Entscheidungsdatum
25.07.2019Norm
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13Spruch
W270 2177193-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. GRASSL über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. AFGHANISTAN, gegen Spruchpunkt I. des Bescheids des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.10.2017, Zl. 1124065308-161042470, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. XXXX (in Folge: "Beschwerdeführer") stellte am 26.07.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
2. Bei seiner Erstbefragung vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 27.07.2016 gab er befragt zu seinen Fluchtgründen an, dass er Afghanistan aufgrund des Bürgerkrieges und der Taliban verlassen habe.
3. Bei seiner Einvernahme vor der belangten Behörde am 24.02.2017 gab der Beschwerdeführer zu den Gründen für seine Asylantragstellung befragt zusammengefasst an, dass die Taliban in seinem Heimatdorf sehr mächtig seien. Sogar die Schule sei von diesen erobert und dort nur noch vom Dschihad und, dass alle gegen "die ungläubigen Fremden" kämpfen müssten, gesprochen worden. Sie hätten gewollt, dass sich ihnen die jungen Männer anschließen, ihn persönlich hätten sie jedoch nie angesprochen und zum Kämpfen aufgefordert. Der Beschwerdeführer sei einmal nach dem Einkaufen auch von den Taliban festgenommen und zu einem Berg gebracht worden. Dort hätten sie kontrolliert was der Beschwerdeführer gekauft habe und hätten ihn dann wieder gehen lassen. Bis zu seiner Ausreise aus Afghanistan hielt sich der Beschwerdeführer aus Angst vor den Taliban versteckt.
4. Mit Schreiben vom 27.07.2017 übermittelte der Beschwerdeführer weitere Integrationsunterlagen.
5. Die belangte Behörde wies den gegenständlichen Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m.
§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) mit Bescheid vom 06.10.2017 ab. Dem Beschwerdeführer wurde mit gegenständlichem Bescheid der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt (Spruchpunkt II.) und diesem gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 05.10.2018 erteilt (Spruchpunkt III.).
Die belangte Behörde begründete ihren Bescheid im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer eine asylrelevante Verfolgung bezogen auf seinen Heimatstaat nicht glaubhaft machen konnte. Aufgrund der Minderjährigkeit des Beschwerdeführers könne jedoch trotz Vorliegens eines sozialen und familiären Netzwerks in Afghanistan nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass er bei einer Rückkehr in seinen Heimatstaat aufgrund der Lage in seiner Heimatprovinz nicht einer besonderen Gefährdungslage ausgesetzt wäre.
6. In der gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheids erhobenen Beschwerde rügte der Beschwerdeführer eine mangelhafte Beweiswürdigung der belangten Behörde und verwies auch auf die Sicherheitslage in seiner Heimatprovinz und legte diesbezüglich weitere Beweismittel vor.
7. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27.09.2018 wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 bis zum 05.10.2020 verlängert.
8. Gemeinsam mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wurden dem Beschwerdeführer das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation sowie weitere länderkundliche und sonstige Informationen im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht.
9. Am 23.05.2019 fand am Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, in deren Rahmen der Beschwerdeführer insbesondere nochmals zu den geltend gemachten Fluchtgründen sowie seinem Leben in Österreich einvernommen wurde und weitere Urkunden zu seiner Integration vorlegte. In der mündlichen Verhandlung wurden von Seiten des Bundesverwaltungsgerichts außerdem weitere länderkundliche und sonstige Informationen in das Verfahren eingeführt und dem Beschwerdeführer diesbezüglich die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.
10. Mit Stellungnahme vom 28.05.2019 wies der Beschwerdeführer nochmals darauf hin, dass hinsichtlich seiner Aussagen im Rahmen der Erstbefragung sowie auch betreffend die Einvernahme vor der belangten Behörde seine damalige Minderjährigkeit berücksichtigt werden müsse. Darüber hinaus wurden weitere Beweismittel zur Sicherheitslage und der Präsenz der Taliban in der Heimatprovinz des Beschwerdeführers vorgelegt.
11. Im Rahmen des Parteiengehörs wurden dem Beschwerdeführer am 19.06.2019, zugestellt am 27.06.2019 weitere länderkundliche Informationen übermittelt und ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen eingeräumt. Von dieser Gelegenheit machte der Beschwerdeführer keinen Gebrauch.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
1.1.1. Identität, Herkunft und Sprachkenntnisse:
1.1.1.1. Der Beschwerdeführer trägt den Namen " XXXX " und ist Staatsbürger der Islamischen Republik Afghanistan. Er wurde dort am XXXX in der Provinz Laghman, im Distrikt Mehtar Lam/Bad Pash, im Dorf " XXXX " geboren und ist dort auch aufgewachsen.
1.1.1.2. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Paschtu. Neben dieser hat er auch noch Kenntnisse der Sprachen Dari, Deutsch und Englisch. Er kann all diese Sprachen auch lesen und schreiben.
1.1.2. Volksgruppe und Religion:
Der Beschwerdeführer gehört der afghanischen Volksgruppe der Paschtunen an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam.
1.1.3. Familiäre Situation und wirtschaftliche Lage:
1.1.3.1. Die Mutter des Beschwerdeführers sowie seine beiden Schwestern und einer seiner Brüder leben bei den Großeltern des Beschwerdeführers im Dorf " XXXX " in der Provinz Laghman. Die anderen beiden Brüder des Beschwerdeführers befinden sich derzeit in Pakistan. Der Vater des Beschwerdeführers ist bereits verstorben.
1.1.3.2. Der Großvater versorgt die Familie des Beschwerdeführers.
1.1.3.3. Der Beschwerdeführer steht mit seiner Familie regelmäßig, ein- bis zweimal pro Monat telefonisch in Kontakt.
1.1.4. Ausbildung und Berufserfahrung:
1.1.4.1. Der Beschwerdeführer besuchte in Afghanistan sieben Jahre lang die Schule.
1.1.4.2. Er verfügt über keinerlei Berufserfahrung in Afghanistan.
1.1.5. Gesundheitszustand:
Der Beschwerdeführer leidet an keinen psychischen oder physischen Krankheiten oder Gebrechen und nimmt auch keine Medikamente ein.
1.1.6. Ausreise aus Afghanistan und Antragstellung in Österreich:
Der Beschwerdeführer verließ Afghanistan ungefähr im Mai 2016 und stellte schließlich am 26.07.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
1.2. Zum individuellen Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:
1.2.1. Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer persönlich von den Taliban bedroht wurde oder sonstige Handlungen oder Maßnahmen gegen ihn von Mitgliedern dieser Gruppierung gesetzt wurden. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer zum Kampf gegen "die ungläubigen Fremden" durch den Einsatz von Zwang rekrutiert werden sollte.
1.2.2. Nicht festgestellt werden kann, dass der Vater des Beschwerdeführers von den Taliban oder sonstigen regierungsfeindlichen Gruppierungen ermordet wurde.
1.2.3. Weiters kann nicht festgestellt werden, dass gegen die Familie des Beschwerdeführers - insbesondere auch nicht nach der Ausreise des Beschwerdeführers - eine sonstige Maßnahme oder Handlung gesetzt wurde. Ebenso wenig kann festgestellt werden, dass die Familie persönlich bedroht oder eine sonstige Handlung oder Maßnahme gegen diese gesetzt wurde.
