TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/22 W237 1301825-4

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Veröffentlicht am 22.07.2019
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Entscheidungsdatum

22.07.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §33 Abs1

Spruch

W237 1301825-4/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Martin WERNER über

die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch die XXXX , gegen Spruchpunkt I. des Bescheids des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 22.05.2018, Zl. 790610200/180697588, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids zu lauten hat:

"Ihr Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 20.05.2019 wird gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG abgewiesen."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl leitete betreffend den Beschwerdeführer am 24.07.2018 ein Verfahren zur Aberkennung seines Status als Asylberechtigter ein.

1.1. Da der Beschwerdeführer für die Behörde mangels aufrechter Meldung im Bundesgebiet nicht greifbar war, wurde am 12.02.2019 eine Einvernahme mit seiner Mutter und seiner Schwester zwecks Eruierung seines Aufenthaltsorts geführt. Dabei brachte das Bundesamt in Erfahrung, dass der Beschwerdeführer an der Adresse XXXX , erreichbar sei.

In weiterer Folge ersuchte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Polizei um Erhebung, ob der Beschwerdeführer an der genannten Adresse wohnhaft ist, zumal er seit 16.08.2017 im Bundesgebiet nicht mehr aufrecht gemeldet sei; unter einem solle dem Beschwerdeführer eine Ladung zu einer Einvernahme ausgehändigt werden. Mit Bericht vom 19.03.2019 teilte die Polizei dem Bundesamt mit, dass die gegenständliche Adresse seit dem 08.10.2018 die Postadresse des Beschwerdeführers darstelle und er am 20.02.2019 das letzte Mal seine Post dort behoben habe.

Der Beschwerdeführer wurde durch das Bundesamt am 25.03.2019 telefonisch erreicht und über die Ladung zu einer Einvernahme zu seinem Aberkennungsverfahren in Kenntnis gesetzt; der Beschwerdeführer kündigte an, diese persönlich beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl abzuholen.

1.2. Am 29.03.2019 fand eine niederschriftliche Einvernahme mit dem Beschwerdeführer statt, in welcher er näher zu relevanten Umständen in Bezug auf die beabsichtigte Aberkennung des Status des Asylberechtigten befragt wurde. In dieser Einvernahme gab der Beschwerdeführer an, dass es sich bei der Adresse XXXX , um seine Postabgabestelle handle und er dort Post erhalte.

1.3. Mit Bescheid vom 01.04.2019 erkannte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.), den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zu (Spruchpunkt II.), erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.), stellte die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation fest (Spruchpunkt V.), bemaß die Frist für seine freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.) und erließ ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VII.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verfügte am selben Tag die Zustellung dieses Bescheids zu eigenen Handen des Beschwerdeführers mittels RSa-Sendung an die Adresse XXXX . Am 08.04.2019 erhielt die Behörde den ausgefüllten Rückschein, wonach am 04.04.2019 erfolglos versucht worden sei, die Sendung dem Beschwerdeführer zuzustellen. Es sei eine Verständigung der Hinterlegung an der Abgabestelle zurückgelassen worden und die Hinterlegung am 05.04.2019 beim zuständigen Postamt erfolgt; als Beginn der Abholfrist wurde der 05.04.2019 vermerkt.

2. Am 20.05.2019 brachte der Beschwerdeführer durch seine zur Vertretung im weiteren Verfahren bevollmächtigte Rechtsberaterin beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine näher begründete Beschwerde gegen den Bescheid vom 01.04.2019 ein und verknüpfte diese mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie einem - damit verbundenen - Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

