Entscheidungsdatum
22.07.2019Norm
BBG §40Spruch
W262 2214105-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia JERABEK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Claudia MARIK sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Ludwig RHOMBERG als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch den Verein ChronischKrank, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 27.09.2018, OB XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung vom 15.01.2019, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG, §§ 1 Abs. 2, 40 Abs. 1 und 2, 41 Abs. 1, 42 Abs. 1 und 2 sowie 45 Abs. 1 und 2 BBG Folge gegeben und die Beschwerdevorentscheidung wie folgt abgeändert:
"Mit einem festgestellten Grad der Behinderung von sechzig von Hundert (60 v.H.) erfüllt XXXX die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses, sodass ihrem darauf gerichteten Antrag vom 20.03.2018 stattzugeben ist.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin war seit 05.02.2016 Inhaberin eines bis 31.01.2018 befristeten Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 60 v.H.
2. Sie beantragte beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden als "belangte Behörde" bezeichnet), am 20.03.2018 die Ausstellung eines Behindertenpasses und legte diverse medizinische Unterlagen bei.
3. Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin ein. In dem - auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 04.06.2018 erstatteten - Gutachten vom 29.08.2018 wurden als Ergebnis der Begutachtung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
Gdb %
1
Morbus Crohn. Wahl dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da in Remission befindlich mit berichteten Stuhlunregelmäßigkeiten, laufende Medikation, bei jedoch gutem Allgemeinzustand und gutem Ernährungszustand.
07.04.05
30
2
Asthma bronchiale. Oberer Rahmensatz dieser Position, da auskultatorisch unauffällige Lunge bei Fehlen von Komplikationen, medikamentös kompensierbar.
06.05.01
20
3
Rezidivierende depressive Störung. 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da laufende Therapiemaßnahmen bei Fehlen stationärer Behandlungen an einer Fachabteilung, sozial integriert.
03.06.01
20
zugeordnet und nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. festgestellt. Begründend wurde ausgeführt, dass Leiden 2 mit dem führenden Leiden 1 nicht maßgeblich wechselseitig negativ zusammenwirke und nicht weiter erhöhe. Leiden 3 wirke mit dem führenden Leiden 1 nicht auf maßgebliche Weise funktionell negativ zusammen und erhöhe nicht weiter. Es handle sich um einen Dauerzustand.
Zu den gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zu dem Vorgutachten [Anm.: FLAG-Gutachten vom 13.08.2014 sowie Fragenkatalog hinsichtlich Zusatzeintragungen vom 25.01.2016] führte der Sachverständige aus, dass bei in Remission befindlichem Morbus Crohn eine Besserung im Vergleich zum FLAG-Gutachten objektivierbar sei, weshalb es zu einer Absenkung des Grades der Behinderung von Leiden 1 um zwei Stufen komme. Leiden 2 werde neu aufgenommen. Hinsichtlich Leiden 3 komme es zu einer Absenkung des Behinderungsgrades um eine Stufe, da das Leiden bei sozialer Integration therapeutisch stabilisierbar sei. Insgesamt komme es zu einer Absenkung des Gesamtgrades der Behinderung um drei Stufen im Vergleich zum FLAG-Gutachten vom 13.08.2014.
4. Im Rahmen des zu diesem Gutachten gewährten Parteiengehörs erstattete die Beschwerdeführerin keine Stellungnahme.
5. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27.09.2018 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 BBG abgewiesen, da die Beschwerdeführerin mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 30 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem Sachverständigengutachten zu entnehmen, das einen Bestandteil der Begründung bilde. Als Beilage zum Bescheid wurde der Beschwerdeführerin (erneut) das Sachverständigengutachten vom 29.08.2018 übermittelt.
6. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin, vertreten durch den Verein ChronischKrank, fristgerecht Beschwerde und führte auf das Wesentliche zusammengefasst aus, im Gutachten werde ausgeführt, dass sowohl Durchfall mit bis zu acht Stuhlgängen pro Tag als auch eine Obstipation bestehen würden. Insgesamt sei es zu einer Verschlechterung des Zustandes gekommen. Darüber hinaus bestehe eine negative Wechselwirkung zwischen dem Darmleiden und der depressiven Belastungsreaktion der Beschwerdeführerin. Weiters hätten sich die asthmatischen Beschwerden verschlimmert.
Abschließend beantragte die Beschwerdeführerin, den angefochtenen Bescheid zu beheben und dem Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses stattzugeben; in eventu wurden die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Einholung eines Sachverständigengutachtens eines Facharztes für Innere Medizin beantragt. Weiters legte die Beschwerdeführerin diverse medizinische Unterlagen vor.
7. In der Folge holte die belangte Behörde eine Stellungnahme des bereits befassten Arztes für Allgemeinmedizin ein. In der gutachterlichen Stellungnahme vom 19.11.2018 führte der Sachverständige Folgendes aus:
"...
Vorliegend ist ein eigenes Sachverständigengutachten vom 29. August 2018. Festgestellt wurden ein Morbus Crohn mit einem Behinderungsgrad von 30 %, ein Asthma bronchiale mit einem Behinderungsgrad von 20 % sowie eine rezidivierende depressive Störung mit einem Behinderungsgrad von 20 %. Der Gesamtgrad der Behinderung wurde mit 30 % festgelegt.
Laut Schreiben vom 6. November 2018 erklärt sich die AW mit dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht einverstanden. Das Darmleiden sei höher zu bewerten. Die Entzündungswerte des Darms hätten sich stark erhöht. Auch sei es zu einer Verschlechterung der asthmatischen Beschwerden gekommen.
Neu vorgelegt wird ein Patientenbrief der Abteilung für Innere Medizin und Psychosomatik der XXXX vom 12. Oktober 2018 (5 Seiten von 6 liegen vor). Die stationäre Aufnahme erfolgte nach Vorstellung in der Ambulanz bei Zunahme der Beschwerden. Dokumentiert ist eine Zunahme der Beschwerden seit 2 Wochen, zudem gibt die Patientin in letzter Zeit rezidivierende Infekte sowie vergrößerte Lymphknoten an Hals und Leiste an. Wiederholt sei es seit Mai zu Körpertemperaturen bis 38° gekommen. Dokumentiert sind Stuhlunregelmäßigkeiten mit einer Stuhlfrequenz bis 8 Mal täglich mit Blut- und Schleimauflagerungen bei wässrig bis harter Konsistenz. Das Gewicht sei unverändert bei ca. 64 kg bei einer Körpergröße von 163 cm. Auch sind teilweise Blutbeimengungen beim Auswurf beschrieben. Eine HNO-ärztliche Abklärung werde empfohlen (Befund liegt nicht vor). Falls keine rasche Besserung auf Pantoloc-Steigerung erfolge, wird eine Gastroskopie-Kontrolle empfohlen. Ein Kontrolltermin sei für den 18. Oktober 2018 vorgesehen.
Vorliegend ist ein lungenärztlicher Arztbrief der pulmologischen Gruppenpraxis vom 15. Oktober 2018. Dokumentiert ist eine Verschlechterung des Allgemeinzustandes, sodass eine Durchuntersuchung erfolgt. Ein Lungenröntgen sei anamnestisch unauffällig gewesen. Die Röntgendurchleuchtung ist als unauffällig beschrieben, die Auskultation ist unauffällig und auch die Sauerstoffsättigung ist unauffällig und normal. Eine weiterführende Abklärung wird empfohlen.
Vorliegend ist ein Laborbefund vom 7. Oktober 2018, welcher eine erhöhte Blutsenkung, im Normbereich liegende Leukozyten, im Normbereich liegende Thrombozyten, unauffällige Nierenfunktionsparameter und ein erhöhtes C-reaktives Protein dokumentiert. Auch ein erhöhtes Calprotectin ist beschrieben.
