TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/9 W175 2219989-1

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Veröffentlicht am 09.08.2019
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Entscheidungsdatum

09.08.2019

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs5 Satz 1
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §61

Spruch

W175 2219989-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Neumann über die Beschwerde der XXXX , geboren am XXXX ,

Staatsangehörigkeit: Iran, gegen den Bescheid des Bundesamtes für

Fremdenwesen und Asyl vom 05.06.2019, Zahl: 1228260003-190447384, zu

Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 21 Abs. 5 Satz 1 BFA-Verfahrensgesetz idgF (BFA-VG) wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Am 01.05.2019 wurde durch die Landespolizeidirektion Tirol an der Adresse der Schwester der Beschwerdeführerin (BF) eine fremdenpolizeiliche Kontrolle durchgeführt. Laut eines (der Behörde namentlich bekannten) Hinweisgebers halte sich die BF seit sechs Monaten bei ihrer Schwester auf (Aktenvermerk vom 24.04.2019). Dabei wurde die BF angehalten und aufgrund mangelnder Dokumente eine Festnahme ausgesprochen. Die Schwester der BF gab an, dass sich die BF seit zwei Wochen bei ihr aufhalte und Asyl beantragen wolle. Sie habe jedoch Angst vor der Polizei und deshalb noch nicht vorgesprochen.

Die BF stellte am 01.05.2019 einen Antrag gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF (AsylG).

Eine EURODAC-Abfrage ergab keinen Treffer. Eine Abfrage im Visainformationssystem ergab, dass der BF am 20.12.2016 von der französischen Botschaft in Teheran ein Visum C, gültig von 20.12.2016 bis 19.12.2018, zu geschäftliche Zwecken, Einlader "G...", erteilt worden war.

Im Rahmen der Erstbefragung am 02.05.2019 gab die BF in Farsi befragt im Wesentlichen an, dass sie den Iran verlassen habe, da man sie der Apostasie beschuldigen würde. Ihr Freund habe eine christliche Gruppe geleitet, die durch die Regierung verfolgt worden sei, einige Mitglieder seien getötet worden. Der Freund sei in die Türkei geflüchtet, die BF in den Norden des Irans, wo sie die letzten sechs Monate verbracht habe. Die Regierung habe gedacht, dass sie diese Gruppe geleitet habe. Sie seien sogar vor dem Haus der Eltern gewesen, diese hätten jedoch nicht die Tür geöffnet. Die Regierung habe sogar gewusst, dass die Schwester der BF in Österreich lebe. Sie hätten auch von dem französischen Visum gewusst. Deshalb habe die BF gewusst, dass sie in Frankreich keinen Schutz finden würde, weshalb sie im Jänner 2019 schlepperunterstützt über die Türkei, Mazedonien und Ungarn nach Österreich gereist sei. Ihre Dokumente habe der Schlepper.

Sie seien im Jänner 2019 in Österreich angekommen und seien drei bis vier Monate in einem Holzhaus untergebracht gewesen. Der Schlepper habe sie unregelmäßig mit Essen versorgt und die Tür versperrt. Er habe sie jedoch angewiesen, etwa bei Feuer aus dem Fenster zu springen, welches nicht sehr hoch gewesen sie. Dann habe der Schlepper die BF zu ihrer Schwester gefahren. Sie halte sich seit maximal einem Monat bei ihrer Schwester auf, die sie finanziell unterstütze.

Sie habe mehrere Schengenvisa bekommen, zwei im Jahr 2016 für Spanien und eines von Frankreich, gültig von 20.12.2016 bis 19.12.2018. Die Visa habe sie aufgrund ihrer Arbeit im Iran bekommen, sie sei Commercial Manager und habe zweimal zu Meetings nach Spanien gemusst. Von Spanien aus habe sie immer die Schwester in Österreich besucht. In Frankreich sei sie nie gewesen, sie wisse nicht, warum die Firma ein Visum für Frankreich beantragt habe. Sie gab an, dass Frankreich das Visum schneller erteilt hätte, als Spanien. Sie habe immer für die Arbeit bereit sein müssen. Sie habe bei den Interviews bei der spanischen und bei der französischen Botschaft angegeben, dass sie das Visum für die Arbeit benötige. Zuletzt habe sie für eine Firma "P..." gearbeitet.

Gesundheitliche Probleme gaben beide BF nicht an.