2.1. Seinen Wiedereinsetzungsantrag begründend führte der Beschwerdeführer aus, dass er zum Zeitpunkt der Zustellung des Bescheids obdachlos gewesen sei, jedoch über eine Postabgabestelle bei der Caritas an der Adresse XXXX , verfügt habe. Diese habe er auch regelmäßig zwecks Überprüfung, ob er Post erhalten habe, aufgesucht. Wenn er krank oder auf andere Weise am persönlichen Erscheinen verhindert gewesen sei, habe er sich stets telefonisch erkundigt, ob Post für ihn eingelangt sei; er sei somit immer seiner Sorgfalts- und Mitwirkungspflicht nachgekommen. Auch im April 2019, als er arbeitsbedingt oft verhindert gewesen sei, habe sich der Beschwerdeführer regelmäßig bei der genannten Postabgabestelle erkundigt, ob Post für ihn eingelangt sei. Ihm sei dabei fälschlicherweise mitgeteilt worden, dass es keine neue Post für ihn gäbe. Erst am 03.05.2019 habe er die Postabgabestelle aufgesucht, wobei ihm die Hinterlegungsanzeige vom 04.04.2019 ausgehändigt worden sei. Der Beschwerdeführer habe sich gleich am nächsten Werktag bei der belangten Behörde erkundigt, um welches Schriftstück es sich handle und wie er es erhalten könne. Umgehend habe er sich frei genommen und am 07.05.2019 bei der Behördendienststelle in Wiener Neustadt eine Kopie des angefochtenen Bescheids abgeholt; zu diesem Zeitpunkt sei der Bescheid bereits in Rechtskraft erwachsen.

Aus diesem Geschehensablauf ergebe sich, dass der Beschwerdeführer jedenfalls nicht auffallend sorglos gehandelt habe und seinen Sorgfaltspflichten im vollen Umfang nachgekommen sei. Es liege damit nicht einmal ein minderer Grad des Versehens bzw. leichte Fahrlässigkeit des Beschwerdeführers vor und sei nicht in seiner Macht gelegen, eine Beschwerde fristgerecht einzubringen.

2.2. Die belangte Behörde hielt am 21.05.2019 in einem Aktenvermerk fest, dass an diesem Tag ein Telefonat mit einem Mitarbeiter der Caritas an der angegebenen Abgabestelle des Beschwerdeführers, XXXX , geführt worden sei. Dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sei dabei mitgeteilt worden, dass es sich bei dieser Adresse nach wie vor um die Postabgabestelle des Beschwerdeführers handle. Der Beschwerdeführer habe zuletzt am 29.03.2019 eine telefonische Auskunft eingeholt, ob Poststücke für ihn eingelangt seien. Im gesamten Monat April 2019 sei er weder persönlich an der Abgabestelle erschienen noch habe er sich telefonisch erkundigt, ob Post für ihn eingelangt sei. Er sei erst am 02.05.2019 persönlich bei der Postabgabestelle vorstellig geworden und habe daraufhin einige Poststücke abgeholt. Auch derzeit liege für den Beschwerdeführer Post auf, die er noch nicht abgeholt habe. Die Öffnungszeiten der Postabgabestelle seien Montag bis Sonntag, 08:00 bis 18:00 Uhr, telefonisch könne man werktags Auskunft erhalten. Sowohl über Telefonate als auch über Besuche erfolgten Aufzeichnungen.

2.3. Mit Bescheid vom 22.05.2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand "gemäß § 71 Absatz 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG)" ab (Spruchpunkt I.) und erkannte diesem Antrag die aufschiebende Wirkung gemäß § 71 Abs. 6 AVG zu (Spruchpunkt II.). Begründend hielt das Bundesamt fest, dass der Beschwerdeführer im gesamten April 2019 sich bei seiner Postabgabestelle nicht nach Post erkundigt habe; die im Wiedereinsetzungsantrag aufgestellte Behauptung, er habe regelmäßig telefonisch über seinen Posteingang nachgefragt, stelle nach den Ermittlungen der Behörde die Unwahrheit dar. Angesichts der möglichen Zeiten, in denen er Post beheben hätte können, stelle die Untätigkeit des Beschwerdeführers jedenfalls eine auffallende Sorglosigkeit dar, zumal er nach seiner Einvernahme vom 29.03.2019 wissen hätte müssen, dass er ein wichtiges Poststück erhalten würde.

2.4. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheids erhob der Beschwerdeführer am 12.06.2019 die gegenständliche Beschwerde, die er wortgleich mit seinem Antrag auf Wiedereinsetzung vom 20.05.2019 begründete. Zusätzlich monierte der Beschwerdeführer unter näherer Begründung, dass der im angefochtenen Bescheid enthaltene Hinweis, dass für eine Beschwerde eine Gebühr in der Höhe von 30,- Euro zu entrichten sei, unzutreffend sei. Weiters beantragte er die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

2.5. Diese Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 03.07.2019 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Verfahrensgang wird im Detail wie unter Pkt. I. dargelegt festgestellt.