1.3. Zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich:
1.3.1. Der Beschwerdeführer lebt in einer Unterkunft in XXXX .
1.3.2. In Österreich leben weder Verwandte noch sonstige nahe Angehörige des Beschwerdeführers. Er selbst ist ledig.
1.3.3. Der Beschwerdeführer ist seit November 2018 Lehrling als pharmazeutisch/kaufmännischer Assistent in einer Apotheke in XXXX . Seine Lehre kann er im Jahr 2021 abschließen. Da er Lehre mit Matura macht, besucht er außerdem dienstags und donnerstags die Abendschule.
1.3.4. Der Beschwerdeführer ist in Österreich unbescholten.
1.4. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:
1.4.1. Zur allgemeinen Lage in Afghanistan:
Sicherheitslage
Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil.
Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren.
Die Provinz Kabul verzeichnete die höchste Zahl ziviler Opfer - speziell in der Hauptstadt Kabul: von den 1.612 registrierten zivilen Opfer (440 Tote und 1.172 Verletzte). Hauptursache waren Selbstmordanschläge, gefolgt von IEDs und gezielte Tötungen.
Die Zahl der Luftangriffe hat sich im Vergleich zum Jahr 2016 um 67% erhöht, die gezielten Tötungen um 6%. Ferner hat sich die Zahl der Selbstmordattentate um 50% erhöht. Östliche Regionen hatten die höchste Anzahl an Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von südlichen Regionen. Diese beiden Regionen zusammen waren von 55% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle betroffen. Für den Berichtszeitraum 15.12.2017 - 15.2.2018 kann im Vergleich zum selben Berichtszeitraum des Jahres 2016, ein Rückgang (-6%) an sicherheitsrelevanten Vorfällen verzeichnet werden.
Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren. Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt) bedrohen - ein signifikanter Meilenstein für die ANDSF; diesen Meilenstein schrieben afghanische und internationale Sicherheitsbeamte den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zu.
(Auszug bzw. Zusammenfassung entscheidungsrelevanter Passagen aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan, Gesamtaktualisierung am 29.06.2018 letzte Kurzinformation eingefügt am 04.06.2019 [in Folge: "LIB"], Pkt. 3. "Sicherheitslage")
Regierungsfeindliche Gruppierungen
Allgemeines
Terroristische und aufständische Gruppierungen stellen Afghanistan und die Koalitionskräfte vor erhebliche Herausforderungen. Derzeit sind rund 20 terroristische Organisationen in Afghanistan zu finden:
das von außen unterstützte Haqqani-Netzwerk stellt nach wie vor die größte Gefährdung für afghanische und internationale Kräfte dar. Die Verflechtung von Taliban und Haqqani-Netzwerk ist so intensiv, dass diese beiden Gruppierungen als Fraktionen ein und derselben Gruppe angesehen werden. Wenn auch die Taliban öffentlich verkündet haben, sie würden zivile Opfer einschränken, so führt das Haqqani-Netzwerk auch weiterhin Angriffe in bevölkerungsreichen Gegenden aus.
Im August 2017 wurde berichtet, dass regierungsfeindliche bewaffnete Gruppierungen - insbesondere die Taliban - ihre Aktivitäten landesweit verstärkt haben, trotz des Drucks der afghanischen Sicherheitskräfte und der internationalen Gemeinschaft, ihren Aktivitäten ein Ende zu setzen. Auch sind die Kämpfe mit den Taliban eskaliert, da sich der Aufstand vom Süden in den sonst friedlichen Norden des Landes verlagert hat, wo die Taliban auch Jugendliche rekrutieren. Ab dem Jahr 2008 expandierten die Taliban im Norden des Landes. Diese neue Phase ihrer Kampfgeschichte war die Folge des Regierungsaufbaus und Konsolidierungsprozess in den südlichen Regionen des Landes. Darüber hinaus haben die Taliban hauptsächlich in Faryab und Sar-i-Pul, wo die Mehrheit der Bevölkerung usbekischer Abstammung ist, ihre Reihen für nicht-paschtunische Kämpfer geöffnet.
Teil der neuen Strategie der Regierung und der internationalen Kräfte im Kampf gegen die Taliban ist es, die Luftangriffe der afghanischen und internationalen Kräfte in jenen Gegenden zu verstärken, die am stärksten von Vorfällen betroffen sind. Dazu gehören u.a. die östlichen und südlichen Regionen, in denen ein Großteil der Vorfälle registriert wurde. Eine weitere Strategie der Behörden, um gegen Taliban und das Haqqani-Netzwerk vorzugehen, ist die Reduzierung des Einkommens selbiger, indem mit Luftangriffen gegen ihre Opium-Produktion vorgegangen wird.
Außerdem haben Militäroperationen der pakistanischen Regierung einige Zufluchtsorte Aufständischer zerstört. Jedoch genießen bestimmte Gruppierungen, wie die Taliban und das Haqqani-Netzwerk Bewegungsfreiheit in Pakistan. Die Gründe dafür sind verschiedene:
das Fehlen einer Regierung, das permissive Verhalten der pakistanischen Sicherheitsbehörden, die gemeinsamen kommunalen Bindungen über die Grenze und die zahlreichen illegalen Netzwerke, die den Aufständischen Schutz bieten.
Taliban
Die Taliban führten auch ihre Offensive "Mansouri" weiter; diese Offensive konzentrierte sich auf den Aufbau einer "Regierungsführung" der Taliban (Engl. "governance") bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Gewalt gegen die afghanische Regierung, die ANDSF und ausländische Streitkräfte. Nichtsdestotrotz erreichten die Taliban, die Hauptziele dieser "Kampfsaison" laut US-Verteidigungsministerium nicht. Operation Mansouri sollte eine Mischung aus konventioneller Kriegsführung, Guerilla-Angriffen und Selbstmordattentaten auf afghanische und ausländische Streitkräfte werden. Auch wollten sich die Taliban auf jene Gegenden konzentrieren, die vom Feind befreit worden waren. Laut NATO Mission Resolute Support kann das Scheitern der Taliban-Pläne für 2017 auf aggressive ANDSF-Operationen zurückgeführt, aber auch auf den Umstand, dass die Taliban den IS und die ANDSF gleichzeitig bekämpfen müssen.
Im Jahr 2017 wurden den Taliban insgesamt 4.385 zivile Opfer (1.574 Tote und 2.811 Verletzte zugeschrieben. Die Taliban bekannten sich nur zu 1.166 zivilen Opfern. Im Vergleich zum Vorjahreswert bedeutet dies einen Rückgang um 12% bei der Anzahl ziviler Opfer, die den Taliban zugeschrieben werden. Aufgrund der Komplexität der in Selbstmord- und komplexen Anschlägen involvierten Akteure hat die UNAMA oft Schwierigkeiten, die daraus resultierenden zivilen Opfer spezifischen regierungsfreundlichen Gruppierungen zuzuschreiben, wenn keine Erklärungen zur Verantwortungsübernahme abgegeben wurde. Im Jahr 2017 haben sich die Taliban zu 67 willkürlichen Angriffen auf Zivilist/innen bekannt; dies führte zu 214 zivilen Opfern (113 Toten und 101 Verletzten). Auch wenn sich die Taliban insgesamt zu weniger Angriffen gegen Zivilist/innen bekannten, so haben sie dennoch die Angriffe gegen zivile Regierungsmitarbeiter/innen erhöht - es entspricht der Linie der Taliban, Regierungsinstitutionen anzugreifen.
