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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO OÖ 1976 §68 Abs1 litg;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der A in K, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 27. September 1994, Zl. VwSen-210086/26/Lg/Bk, betreffend eine Baustrafe (weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 7. Oktober 1992 hielt die Bezirkshauptmannschaft der Beschwerdeführerin in deren Eigenschaft als handelsrechtliche Geschäftsführerin der F GmbH in K (im folgenden: Gesellschaft der Beschwerdeführerin) vor, daß mindestens seit April 1992 bis "dato" ein Bau, nämlich der "B-Markt" in G ohne die erforderliche Benützungsbewilligung betrieben werde. Darauf antwortete die Beschwerdeführerin, es lägen sämtliche Bewilligungen vor; sie legte einen Bescheid vor, wonach der B-Gesellschaft m.b.H (im folgenden: Benützerin) für die Lager- und Verkaufshalle samt Kraftfahrzeugservicestation und den Einbau eines Personenaufzuges auf einem bestimmten Grundstück in G die Betriebsbewilligung erteilt wurde. Der Beschwerdeführerin wurde daraufhin vorgehalten, daß keine baurechtliche Benützungsbewilligung vorliege. Sie antwortete, daß das Gewerbe dort von der Benützerin ausgeübt werde, deren Geschäftsführerin sie nicht sei. Außerdem gab sie an, S 20.000,-- netto monatlich zu verdienen.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft vom 9. Juni 1993 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie hätte es gemäß § 9 VStG zu verantworten, daß mindestens seit April 1992 bis "dato"
(1) der Markt samt angeschlossener Kfz-Werkstätte ohne hiefür erforderliche Benützungsbewilligung benützt werde und (2) der Anschluß an die gemeindeeigene Kanalisationsleitung konsenslos vorgenommen wurde. Sie hätte dadurch in beiden Fällen einen Bau, für den eine Benützungsbewilligung erforderlich sei, ohne eine solche Bewilligung benützt bzw. benützen lassen. Hinsichtlich Punkt 1 dieses Vorwurfes wurde über sie eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe fünf Tage) verhängt.
In ihrer Berufung verwies die Beschwerdeführerin darauf, daß nicht ihre Gesellschaft, sondern die Benützerin das Objekt benütze und dort ein Handels- und Kfz-Mechanikergewerbe betreibe. Mit der Berufung wurde ein Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 28. Jänner 1993 vorgelegt, wonach die Anzeige der Benützerin betreffend die Ausübung des Gewerbes in einer weiteren Betriebsstätte von der Bezirkshauptmannschaft zur Kenntnis genommen wurde. Weiters legte die Beschwerdeführerin den Dienstvertrag zwischen der Benützerin und F.W. vor, wonach F.W. ab 1. September 1991 die Agenden des Marktleiters der Benützerin am gegenständlichen Standort ausübe. In diesem Dienstvertrag wurde vereinbart, daß gemäß § 9 Abs. 2 VStG der Dienstnehmer für die Einhaltung aller Verwaltungsvorschriften im Markt verantwortlich sei.
Nach umfangreicher Beweisaufnahme gab die belangte Behörde der Berufung hinsichtlich des Spruchpunktes 2 Folge und behob den Bescheid insoferne; hinsichtlich des Vorwurfes laut Spruchpunkt 1 wurde bloß die Ersatzfreiheitsstrafe auf 12 Stunden herabgesetzt. Allerdings wurden im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses Modifikationen vorgenommen, sodaß nunmehr folgender Tatvorwurf gegenständlich ist:
"Sie haben es als handelsrechtliche und vertretungsbefugte Geschäftsführerin der F Ges.m.b.H., K, und somit als Verantwortliche gemäß § 9 VStG zu verantworten, daß seit April 1992 bis dato dieser Markt samt angeschlossener KFZ-Werkstätte ohne hiefür erforderliche Benützungbewilligung benützt wird.
Die Fritz Schömer GesmbH hat dadurch einen Bau (Betriebsgebäude samt Kfz-Werkstätte und Kanalstrang bis zum Kanalnetz), für den eine Benützungsbewilligung erforderlich ist, ohne rechtskräftige Benützungsbewilligung benützen lassen."