1.2. Der Beschwerdeführer lebt seit dem Jahr 2005 in Österreich, beherrscht die deutsche Sprache und war seit 2009 asylberechtigt. Zuletzt war er im Zeitraum vom 17.08.2017 bis 09.05.2019 nicht aufrecht gemeldet und hatte zumindest seit Februar 2019 in einer von der Caritas betriebenen Einrichtung an der Adresse XXXX , eine Abgabestelle, bei der er Post erhielt. Diesen Umstand gab er dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bekannt.

Am 29.03.2019 erkundigte sich der Beschwerdeführer telefonisch bei seiner Abgabestelle, ob Post für ihn eingelangt sei.

Mit Bescheid vom 01.04.2019 erkannte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten ab sowie den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zu, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot und stellte die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation fest. Die Behörde verfügte die Zustellung dieses Bescheids zu eigenen Handen des Beschwerdeführers mittels RSa-Sendung an die vom Beschwerdeführer als Abgabestelle namhaft gemachte Adresse. Am 04.04.2019 wurde durch das Zustellorgan dort aufgrund der Abwesenheit des Beschwerdeführers erfolglos versucht, den Bescheid dem Beschwerdeführer zuzustellen. Es wurde eine Hinterlegungsanzeige an der Abgabestelle zurückgelassen und der Bescheid am 05.04.2019 beim zuständigen Postamt hinterlegt.

Im gesamten Monat April 2019 erschien der Beschwerdeführer nicht an seiner Postabgabestelle und erkundigte sich auch telefonisch nicht, ob Post für ihn eingelangt sei. Erst am 02.05.2019 suchte er die Abgabestelle persönlich auf und nahm die Hinterlegungsanzeige entgegen. Er erfuhr frühestens am 06.05.2019, dass es sich bei dem hinterlegten Schriftstück um einen Bescheid mit einer vierwöchigen Rechtsmittelfrist handelte. Am 07.05.2019 erschien er bei der belangten Behörde, wo ihm eine Kopie des Bescheids vom 01.04.2019 ausgehändigt wurde.

Am 20.05.2019 brachte der Beschwerdeführer neben einer Beschwerde gegen diesen Bescheid auch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die offene Rechtsmittelfrist ein.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der unter Pkt. I. dargelegte Verfahrensgang ergibt sich unbestritten aus dem Inhalt der Verfahrensakten.

2.2. Die Feststellungen zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich sowie seinen Meldungen ergeben sich - neben dem Verwaltungsakt - aus einem aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister. Wie sich aus dem entsprechenden Verhandlungsprotokoll ergibt, gab der Beschwerdeführer dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl über seine Schwester in deren Einvernahme vom 12.02.2019 bekannt, dass er über eine Postabgabestelle an der Adresse XXXX , verfüge. Er erhielt in weiterer Folge auch die Ladung für eine Einvernahme an dieser Adresse und gab am 29.03.2019 in einer persönlichen Befragung vor der belangten Behörde nochmals an, dass er an der genannten Adresse Poststücke erhalte.

Der festgestellte Zustellvorgang ergibt sich eindeutig aus dem im Verwaltungsakt aufliegenden Rückschein und wird auch vom Beschwerdeführer im Wiedereinsetzungsantrag bzw. seinen Beschwerden nicht bestritten.

Die belangte Behörde konnte durch ein am 21.05.2019 geführtes Telefonat mit einem Mitarbeiter der Caritas an der vom Beschwerdeführer namhaft gemachten Abgabestelle eruieren, dass er zuletzt am 29.03.2019 telefonisch nach Post für ihn fragte, sodann im gesamten Monat April 2019 sich weder telefonisch nach für ihn bestimmter Post erkundigte noch persönlich an der Abgabestelle erschien und erst wieder am 02.05.2019 persönlich Poststücke behob. Der anfragende Referent der belangten Behörde hielt diese Auskunft in einem Aktenvermerk vom 21.05.2019 fest; Zweifel an der Richtigkeit dieses Vermerks kamen nicht hervor und wurden durch den Beschwerdeführer auch nicht aufgezeigt. Ebenso besteht kein Anlass, an den erstatteten Angaben durch den Mitarbeiter der Caritas zu zweifeln, weil schlechterdings kein Grund ersichtlich ist, warum er unwahre Angaben der Behörde gegenüber machen sollte. Dabei ist für das Bundesverwaltungsgericht auch nachvollziehbar, warum exakte Auskünfte zu den Kontaktaufnahmen durch den Beschwerdeführer - seien diese persönlich oder auf telefonischem Wege erfolgt - gemacht werden konnten: So wurde dem Referenten des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl mitgeteilt, dass über Telefonate sowie Besuche der eine Postabgabestelle innehabenden Personen Aufzeichnungen geführt würden.