Schätzungen von SIGAR zufolge kontrollierten im Oktober 2017 und im Jänner 2018 die Taliban 14% der Distrikte Afghanistans. Die Taliban selbst verlautbarten im März 2017, dass sie beinahe 10% der afghanischen Distrikte kontrollierten. Die Taliban halten auch weiterhin großes Territorium in den nördlichen und südlichen Gegenden der Provinz Helmand. Die ANDSF haben, unterstützt durch US-amerikanische Truppen, in den ersten Monaten des Jahres 2018 an Boden gewonnen, wenngleich die Taliban nach wie vor die Hälfte der Provinz Helmand unter Kontrolle halten. Helmand war lange Zeit ein Hauptschlachtfeld - insbesondere in der Gegend rund um den Distrikt Sangin, der als Kernstück des Taliban-Aufstands erachtet wird (JD News 12.3.2018; vgl. Reuters 30.3.2018). Die Taliban haben unerwarteten Druck aus ihrer eigenen Hochburg in Helmand erhalten:
Parallel zu der Ende März 2018 abgehaltenen Friedens-Konferenz in Uzbekistan sind hunderte Menschen auf die Straße gegangen, haben eine Sitzblockade abgehalten und geschworen, einen langen Marsch in der von den Taliban kontrollierten Stadt Musa Qala zu abzuhalten, um die Friedensgespräche einzufordern. Unter den protestierenden Menschen befanden sich auch Frauen, die in dieser konservativen Region Afghanistans selten außer Hauses gesehen werden.
Die Taliban geben im Kurznachrichtendienst Twitter Angaben zu ihren Opfern oder Angriffen. Ihre Angaben sind allerdings oft übertrieben. Auch ist es sehr schwierig Ansprüche und Bekennermeldungen zu verifizieren - dies gilt sowohl für Taliban als auch für den IS.
(Auszüge aus dem LIB, Pkt. 3. "Sicherheitslage")
Grundversorgungs- und Wirtschaftslage
Im Jahr 2015 belegte Afghanistan auf dem Human Development Index (HDI) Rang 169 von 188. Seit 2002 hat Afghanistan mit Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft wichtige Fortschritte beim Wiederaufbau seiner Wirtschaft erzielt. Nichtsdestotrotz bleiben bedeutende Herausforderungen bestehen, da das Land weiterhin von Konflikten betroffen, arm und von Hilfeleistungen abhängig ist. Während auf nationaler Ebene die Armutsrate in den letzten Jahren etwas gesunken ist, stieg sie in Nordostafghanistan in sehr hohem Maße. Im Norden und im Westen des Landes konnte sie hingegen reduziert werden. Angesichts des langsamen Wachstums, sicherheitsbedingter Versorgungsunterbrechungen und schwacher landwirtschaftlicher Leistungen, nimmt die Armut weiterhin zu.
Die Verbraucherpreisinflation bleibt mäßig und wurde für 2018 mit durchschnittlich 6% prognostiziert. Der wirtschaftliche Aufschwung erfolgt langsam, da die andauernde Unsicherheit die privaten Investitionen und die Verbrauchernachfrage einschränkt. Während der Agrarsektor wegen der ungünstigen klimatischen Bedingungen im Jahr 2017 nur einen Anstieg von ungefähr 1.4% aufwies, wuchsen der Dienstleistungs- und Industriesektor um 3.4% bzw. 1.8%. Das Handelsbilanzdefizit stieg im ersten Halbjahr 2017, da die Exporte um 3% zurückgingen und die Importe um 8% stiegen.
(Auszug bzw. Zusammenfassung aus dem LIB, Pkt. 21. "Grundversorgung und Wirtschaft")
Rechtsschutz und Justizwesen in Afghanistan
Im Bereich des Rechtsschutzes und des Justizwesens in Afghanistan gibt es legislative Fortschritte; dennoch gibt es keine einheitliche und korrekte Anwendung der verschiedenen Rechtsquellen und werden Dispute überwiegend außerhalb des formellen Justizsystems gelöst. Das formale Justizsystem ist in den städtischen Zentren relativ stark verankert, in den ländlichen Gebieten aber schwächer ausgeprägt. Dem Justizsystem mangelt es an Leistungsfähigkeit, teils mangels qualifizierten Personals (insbesondere in ländlichen Gebieten), teils wegen der eingeschränkten Zugänglichkeit von Gesetzestexten; die Situation bessert sich jedoch. Innerhalb des Gerichtswesens ist auch Korruption vorhanden und sind Richterinnen und Richter und Anwältinnen und Anwälte oftmals Ziel von Bedrohung oder Bestechung durch lokale Anführer oder bewaffnete Gruppen.
(Zusammenfassung aus dem LIB, Pkt. 4. "Rechtsschutz/Justizwesen")
Sicherheitsbehörden in Afghanistan
Im Zeitraum 2011 - 2014 wurde die Verantwortung für die Sicherheitsoperationen in Afghanistan schrittweise auf die afghanischen Sicherheitskräfte (ANSF) übertragen. Die ANSF setzt sich aus staatlichen Sicherheitskräften zusammen, darunter die afghanische Nationalarmee (ANA), die afghanische Luftwaffe (AAF), die afghanische Nationalpolizei (ANP), die afghanische lokale Polizei (ALP) und das National Directorate for Security (NDS), welches als Geheimdienst fungiert.
Die Wirksamkeit der afghanischen Streitkräfte hängt nach wie vor von der internationalen Unterstützung ab, um die Kontrolle über das Territorium zu sichern und zu behalten und die operative Kapazität zu unterstützen.
Die Polizeipräsenz ist auch in den Städten stärker und die Polizeibeamten sind verpflichtet, Richtlinien wie den ANP-Verhaltenskodex und die Richtlinien zum Einsatz von Gewalt einzuhalten. Die Reaktion der Polizei wird jedoch als unzuverlässig und inkonsistent bezeichnet, die Polizei hat eine schwache Ermittlungskapazität, es fehlt an forensischer Ausbildung und technischem Wissen. Der Polizei wird auch weit verbreitete Korruption, Gönnerschaft und Machtmissbrauch vorgeworfen:
Einzelpersonen in den Institutionen können ihre Machtposition missbrauchen und Erpressung zur Ergänzung ihres niedrigen Einkommens einsetzen. Es kam weiterhin zu willkürlichen Verhaftungen und Inhaftierungen durch die Polizei, und Folter ist bei der Polizei endemisch. Untätigkeit, Inkompetenz, Straffreiheit und Korruption führen zu Leistungsschwächen.