I.2. Das BFA richtete an Frankreich am 07.05.2019 ein auf Art. 12 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO), gestütztes Aufnahmeersuchen betreffend die BF.

Die Angaben der BF wurden Frankreich mitgeteilt (Konsultation AS. 61).

I.3. Mit Schreiben vom 24.05.2019 (eingelangt am 28.05.2019), stimmten die französischen Behörden der Aufnahme der BF gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO ausdrücklich zu.

I.4. Anlässlich der Einvernahme am 04.06.2019 gab die BF nach erfolgter Rechtsberatung und im Beisein eines Rechtsberaters in Farsi befragt im Wesentlichen Folgendes an:

Sie sei derzeit gesund und nehme keine Medikamente. Außer ihrer Schwester habe sie noch eine Cousine in Österreich, zu der sie jedoch keinen Kontakt habe.

Die BF wohne seit Anfang April bei ihrer Schwester, diese komme für alles auf. Sie sei am 15.01.2019 mit einem Transporter nach Ungarn und dann weiter nach Österreich gereist. Das französische Visum sei zum Zeitpunkt der Einreise nicht mehr gültig gewesen. Die BF legte eine Aufzeichnung der Versicherungszeiten bei der Firma "G..." vor, wonach sie bis 20.01.2019 versichert gewesen sei, jedoch die Arbeit 10 Tage zuvor eingestellt habe.

Weiters legte sie Buchungsbestätigungen von Flugtickets Teheran-München am 18.03.2018 und retour am 03.04.2018 vor, sowie die Buchungsbestätigung eines Flughafentaxis nach Österreich tour/retour für besagte Tage samt Voucher. Dies solle belegen, dass alle Visa vom Militär, Untergruppe "Sepah" abgewickelt worden seien, daher sei ihnen das französische Visum bekannt und die BF in Frankreich nicht sicher. Nur in Österreich bei der Schwester sei sie sicher.

Das letzte Visum sei von einer sehr bekannten französischen Telekommunikationsfirma beantragt worden, sie habe nach Frankreich wollen, habe aber gewartet, bis das Visum abgelaufen sei und sei dann gereist. Diese Firma zu Hause habe bereits gewusst, dass sie konvertiere und deshalb sei sie zu ihrer Schwester nach Österreich gereist. Zu Hause wüsste man, dass die Schwester konvertiert sei.

Sie sei einmal in Frankreich gewesen, zu einer zwei- bis dreistündigen Sitzung, sonst immer in Spanien. Es habe keine Vorfälle in Frankreich gegeben.

Die BF gab an, nicht nach Frankreich zu wollen, da sie dort in Gefahr sei. Sie habe nicht gleich den Antrag auf internationalen Schutz in Österreich gestellt, da sie in schlechter Verfassung gewesen sei. Außerdem habe sie schlechte Erinnerungen an die Polizei in ihrer Heimat.

I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit dem beschwerdegegenständlichen Bescheid vom 05.06.2019, Zahl:

1228260003-190447384, den Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück und sprach aus, dass Frankreich für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 12 Abs. 4 der Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Die Außerlandesbringung der BF wurde gemäß

§ 61 Abs. 1 Bundesgesetz über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF (FPG) ), angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung der BF nach Frankreich gemäß

§ 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Dem Bescheid sind aktuelle Feststellungen zu Frankreich (Stand 29.01.2018) zu entnehmen:

1. Allgemeines zum Asylverfahren

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (OFPRA 31.10.2017; vgl. AIDA 2.2017, USDOS 3.3.2017 für weitere Informationen siehe dieselben Quellen).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

-

OFPRA - Office français de protection des réfugiés et apatrides (31.10.2017): Demander l'asile en France, https://www.ofpra.gouv.fr/fr/asile/la-procedure-de-demande-d-asile/demander-l-asile-en-france, Zugriff 24.1.2018

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018

2. Dublin-Rückkehrer

Anträge von Dublin-Rückkehrern werden wie jeder andere Asylantrag behandelt. Kommt der Betreffende aus einem sicheren Herkunftsstaat, wird das beschleunigte Verfahren angewandt. Hat der Rückkehrer bereits eine endgültig negative Entscheidung der 2. Instanz (CNDA) erhalten, kann er einen Folgeantrag stellen, so dieser neue Elemente enthält. Dublin-Rückkehrer werden wie normale Asylwerber behandelt und haben daher denselben Zugang zu Unterbringung im regulären bzw. beschleunigten Verfahren wie diese (AIDA 2.2017).