Daraus geht hervor, dass der Beschwerdeführer mit seiner in seinem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufgestellten Behauptung, er habe sich auch im April 2019, als er arbeitsbedingt oft verhindert gewesen sei, regelmäßig bei seiner genannten Postabgabestelle nach Post für ihn erkundigt, offensichtlich unwahre Angaben machte. Insbesondere fällt auf, dass er in der gegenständlichen Beschwerde den im angefochtenen Bescheid dargelegten Ermittlungsergebnissen der belangten Behörde mit keinem Wort entgegentritt; soweit sie die Frage der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betrifft, erschöpft sich die Beschwerde stattdessen in einer wortgleichen Wiederholung des Wiedereinsetzungsantrags vom 20.05.2019. Der in der Beschwerde gestellte Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist dementsprechend auch unsubstantiiert lediglich mit der pauschalen Behauptung begründet, dass "die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht nicht hinreichend nachgekommen" sei, was die durchgeführte Ermittlung durch die Behörde durch Nachfrage bei der Abgabestelle des Beschwerdeführers völlig unbeachtet lässt. Angesichts der klaren Aktenlage, der unbedenklichen Angaben seitens der Caritas gegenüber der belangten Behörde und der unsubstantiierten - auf diesen Umstand in keiner Weise eingehenden - Beschwerdeausführungen konnte von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer frühestens am 06.05.2019 davon erfuhr, dass es sich bei dem hinterlegten Schriftstück um einen Bescheid mit einer vierwöchigen Rechtsmittelfrist handelte, und er am 07.05.2019 bei der belangten Behörde erschien, wo ihm eine Kopie des Bescheids vom 01.04.2019 ausgehändigt wurde, beruht wiederum auf seinen eigenen Ausführungen im verfahrenseinleitenden Wiedereinsetzungsantrag sowie der Beschwerde. Die Angabe betreffend die Kenntniserlangung von der Existenz eines Bescheids stimmt mit dem Aktenvermerk des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 06.05.2019 überein, wonach an diesem Tag die Schwester des Beschwerdeführers bei der Behörde angerufen und mitgeteilt habe, dass dieser "seinen Bescheid" einen Tag später persönlich abholen wolle. Die Angabe betreffend die Übernahme einer Bescheidkopie steht hingegen mit den im Akt aufliegenden Aktenvermerken, wonach der Beschwerdeführer am 07.05.2019 entgegen seiner Ankündigung bei der Behörde zur Abholung der Bescheidkopie nicht erschienen sei, nicht in Einklang, doch scheint auch nicht nachvollziehbar, warum er in seinem Wiedereinsetzungsantrag diesbezüglich ein Datum nennen sollte, das vor jenem des tatsächlichen Bescheiderhalts liegt. Im Zweifel wird daher in diesem Punkt der Behauptung des Beschwerdeführers gefolgt; insofern ist auch zu dieser Frage die Durchführung einer Verhandlung nicht von Nöten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Der angefochtene Bescheid vom "22.05.2018" (offenbar gemeint: 22.05.2019) wurde der Vertreterin des Beschwerdeführers am 04.06.2019 postalisch zugestellt. Die am 12.06.2019 per E-Mail dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl übermittelte Beschwerde ist gemäß § 7 Abs. 4 erster Satz VwGVG rechtzeitig.

Zu A)

3.1. Macht eine Partei gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG glaubhaft, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Nach § 33 Abs. 3 VwGVG ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen.

Gemäß § 33 Abs. 4 VwGVG hat bis zur Vorlage der Beschwerde über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden, § 15 Abs. 3 leg.cit. ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden.

3.2. § 33 Abs. 4 VwGVG kann verfassungskonform nur die Bedeutung zugemessen werden, dass über Wiedereinsetzungsanträge, die bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde eingebracht werden, von dieser, und über jene, die ab Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht eingebracht werden, von jenem mit Beschluss zu entscheiden ist (VwGH 28.09.2016, Ro 2016/16/0013).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl war somit zuständig, über den Wiedereinsetzungsantrag zu entscheiden, weil dieser dort unter einem mit der Beschwerde gegen den Bescheid gestellt wurde.