(Auszug bzw. Zusammenfassung entscheidungsrelevanter Passagen aus dem Country Guidance: Afghanistan, Juni 2018 [in Folge:
"EASO-Länderleitfaden Afghanistan"], des European Asylum Support Office [in Folge: "EASO"], abrufbar unter:
https://www.easo.europa.eu/sites/default/files/easo-country-guidance-afghanistan-2018.pdf, abgerufen am 26.06.2019, S. 95f mit Verweis auf weitere Quellen)
Folter und unmenschliche Behandlung
Laut den Artikeln 29 und 30 der afghanischen Verfassung ist Folter verboten. Aussagen und Geständnisse, die durch Zwang erlangt wurden, sind ungültig. Auch ist Afghanistan Vertragsstaat der vier Genfer Abkommen von 1949, des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR) sowie des römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC). Am 22. April 2017 genehmigte die afghanische Regierung ein neues Anti-Folter-Gesetz und erweiterte das im ursprünglichen Strafgesetzbuch enthaltene Folterverbot. Das neue Gesetz bezieht sich jedoch nur auf Folterungen, die im Rahmen des Strafrechtssystems erfolgt sind, und nicht eindeutig auf Misshandlungen, die von militärischen sowie anderen Sicherheitskräften verübt werden. Fehlende Regelungen zur Entschädigung von Folteropfern wurden im August 2017 durch ein entsprechendes Addendum ergänzt.
Trotz dieser Vorgaben gibt es zahlreiche Berichte über Misshandlungen durch Regierungsbeamte, Sicherheitskräfte, Gefängnispersonal und Polizei. Quellen zufolge wenden die Sicherheitskräfte weiterhin exzessive Gewalt an, einschließlich Folter und Gewalt gegen Zivilisten. Personen, die im Rahmen des bewaffneten Konflikts festgenommen wurden, werden insbesondere während des ersten Verhörs gefoltert, um Geständnisse zu erhalten.
Im Zuge einer Befragung gaben für den Zeitraum 1.1.2015 - 31.12.2016 181 (39%) von 469 befragten Personen an, von den afghanischen nationalen Verteidigungs- und Sicherheitskräften (ANDSF) gefoltert worden zu sein. Auch 38 (45%) von 85 befragten Kinder gaben an im Berichtszeitraum Opfer von Folter oder Missbräuchen geworden zu sein. Die meisten Misshandlungen fanden unter der Obhut des National Directorate of Security (NDS) und der afghanischen Nationalpolizei statt (ANP).
Zwei Jahre nach der Verlautbarung des Nationalplans von 2015 zur Eliminierung der Folter durch die afghanische Regierung, hat diese einige dauerhafte Fortschritte gemacht, insbesondere auf der Gesetzesebene. Zahlreiche im Nationalplan eingegangene Hauptverpflichtungen wurden jedoch nur teilweise verwirklicht
(Zusammenfassung aus dem LIB, Pkt. 6. "Folter und unmenschliche Behandlung durch den afghanischen Staat")
Binnenflüchtlinge
Zwischen 1.1.2018 und 15.5.2018 wurden 101.000 IDPs registriert. 23% davon sind erwachsene Männer, 21% erwachsene Frauen und 55% minderjährige Kinder.
Größtenteils stammen IDPs aus unsicheren ländlichen Gebieten und kleinen Städten und suchen relativ bessere Bedingungen in größeren Gemeinden und Städten innerhalb derselben Provinz. Mit Stand Dezember 2017 lebten 54% der Binnenvertriebenen in den afghanischen Provinzhauptstädten, was zu weiterem Druck auf bereits überlastete Dienstleistungen und Infrastruktur führt.
Die Binnenflüchtlinge leben mehrheitlich in prekären Bedingungen, der Zugang zu Gesundheitsversorgung, Bildung und wirtschaftlicher Teilhabe ist stark eingeschränkt. Ein Großteil ist auf humanitäre Hilfe angewiesen für welche es jedoch lediglich einen begrenzten Zugang gibt. Aufgrund des Mangels an landwirtschaftlichem Besitz und Vermögen brauchen mehr als 80% der Binnenvertriebenen Nahrungsmittelhilfe. Die afghanische Regierung kooperierte mit dem UNHCR, IOM und anderen humanitären Organisationen, um den Betroffenen Schutz und Unterstützung zu bieten.
(Auszug bzw. Zusammenfassung aus dem LIB, Pkt. 20.
"Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge")
Zur sozioökonomischen Situation in afghanischen Städten allgemein
UNHCR macht darauf aufmerksam, dass nur wenige Städte von Angriffen regierungsfeindlicher Kräfte, die gezielt gegen Zivilisten vorgehen, verschont bleiben. UNHCR stellt fest, dass gerade Zivilisten, die in städtischen Gebieten ihren tagtäglichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aktivitäten nachgehen, Gefahr laufen, Opfer dieser Gewalt zu werden.678 Zu solchen Aktivitäten zählen etwa der Weg zur Arbeit und zurück, die Fahrt in Krankenhäuser und Kliniken, der Weg zur Schule; den Lebensunterhalt betreffende Aktivitäten, die auf den Straßen der Stadt stattfinden, wie Straßenverkäufe; sowie der Weg zum Markt, in die Moschee oder an andere Orte, an denen viele Menschen zusammentreffen.
Im Hinblick auf die Prüfung der Zumutbarkeit verweist UNHCR auf die allgemeine Bemerkung des Amtes der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten in seinem Überblick von 2018 über den Bedarf an humanitärer Hilfe, in der es heißt:
"Insgesamt halten sich heute über 54 Prozent der Binnenvertriebenen (IDPs) in den Provinzhauptstädten Afghanistans auf, was den Druck auf die ohnehin überlasteten Dienstleistungen und Infrastruktur weiter erhöht und die Konkurrenz um Ressourcen zwischen der Aufnahmegemeinschaft und den Neuankömmlingen verstärkt." Außerdem herrscht, wie in Abschnitt II.D beschrieben, in den nördlichen und westlichen Teilen Afghanistans die seit Jahrzehnten schlimmste Dürre, weshalb die Landwirtschaft als Folge des kumulativen Effekt jahrelanger geringer Niederschlagsmengen zusammenbricht. Am schlimmsten betroffen sind die Provinzen Balkh, Ghor, Faryab, Badghis, Herat und Jowzjan.
Dazu kamen 2016 über eine Million aus Iran und Pakistan zurückkehrender Afghanen, gefolgt von weiteren 620 000 Heimkehrern im Jahr 2017. Der Protection Cluster in Afghanistan stellte schon im April 2017, nach den Rückkehrerströmen von 2016, aber noch vor den meisten Rückkehrern des Jahres 2017, Folgendes fest: "Der enorme Anstieg der Zahl der Heimkehrer [aus Pakistan und Iran] führte zu einer extremen Belastung der bereits an ihre Grenzen gelangten Aufnahmekapazität der wichtigsten Provinz- und Distriktzentren Afghanistans, nachdem sich viele Afghanen den Legionen von Binnenvertriebenen anschlossen, da sie aufgrund des sich zuspitzenden Konflikts nicht in ihre Herkunftsgebiete zurückkehren konnten. [...] Mit begrenzten Lebensgrundlagen, ohne soziale Schutznetze und angewiesen auf schlechte Unterkünfte sind die Vertriebenen nicht nur mit einem erhöhten Risiko der Schutzlosigkeit in ihrem alltäglichen Leben konfrontiert, sondern werden auch in erneute Vertreibung und negative Bewältigungsstrategien gezwungen, wie etwa Kinderarbeit, frühe Verheiratung, weniger und schlechtere Nahrung usw."
Laut der Erhebung über die Lebensbedingungen in Afghanistan 2016-2017 leben 72,4 Prozent der städtischen Bevölkerung Afghanistans in Slums, informellen Siedlungen oder unter unzulänglichen Wohnverhältnissen.
