelenk rechts und rechts frei beweglich, Handgelenke frei beweglich, Fingergelenke bds. frei, Daumengelenke bds. frei, Finger äußerlich unauffällig, ohne Entzündungszeichen, Faustschluss bds. komplett durchführbar, Zangengriff bds. durchführbar, Greif- und Haltefunktion beidseits erhalten.

Untere Extremitäten:

Hüftgelenk rechts: Flexion 100°, Abd. und Add. altersentsprechend frei.

Hüftgelenk links: Flexion 120°, Abduktion und Adduktion frei.

Kniegelenk rechts: Beugung 100° und Streckung frei, bandstabil, blande Narbe rechtes Kniegelenk nach Gelenksersatz.

Kniegelenk links: Beugung und Streckung frei, bandstabil, blande Narbe linkes Kniegelenk. Sprunggelenk links frei.

Sprunggelenk rechts: Fußheben altersentsprechend frei.

Zehenbeweglichkeit unauffällig, Hocke durchführbar - die Hände erreichen das obere Unterschenkeldrittel, beide UE können von der Unterlage abgehoben werden - links 50°, rechts 20° bei Kniebeschwerden eingeschränkt präsentiert, Beinpulse beidseits tastbar, Fußpulse beidseits tastbar.

Venen: verstärkte Venenzeichnung beidseits, Ödeme: keine.

Psych.: klar, wach, in allen Qualitäten orientiert. Stimmung etwas gedrückt. Denkziel wird erreicht. Anamneseerhebung und Kommunikation unauffällig und gut möglich.

Gang: ohne Hilfsmittelverwendung unauffälliges, flüssiges und sicheres Gangbild. Aufstehen aus sitzender und liegender Körperhaltung unauffällig und gut möglich. Freies Stehen unauffällig möglich. Die Treppen zum Empfangsschalter werden unauffällig begangen. Zehenspitzen- und Fersenstand beidseits durchführbar. Es werden Konfektionsschuhe mit Einlagen getragen.

Relevante Befunde:

...

Beurteilung und Stellungnahme unter Berücksichtigung der Neuerungsbeschränkung

1. Grad der Behinderung:

Einschätzung (unter Berücksichtigung des nervenärztlichen Sachverständigengutachtens):

1) Depression gemischt mit Angst 03.06.01 40 %

Oberer Rahmensatz, da trotz Medikation instabil und mäßige soziale Beeinträchtigung.

2) Zustand nach Kniegelenksersatz rechts 02.05.19 20 %

Unterer Rahmensatz dieser Position, da geringgradiges Beugedefizit bei freier Streckfunktion objektivierbar.

3) Harnentleerungsstörung 08.01.06 20 %

Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da eine medikamentöse Therapie eingeleitet wurde bei Erfordernis von Einlagen.

4) Migräne 04.11.01 20 %

Oberer Rahmensatz, da Schmerzattacken an weniger als 10 Tagen pro Monat und nicht opioidhaltige Analgetika zum Einsatz kommen und die Attacken coupieren.

5) Schließmuskelschwäche bei Rektozele bei Schwäche des Bindegewebes

07.04.15 20 %

Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da guter Ruhedruck, jedoch schwacher Kontraktionsdruck bei seltener vorkommenden Inkontinenzepisoden, laufende physiotherapeutische Maßnahmen.

6) Milchzuckerunverträglichkeit, Divertikulose 07.04.04 10 %

Unterer Rahmensatz dieser Position, da berichtete Stuhlunregelmäßigkeiten bei Vorliegen eines sehr guten Ernährungszustandes.

2. Gesamtgrad der Behinderung: 40 v.H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das dokumentierte Ausmaß von Leiden Nummer 2 wirkt mit dem führenden Leiden 1 nicht auf maßgebliche Weise wechselseitig negativ zusammen und erhöht nicht weiter. Auch das befundbelegte Ausmaß von Leiden 3 wirkt mit dem führenden Leiden 1 nicht auf maßgebliche Weise funktionell negativ zusammen. Leiden 4 bzw. dessen Ausmaß wirkt mit dem führenden Leiden 1 nicht maßgeblich wechselseitig negativ zusammen und erhöht nicht weiter. Das befundmäßig dokumentierte Leiden Nummer 5 wirkt mit dem führenden Leiden 1 nicht auf maßgebliche Weise wechselseitig negativ zusammen und erhöht nicht weiter. Bei gutem Ernährungszustand wirkt Leiden 6 mit dem führenden Leiden 1 nicht maßgeblich funktionell negativ zusammen und erhöht nicht weiter.

