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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
ABGB §431;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, in der Beschwerdesache der Baumanagement Fakler & Niedermayer Gesellschaft mbH in Mödling, vertreten durch Dr. Gerhard Daxböck, Rechtsanwalt in Wien I, Mahlerstraße 13, gegen den Gemeinderat der Stadtgemeinde Mödling, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Bausache (weitere Parteien gemäß § 8 AVG: 1. Elisabeth Hrebejk, 2. Friedrich Nake, beide in Mödling, beide vertreten durch Dr. Norbert Lehner und Dr. Alfred Steinbuch, Rechtsanwälte in Neunkirchen, Seebensteinerstraße 4), zu Recht erkannt:
Spruch
In Anwendung des § 42 Abs. 4 VwGG und des § 73 AVG wird das Ansuchen der Beschwerdeführerin vom 28. Dezember 1994 um Erteilung der Bewilligung, den gesamten Baubestand auf dem Grundstück in Mödling, Fleischgasse 1 (EZ 83, Grundstücke Nr. .180 und 549, KG Mödling), abzubrechen, gemäß §§ 100 Abs. 2 und 96 Abs. 1 Z. 2 Nö BauO 1976 abgewiesen.
Die Stadtgemeinde Mödling hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin beantragte mit Schreiben vom 28. Dezember 1994, gerichtet an die Stadtgemeinde Mödling, die Erteilung der im Spruch genannten Abbruchbewilligung; das Ansuchen enthielt auch die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers H. D. . Mit Schriftsatz vom 4. Juli 1995 beantragte sie den Übergang der Entscheidungspflicht auf den Gemeinderat, weil über den Antrag entgegen der im § 118 Abs. 2 Nö. BauO. zwingend vorgeschriebenen Befristung nicht entschieden wurde. Mit Bescheid vom 7. November 1995 gab die belangte Behörde dem Devolutionsantrag statt. Der Bescheid enthält den Hinweis, daß hinsichtlich des Antrages auf Abbruch der Gemeinderat beschlossen habe, ein baubehördliches Bewilligungsverfahren durchzuführen und nach Vorprüfung dieses Antrages eine Verhandlung auszuschreiben.
Mit Bescheid vom 4. März 1996 wies die belangte Behörde den Antrag auf Erteilung der Baubewilligung zum Abbruch von Baulichkeiten auf der gegenständlichen Liegenschaft ab.
Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 8. Mai 1996 wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 4. März 1996 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen.
Am 26. September 1996 fand die Bauverhandlung hinsichtlich der Abbruchbewilligung statt. Die von mehreren Nachbarn - u.a. den im Kopf genannten weiteren Parteien - erhobenen Einwendungen betrafen im wesentlichen die Sicherung ihres Bestandes.
In der Sitzung der belangten Behörde vom 12. November 1996 fand der Antrag auf Bewilligung des begehrten Abbruches keine Mehrheit.
Am 20. November 1996 langte die Säumnisbeschwerde der Bauwerberin beim Verwaltungsgerichtshof ein. Die Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes, mit der der belangten Behörde eine dreimonatige Frist zur Nachholung ihrer Entscheidung gesetzt wurde, wurde der belangten Behörde am 16. Dezember 1996 zugestellt. Auch in einer weiteren Sitzung des Gemeinderates vom 7. März 1997 erhielt ein Antrag, den Abbruch bescheidmäßig zu genehmigen, keine Mehrheit.
Mit Schreiben vom 12. März 1997 legte die belangte Behörde die Verwaltungsakten vor. Die Beschwerdeführerin beantragte mit Schriftsatz vom 18. März 1997, der Verwaltungsgerichtshof möge wegen Ablaufes der Frist des § 36 Abs. 2 VwGG den Abbruchbescheid erlassen.
Die weiteren Parteien, denen das Nachbarhaus Fleischgasse 3 gehört, äußerten sich dahingehend, daß Veränderungen der an der Liegenschaftsgrenze befindlichen Bauteile erhebliche Nachteile in bautechnischer Art für ihre Liegenschaft bedeuten würde. Sie begehrten die Einholung des Gutachtens durch einen gerichtlich beeideten Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Statik bzw. des Hoch- und Tiefbaus, um die Folgen der beabsichtigten Veränderungen einzuschätzen und die Haftungsfrage für die möglichen Beeinträchtigungen abzuklären.
Mit Schriftsatz vom 1. Oktober 1998 erklärte die Corso-Real Hotel-Immobilienerrichtungs- und Verwaltungsgesellschaft mbH in Wien, vertreten durch Dr. Rudolf Beck und Dr. Richard Krist, Rechtsanwälte in Mödling, Freiheitsplatz 8 (im folgenden: Hotelerrichtungsgesellschaft), daß ihr mit Beschluß des Bezirksgerichtes Mödling vom 1. Oktober 1998 das Alleineigentum an der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft EZ 83, Grundbuch Mödling, einverleibt wurde. Sie legte diesbezüglich einen Grundbuchsauszug vom 1. Oktober 1998 vor, welcher sie aufgrund eines Kaufvertrages vom 16. Juli 1998 als Alleineigentümerin der gegenständlichen Liegenschaft Fleischgasse 1 ausweist. Die Hotelerrichtungsgesellschaft erklärte in ihrem Schriftsatz, daß sie die Zustimmung zu den verfahrensgegenständlichen Maßnahmen zurückzieht bzw. nicht erteilt.