Wenn Dublin-Rückkehrer am Flughafen Roissy - Charles de Gaulle ankommen, erhalten die Rückkehrer von der französischen Polizei ein Schreiben, an welche Präfektur sie sich wegen ihres Asylverfahrens zu wenden haben. Dann werden sie zunächst an die Permanence d'accueil d'urgence humanitaire (PAUH) verwiesen. Das ist eine humanitäre Aufnahmeeinrichtung des französischen Roten Kreuzes, die im Bereich des Flughafens tätig ist. Es kann ein Problem darstellen, wenn die zuständige Präfektur weit entfernt liegt, denn die Rückkehrer müssen die Anfahrt aus eigenem bestreiten. Es gibt dafür keine staatliche Hilfe und auch die PAUH hat nicht die Mittel sie dabei zu unterstützen. In Paris und Umgebung wiederum kann man sich nicht direkt an die Präfekturen wenden, sondern muss den Weg über die sogenannten Orientierungsplattformen gehen, die den Aufwand für die Präfekturen mindern sollen, aber mitunter zu Verzögerungen von einigen Wochen in der Antragsstellung führen können. Viele der Betroffenen wenden sich daher an das PAUH um Hilfe bei der Antragstellung und Unterbringung. Einige andere Präfekturen registrieren die Anträge der Rückkehrer umgehend und veranlassen deren Unterbringung durch das Büro für Immigration und Integration (OFII). In Lyon am Flughafen Saint-Exupéry ankommende Rückkehrer haben dieselben Probleme wie jene, die in Paris ankommen (AIDA 2.2017).

Im Falle der Übernahme von vulnerablen Dublin-Rückkehrern muss die französische Behörde vom jeweiligen Mitgliedsstaat mindestens einen Monat vor Überstellung informiert werden, um die notwendigen Vorkehrungen treffen zu können. Je nach medizinischem Zustand, kann der Dublin-Rückkehrer mit speziellen Bedürfnissen bei Ankunft medizinische Betreuung erhalten. Auch Dublin-Rückkehrer, haben generell Zugang zur staatlichen medizinischen Versorgung (MDI 10.10.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

-

Ministére de l¿intérieur - Direction générale des étrangers en France - Chef du Département de l'accès à la procédure d'asile (10.10.2017): Auskunft per E-Mail

3. Non-Refoulement

Menschenrechtsgruppen kritisieren regelmäßig die strikt dem Gesetz folgende Abschiebepraxis Frankreichs (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018

4. Versorgung

Laut Asylgesetz sind die materiellen Aufnahmebedingungen allen Asylwerbern (inkl. beschleunigtes und Dublin-Verfahren) anzubieten. Die Verteilung von Asylwerbern erfolgt zentral, parallel werden regionale Vorschriften definiert und von den Präfekten in jeder Region umgesetzt. Asylwerber im Dublin-Verfahren unterliegen jedoch einer Einschränkung: sie haben keinen Zugang zu CADA-Einrichtungen und leben in der Praxis oft auf der Straße oder in besetzten Häusern. Dublin-Rückkehrer hingegen werden behandelt wie reguläre Asylwerber und haben daher denselben Zugang zu Unterbringung im regulären bzw. beschleunigten Verfahren wie diese. Die nationalen Aufnahmestrukturen liegen in der Zuständigkeit des Französischen Büros für Immigration und Integration (Office français de l'immigration et de l'intégration - OFII). Es wurde eine Beihilfe für Asylwerber (Allocation pour demandeurs d'asile - ADA) eingeführt, welche die vorherige monatliche Zahlung (Allocation Mensuelle de Subsistance - AMS) bzw. die temporäre Wartezeitzulage (Allocation Temporaire d'Attente - ATA) ersetzt (AIDA 2.2017). Die Höhe der ADA hängt von verschiedenen Faktoren wie die Art der Unterkunft, Alter, Anzahl der Kinder usw. ab. Asylwerber erhalten in der Regel eine monatliche finanzielle Unterstützung/Gutscheine in der Höhe von 204 Euro. Ein zusätzlicher Tagessatz wird an Asylwerber ausgezahlt, die Unterbringungsbedarf haben, aber nicht über das nationale Aufnahmesystem aufgenommen werden können (AIDA 2.2017). Seit April 2017 beträgt der tägliche Kostenzuschuss für Unterkunft 5,40 Euro (FTA 4.4.2017). Es wird jedoch kritisiert, dass die Empfänger der ADA in der Praxis mit Problemen (z.B. Verzögerungen bei der Auszahlung, intransparente Berechnung usw.) konfrontiert sind (AIDA 2.2017).