Außerdem wird berichtet, dass das Armutsniveau in Afghanistan ansteigt: Der Anteil der Bevölkerung, der unter der nationalen Armutsgrenze lebt, ist von 34 Prozent in den Jahren 2007/2008 auf 55 Prozent im Zeitraum 2016/2017 gestiegen.
(Auszug bzw. Zusammenfassung entscheidungsrelevanter Passagen aus den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018, HCR/EG/AFG/18/02 [abrufbar unter:
http://www.refworld.org/country,,,,AFG„5b8900109,0.html (abgerufen am 26.06.2019); in Folge: "UNHCR-Richtlinien"], Pkt. C.3.)
1.4.2. Lage der Heimatprovinz bzw. dem Heimatdistrikt des Beschwerdeführers in Afghanistan:
Die Provinz Laghman liegt inmitten des Hindukush-Gebirges. Sie besteht aus folgenden Distrikten: Alishing/Alishang, Alingar, Dawlat Shah/Dawlatshah, Qargayi/Qarghayi und Mehtar Lam/Bad Pash. Laghman grenzt an die Provinzen Nangarhar im Süden, Kunar im Osten, Nuristan und Panjshir im Norden und Kapisa und Kabul im Westen. Mehtar Lam/Mehtarlam ist die Provinzhauptstadt. In der Provinz leben mehrheitlich Paschtunen, gefolgt von Tadschiken, Nuristani, Paschai. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 460.352 geschätzt.
Zahlreiche Projekte werden in der Provinz Laghman: der Bau eines Flughafens, der die vier östlichen Provinzen verbinden soll, Dämme, ein Solarenergieplan, Parks, Straßen, ein Wasserversorgungssystem, der Campus der Universität Laghman sowie die Errichtung eines Kricket-Stadiums usw. Ein Abschnitt der Kabul-Jalalabad Autobahn geht durch die Provinz Laghman. Auch wurde Ende 2013 eine 14 km lange Straße gebaut, welche die Provinzhauptstadt Mehtarlam mit dem Distrikt Qarghayi verbindet. Mitte April 2017 wurde in Mehtarlam der Bau einer Tangente in der Provinz Laghman angekündigt.
2017 stieg die Opium-Produktion in der Provinz Laghman um 64% im Vergleich zu 2016. Alle Distrikte der Provinz, in denen Mohn angebaut wird, waren davon betroffen. Im Laufe des Jahres 2017 wurden 23 Hektar Mohnfelder umgewidmet.
Allgemeine Information zur Sicherheitslage
Laghman zählte seit dem Fall der Taliban im Jahr 2001 zu den relativ friedlichen Provinzen; Angriffe regierungsfeindlicher Gruppierungen nahmen jedoch in den letzten Jahren zu. Im Juli 2017 waren die Distrikte Alingar, Alishing und Dawlatshah von Sicherheitsproblemen betroffen, während sich die Sicherheitslage in der Provinzhauptstadt und ihren Vororten verbesserte.
In Laghman befindet sich eine internationale Militärbasis.
Im Jahr 2017 wurden aufgrund von Bedrohungen durch regierungsfeindliche Gruppierungen u.a. in der Provinz Laghman vorübergehend Gesundheitseinrichtungen geschlossen.
Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 147 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.
Im gesamten Jahr 2017 wurden in Laghman 354 zivile Opfer (84 getötete Zivilisten und 270 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Bodenoffensiven, gefolgt von IEDs und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 14% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016.
Militärische Operationen in Laghman
In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien. Luftangriffe werden durchgeführt. Dabei werden Aufständische, auch Talibananführer getötet. Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräfte finden statt.
Regierungsfeindliche Gruppierungen in Laghman
Berichtet wurde, dass nun zum ersten Mal Zusammenstöße zwischen Aufständischen der Taliban und des IS von Nangarhar auf die Provinz Laghman übergeschwappt sind - beide Seiten haben hohe Verluste bei diesen Zusammenstößen zu verzeichnen. Die Provinz Laghman grenzt an die Provinz Nangarhar, in der sowohl Anhänger der Taliban als auch Anhänger des IS in abgelegenen Distrikten aktiv sind. Lokale Beamte berichten von Luftangriffen auf die Taliban und den IS in manchen Distrikten der Provinz Laghman. Regierungsfeindliche Gruppierungen, inklusive Anhänger der Taliban und des IS, haben versucht, in abgelegenen Teilen der Provinz ihre Aktivitäten auszuweiten. In der Provinz Laghman kam es zu Zusammenstößen zwischen Taliban- und IS-Kämpfern.
Im Juli 2017 wurde in den drei Distrikten Alingar, Alishing und Dawlatshah die Aktivität von Aufständischen registriert.
Im Zeitraum 1.1.2017 - 31.1.2018 wurden IS-bezogene Sicherheitsvorfälle in der Provinz registriert.
(Auszug bzw. Zusammenfassung entscheidungsrelevanter Passagen aus dem LIB, Pkt. 3.20. "Laghman")
Im Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis 28. Februar 2019 berichteten Open-Media-Quellen, die von der Website Global Incidents Map genutzt wurden, über 144 Vorfälle im Zusammenhang mit Aufständischen in der Provinz Laghman. Ein Taliban-Angriff auf einen Armeeaußenposten in Qarghayi wurde im Januar 2019 von afghanischen Sicherheitskräften vereitelt. Auch im Bezirk Qarghayi wurden IEDs, die angeblich von Anti-Regierungs-Militanten installiert wurden, Ende Dezember 2018 von afghanischen Sicherheitskräften entschärft. Luftangriffe wurden von ausländischen Sicherheitskräften in Alishang im November 2018 durchgeführt und töteten Aufständische. Militärische Operationen gegen Aufständische, Taliban- und ISKP-Kämpfer, wurden von afghanischen Sicherheitskräften im Oktober in Dawlatshah und im September und Februar 2018 in Alingar durchgeführt, wobei Militante getötet wurden. Im Distrikt Alingar wurden im Laufe des Jahres 2018 Zusammenstöße zwischen Taliban-Aufständischen und ISKP-Kämpfern gemeldet. Die Kämpfe zwischen den beiden militanten Gruppen im Distrikt Alingar im Februar 2018 dauerten angeblich mehr als einen Monat, bis zu 40 Militante wurden getötet und Dutzende verletzt, so lokale Beamte; afghanische Spezialeinheiten führten auch Boden- und Luftoperationen in der Region durch. Ein Anwohner, der von der Salaam Times interviewt wurde, sagte, dass die Kämpfe Berichten zufolge die Schließung von Schulen, die Einstellung von Impfungen und die Gruppen "Gräueltaten begangen haben". Im August 2018 wurden sechs Mädchen nach der Detonation eines Blindgängers im Bezirk Alingar getötet. Pajhwok Afghan News berichtete von mindestens sechs Zivilisten, die bei einem Straßenbombardement im Distrikt Qarghayi im Februar 2019 getötet wurden. Wahlbezogene Gewalt wurde in der Provinz Laghman von der UNAMA registriert, da die Detonation von IEDs in der Nähe einer Schule, die als Wahlzentrum in Mehtarlam dient, Zivilisten (12 Männer und zwei Kinder) verletzte. Nach lokalen Quellen, die vom IWPR zitiert werden, bedrohen die Taliban Musiker und Musikhörer, weil sie in einigen Gebieten der Provinz Laghman, einschließlich der Bezirke Alishang und Mehterlam, ihrer Interpretation des Islam nicht entsprechen.