Im Vergleich zum Sachverständigengutachten vom 6. August 2018 erfolgt unter Berücksichtigung des nervenärztlichen Sachverständigengutachtens eine Anhebung des Behinderungsgrades hinsichtlich Leiden Nummer 1 und Leiden Nummer 2. Aus allgemeinärztlicher Sicht erfolgt - unter Berücksichtigung der vorliegenden Befunde in Zusammenschau mit der berichteten klinischen Symptomatik - eine Neuaufnahme von Leiden Nummer 5. Hinsichtlich der übrigen Leiden ergeben sich keine Änderungen zum Gutachten vom 6. August 2018.

Nachsatz: Die berichteten Beschwerden in den Schulter-, Hand- sowie Fingergelenken erreichen bei Fehlen maßgeblicher funktioneller Einschränkungen keinen Behinderungsgrad. Ein Zustand nach Erguss des Herzbeutels (Pericarderguss) erreicht bei unauffälliger Echokardiographie sowie zwischenzeitlicher Ergussresorption bei global guter Linksventrikelfunktion keinen Behinderungsgrad. Die gynäkologischen Veränderungen der Gebärmutter bei dokumentierter Entzündung 7/2018 erreichen bei Zustand nach Konisation sowie Fehlen von Komplikationen bzw. dokumentierter Bösartigkeit keinen Behinderungsgrad. Die degenerativen Veränderungen der Füße erreichen bei Fehlen maßgeblicher funktioneller Einschränkungen keinen Behinderungsgrad.

3. Der Gesamtgrad der Behinderung ist ab Antragstellung am 23. April 2018 anzunehmen.

4. Fachspezifische Stellungnahme zu den im Verfahren vorgelegten Unterlagen und Befunden:

Neben einem psychischen Leiden sowie einem Migräneleiden (siehe nervenärztliches Sachverständigengutachten) belegen die Befunde eine Rektozele ohne Hinweis auf eine entzündliche Erkrankung des Darms. Dokumentiert sind ein sehr schwacher Kontraktionsdruck sowie ein normaler Ruhedruck des Schließmuskels des Enddarms. Auch eine Laktoseintoleranz ist belegt. Befundbelegt ist auch ein Zustand nach Herzbeutel-Erguss, welcher vermutlich infektiös bedingt war und sich zwischenzeitlich komplikationslos rückgebildet hat. Eine Ultraschall-Kontrolluntersuchung des Herzens zeigte ein unauffälliges Organ bei guter Herzfunktion. Ebenso belegt sind ein Ganzkörperschmerz bei degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, Schmerzen in beiden Händen sowie ein Zustand nach Kniegelenksersatz rechts. Belegt ist auch eine Bindegewebsschwäche. Angeführt im

Sachverständigengutachten ... vom 06.08.2018 ist ein urologischer

Befund von Herrn Dr. XXXX vom 23. Juli 2018, welcher eine gemischte Harninkontinenz sowie einen medikamentösen Therapieversuch mit Duloxetin anführt (der Originalbefund liegt im Akt nicht vor).

Die angeführten Befunde wurden im aktuellen Sachverständigengutachten berücksichtigt und bilden neben Anamneseerhebung und klinischer Untersuchung die Basis der Einschätzung.

5. Fachspezifische Stellungnahme zu den Einwendungen in der Beschwerde, soweit sie den Grad der Behinderung betreffen:

Erwähnt im Sachverständigengutachten von ... vom 06.08.2018 wird ein

Befund des Urologen Dr. XXXX vom 23. Juli 2018 (Befund liegt im Akt nicht vor). Von urologischer Seite angeführt werden eine gemischte Stress-/Urgeinkontinenz sowie ein medikamentöser Therapieversuch mit Duloxetin. Unter Berücksichtigung der Neuerungsbeschränkung liegen keine weiteren Befunde vor, welche Harnentleerungsstörungen belegen. Unter Berücksichtigung des urologischen Befundes von Herrn Dr. XXXX , in Zusammenschau mit der von Frau Dr. XXXX zur Erstellung des Sachverständigengutachtens vom 25. Juni 2018 erfolgten Anamneseerhebung (angegeben werden eine Harn- und Stuhldranginkontinenz mit Erfordernis des Tragens von Einlagen) ist die Einschätzung der Harnentleerungsstörung unter Positionsnummer 3 (gemischte Stress-Urgeinkontinenz) nachvollziehbar und adäquat gewählt.