Asylwerber haben Zugang zum Arbeitsmarkt, wenn OFPRA ihren Asylantrag innerhalb von neun Monaten nicht entschieden und diese Verzögerung nicht vom Antragssteller verschuldet wurde (AIDA 2.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf , Zugriff 24.1.2018

-

FTA - France terre d'asile (4.4.2017): L'Allocation pour demandeur d'asile revalorisée de 1,20€,

http://www.france-terre-asile.org/actualites/actualites/actualites-choisies/l-allocation-pour-demandeur-d-asile-revalorisee-de-1-20, Zugriff 24.1.2018

4.1. Unterbringung

In Frankreich gibt es 303 Unterbringungszentren für Asylwerber (Centre d'Accueil pour Demandeurs d'Asile - CADA) mit rund 34.000 Plätzen, ein spezielles Zentrum für UMA, zwei Transitzentren mit 600 Plätzen, 262 Notunterbringungen mit rund 18.000 Plätzen, sowie eine nicht näher genannte Anzahl an privaten Unterbringungsplätzen. Damit verfügt das Land über etwa 56.000 Unterbringungsplätze (AIDA 2.2017).

Der Zugang zu Unterbringung erweist sich in der Praxis jedoch als sehr kompliziert. Bei der Zuweisung zur CADA muss mit längerer Wartezeit gerechnet werden, die je nach Region zwischen 51 bis 101 Tage beträgt. In Paris gibt es auch Beispiele dafür, dass Asyl gewährt wurde, ohne dass die Personen jemals Zugang zu Unterbringung gehabt hätten. Berichten zufolge reichen die derzeitigen Unterbringungsplätze der CADA nicht aus (AIDA 2.2017). Die Schaffung weiterer Unterbringungsplätze (insgesamt 12.500 Plätze davon 7.500 in CADA) ist in den nächsten zwei Jahren geplant (FRC 12.1.2018; vgl. FRC 22.12.2017).

Im Oktober 2016 wurde die informelle Siedlung in Calais, der sog. Dschungel, geräumt, in der tausende von Migranten und Asylsuchende (laut AI mehr als 6.500 Personen, laut USDOS 5.600) lebten. Man brachte 5.243 Bewohner in Erstaufnahmelager (CAO) in ganz Frankreich und stellte ihnen Informationen über das Asylverfahren zur Verfügung (AI 2.22.2017; vgl. AI 1.6.2017, USDOS 3.3.2017, AIDA 2.2017). Trotzdem leben noch etwa 350 bis 600 Migranten unter prekären Bedingungen in und um Calais. Großbritannien und Frankreich wollen die Sicherheit an der gemeinsamen Grenze jedoch verbessern. Der französische Präsident und die britische Premierministerin unterzeichneten dazu im Januar 2018 ein neues Abkommen (Zeit 19.1.2018).

Trotz der Bestrebungen der lokalen Behörden und Interessenvertreter bleiben viele Migranten und Asylwerber weiterhin obdachlos und leben landesweit in illegalen Camps (AIDA 2.2017).

Quellen:

-

AI - Amnesty International (2.22.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - France, http://www.ecoi.net/local_link/336482/479137_de.html, Zugriff 24.1.2018

-

AI - Amnesty International (1.6.2017): France: At a crossroads:

Amnesty International submission for the UN Universal Periodic Review, 29th session of the UPR Working Group, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1503902006_eur2167922017english.pdf, Zugriff 24.1.2018

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

-

FRC - Forum Réfugiés Cosi (12.1.2018): Réforme de l'asile : le raccourcissement des délais ne doit pas se faire au détriment des conditions d'accès à la protection, http://www.forumrefugies.org/s-informer/communiques/reforme-de-l-asile-le-raccourcissement-des-delais-ne-doit-pas-se-faire-au-detriment-des-conditions-d-acces-a-la-protection, Zugriff 24.1.2018

-

FRC - Forum Réfugiés Cosi (22.12.2017): Asile et Immigration :

Forum réfugiés-Cosi salue l'ouverture par le Premier ministre d'une consultation et alerte sur plusieurs enjeux, http://www.forumrefugies.org/s-informer/communiques/asile-et-immigration-forum-refugies-cosi-salue-l-ouverture-par-le-premier-ministre-d-une-consultation-et-alerte-sur-plusieurs-enjeux, Zugriff 24.1.2018