(Auszug bzw. Zusammenfassung entscheidungsrelevanter Passagen aus dem EASO Country of Origin Information Report Afghanistan, Security Situation, June 2019 [in Folge: "EASO-Bericht Sicherheitslage Juni 2019], abrufbar unter:
https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/Afghanistan_security_situation_2019.pdf, abgerufen am 26.06.2019, Pkt. 2.21.)
Lage in der Heimatprovinz bzw. dem Heimatdistrikt in der ersten Jahreshälfte 2016
Laut Khaama Press galt Laghman im April 2016 als eine der relativ volatilen Provinzen im Osten Afghanistans. Regierungsfeindliche Gruppierungen waren in einer Reihe abgelegener Distrikte aktiv.
Religionswissenschaftler nahmen an einer Versammlung in Laghman teil und forderten die Taliban auf, Gewalt zu verurteilen und dem Friedensangebot der Regierung zuzustimmen. Das Hauptziel des Treffens war es, die Einheit der Stämme zu stärken und die Bemühungen um Frieden und Stabilität in Afghanistan zu verstärken.
Die Kabul Tribune berichtete, dass die lokale Laghmani-Regierung im Jahr 2015 in verschiedenen Bereichen bedeutende Erfolge erzielt hat. Diese Verbesserungen wurden in verschiedenen Sektoren festgestellt, wie z.B. Sicherheit, Regierungsführung, Entwicklung sowie allgemeine Serviceleistungen für die Menschen in Laghman, in allen Bezirken und der Hauptstadt. Dies führte zu einer kontinuierlichen Zusammenarbeit mit der lokalen Verwaltung. Dennoch sind regierungsfeindlichen Gruppen in einer Reihe ihrer isolierten Distrikte aktiv.
Eine internationale Organisation erklärte, dass die Sicherheitslage für die gesamte Provinz Laghman im Jahr 2015 instabil blieb. Die Volatilität der Sicherheitslage in der Provinz Laghman im Jahr 2015 wurde durch Vorfälle wie bewaffnete Zusammenstöße, Morde, Einschüchterungen und Luftangriffe weiter verstärkt. Die Sicherheits-Hotspots waren Bereiche, in denen AGEs präsent sind, insbesondere in Alingar, Dawlat Shah, Badpakh und Alishing Distrikt. Andere Aspekte der Sicherheitsprobleme waren auf eine von Stämmen dominierte Gesellschaft mit ethnischen Unterschieden, eine konservative ländliche Bevölkerung, von denen einige fundamentalistische religiöse Überzeugungen haben, sowie auf verschiedene Altersgruppen zurückzuführen, aber auch auf organisierte Kriminalität, Drogen, grenzüberschreitende Beschießung, grenzüberschreitende Einflüsse und andere Aspekte.
Vom 1. September 2015 bis 31. Mai 216 zählte die Provinz Laghman 852 Sicherheitsvorfälle.
Ein groß angelegter koordinierter Angriff der Taliban auf den Bezirk Dawlat Shah im Oktober 2015 wurde von den Sicherheitskräften zurückgeworfen. Die Sicherheitskräfte vereitelten auch den Plan der Taliban, den Bezirk zu besetzen. Während einer Militäroperation im November 2015 im Bezirk Behsoud in Nangarhar wurde der Taliban-Gouverneur der Provinz, Aminuallah Kuchi, von Sicherheitskräften gefangen genommen. Im Dezember 2015 wurden zwei lokale Kommandanten der militanten Taliban-Gruppe bei einem Luftangriff im Bezirk Alishing getötet. Im Januar 2016 wurde ein Oberbefehlshaber der Taliban bei Zusammenstößen mit dem afghanischen Militär im Bezirk Alishing getötet. Drei weitere Altersgenossen wurden ebenfalls im Kampf getötet. Im Februar explodierte in der Stadt Mehterlam ein magnetischer IED, der an einem ANP-Fahrzeug befestigt war. Bei diesem Vorfall, der sich in der Nähe einer Bank ereignete, wurden ein Dutzend Zivilisten verletzt. Im März 2016 fanden in den östlichen Provinzen Nangarhar, Kunar, Nuristan und Laghman Überfälle, bewaffnete Zusammenstöße sowie Angriffe mit Raketen und Luftangriffe statt. Mitte März wurde der stellvertretende Bezirkspolizeichef von Nuristan (einer benachbarten Provinz von Laghman) bei einem Angriff in Laghman getötet. Im April 2016 wurden nach Angaben der lokalen Sicherheitsbehörden mindestens drei Polizisten bei einem Insiderangriff getötet. Der Vorfall ereignete sich an einem Sicherheitsposten in Mehtarlam. Im Mai 2016 wurde ein Kommandant der Taliban, Mullah Saboor, zusammen mit drei weiteren Taliban im Bezirk Bad Pakh Shaitan im Dorf Gum Shaidan getötet. Laut NDS plante die Gruppe von Mullah Saboor zusammen mit 11 anderen Kämpfern einen Selbstmordanschlag, bevor der Kommandant getötet wurde. Im Juni 2016 tötete eine Bombe am Straßenrand zwei Zivilisten und verwundete 16 weitere in Alisheng. Ebenfalls im Juni wurden acht Zivilisten durch die Detonation eines magnetischen Zünders in der Hauptstadt Mehterlam verwundet. Im Juli 2016 detonierte eine an einem Polizeifahrzeug angebrachte Magnetbombe in Alisheng und verletzte ein ALP-Mitglied und sechs Zivilisten. Im August 2016 detonierte in Mehterlam eine Magnetbombe, die an einem Polizeifahrzeug befestigt war, und verletzte vier Zivilisten.
(Auszug bzw. Zusammenfassung entscheidungsrelevanter Passagen aus dem EASO Country of Origin Information Report Afghanistan, Security Situation, November 2016 [in Folge: "EASO-Bericht Sicherheitslage November 2016], abrufbar unter:
https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/Afghanistan_security_report.pdf, abgerufen am 26.06.2019, Pkt. 2.5.1.)
1.4.3. Potentielle Risiken für den Beschwerdeführer in Afghanistan:
Situation betreffend Rekrutierung bzw. Zwangsrekrutierung durch die Taliban
Allgemeines
Regierungsfeindliche Kräfte nutzen in Gebieten, in denen sie die tatsächliche Kontrolle über das Territorium und die Bevölkerung ausüben, Berichten zufolge verschiedene Methoden zur Rekrutierung von Kämpfern, einschließlich Maßnahmen unter Einsatz von Zwang. Personen, die sich der Rekrutierung widersetzen, sind Berichten zufolge ebenso wie ihre Familienmitglieder gefährdet, getötet oder bestraft zu werden.
Regierungsfeindliche Kräfte rekrutieren, wie berichtet wird, weiterhin Kinder - sowohl Jungen als auch Mädchen - um sie für Selbstmordanschläge, als menschliche Schutzschilde oder für die Beteiligung an aktiven Kampfeinsätzen einzusetzen, um Sprengsätze zu legen, Waffen und Uniformen zu schmuggeln und als Spione, Wachposten oder Späher für die Aufklärung zu dienen.
(Auszug aus den UNHCR-Richtlinien, Pkt. III.A.3.a.)