Die dokumentierten degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule und der Hände (bei Gelenkschmerzen) erreichten laut Sachverständigengutachten von Frau Dr. XXXX keinen Behinderungsgrad, da keine Funktionseinschränkungen erhoben werden konnten. Diese Einschätzung ist bei Fehlen maßgeblicher funktioneller Einschränkungen nachvollziehbar und adäquat.

Die durch die nunmehr vorliegenden Befunde dokumentierte sowie berichtete Stuhlinkontinenz bei Rektozele und dokumentierter Bindegewebsschwäche wird nunmehr unter neu aufgenommener Position 5 des Gutachtens berücksichtigt.

Hinsichtlich Stellungnahme bezüglich der psychischen Leiden sowie der Migräne siehe nervenärztliches Sachverständigengutachten ...

6. Fachspezifische Stellungnahme zu den im Beschwerdeverfahren vorgelegten Befunden (inklusive den Befunden Krankenhaus göttlicher Heiland vom 24. Oktober 2018), soweit nicht in das Fachgebiet Psychiatrie fallend:

Der angeführte Befund der Darmambulanz des Krankenhauses göttlicher Heiland vom 24. Oktober 2018 beschreibt eine Rektozele bei normalem Ruhedruck, jedoch fehlendem Kontraktionsdruck des Schließmuskels. Laut Ultraschallbefund sind Muskeldefekte nachweisbar. Die nunmehr vorliegenden Befunde der Darmambulanz des Krankenhauses göttlicher Heiland sowie die darin dokumentierten Leiden bewirken eine Neuaufnahme von Position Nummer 5.

Hinsichtlich weiterer Stellungnahme siehe Punkt 3.

7. Begründung zu einer allfälligen zu den angefochtenen Sachverständigengutachten vom 25. Juni 2018 in der Fassung des Aktengutachtens vom 6. August 2018 einschließlich Stellungnahme vom 6. September 2018 abweichenden Beurteilung:

Unter Berücksichtigung des nervenärztlichen Sachverständigengutachtens erfolgt eine Anhebung des Behinderungsgrades des führenden Leidens Nummer 1 (Depression gemischt mit Angst). Zudem erfolgt eine Anhebung des Behinderungsgrades hinsichtlich des Migräneleidens Position 4. Unter Berücksichtigung der Befunde der Darmambulanz des Krankenhauses göttlicher Heiland erfolgt eine Neuaufnahme von Leiden Nummer 5. Hinsichtlich der übrigen Leiden ergibt sich keine abweichende Beurteilung.

8. Eine ärztliche Nachuntersuchung ist nicht erforderlich.

Einschätzung unter Berücksichtigung der Befunde datiert nach Inkrafttreten der Neuerungsbeschränkung am 24. Oktober 2018

Folgende Befunde datiert nach 24. Oktober 2018 liegen vor:

Universitätsklinik für Urologie vom 20. Dezember 2018,

Ambulanzbesuch: Patientin mit Stressinkontinenz und Stuhlinkontinenz, seit einem Jahr zunehmend. Beckenbodentraining seit einem Monat. Miktion 6-8 Mal, Nykturie 0, Urge 6-8 Mal.

Vorlagen: 2 tagsüber, nachts keine Vorlagen. Procedere:

Toilettentraining, neurologische Vorstellung mit gegebenenfalls MRT der Wirbelsäule, EKG über Hausarzt vor Start Betmiga, Procedere:

Betmiga 50 mg, Kontrolle in 3 Monaten.

Darmambulanz Krankenhaus göttlicher Heiland vom 30. Januar 2019:

Stressinkontinenz für Harn. Vorläufig konservatives Vorgehen mit der Patientin besprochen. Im heutigen Kontrollgespräch gibt die Patientin eine deutliche Besserung der Beschwerden an. Sie kommt mit der konservativen Therapie, mit der Physiotherapie gut zurecht. Es kann eine deutliche Besserung festgestellt werden, jedoch als nicht vollständig ausreichend beurteilt. Insofern wird eine Verordnung für ein Elektrostimulationssystem ausgestellt, dieses wird für 3 Monate verordnet. Kontrolle in der Darmambulanz zur Reevaluierung der Optionen mit konservativer Weitertherapie oder operativer Therapie vereinbart.