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018

-

Zeit (19.1.2018): May und Macron verschärfen Grenzschutz, http://www.zeit.de/politik/ausland/2018-01/grossbritannien-theresa-may-emmanuel-macron-calais-frankreich-grenzschutz-sandhurst, Zugriff 29.1.2018

4.2. Medizinische Versorgung

Am 1. Januar 2016 wurde in Frankreich der neue allgemeine Krankenversicherungsschutz (protection universelle maladie - PUMA) eingeführt. Deren medizinischen Leistungen können Asylwerber im ordentlichen, aber auch im Schnell- und im Dublinverfahren in Anspruch nehmen, sobald sie die Bestätigung über ihr laufendes Asylverfahren erhalten (Cleiss 2017; vgl. AIDA 2.2017, Ameli 12.10.2017). Bei PUMA besteht Beitragsfreiheit, wenn das jährliche Einkommen pro Haushalt unter 9.534 Euro liegt (AIDA 2.2017). In Frankreich besteht generell die Möglichkeit, eine Zusatzversicherung abzuschließen, um die Gesundheitsausgaben zu decken, die nicht von der Pflichtversicherung übernommen werden. Einkommensschwachen Personen kommt jedoch kostenfrei ein Allgemeiner Zusatzkrankenschutz (couverture maladie universelle complémentaire - CMU-C) zu, der die vollständige Kostenübernahme von Leistungen sichert (Cleiss 2017; vgl. Ameli 15.11.2017, RSB o.D.). Dies kann auch von Asylwerbern in Anspruch genommen werden (Ameli 12.10.2017). Weiters besteht die Möglichkeit für illegale Einwanderer nach drei Monaten Aufenthalt in Frankreich, von der sogenannten staatlichen medizinische Hilfe (aide médicale de l'état - AME) zu profitieren, selbst wenn andere Sozialleistungen reduziert oder entzogen worden sein sollten (AIDA 2.2017; vgl. Le Fonds CMU 2.5.2017, Ameli 13.10.2017). Neben Personen mit einem niedrigen Einkommen können auch Asylwerber die in Krankenhäusern eingerichteten Bereitschaftsdienste zur ärztlichen Versorgung der Bedürftigsten (permanences d'accès aux soins de santé - PASS) in Anspruch nehmen, während sie auf den Zugang zu CMU oder AME warten. Obwohl gesetzlich vorgeschrieben ist, dass alle Krankenhäuser die PASS anbieten müssen, ist das in der Praxis nicht immer der Fall (AIDA 2.2017).

Zugang zu mentaler Gesundheitsversorgung wird von der Gesetzgebung nicht explizit erwähnt, Asylwerber können aber im Rahmen der PUMA oder AME theoretisch psychiatrische oder psychologische Hilfe in Anspruch nehmen. Viele Therapeuten nehmen jedoch keine nicht-frankophonen Patienten. Traumatisierte oder Opfer von Folter können sich von einigen NGOs betreuen lassen, die sich speziell diesen Themen widmen, z.B. Primo Levi in Paris oder die Osiris-Zentren in Marseille, Mana in Bordeaux, das Forum réfugiés-Cosi Essor-Zentrum in Lyon oder Awel in La Rochelle. Die Zahl dieser spezialisierten Zentren in Frankreich ist aber gering und ungleich verteilt und kann den wachsenden Bedarf nicht decken (AIDA 2.2017).

Die Mitarbeiter der CADA sind verpflichtet, innerhalb von 15 Tagen nach Ankunft im Unterbringungszentrum eine ärztliche Untersuchung durchzuführen (AIDA 2.2017).

Im Falle der Ablehnung des Asylantrags haben Personen ein Jahr lang ab der Ausstellung des negativen Bescheids Anspruch auf medizinische Versorgung bei Krankheiten oder Mutterschaft, solange sie sich weiterhin in Frankreich aufhalten (Ameli 12.10.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

-

Ameli - L'Assurance Maladie (12.10.2017): Vous êtes demandeur d'asile,

https://www.ameli.fr/assure/droits-demarches/europe-international/protection-sociale-france/demandeur-dasile, Zugriff 24.1.2018

-

Ameli - L'Assurance Maladie (13.10.2017): Aide médicale de l'État (AME) : vos démarches,

https://www.ameli.fr/assure/droits-demarches/situations-particulieres/situation-irreguliere-ame, Zugriff 24.1.2018