Die Taliban haben keinen Mangel an Freiwilligen bzw. Rekruten und nutzen die Zwangsrekrutierung nur in Ausnahmefällen. So wird beispielsweise berichtet, dass die Taliban versuchen, Personen mit militärischem Hintergrund, wie beispielsweise Mitglieder des ANSF, zu rekrutieren. Die Taliban nutzen auch die Zwangsrekrutierung in Situationen akuten Drucks. Druck und Zwang zur Aufnahme in die Taliban sind nicht immer gewalttätig und werden oft über die Familie, den Klan oder das religiöse Netzwerk ausgeübt, je nach den örtlichen Gegebenheiten. Es kann gesagt werden, dass die Folgen einer Nichtbefolgung im Allgemeinen ernst sind, einschließlich Berichten über Bedrohungen der Familie der angesprochenen Rekruten, schwere Körperverletzungen und Morde.
Obwohl die Taliban intern keine Kinder rekrutieren, deuten die verfügbaren Informationen darauf hin, dass die Rekrutierung von Kindern, insbesondere von Jungen nach der Pubertät, erfolgt. Kinder können von aufständischen Gruppen auf vielfältige Weise einer Gehirnwäsche unterzogen werden und können in Madrassas indoktriniert werden, einschließlich der Verbringung nach Pakistan zur Ausbildung.
(Zusammenfassung aus EASO, Country of Origin Information Report:
Afghanistan, Recruitment by armed groups, September 2016 [in Folge:
"EASO-Bericht Rekrutierung", abrufbar unter:
https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/Afghanistan_Recruitment_German.pdf, abgerufen am 26.06.2019], Pkt. 1.5., 5.2., 5.2.1.2., 5.2.1.3. und 5.2.1.4.).
Situation für Rückkehrer aus dem Westen
Berichten zufolge werden Personen von regierungsfeindlichen Kräften angegriffen, die vermeintlich Werte und/oder ein Erscheinungsbild angenommen haben, die mit westlichen Ländern in Verbindung gebracht werden, und denen deshalb unterstellt wird, die Regierung und die internationale Gemeinschaft zu unterstützen. Es liegen Berichte über Personen vor, die aus westlichen Ländern nach Afghanistan zurückkehrten und von regierungsfeindlichen Gruppen als "Ausländer" oder vermeintliche für ein westliches Land tätige Spione gefoltert oder getötet wurden. Ähnlich kann Personen mit Profilen als "Mitarbeiter von humanitären Hilfs- und Entwicklungsorganisationen" und "Frauen im öffentlichen Leben" von regierungsfeindlichen Gruppen zur Last gelegt werden, Werte und/oder ein Erscheinungsbild übernommen zu haben, die mit westlichen Ländern in Zusammenhang gebracht werden. Auch aus diesem Grund können sie Opfer von Angriffen werden.
Generell kann gesagt werden, dass Afghanen, die sich mit westlichen Werten identifizieren, von aufständischen Gruppen angegriffen werden können, da sie als unislamisch oder regierungsfreundlich wahrgenommen werden können oder als Spione betrachtet werden können.
(Auszug bzw. Zusammenfassung entscheidungsrelevanter Passagen aus den UNHCR-Richtlinien, S. 46 f)
Generell kann gesagt werden, dass Afghanen, die sich mit westlichen Werten identifizieren, von aufständischen Gruppen angegriffen werden können, da sie als unislamisch oder regierungsfreundlich wahrgenommen werden können oder als Spione betrachtet werden können.
Für die Gesellschaft ist eine Unterscheidung nach der Einstellung gegenüber Männern einerseits und Frauen andererseits erforderlich. Afghanische Frauen und Kinder, die sich an die Freiheiten und die Unabhängigkeit im Westen gewöhnt haben, können Schwierigkeiten haben, sich an die sozialen Restriktionen in Afghanistan anzupassen. Frauen können auch als "verwestlicht" angesehen werden, wenn sie außerhalb des Hauses arbeiten oder eine höhere Ausbildung haben. Frauen, die als "verwestlicht" wahrgenommen werden, können als gegen kulturelle, soziale und religiöse Normen verstoßend empfunden werden und können Gewalt von ihrer Familie, konservativen Elementen in der Gesellschaft und Aufständischen ausgesetzt sein.
Bei den Männern sind die gesellschaftlichen Haltungen gegenüber "verwestlichten" Individuen gemischt. Es werden nur sehr wenige Fälle von Vorfällen im Zusammenhang mit der "Verwestlichung" gemeldet. Teile der Gesellschaft, meist in Städten (z.B. Kabul-Stadt), sind offen für westliche Ansichten, während andere Teile, meist in ländlichen oder konservativen Umgebungen, dagegen sind.
(Auszug aus dem EASO-Länderleitfaden Afghanistan, Juni 2018, S. 57 mit dortigen Hinweisen auf weitere Berichte dieser Organisation)
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zu den Feststellungen zur Person:
2.1.1. Der Beschwerdeführer hat während des verwaltungsbehördlichen Verfahrens sowie der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zu seinem Namen, seiner Staatsangehörigkeit, Herkunft, Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit sowie zu seinen sonstigen persönlichen Umständen (insbesondere zu seiner Ausbildung, s. Pkt. II.1.1.1., II.1.1.2. und II.1.1.4.) stets gleiche und zusammenhängende Angaben gemacht. Die Kenntnis und Verwendung der Sprache Paschtu wurde von der bestellten Dolmetscherin in der mündlichen Verhandlung bestätigt. In der mündlichen Verhandlung hat der Beschwerdeführer auch in nicht als unglaubwürdig zu erkennender Weise angegeben, dass er auch Sprachkenntnisse in Dari, Deutsch und Englisch besitze.
2.1.2. Die Feststellungen zum Geburtsdatum sowie zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers beruhen auf den konsistenten, im Rahmen der behördlichen Einvernahme und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht getätigte Angaben des Beschwerdeführers (s. Pkt. II.1.1.1 und Pkt. II.1.1.5.).
2.1.3. Die Feststellungen zur familiären Herkunft des Beschwerdeführers sowie zu dessen derzeitiger Wohn-, Versorgungs- und Vermögenssituation ergeben sich aus den diesbezüglichen als glaubhaft zu beurteilenden Aussagen im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (s. Pkt. II.1.1.3. sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht [in Folge: "VHS"] S. 6f).
2.1.4. Die Feststellungen zur Ausreise aus Afghanistan sowie zur Antragstellung in Österreich (Pkt. II.1.1.6.) ergeben sich aus den übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde, dem erkennenden Gericht sowie dem Verfahrensakt.