Die vorliegenden Befunde dokumentieren eine laufende Durchuntersuchung bei Hinweis auf derzeit bestehende Entzündungsreaktion mit im Labor erhöhten Entzündungswerten. Die vorliegenden Befunde bewirken keine Änderung der Einschätzung des Darmleidens, da bei pausierter Humira-Medikation derzeit kein Hinweis auf relevante Veränderungen der Darmschleimhaut vorliegen und zudem kein reduzierter Ernährungszustand besteht. Hinsichtlich des Asthma bronchiale sind in dem vorliegenden Befund eine auskultatorisch unauffällige Lunge sowie eine unauffällige Röntgendurchleuchtung bei Fehlen von Hinweisen auf Entzündungsgeschehen dokumentiert. Bei Fehlen von Hinweisen auf eine maßgebliche Lungenfunktionseinschränkung kommt es zu keiner Änderung des Behinderungsgrades hinsichtlich Leiden Nummer 2.
Zusammenfassend belegen die vorliegenden Befunde eine laufende Durchuntersuchung bei einer Zunahme der Beschwerden sowie klinischem und labormedizinischem Hinweis auf Entzündung bei rezidivierenden Infekten sowie vergrößerten Lymphknoten an Hals und Leiste mit wiederholten erhöhten Körpertemperaturen bis 38° seit einigen Wochen. Da jedoch gutachterlich Leidenszustände eingeschätzt werden, die länger als 6 Monate andauern, ergibt sich aus dieser seit einigen Wochen bestehenden Beschwerdezunahme keine Änderung der Einschätzung."
8. Im Rahmen des dazu erstatteten Parteiengehörs erstattete die Beschwerdeführerin keine Stellungnahme.
9. Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 15.01.2019 wurde die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid vom 27.09.2018 gemäß §§ 40, 41 und 46 BBG iVm § 14 VwGVG abgewiesen und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. nicht vorliegen. Begründend wurde auf die Ergebnisse des im Zuge der Ergänzung des Ermittlungsverfahrens eingeholte Stellungnahme vom 19.11.2018 verwiesen. Dieses wurde der Beschwerdeführerin als Beilage zur Beschwerdevorentscheidung übermittelt.
10. Mit Eingabe vom 28.01.2019 brachte die Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf die Beschwerdevorentscheidung vom 15.01.2019 fristgerecht einen Vorlageantrag ein.
11. Die Beschwerde, der Vorlageantrag und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht seitens der belangten Behörde am 06.02.2019 vorgelegt.
12. Das Bundesverwaltungsgericht holte in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin und Ärztin für Allgemeinmedizin ein. In dem auf Basis einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 27.05.2019 erstatteten Gutachten vom selben Tag wurde auszugsweise Folgendes ausgeführt (ergänzt um die Fragestellungen des Bundesverwaltungsgerichtes):
"...
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Befundbericht Dr. XXXX , 27.02.2018, FA für Psychiatrie &
Neurologie: Diagnose: Rez. depressive Störung, gegenw. mittelgradige depressive Episode.
Befundbericht pulm. Gruppenpraxis, 19.01.2018: Diagnose: Asthma bronchiale, HSM-Sensibilisierung.
Befundbericht XXXX , Innere Medizin und Psychosomatik, 03.10.2017:
Morbus Crohn - ED 2007.
HP assoziierte Gastritis.
Depressio mit mehrfachen Schüben zuletzt schwere Depression 2017.
Rez. Harnwegsinfekte St.p.Pancreatitis.
St.p. Essstörung 2005.
St.p. anaphylaktischen Schock auf Remicade 11/2015.
Asthma seit 01/2015.
St.p. Pfeifferschen Drüsenfieber im 10 LJ st.p. AE, TE.