-

Ameli - L'Assurance Maladie (15.11.2017): CMU complémentaire :

conditions et démarches,

https://www.ameli.fr/assure/droits-demarches/difficultes-financieres/complementaire-sante/cmu-complementaire, Zugriff 24.1.2018

-

Cleiss - Centre des liaisons européennes et internationales de sécurité sociale (2017): Das französische Sozialversicherungssystem, http://www.cleiss.fr/docs/regimes/regime_france/al_1.html, Zugrif 24.1.2018

-

Le Fonds CMU - Fonds de financement de la protection complémentaire de la couverture universelle du risque maladi (2.5.2017): Are you an undocumented immigrant?, http://www.cmu.fr/undocumented-immigrant.php, Zugriff 24.1.2018

-

RSB - Rosny sous-Bois (o.D.): ACS - AME - CMU-C - PUMA, http://www.rosny93.fr/ACS-AME-CMU-C-PUMA, Zugriff 24.1.2018

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018

5. Schutzberechtigte

Anerkannte Flüchtlinge bekommen einen Aufenthaltstitel mit einer Gültigkeit von zehn Jahren, subsidiär Schutzberechtigte eine für ein Jahr befristete Aufenthaltsgenehmigung, die verlängert werden kann (AIDA 2.2017; vgl. DA 6.2016). Nach einem dreijährigen gewöhnlichen Aufenthalt in Frankreich kann eine Aufenthaltskarte für zehn Jahre beantragt werden (OFPRA 11.2015).

Personen, die während des Asylverfahrens untergebracht werden, können nach der Gewährung eines Schutzstatus weitere drei Monate (um drei Monate verlängerbar) und im Falle der Ablehnung des Asylantrags ein Monat lang weiterhin in der ursprünglichen Unterkunft bleiben (AIDA 2.2017). Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte müssen einen Willkommens- und Integrationsvertrag (contrat d'intégration républicaine - CIR) unterschreiben, welcher der Integration in die französische Gesellschaft durch maßgeschneiderte Unterstützung beim Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Bildung dient (MI 9.11.2016). Im Rahmen des Integrationsvertrags besteht die Möglichkeit auf eine temporäre Unterbringung in einem der dafür vorgesehenen Zentren (centre provisoire d'hébergement - CPH) des OFII für neun Monate mit einer Verlängerungsmöglichkeit um weitere drei Monate. Die staatlichen Integrationsmaßnahmen sind von Region zu Region unterschiedlich, für die erfolgreiche Integration jedoch nicht ausreichend. Deshalb bieten die NGOs France terre d'asile und Forum refugiés - Cosi weitere Integrationsprogramme, aber auch temporäre Unterkünfte für Schutzberechtigte an (AIDA 2.2017).

Durch den Aufenthaltstitel sind Schutzberechtigte in Hinsicht auf Beschäftigung mit französischen Bürgern gleichgestellt. Obwohl der Integrationsvertrag auch Maßnahmen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt enthält, stoßen Schutzberechtigte in der Praxis auf verschiedene Hindernisse (z.B. mangelnde Sprachkenntnisse, keine gute Erreichbarkeit der Arbeitsplätze außerhalb der Städte, mangelnde Anerkennung der beruflichen Qualifikationen) bei der Jobsuche (AIDA 2.2017).

Nach dem Asylverfahren muss die Gesundheitsbehörde über den gewährten Schutzstatus informiert werden. Dann erhalten Schutzberechtigte die Krankenversicherungskarte und sie können weiterhin von der CMU-C profitieren (AIDA 2.2017; vgl. Ameli 12.10.2017). Personen, denen internationaler Schutz gewährt wurde, haben Zugang zu Sozialleistungen und verschiedenen Beihilfen in Bereichen wie Familie, Wohnraum, Bildung, Behinderung etc. und besteht für sie unter bestimmten Bedingung die Möglichkeit der Familienzusammenführung (DA 6.2016; vgl. AIDA 2.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

-

Ameli - L'Assurance Maladie (12.10.2017): Vous êtes demandeur d'asile,

https://www.ameli.fr/assure/droits-demarches/europe-international/protection-sociale-france/demandeur-dasile, Zugriff 24.1.2018

-

DA - Dom'Asile (6.2016): You have been granted refugee status or subsidiary protection. What do you have to do?, https://www.gisti.org/IMG/pdf/fiche_refugies_2016_anglais.pdf, Zugriff 24.1.2018