Dazu äußerte sich die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 5. Oktober 1998. Sie gab an, daß der Beschluß vom 1. Oktober 1998 bisher noch nicht zugestellt worden sei und daß die Rekursfrist in Grundbuchsachen 30 Tage betrage und Eigentum erst mit Rechtskraft des Einverleibungsbeschlusses erworben werde. Daher sei die Hotelerrichtungsgesellschaft noch nicht Eigentümerin der Liegenschaft. Sie könne keine Zustimmung zu den verfahrensgegenständlichen Baumaßnahmen zurückziehen bzw. diese nicht erteilen. Sie sei niemals Partei des gegenständlichen Bauverfahrens gewesen. Die Zustimmung sei längst am Beginn des gegenständlichen Bauverfahrens mit dem Ansuchen vom Grundeigentümer erteilt worden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war. Gemäß § 27 VwGG kann Säumnisbeschwerde erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat.
Die vorliegende Säumnisbeschwerde ist zulässig, weil über das Bauansuchen vom 28. Dezember 1994, betreffend den Abbruch des gesamten Baubestandes, von der belangten Behörde, die einem entsprechenden Devolutionsantrag stattgegeben hat, nicht innerhalb von sechs Monaten und auch in weiterer Folge nicht entschieden wurde. Nach Ablauf der vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 36 Abs. 2 erster Satz VwGG gesetzten Frist wurde der Bescheid nicht nachgeholt; zu einer Nachfristsetzung bestand kein Anlaß, weil die belangte Behörde erklärt hat, daß der Bescheid nicht erlassen würde.
Gemäß § 77 Nö BauO 1996, LGBl. 8200-0, sind die am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes (1. Jänner 1997) anhängigen Verfahren nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen.
Gemäß § 96 Abs. 1 Nö BauO 1976 in der Fassung der Novelle LGBl. 8200-6 (BO) sind dem Ansuchen um die Erteilung einer Bewilligung gemäß §§ 92 oder 93 ein höchstens sechs Monate alter Grundbuchsauszug oder ein beglaubigter Auszug aus der Grundbuchsdatenbank sowie die Zustimmung des Grundeigentümers anzuschließen, wenn der Bewilligungswerber nicht Grundeigentümer ist. Da der Abbruch von Bauwerken gemäß § 92 Abs. 1 Z. 7 BO bewilligungspflichtig ist und die Beschwerdeführerin nie Grundeigentümer war, bedurfte sie der Zustimmung des Grundeigentümers. Diese Grundeigentümerzustimmung hat die Beschwerdeführerin auch tatsächlich anläßlich des Bauansuchens vorgelegt.
Es entspricht allerdings der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß dann, wenn die Zustimmung zur Bauführung im Zeitpunkt der Entscheidung über das Bauansuchen nicht mehr vorliegt, mit einer Versagung der Baubewilligung vorzugehen ist. Zieht der Grundeigentümer bzw. Miteigentümer mit seiner Berufung gegen den Baubewilligungsbescheid seine ursprünglich erteilte Zustimmung zum Bauvorhaben zurück, so muß die Berufungsbehörde die beantragte Baubewilligung versagen (hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1995, Zl. 95/05/0223, m.w.N.).
Die Beschwerdeführerin stellt sich nun auf den Standpunkt, der Grundbuchsauszug vom 1. Oktober 1998 weise die Hotelerrichtungsgesellschaft nicht als Eigentümerin aus, weil Eigentum erst mit Rechtskraft des Einverleibungsbeschlusses erworben werde.
Die Frage, wer Eigentümer ist, richtet sich nach den einschlägigen Bestimmungen des Zivilrechtes unter Bedachtnahme auf den im § 431 ABGB verankerten Eintragungsgrundsatz (Hauer-Zaussinger, Nö BauO4, 329). Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß das Eigentum an einer veräußerten Liegenschaft grundsätzlich schon im Zeitpunkt des Einlangens des (vom Grundbuchsgericht erst später bewilligten und vollzogenen) Grundbuchsgesuches auf den Erwerber übergeht (Urteil vom 22. September 1966, Zl. 5 Ob 256/66, u.v.a.); daran ändert selbst eine nach Einlangen des Grundbuchsgesuches eingebrachte Löschungsklage nichts (Urteil vom 4. Juli 1985, GZ 7 Ob 564/84). Es gilt die allgemeine Erwägung, daß im Falle aufrechter Erledigung der dingliche Rechtserwerb im Zeitpunkt des Einlangens des Gesuches beim Grundbuchsgericht eintritt (OGH vom 24. Juni 1998, Zl. 3 Ob 165/98 f). Auch der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 7. Dezember 1993, Zl. 91/05/0143, ergangen zur Nö BauO, die Auffassung der dortigen Beschwerdeführerin ausdrücklich nicht geteilt, daß mit "Durchführung im Grundbuch" der rechtskräftige Abschluß des Grundbuchsverfahrens zu verstehen sei. Dort wurde auf § 102 Abs. 1 Grundbuchgesetz hingewiesen, wonach der Vollzug des Bewilligungsbeschlusses im Grundbuch nach dem Inhalt des Beschlusses zu erfolgen hat und ein mehrstufiger Verfahrensablauf etwa in dem Sinne, daß der Vollzug erst nach Rechtskraft erfolgen dürfe, in jenem Gesetz nicht vorgesehen sei.
Für den Verwaltungsgerichtshof ist daher im Rahmen seiner Entscheidung über das gegenständliche Bauansuchen davon auszugehen, daß die Hotelerrichtungsgesellschaft seit 1. Oktober 1998 Grundeigentümer ist und die Zustimmung des früheren Grundeigentümers widerrufen hat. Damit ist aber eine materielle Voraussetzung für eine positive Erledigung des Bauansuchens weggefallen, weshalb das Ansuchen der Beschwerdeführerin vom 28. Dezember 1994 abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere auf § 55 Abs. 1 erster Satz VwGG.
Wien, am 27. Oktober 1998
Schlagworte
Baubewilligung BauRallg6 Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996050280.X00Im RIS seit
03.05.2001