Befundbericht XXXX , Innere Med. und Psychosomatik, 12.10.2018: Mb. Crohn (ED 2007) - TH mit Humira dzt. pausiert wegen häufiger Infekte, HNO Abklärung geplant.
St.p. anaphylaktischen Schock auf Remicade, Analfissur Asthma bronchiale seit 2015 rez. Depressio, rez. Harnwegsinfekte.
St.p. HP assoziierte Gastritis + Eradikation (Kontrollgastroskopie bei Beschwerden geplant).
Laborbefund XXXX XXXX , 27.09.2018: Erhöhte Entzündungswerte, Calprotectin erhöht aufs Zigfache, Befund teilweise schlecht lesbar.
Untersuchungsbefund:
...
1.) Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
1. Morbus Crohn Pos Nr. 07.04.06 GdB 50%
Unterer Rahmensatz, da häufiger Stuhldrang tagsüber und teilweise auch nachts, Inkontinenzmaterial kommt nicht zur Verwendung, eine weiterführende immunsuppressive Therapie ist notwendig. Pause lediglich aufgrund der Infekte, erschwerend kommt hier die Analfissur zum Tragen.
2. Depressio Pos. Nr. 03.06.01 GdB 40%
Oberer Rahmensatz, da im Vordergrund trotz dauerhafter Therapie die Müdigkeit und Antriebslosigkeit, seit längerer Zeit arbeitslos aufgrund der Erkrankung, es bestehen mäßige soziale Beeinträchtigungen.
3. Asthma bronchiale Pos. Nr. 06.05.02 GdB 40%
Oberer Rahmensatz, da wiederkehrende Beschwerden jahreszeitlich bedingt und aufgrund der Allergene, häufige Anfälle bei hoher Belastung. Eine dauerhafte Therapie ist etabliert.
Gesamtgrad der Behinderung 60 v. H.
2.) Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Das führende Leiden 1 wird aufgrund wesentlicher Zusatzbehinderung durch die Leiden 2 und 3 um eine Stufe erhöht.
3.) Der Behinderungsgrad ist seit Antragstellung anzunehmen.
4.) Siehe Befundzusammenfassung
5.) Bei der Patientin besteht ein Morbus Crohn mit häufigen Durchfällen (6-8 pro Tag) und auch nachts, zusätzlich kommt erschwerend eine Analfissur hinzu. Die immunsuppressive Therapie mit Remicade führte zu einem anaphylaktischen Schock, somit wurde diese Therapie auf ein anderes Präparat umgestellt. Unter diesem kam es zu häufigen Infekten und wurde daher abgesetzt und pausiert (dies kann eine Nebenwirkung dieses Präparates darstellen). Im Laborbefund zeigen sich erhöhte Entzündungsparameter, unter anderem ein spezifischer Wert für chronische Darmerkrankungen ist um das Zigfache erhöht; dies spricht für eine hochaktive Darmerkrankung. Trotz des normalen Ernährungszustandes besteht bei der Patientin anhaltend eine aktive Darmerkrankung mit mehrmaligen Stühlen pro Tag und auch nachts. Die Beschwerden sind häufig und rezidivierend und führen zu erheblichen Beeinträchtigungen des Allgemeinzustandes.
Im Hinblick auf das Asthma bronchiale liegt eine Lungenfunktionsmessung vor. In dieser zeigt sich eine eingeschränkte Lungenkapazität mit einer FEV 1 / FVC von 87.2% zum Normwert (= gesunde Vergleichspopulation) unter laufender medikamentöser Therapie. Dies bedeutet eine gering bis mäßige Einschränkung der Lungenfunktion, die Asthmaanfälle mehrmals pro Woche (abhängig von der Allergenlast). Ob eine Verschlechterung eingetreten ist, kann gutachterlich nicht festgestellt werden, da kein weiterer Vorbefund vorliegend ist.