Die belangte Behörde stellte in der Begründung des angefochtenen Bescheides folgende Vertragslage fest:
Mittels Mietvertrag wurde das gegenständliche Grundstück von den Grundstückseigentümern F.M. und G.M. der Beschwerdeführerin vermietet. Die Beschwerdeführerin schloß ihrerseits einen Unterbestandvertrag mit der "C-Gesellschaft m.b.H." (im folgenden: Gebäudeeigentümerin), welche als Leasinggeberin mit der Benützerin einen Leasing-Vertrag abschloß. Aufgrund des (Haupt-)Mietvertrages war die Gesellschaft der Beschwerdeführerin berechtigt, das Bestandobjekt unterzuvermieten oder sonst weiter zu geben. Weiters war auch festgehalten worden, daß die Gesellschaft der Beschwerdeführerin beabsichtige, ein Superädifikat, welches zum Betrieb einer Lager- und Verkaufshalle dienen solle, zu errichten. Der genannte Unterbestandvertrag berechtigte die Gebäudeeigentümerin zur Errichtung eines Superädifikates und zur gewerblichen Nutzung des Unterbestandobjektes und der von ihr darauf errichteten Baulichkeiten. Mit dem genannten Leasingvertrag überließ die Gebäudeeigentümerin der Benützerin das Leasingobjekt (Grundstück und darauf von der Gebäudeeigentümerin nach näher bezeichneten Plänen zu errichtende Lager- und Verkaufshalle samt Serviceanlage) zur Nutzung.
Mit Schreiben vom 15. März 1992 teilte die Gesellschaft der Beschwerdeführerin der Gebäudeeigentümerin mit, daß die Gesellschaft der Beschwerdeführerin anstelle der Benützerin in den Leasingvertrag eintrete. Dies wurde von der Gebäudeeigentümerin zur Kenntnis genommen und es wurden in der Folge die Leasingraten und sonstige Rechnungen seither durch die Gesellschaft der Beschwerdeführerin bezahlt.
Zur baurechtlichen Situation traf die belangte Behörde folgende Feststellungen:
Mit Bescheid des Stadtamtes vom 2. November 1987 wurde den Grundeigentümern die Baubewilligung für die Errichtung einer Lager- und Verkaufshalle erteilt. In einem von den Grundeigentümern und der Gesellschaft der Beschwerdeführerin unterzeichneten Schreiben vom 24. November 1987 wurde die Baubehörde ersucht, den Baubescheid auf die Gesellschaft der Beschwerdeführerin zu übertragen. Mit Schreiben des Stadtamtes vom 10. Dezember 1987 wurde die "Weitergabe der Baubewilligung ... zur Kenntnis genommen". Mit dem Bau wurde am 12. November 1987 begonnen; mit Schreiben vom 1. Juni 1988 wurde durch den mit der Bauüberwachung betrauten Baumeister R. die Fertigstellung angezeigt und um die Erteilung der Benützungsbewilligung angesucht. (Baumeister R. war von der Gesellschaft der Beschwerdeführerin mit der Bauleitung betraut worden). Die Benützungsbewilligung wurde mit Bescheid vom 16. Juni 1994 - somit nach Erlassung des Straferkenntnisses erster Instanz - der Gesellschaft der Beschwerdeführerin erteilt, und zwar bezugnehmend auf "Ihr Ansuchen".
Rechtlich führte die belangte Behörde zunächst aus, daß der Tatzeitraum "seit April 1992 bis dato", also bis zum Tag der Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses, den Anforderungen des § 44a Abs. 1 Z. 1 VStG entspreche. Strafrechtlich verantwortlich im Sinne des § 68 Abs. 1 lit. g Oö BauO 1976 sei zunächst jeder, der das Objekt ohne Benützungsbewilligung faktisch benütze. Normadressat der gegebenen Strafbarkeit des "Benützenlassens" sei aber nicht nur der Eigentümer, sondern ein darüberhinausgehender Personenkreis; im vorliegenden Fall sei dies die Gesellschaft der Beschwerdeführerin, weil sie gegenüber dem Gebäudeeigentümer nutzungsberechtigt gewesen sei und die faktische Benützung durch eine von ihr verschiedene Rechtsperson zugelassen habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, entgegen bestimmter gesetzlicher Bestimmungen nicht bestraft zu werden, sowie in ihrem Recht auf fehlerhafte Handhabung des bei der Festlegung der Strafe auszuübenden Ermessens. Sie begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, hilfsweise wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auch nach den Beschwerdeausführungen ist es unbestritten, daß in der Zeit zwischen April 1992 und 9. Juni 1993 (Erlassung des Strafbescheides erster Instanz) das gegenständliche Gebäude, für welches eine Baubewilligung vorlag, ohne Benützungsbewilligung benützt wurde.