3.3. Der Wiedereinsetzungsantrag vom 20.05.2019 wurde rechtzeitig innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 33 Abs. 3 VwGVG gestellt, weil der Beschwerdeführer frühestens am 06.05.2019 von der Versäumung der Rechtsmittelfrist betreffend den Bescheid vom 01.04.2019 erfuhr.

3.4. Die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags des Beschwerdeführers erfolgte zu Recht:

3.4.1. Der Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 01.04.2019 wurde dem Beschwerdeführer am 05.04.2019 durch - im Wege einer an seiner der Behörde namhaft gemachten Abgabestelle zurückgelassenen Verständigung ordnungsgemäße - Hinterlegung zugestellt (§ 17 Abs. 3 ZustG). Die Zustellung des Bescheids an diesem Tag wird auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Die vierwöchige Rechtsmittelfrist endete mit Ablauf des 03.05.2019.

3.4.2. Der Beschwerdeführer konnte im Verfahren nicht glaubhaft machen, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der Einhaltung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 01.04.2019 gehindert gewesen wäre. Er behob den für ihn hinterlegten Bescheid aus eigenem Verschulden nämlich nicht, sondern holte erst am 02.05.2019 die Hinterlegungsanzeige bei seiner Abgabestelle ab. Dass er den nach zweiwöchiger Hinterlegung der Behörde retournierten Bescheid erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist erhielt, liegt dabei in der alleinigen Verantwortung des Beschwerdeführers, weil er sich im gesamten Monat April 2019 nicht einmal telefonisch bei seiner - dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl namhaft gemachten - Postabgabestelle erkundigte, ob Poststücke für ihn eingelangt seien bzw. zur Abholung bereitlägen. Mit einer derartigen Nachlässigkeit gegenüber der eigenen Postabgabestelle zeigte der Beschwerdeführer ein Verhalten, das jedenfalls über einen minderen Grad des Versehens hinausging, zumal er nach der Einvernahme vor der belangten Behörde am 29.03.2019, in der er über den Verfahrensgegenstand der Asylaberkennung befragt wurde und dabei seine Postabgabestelle dem Bundesamt ausdrücklich bestätigte, mit einer nahenden behördlichen Entscheidung rechnen musste.

3.5. Die Beschwerde gegen den den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abweisenden Bescheid der belangten Behörde vom 22.05.2019 ist damit abzuweisen. Das Bundesamt hätte die Antragsabweisung jedoch auf die Rechtsgrundlage des § 33 Abs. 1 VwGVG stützen müssen, weil es sich um ein Verfahren über eine im VwGVG geregelte Beschwerde handelt (vgl. VwGH 28.09.2016, Ro 2016/16/0013). Die Abweisung der Beschwerde hat daher unter einer entsprechenden Maßgabe zu erfolgen.

3.6. Lediglich ergänzend ist festzuhalten, dass auf die in der Beschwerde enthaltene Monierung des Beschwerdeführers, dass der im angefochtenen Bescheid enthaltene Hinweis, wonach für eine Beschwerde eine Gebühr in der Höhe von 30,- Euro zu entrichten sei, unzutreffend sei, nicht weiter einzugehen ist, weil über eine solche Gebühr mit dem angefochtenen Bescheidspruchpunkt nicht abgesprochen wurde und diese Frage damit auch keinen Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens bildet.

3.7. Übersetzungen des Spruchs und der Rechtsmittelbelehrung dieses Erkenntnisses in die Muttersprache des Beschwerdeführers haben nicht zu erfolgen, weil der Beschwerdeführer der deutschen Sprache mächtig ist (§ 12 Abs. 1 BFA-VG).

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; zudem fehlt es auch nicht an einer Rechtsprechung und die zu lösende Rechtsfrage wird in dieser auch nicht uneinheitlich beantwortet. So ist der Umstand, dass nur durch eine Hinterlegungsanzeige eine wirksame Zustellung durch Hinterlegung gemäß § 17 ZustG eintreten kann, ebenso durch die in der Entscheidung angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt wie die Rechtsbeurteilung, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in der vorliegenden Konstellation auf der Rechtsgrundlage des § 33 Abs. 1 VwGVG zu erfolgen hatte.

Schlagworte

Wiedereinsetzung, Wiedereinsetzungsantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W237.1301825.4.00

Zuletzt aktualisiert am

15.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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