Orthopädischer Befundbericht vom 19. Dezember 2018: Hallux valgus beidseits, Senk-Spreizfuß, Metatarsalgie, Ganzkörperschmerz, Lumbalgie, geringe IV-Arthrosen, Diskopathie LA bis SI, Osteochondrose obere Brustwirbelsäule, deutliche Osteochondrose C3 bis 6, Z.n. Kniegelenksersatz rechts 2013, Zustand nach Herzbeutel-Entzündung 5/2017.

Röntgenbefund vom 18. Dezember 2018: rechtes Kniegelenk:

Gelenksersatz in situ, im Tibiakopf dorsal 2,5 cm haltende

Zystenbildung, sonst Prothese unauffällig. Beide Vorfüße:

Spreizstellung, Valgus-Fehlstellung der Großzehe, rechts mehr als links mit Subluxation im Großzehengrundgelenk rechts bei deutlicher Arthrose des rechten Großzehengrundgelenks. Porotische

Knochenstruktur rechts, sonst unauffällig. Beide Hände: diskrete degenerative Veränderungen im Bereich der Finger DIP II, III, IV und V rechts mit angedeuteter Randzackenbildung, sonst unauffällig.

Links: ebenfalls diskrete degenerative Veränderungen der DIP II-V mit winziger Geröllszyste im Köpfchen III und IV. Geringe Arthrosezeichen im Bereich der radialen Handwurzelgelenke beidseits.

Physiotherapeutischer Bericht von Frau XXXX : Diagnose: Urge-, Stress- und Stuhlinkontinenz. Therapiebeginn am 19. November 2018,

2. Sitzung am 7. Januar 2019: Toilettentraining, Aufschub-Strategien, sich Zeit lassen, Körperhaltung. Anleitung zum Beckenbodentraining zweimal täglich in Rückenlage oder im Sitzen.

Procedere: Entspannungs- und Atemübungen, Kräftigung der Becken-, Bein- und Rumpfmuskulatur.

Laborbefund vom 29. Januar 2019: Cholesterin 246, CK 205, LDH 234, CRP 0,55, Vitamin ID-Hypovitaminose. Übriges bzw. rheumatologisches Labor unauffällig.

Befundbericht der Chirurgin Dr. XXXX vom 20. November 2018: Harn- und Stuhlinkontinenz, Sphincterdefekt ventral, Medikation:

Enterobene. Therapie: intensive Physiotherapie, Elektrotherapie, Enterobene bei Bedarf zur Stuhleindickung, Kontrolle in 3 Monaten.

Einschätzung unter Einbeziehung der Befunde datiert nach 24. Oktober 2019:

Grad der Behinderung:

1) Depression gemischt mit Angst 03.06.01 40 %

Oberer Rahmensatz, da trotz Medikation instabil und mäßige soziale Beeinträchtigung.

2) Harnentleerungsstörung 08.01.06 30 %

Zwei Stufen über dem unteren Rahmensatz, da dokumentierte zunehmende Inkontinenz bei Zustand nach Therapieausweitung bei Fehlen einer erheblichen Restharnbildung mit berichteter Besserungstendenz mittels physikalischer und heimgymnastischer Maßnahmen.

3) Zustand nach Kniegelenksersatz rechts 02.05.19 20 %

Unterer Rahmensatz dieser Position, da geringgradiges Beugedefizit bei freier Streckfunktion objektivierbar.

4) Migräne 04.11.01 20 %

Oberer Rahmensatz, da Schmerzattacken an weniger als 10 Tagen pro Monat und nicht opioidhaltige Analgetika zum Einsatz kommen und die Attacken coupieren.

5) Schließmuskelschwäche bei Rektozele bei Schwäche des Bindegewebes 07.04.15 20 %

Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da guter Ruhedruck, jedoch schwacher Kontraktionsdruck bei seltener vorkommenden Inkontinenzepisoden, laufende physiotherapeutische Maßnahmen mit beschriebener Besserungstendenz.

6) Milchzuckerunverträglichkeit, Divertikulose 07.04.04 10 %

Unterer Rahmensatz dieser Position, da berichtete Stuhlunregelmäßigkeiten bei Vorliegen eines sehr guten Ernährungszustandes.

7) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule 02.01.01 10 %

Wahl dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da insgesamt geringgradige degenerative Veränderungen beschrieben sind bei geringgradigen Einschränkungen der Wirbelsäulenfunktion.

8. Gesamtgrad der Behinderung: 50 v.H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das befundbelegte Ausmaß von Leiden 2 wirkt mit dem führenden Leiden 1 insgesamt wechselseitig negativ zusammen und erhöht um eine Stufe. Das dokumentierte Ausmaß von Leiden Nummer 3 wirkt mit dem führenden Leiden 1 nicht auf maßgebliche Weise wechselseitig negativ zusammen und erhöht nicht weiter. Leiden 4 bzw. dessen Ausmaß wirkt mit dem führenden Leiden 1 nicht maßgeblich wechselseitig negativ zusammen und erhöht nicht weiter. Das befundmäßig dokumentierte Leiden Nummer 5 wirkt mit dem führenden Leiden 1 nicht auf maßgebliche Weise wechselseitig negativ zusammen und erhöht nicht weiter. Bei gutem Ernährungszustand wirkt Leiden 6 mit dem führenden Leiden 1 nicht maßgeblich funktionell negativ zusammen und erhöht nicht weiter. Bei geringgradigen funktionellen Einschränkungen wirkt Leiden 7 mit dem führenden Leiden 1 nicht auf maßgebliche Weise funktionell negativ zusammen und erhöht nicht weiter.

Nachsatz: Die degenerativen Veränderungen der Hände und Füße erreichen bei Fehlen maßgeblicher funktioneller Einschränkungen keinen Grad der Behinderung. Eine Verminderung der Knochendichte ist medikamentös und mittels Lebensstilmodifikation kompensierbar und erreicht bei Fehlen von Komplikationen im Sinne pathologischer Frakturen keinen Grad der Behinderung.

Stellungnahme zur Änderung der Einschätzung bei Berücksichtigung der Befunde datiert nach Eintritt der Neuerungsbeschränkung:

Im Vergleich zum Vorgutachten ließen sich in der aktuellen klinischen Untersuchung am 4. März 2019 im Bereich der Wirbelsäule endgradige funktionelle Einschränkungen objektivieren. Unter Berücksichtigung des vorliegenden orthopädischen Befundberichtes erfolgt eine Neuaufnahme von Leiden Nummer 7.

Unter Berücksichtigung der vorliegenden urologischen Befunde sowie der Berichte der Darmambulanz erfolgt im Vergleich zum Gutachten mit Berücksichtigung der Neuerungsbeschränkung bzw. zum Vorgutachten eine Anhebung hinsichtlich des Leidens Nummer 2 ‚Harnentleerungsstörung' um eine Stufe, da eine Therapieausweitung dokumentiert ist. Die Anhebung des Behinderungsgrades hinsichtlich Leidens Nummer 2 führt auch zu einer Anhebung des Gesamtgrades der Behinderung um eine Stufe.

Hinsichtlich der übrigen Leiden ergeben sich keine Änderung der Einschätzung.

Es besteht ein Dauerzustand. Eine ärztliche Nachuntersuchung ist nicht erforderlich.

Der Gesamtgrad der Behinderung ist ab Dezember 2018 anzunehmen (Datum des Befundes der Universitätsklinik für Urologie)."

7. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.05.2019 wurden die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben. Abschließend wurde den Parteien mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung auf der Grundlage der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erlassen wird, soweit nicht eine eingelangte Stellungnahme anderes erfordert.

8. Die Verfahrensparteien ließen dieses Schreiben unbeantwortet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin stellte am 23.04.2018 einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO, der von der belangten Behörde auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gewertet wurde.

Im angefochtenen Bescheid wurde ausschließlich über die Ausstellung eines Behindertenpasses abgesprochen.

Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1) Depression gemischt mit Angst: trotz Medikation instabil bei mäßiger sozialer Beeinträchtigung;

2) Harnentleerungsstörung: zunehmende Inkontinenz bei Zustand nach Therapieausweitung, Fehlen einer erheblichen Restharnbildung mit berichteter Besserungstendenz mittels physikalischer und heimgymnastischer Maßnahmen;

3) Zustand nach Kniegelenksersatz rechts: geringgradiges Beugedefizit bei freier Streckfunktion;

4) Migräne: Schmerzattacken an weniger als 10 Tagen pro Monat, nicht opioidhaltige Analgetika coupieren die Attacken;

5) Schließmuskelschwäche bei Rektozele und Schwäche des Bindegewebes: guter Ruhedruck, jedoch schwacher Kontraktionsdruck bei selten vorkommenden Inkontinenzepisoden, laufende physiotherapeutische Maßnahmen mit beschriebener Besserungstendenz;

6) Milchzuckerunverträglichkeit, Divertikulose: berichtete Stuhlunregelmäßigkeiten bei Vorliegen eines sehr guten Ernährungszustandes;

7) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule: geringgradige degenerative Veränderungen bei geringgradigen Einschränkungen der Wirbelsäulenfunktion. Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkungen, deren Ausmaßes, medizinischer Einschätzung und wechselseitiger Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie vom 20.11.2018 sowie eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 13.05.2019 der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt.

Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin hat seit 20.12.2018 ein Ausmaß von 50 v.H.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Das Datum der Einbringung des Antrags und dessen Wertung (vgl. dazu auch den Hinweis im Antragsformular unter Pkt. I.1.) sowie der Gegenstand des angefochtenen Bescheides stützen sich auf den Akteninhalt.

2.2. Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, ergibt sich aus einem vom Bundesverwaltungsgericht erstellten Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

2.3. Der festgestellte Gesamtgrad der Behinderung basiert auf den vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachten einer Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie vom 20.11.2018 sowie eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 13.05.2019. Darin wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin, deren Ausmaß und wechselseitige Leidensbeeinflussung vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die Gutachten setzen sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Befunden, den in der Beschwerde erhobenen Einwendungen und den von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten auseinander. Die getroffenen Einschätzungen stimmen mit den im Rahmen von klinischen Untersuchungen der Beschwerdeführerin und anhand der Befundlage festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen überein und wurden entsprechend den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig zugeordnet.

Die vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachten vom 20.11.2018 und 13.05.2019 weichen in ihrer Einschätzung von den seitens der belangten Behörde eingeholten Gutachten vom 25.06.2018 (Sachverständigengutachten mit Untersuchung), 06.08.2018 (Aktengutachten) und 06.09.2018 (gutachterliche Stellungnahme) ab:

Unter Berücksichtigung des nervenfachärztlichen Sachverständigengutachtens erfolgte eine Anhebung des Behinderungsgrades des führenden Leidens 1 (Depression gemischt mit Angst) um zwei Stufen. Dies wurde von der im Beschwerdeverfahren befassten Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie schlüssig damit begründet, dass die depressive Störung trotz Medikation instabil ist und eine mäßig soziale Beeinträchtigung vorliegt. Die Erhöhung von Leiden 2 (Harnentleerungsstörung) um eine Stufe erfolgte aufgrund der im Befund der Universitätsklinik für Urologie vom 20.12.2018 dokumentierten zunehmenden Inkontinenz bei Zustand nach Therapieausweitung. Zudem kam es unter Hinweis auf die Anzahl der Schmerzattacken und den Einsatz nicht opioidhaltiger Analgetika auch zur Anhebung des Behinderungsgrades von Leiden 4 (Migräne) um eine Stufe. Unter Berücksichtigung der Befunde der Darmambulanz sowie eines orthopädischen Befundes erfolgte darüber hinaus die erstmalige Einschätzung von Leiden 5 (Schließmuskelschwäche bei Rectozele und Schwäche des Bindegewebes) und Leiden 7 (degenerative Veränderungen der Wirbelsäule). Hinsichtlich der übrigen Leiden (3 und 6) ergaben sich keine Änderungen.

Mit Blick auf das wechselseitige negative Zusammenwirken von Leiden 1 und 2, das zur Erhöhung des Behinderungsgrades um eine weitere Stufe führte, wurde die Anhebung des Gesamtgrades der Behinderung um insgesamt drei Stufen (im Vergleich zu den Vorgutachten) in den im Beschwerdeverfahren erstatteten Sachverständigengutachten schlüssig und widerspruchsfrei dargelegt.

Die vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachten wurden der belangten Behörde und der Beschwerdeführerin unter Einräumung einer Frist zur Äußerung übermittelt. Keine der Parteien hat Einwände gegen die Sachverständigengutachten erhoben.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der vorliegenden Sachverständigengutachten vom 20.11.2018 und 13.05.2018. Sie werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.