Im Hinblick auf die Depression besteht eine mehrfache Medikation seit 15 Jahren und eine dauerhafte Betreuung durch einen Facharzt für Psychiatrie. Regelmäßige Kontakte erfolgen.
Für eine direkte und unmittelbare Wechselwirkung zwischen Morbus Crohn und der Depression kann gutachterlich kein Zusammenhang hergestellt werden. Allerdings besteht durch die Depression eine weitere relevante wesentliche Zusatzerkrankung, die insgesamt den Allgemeinzustand der Patientin negativ beeinflusst.
6.) Leiden 1 höher bewertet denn im Gutachten vom 29.08.2018.
Leiden 2 und 3 ebenso höher bewertet. Alle Leiden wurden im Rahmen der Befundzusammenschau, körperlichen Untersuchung und anhand der EVO eingeschätzt.
Es erfolgt daher eine abweichende Beurteilung zum Vorgutachten, da die einzelnen Leiden schwerwiegender eingeschätzt werden.
Der Gesamtgrad der Behinderung wird mit 60 % angegeben.
Darüber hinaus kann keine Erhöhung erfolgen, da keine weitere Beeinflussung des Leidens 1 erkennbar ist.
7.) Eine Nachuntersuchung sollte in 2 Jahren erfolgen (08/2021) da eine Besserung der Beschwerden unter entsprechender Therapie vorstellbar ist."
13. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.07.2019 wurden die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen eine Stellungnahme dazu abzugeben. Weiters wurde in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht in Aussicht nehme, über die Beschwerde ohne Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung aufgrund der Aktenlage zu entscheiden, sofern eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragt wird.
Beide Verfahrensparteien ließen dieses Schreiben unbeantwortet.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin war seit 05.02.2016 Inhaberin eines bis 31.01.2018 befristeten Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 60 v.H.
Die Beschwerdeführerin stellte am 20.03.2018 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bei der belangten Behörde.
Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet.
Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1) Morbus Crohn mit häufigem Stuhldrang tagsüber und teilweise auch nachts, samt Analfissur und weiterführender immunsuppressiver Therapie;
2) Depressio trotz laufender Therapie mit Müdigkeit, Antriebslosigkeit und mäßigen sozialen Beeinträchtigungen;
3) Asthma bronchiale mit wiederkehrenden, jahreszeitbedingten Beschwerden sowie häufigen Anfällen bei hoher Belastung mit eingeschränkter Lungenkapazität.
Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaßes, wechselseitiger Leidensbeeinflussung und medizinischer Einschätzung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 27.05.2019 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.
Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt 60 v. H.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen über das Vorliegen eines befristeten Behindertenpasses sowie über den am 20.03.2018 gestellten Antrag basieren auf dem Akteninhalt.
2.2. Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, gründen auf einem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem zentralen Melderegister.
2.3. Der festgestellte Gesamtgrad der Behinderung stützt sich auf das im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 27.05.2019. Darin wird auf die Leiden der Beschwerdeführerin, deren Ausmaß und wechselseitige Leidensbeeinflussung vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen.
Das im Beschwerdeverfahren eingeholte Gutachten weicht in seinen Einschätzungen vom Vorgutachten ab und begründet widerspruchsfrei und schlüssig die nunmehr höhere Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung.
Diesbezüglich ist im Lichte der Anlage zur Einschätzungsverordnung festzuhalten, dass hinsichtlich des führenden Leidens 1 (Morbus Crohn) im Sachverständigengutachten zutreffend die Positionsnummer 07.04.06 (Chronische Darmstörungen schweren Grades mit schweren chronischen Schleimhautveränderungen) herangezogen wurde. Das Heranziehen der höheren Positionsnummer im Vergleich zum Vorgutachten und die Wahl des unteren Rahmensatzes von 50 v.H. begründete die Sachverständige schlüssig mit häufigem Stuhldrang tagsüber, fallweise auch nachts, der Notwendigkeit einer weiterführenden - lediglich durch Infekte unterbrochenen - immunsuppressiven Therapie und dem Vorliegen einer Analfissur.
Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Depressio wurde im Sachverständigengutachten korrekt die Positionsnummer 03.06.01 (depressive Störung leichten Grades) unter Heranziehung des oberen Rahmensatzes von 40 v.H. gewählt, da bei der Beschwerdeführerin trotz dauerhafter Therapie Müdigkeit, Antriebslosigkeit, längere Arbeitslosigkeit sowie mäßige soziale Beeinträchtigungen bestehen.
Das Asthma bronchiale wurde nachvollziehbar der Positionsnummer 06.05.02 (leichtes Asthma) der Anlage zur Einschätzungsverordnung unter Heranziehung des oberen Rahmensatzes von 40 v.H. zugeordnet, da die Beschwerdeführerin trotz etablierter Therapie unter jahreszeitbedingten wiederkehrenden Beschwerden, häufigen Anfällen bei hoher Allergenbelastung sowie einer eingeschränkten Lungenkapazität leidet.
Im Vergleich zum Vorgutachten vom 29.08.2018 kam es zu einer höheren Einschätzung der objektiven funktionellen Einschränkungen von Leiden 1, 2 und 3. Die nunmehr jeweils um zwei Grade höher eingeschätzten Leiden 2 und 3 erhöhen aufgrund negativer wechselseitiger Leidensbeeinflussung das um zwei Grade höher eingeschätzte führende Leiden 1 um einen weiteren Grad.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens einer Fachärztin für Innere Medizin und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 27.05.2019. Dieses wird der Entscheidung in freier Beweiswürdigung zugrunde gelegt.
Die Parteien haben sich zu diesem Gutachten im Rahmen des Parteiengehörs nicht geäußert.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.
Zu A) Stattgabe der Beschwerde
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:
"BEHINDERTENPASS
§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hierzu ermächtigt ist."
"§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hierfür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.
(...)"
"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
(...)"
"§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
(...)"
"§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."
3.3. §§ 2 und 3 der Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012, sehen Folgendes vor:
"Grad der Behinderung
§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.
(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.
(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen."
"Gesamtgrad der Behinderung
§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.
Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.
(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn
-
sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
-
zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.
(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine."
3.2. Wie bereits oben eingehend ausgeführt wurde, wird der Entscheidung das schlüssige Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin vom 27.05.2019 zugrunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin 60 v.H. beträgt. Wie ebenfalls bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt, wurde das vorliegende Gutachten von den Verfahrensparteien nicht bestritten.
Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, erfüllt.
Hinsichtlich einer allfälligen Nachuntersuchung ist anzumerken ist, dass die vom Bundesverwaltungsgericht herangezogene Sachverständige in ihrem Gutachten davon ausgegangen ist, dass bei der Beschwerdeführerin eine Besserung der Beschwerden unter entsprechender Therapie vorstellbar und insofern eine Nachuntersuchung in zwei Jahren angebracht ist.
3.3. Der Beschwerde war daher stattzugeben und die Beschwerdevorentscheidung spruchgemäß abzuändern.
Die belangte Behörde hat der Beschwerdeführerin folglich einen (befristeten) Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 60 v. H. auszustellen.
3.4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung
3.4.1. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
3.4.2 Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde und dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachten einer Fachärztin für Innere Medizin und Ärztin für Allgemeinmedizin. Dieses - vom erkennenden Gericht als schlüssig erachtete Gutachten - wurde von der belangten Behörde und der Beschwerdeführerin unwidersprochen zur Kenntnis genommen. Die strittigen Tatsachenfragen gehören dem Bereich an, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung - trotz deren Beantragung - im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die angewendeten Teile des Bundesbehindertengesetzes und der Einschätzungsverordnung sind - soweit im Beschwerdefall relevant - eindeutig. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W262.2214105.1.00Zuletzt aktualisiert am
16.10.2019