-

MI - Ministère de l'intérieur (9.11.2016): Le parcours personnalisé d'intégration républicaine, https://www.immigration.interieur.gouv.fr/Accueil-et-accompagnement/Le-parcours-personnalise-d-integration-republicaine, Zugriff 24.1.2018

Beweiswürdigend wurde im Bescheid hervorgehoben, dass die Identität der BF in für das Verfahren ausreichendem Maß feststehe. Schwere lebensbedrohliche Krankheiten seien von der BF weder behauptet noch belegt worden. Ihren Angaben hinsichtlich der schlepperunterstützen Reise komme keine Glaubhaftigkeit zu, die französischen Behörden hätten überdies der Aufnahme zugestimmt.

Aus den Länderfeststellungen zu Frankreich ergebe sich, dass die allgemeine Lage für nach Frankreich überstellte Asylwerber keineswegs die reale Gefahr einer gegen menschenrechtliche Bestimmungen verstoßende Behandlung erkennen lasse. Die Grundversorgung beziehungsweise die medizinische Notversorgung für Asylwerber sei in Frankreich grundsätzlich gewährleistet. Das Asylverfahren weise keine systemischen Mängel auf.

In einer Gesamtbetrachtung habe sich daher kein Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben.

Zudem hätten sich keine Hinweise ergeben, dass durch die Außerlandesbringung unzulässigerweise in das Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens eingegriffen werden würde. Eine besonders intensive Bindung zur Schwester oder gar eine Abhängigkeit zu dieser bestehe nicht.

Es gäbe auch keine Gründe, die Durchführung der Entscheidung gemäß § 61 Abs. 3 FPG aufzuschieben.

I.6. Am 03.06.2019 stellte das BFA der BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG einen Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) amtswegig zur Seite.

I.7. Mit 08.06.2019 brachte die BF fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde ein, mit dem der Bescheid gesamtinhaltlich wegen Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten wurden.

Es sei nicht bekannt, wer die Anruferin gewesen sei, die die BF denunziert habe und aus welchen Gründen sie ohne Angabe des Namens bei der Polizei angerufen habe. Weshalb diesen Angaben erhöhte Glaubwürdigkeit zukäme, könne die Behörde nicht erklären. Da die Person den Namen nicht genannt habe, könne auch nicht von einer drohenden Strafbarkeit ausgegangen werden. Unter dem Deckmantel der Anonymität könne man vieles erzählen.

Die BF habe angeführt, dass sie sich erst seit zwei Wochen bei ihrer Schwester aufgehalten habe. Diese Angaben "will das BFA an die französischen Behörden weitergeleitet haben, und Frankreich will dem Aufnahmeersuchen zugestimmt haben". Die Konsultation sei der BF jedoch nicht übermittelt worden. Die BF habe von 20.03.2009 bis 20.03.2012 für eine Firma gearbeitet, die der Sepah gehöre und die enge Beziehungen zu Frankreich unterhalte, von wo sie Waffen und Munition erhalte, die gegen Demonstranten eingesetzt würden. Die BF sei mit dem Import dieser Waffen in den Iran beschäftigt und verfüge über Informationen über das gesamte Ausmaß dieser Geschäftsbeziehungen, die aus Sicht beider Regierungen nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollten.

Nach drei weiteren Firmen sei die BF von 20.04.2013 bis 03.09.2017 bei einer Firma "S..." beschäftigt gewesen, die Telekommunikationszubehör vertreibe und die Teilnehmer überwache. Als Mitarbeiterin dieser Firma habe sie zwei spanische und ein französisches Visum erhalten. Das französische Visum (beantragt am 06.12.2106, ausgestellt am 20.12.2016) habe sie aufgrund der Einladung einer genannten Firma bekommen, damit sie erforderlichenfalls auch kurzfristig eine Geschäftsreise nach Frankreich machen könne.

Ab 04.09.2017 habe sie für die Firma "G..." gearbeitet, die technische Bankausstattungen in Europa und Asien kaufe, weshalb sie keine Verlängerung des Visums erhalten habe.