Gemäß § 68 Abs. 1 O.ö. BauO 1976 (BO) begeht eine Verwaltungsübertretung, wer einen Bau, für den eine Benützungsbewilligung erforderlich ist, ohne rechtskräftige Benützungsbewilligung benützt oder benützen läßt (lit. g). Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung ist eine derartige Verwaltungsübertretung von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafen bis zu S 300.000,-- zu bestrafen. Normadressat dieser Bestimmung ist somit nicht nur der, der ohne Benützungsbewilligung benützt, sondern auch der, der "benützen läßt". Vergleichbare Bestimmungen finden sich bzw. fanden sich in mehreren österreichischen Bauordnungen (siehe schon die Darlegung bei Krzizek, System des österreichischen Baurechts, Band III, 245). Da das Gesetz keine besonderen Voraussetzungen der Strafbarkeit alternativ für den Benützer und für den, der benützen läßt, anführt, ist davon auszugehen, daß beide Personen in gleicher Weise als Täter in Betracht kommen (vgl. Hauer, Kärntner Baurecht (1981), 99).
Im vorliegenden Fall ist nur zu untersuchen, ob der Gesellschaft der Beschwerdeführerin ein "Benützenlassen" vorzuwerfen ist.
Die Beschwerdeführerin begründet ihre Auffassung, Normadressat seien nur entweder Grund- bzw. Gebäudeeigentümer oder derjenige, der das Objekt faktisch benützt, nicht weiter. Es sei nach ihrer Ansicht im wesentlichen nicht auf die Mietvertragsverhältnisse abzustellen, sondern nur auf das Eigentum sowie dessen Nutzung; die Gesellschaft der Beschwerdeführerin sei aus "hier näher nicht einzugehenden Gründen" zwischen den beiden Gesellschaften zwischengeschaltet worden.
Damit entfernt sich die Beschwerdeführerin wesentlich von der gegebenen Vertragslage: Im seinerzeitigen Leasingvertrag zwischen der Gebäudeeigentümerin und der Benützerin wurde vereinbart, daß der Leasingnehmer das Leasingobjekt nur für seine betrieblichen Zwecke, derzeit als Verkaufsmarkt, verwendet. In diesen Leasingvertrag ist nun die Gesellschaft der Beschwerdeführerin anstelle der Benützerin eingetreten, d.h. daß die Gesellschaft der Beschwerdeführerin das Leasingobjekt für betriebliche Zwecke, derzeit als Verkaufsmarkt, verwendet. Der Leasingvertrag berechtigte die Leasingnehmerin aber auch, das Objekt gänzlich oder teilweise einem Dritten zu überlassen. Dies ist hier erfolgt; die dazu kraft Vertragsverhältnisses befugte Gesellschaft der Beschwerdeführerin hat das Gebäude ihrer Tochtergesellschaft zur Benützung überlassen.
Völlig zu Recht hat die belangte Behörde darauf hingewiesen, daß Täter des "Benützenlassens" nicht nur der Grund- bzw. Gebäudeeigentümer sein kann, weil das Gesetz eine solche Einschränkung nicht vorsieht. Entscheidend ist vielmehr, daß der Täter "benützen läßt"; ob die ihm verliehene Rechtsmacht dinglich oder obligatorisch fundiert ist, spielt keine Rolle. Die Gesellschaft, deren Organ die Beschwerdeführerin ist, ist daher für die Benützung ohne Benützungsbewilligung verantwortlich.
Erstmals vor dem Verwaltungsgerichtshof behauptet die Beschwerdeführerin, daß sie nicht die einzige Geschäftsführerin ihrer Gesellschaft sei und daß im Innenverhältnis die Verantwortung einem anderen Geschäftsführer übertragen worden wäre. Zu diesem Vorbringen genügt es, auf das aus § 41 VwGG abgeleitete Neuerungsverbot hinzuweisen.
Schließlich vermag der Verwaltungsgerichtshof beim gegebenen Strafrahmen bis 300.000,-- eine rechtswidrige Handhabung des § 19 VStG nicht zu erkennen.
Somit erwies sich die Beschwerde zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 27. Oktober 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1994050341.X00Im RIS seit
18.02.2002