2.2. Zu den Feststellungen zum individuellen Fluchtvorbringen:
2.2.1. Hinsichtlich des fluchtauslösenden Ereignisses - s. dazu auch die in der rechtlichen Beurteilung dargestellten, der Rechtsprechung zu entnehmenden Grundsätze der Beweiswürdigung in Asylverfahren (s. Pkt. II.3.2. Abschnitt zur "Glaubhaftmachung") - hat der Asylwerber, um dieses glaubhaft zu machen, insbesondere die in seiner Sphäre gelegenen Umstände einigermaßen plausibel und genügend substantiiert zu schildern, weiters muss - wobei es darauf ankommt, ob Aussagen in unwesentlichen Details oder im Kern variieren - das Vorbringen, um glaubwürdig zu sein, in sich schlüssig sein. Von Bedeutung ist für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit auch, wann im Verfahren der Asylwerber bestimmte Angaben tätigt. Zu berücksichtigen ist schließlich immer auch die persönliche Glaubwürdigkeit des Asylwerbers an sich. Vor diesem Hintergrund ist betreffend den gegenständlichen Fall, auch nach dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gewonnenen persönlichen Eindrucks, Folgendes zu erwägen:
2.2.2. Gegenständlich brachte der Beschwerdeführer zu seinem individuellen Fluchtvorbringen befragt im Wesentlichen vor, dass die Taliban in seinem Dorf aktiv gewesen seien. Diese hätten versucht die Schüler zu indoktrinieren und hätten sie aufgefordert gegen die Regierung und die Ausländer zu kämpfen. Einmal sei er sogar von den Taliban zu einem Berg mitgenommen worden. Da sie ihn dort alleine gelassen hätten, habe er jedoch nach Hause flüchten können. Sein Großvater habe daraufhin beschlossen, dass er Afghanistan verlassen müsse. Dieses Vorbringen hält das erkennende Gericht nach den dem § 18 Abs. 1 AsylG 2005 entsprechenden Ermittlungsschritten - insbesondere auch durch entsprechende Nachfragen zum vom Beschwerdeführer dargelegten Fluchtvorbringen - aus folgenden Erwägungen nicht für glaubwürdig:
2.2.3. Zunächst ist festzuhalten, dass das aus den festgestellten Informationen zur Lage im Herkunftsstaat ableitbare Bild zwar grundsätzlich ein mögliches Risiko darstellt, zwangsweise von regierungsfeindlichen Gruppierungen rekrutiert zu werden (Pkt. II.1.4.3. Situation betreffend Rekrutierung bzw. Zwangsrekrutierung durch die Taliban). Hinsichtlich der Herangehensweise der Taliban ist den Länderinformationen aber auch zu entnehmen, dass die Taliban keinen Mangel an Freiwilligen bzw. Rekruten leiden und Zwangsrekrutierungen daher einen Ausnahmefall darstellen. Diese werden - wie dies insbesondere von Giustozzi beschrieben wird - auch keinesfalls systematisch betrieben. Auch werden Personen, welche sich gegen eine Mobilisierung wehren, üblicherweise keine rechtsverletzenden Reaktionen angedroht. Vor allem weist die Länderberichtslage darauf hin, dass die geschilderten Fälle der Zwangsrekrutierungen Personen betreffen, welche über einen militärischen Hintergrund oder über Know-How und Qualifikationen verfügen, welche die Taliban im Gefechtsfeld benötigen können. Der Grund dafür liegt in der Strategie der Taliban, so möglichst viele Informationen über den Feind wie z.B. betreffend Waffen und Uniformen zu erhalten. Schließlich geht aus den länderkundlichen Informationen hervor, dass die Möglichkeit besteht, dass Familien Zahlungen an die Taliban leisten können anstatt Rekruten zu stellen.
2.2.4. Die den UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 zugrundeliegenden Länderinformationen - s. insbesondere die Fußnoten 326 und 327 - zeigen - wenngleich darauf hingewiesen wird, dass die Zahlen eher zu niedrig angesetzt sind - eine im Hinblick auf die in das Zielalter fallende Gesamtbevölkerung Afghanistans grundsätzlich geringe Zahl an dokumentierten, tatsächlichen zwangsweisen Rekrutierungen bzw. Rekrutierungsversuchen durch regierungsfeindliche Kräfte auf (s. UNHCR-Richtlinien, S. 59 ff). Das EASO wiederum zieht aufgrund von aktuellen - aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts auch noch aus den für den Beschwerdeführer relevanten Zeitraum einschlägigen - Länderinformationen den Schluss, dass es u.a. auf die Zugehörigkeit zur Altersgruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, den militärischen Hintergrund, Herkunftsgebiet und Vorhandensein/Einfluss bewaffneter Gruppen, erhöhte Konfliktintensität, Stellung des Clans im Konflikt, schlechte sozioökonomische Situation der Familie, etc. ankommt (vgl. EASO-Länderleitfaden Afghanistan, S. 46; eine geänderte Risikoschlussfolgerung ist auch dem EASO-Länderleitfaden aus Juni 2019 zu entnehmen).
2.2.5. Vor dem Hintergrund dieser Länderinformationen und der daraus gezogenen Schlussfolgerungen von UNCHR und EASO wäre aus dem Gesamtprofil des Beschwerdeführers nicht auf eine erhöhte Gefahr einer - auch zwangsweisen - Rekrutierung zu schließen: Schon nach den festgestellten Länderinformationen war Laghman bis vor einiger Zeit eine relativ friedliche, d.h. nicht besonders umkämpfte Provinz. Regierungsfeindliche Gruppierungen waren bzw. sind nach wie vor überwiegend in den Distrikten Alingar, Alishing und Dawlatshah aktiv. Zwar kam es auch zu - insbesondere polizeiliche Einrichtungen betreffende - Zwischenfällen in der Provinzhauptstadt Mehtarlam, und es wurden auch ein Talibankommandant sowie drei weitere Taliban im Heimatdistrikt des Beschwerdeführers, jedoch nicht in dessen Heimatdorf, sondern in Gum Shaidan, getötet. Die Familie des Beschwerdeführers konnte jedoch von den Einnahmen des Vaters des Beschwerdeführers als Taxifahrer gut leben bzw. wurde anschließend vom Großvater des Beschwerdeführers versorgt (s. AS 69 und VHS S. 6). Der Beschwerdeführer selbst verfügt auch über keinerlei militärischen Hintergrund, er besuchte lediglich sieben Jahre lang die Schule und es kam im Verfahren nicht hervor, dass der Clan des Beschwerdeführers den Taliban oder anderen regierungsfeindlichen Gruppierungen nahestehen würde.
2.2.6. Weiters stellten sich die Schilderungen des Beschwerdeführers in der behördlichen Einvernahme und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Bedrohung durch die Taliban in nicht zu vernachlässigender Weise hinsichtlich der als nicht unwesentlichen zu betrachtenden Details als - das Kernvorbringen und nicht nur Randdetails betreffend (dazu etwa VwGH 02.09.2010, 2008/19/0568) - widersprüchlich dar. Nicht zu vernachlässigen ist überdies, dass von diesen Einvernahmen auch die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Fluchtgrund im Rahmen der Erstbefragung deutliche erkennbar abweichen bzw. erheblich gesteigert wurden. Dazu nun im Einzelnen:
2.2.7. Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass sich das erkennende Gericht bewusst ist, worauf auch der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung sowie nochmals in der Stellungnahme vom 28.05.2019 (s. deren S. 2 und 3) mehrfach hinwies, dass es nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit eines Minderjährigen einer besonders sorgfältigen Beweiswürdigung, dies insbesondere im Hinblick auf die Schilderung der Fluchtgeschichte bedarf (etwa VwGH 24.09.2014, Ra 2014/19/0020). Dies bedeutet allerdings nicht, dass jegliche Angaben eines Minderjährigen als wahr anzusehen sind.
2.2.8. Der Beschwerdeführer gab in der Erstbefragung zu seinem Fluchtvorbringen befragt zunächst lediglich an, dass er Afghanistan aufgrund des Bürgerkrieges und den Taliban verlassen habe (s. AS 11). Eine ve