3.2.1. Zur Wertung des Anbringens vom 23.04.2018

Im vorliegenden Fall wurde die Eingabe der Beschwerdeführerin vom 23.04.2018 auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO von der belangten Behörde auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gewertet. Dazu ist zunächst auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen.

Demnach ist bei der Beurteilung von Parteienanbringen grundsätzlich das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes maßgebend und es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss, wobei Parteienerklärungen im Zweifel nicht so auszulegen sind, dass ein von vornherein aussichtsloses Rechtsschutzbegehren unterstellt wird (VwGH 24.07.2008, 2008/07/0060 mwH).

Dabei sind Parteienerklärungen im Zweifel so auszulegen, dass die sie abgebende Partei nicht um ihren Rechtsschutz gebracht wird (VwGH 19.05.1994, 92/07/0070), und es ist der Behörde nicht gestattet, einem unklaren Antrag von vornherein einen für den Antragsteller ungünstigen Inhalt zu unterstellen (VwGH 16.12.1992, 89/12/0146). In einem solchen Fall hat die Behörde vielmehr von Amts wegen den wahren Willen der Partei und damit den Gegenstand des Anbringens von Amts wegen zu ermitteln und klarzustellen (VwGH 27.07.1994, 90/10/0046).

Im vorliegenden Fall wurde von der Beschwerdeführerin am 23.04.2018 ein Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO eingebracht.

Dieses Anbringen wurde von der belangten Behörde - wie sich zweifelsfrei aus dem angefochtenen Bescheid ergibt - auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gewertet. Im Übrigen findet sich diesbezüglich im Antragsformular ein ausdrücklicher Hinweis (vgl. dazu Punkt I.1.).

Nach Ansicht des erkennenden Gerichtes wurde die Beurteilung des Parteienanbringens seitens der belangten Behörde schon deshalb in nachvollziehbarer Weise vorgenommen, weil die Beschwerdeführerin mit ihrer Eingabe erkennbar das Ziel verfolgt hat, letztlich in den Genuss der Berechtigungen nach § 29b Abs. 2 bis 4 StVO zu kommen. Angesichts des Umstandes, dass dies ausschließlich Inhabern eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz möglich ist, die bereits über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, wurde das Anbringen seitens der belangten Behörde im Lichte einer rechtsschutzfreundlichen und für das Ziel der Beschwerdeführerin günstigen Weise ausgelegt.

Die Beschwerdeführerin ist der Wertung ihres Anbringens - ausweislich des Verwaltungsaktes - weder im vorangegangenen Verwaltungsverfahren noch im Rahmen der Beschwerde entgegengetreten.

Die Behörde konnte daher zu Recht davon ausgehen, dass das Anbringen der Beschwerdeführerin vom 23.04.2018 auf die Ausstellung eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" und letztlich auf die Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO gerichtet war.

3.2.2. Ausgehend von dieser Wertung des Anbringens durch die belangte Behörde ist aus Sicht des erkennenden Gerichtes allerdings nicht nachvollziehbar, dass über den Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO und auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht auch - entweder im Rahmen gesonderter Bescheide oder im Wege zusätzlicher Spruchpunkte im angefochtenen Bescheid - abgesprochen wurde.

Es trifft zwar zu, dass dem Begehren der Beschwerdeführerin auf Ausfolgung eines Parkausweises nach § 29b StVO erst dann entsprochen werden könnte, wenn ein Behindertenpass mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung" vorliegt. Dennoch kann die bescheidmäßige Erledigung der Anträge auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO und auf Vornahme der Zusatzeintragung nicht dadurch ersetzt werden, dass (lediglich) am Ende des nunmehr angefochtenen Bescheides festgehalten wird, dass die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen würden.

3.2.3. Aufgrund des Umstandes, dass die belangte Behörde über die Anträge auf Ausstellung eines Parkausweises und auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung" im angefochtenen Bescheid nicht abgesprochen hat, sind diese jedoch auch nicht vom Gegenstand des Beschwerdeverfahrens umfasst.

Die Ausführungen in der Beschwerde betreffend die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gehen daher ins Leere.

Zu A) Stattgebung der Beschwerde:

3.3. Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"BEHINDERTENPASS

§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist."

"§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, a

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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