Die BF habe die spanischen Visa zweimal zu Geschäftszwecken genützt. Weiters sei sie für wenige Stunden zu geschäftlichen Zwecken in Frankreich gewesen. Das französische Visum habe die BF jedoch nie für Reisen nach Frankreich genützt, aber zu privaten Zwecken, um die Schwester in Österreich zu besuchen, die sie sieben bis achtmal besucht habe, der letzte Transfer von München ergebe sich aus den vorgelegten Unterlagen (Aufenthalt von 18.03.2018 bis 03.04.2018). Die Rückkehr in den Iran am 03.04.2018 ergebe sich aus der beigeschlossenen Flugbestätigung und der Rechnung des Transfertaxis.

Im Sommer 2018 sei bekannt geworden, dass die BF einer christlichen Gruppe angehöre. Sie habe am 01.07.2018 zuletzt gearbeitet und sei am Abend in den Norden des Irans gefahren. Den Iran habe sie schließlich am 09.01.2019 schlepperunterstützt verlassen. Der Schlepper habe sie alle drei Monate in einem Haus versteckt, damit sie bessere Aussichten bei der Antragstellung hätten. Danach sei sie zu ihrer Schwester gefahren. Wenige Tage bevor sie den Antrag habe stellen wollen, sei die Polizei gekommen.

Sie habe zu ihrer Schwester, die den Iran 2011 verlassen habe, eine besonders enge Beziehung und diese zwischen 2016 bis 2018 achtmal besucht. Überdies habe diese sie aufgenommen und unterstütze sie finanziell.

Frankreich sie für die BF aufgrund ihrer früheren Arbeit für staatliche Betriebe nicht sicher. Der Iran habe gute Kontakte zu Frankreich. Da die Behörden von dem Visum gewusst hätten, habe die BF auch nicht nach Frankreich reisen wollen, da die Behörden sie zunächst in Frankreich vermutet hätten. In Österreich sei sie vor den Mitarbeitern der staatlichen iranischen Firmen sicher. Die iranischen Sicherheitskräfte verfügten in Frankreich über ein dichtes Informationsnetz.

I.8. Die Beschwerdevorlage an die zuständige Gerichtsabteilung des BVwG iSd § 16 Abs. 4 BFA-VG erfolgte am 13.06.2019.

I.9. Die BF wurde am 19.07.2019 nach Frankreich überstellt.

II. Das BVwG hat erwogen:

II.1. Beweisaufnahme:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsicht in:

-

die dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakten des BFA, beinhaltend die Niederschrift der Erstbefragung am 02.05.2019, die Niederschrift der Einvernahme vor dem BFA am 04.06.2019 samt der vorgelegten im Verfahrensgang erwähnten Unterlagen sowie die Beschwerde vom 08.06.2019

-

aktenkundliche Dokumentationsquellen betreffend Frankreich im angefochtenen Bescheid.

II.2. Feststellungen:

II.2.1. Die BF ist iranische Staatsangehörige.

II.2.2. Der BF reiste letztmals vor Ablauf eines von der französischen Botschaft Teheran am 20.1.2.2016 ausgestellten Visums C, gültig von 20.12.16 bis 19.12.2018, in das Gebiet der Mitgliedstaaten ein. Am 01.05.2019 stellte sie, ohne das Gebiet der Mitgliedstaaten verlassen zu haben, den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

II.2.3. Am 07.05.2019 richtete das BFA aufgrund der Angaben der BF und des Abfrageergebnisses im Visainformationssystem ein Aufnahmeersuchen an Frankreich, das mit Schreiben vom 24.05.2019 der Aufnahme gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO ausdrücklich zustimmte.

II.2.4. Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF im Falle einer Überstellung nach Frankreich Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe beziehungsweise einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

II.2.5. Die BF leidet an keinen akut lebensbedrohenden Krankheiten.

II.2.6. Die BF hat zu ihrer in Österreich lebenden Schwester und Cousine keine besonders intensive familiäre oder soziale Bindung, es besteht kein Abhängigkeitsverhältnis irgendwelcher Art zwischen ihr und ihrer Schwester.

II.3. Beweiswürdigung:

II.3.1. Die Feststellungen zum Reiseweg der BF sowie zu ihren persönlichen Verhältnissen ergeben sich im Speziellen aus dem eigenen Vorbringen in Zusammenhang mit der vorliegenden Aktenlage. Die Feststellungen zum Verfahrensstand in Frankreich ergeben sich aus der ausdrücklichen Zustimmungserklärung Frankreichs und den Abfrageergebnissen des VIS. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der BF ergeben sich ebenfalls aus der Aktenlage. Diesbezüglich wurde von den BF kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren (siehe Punkt II. 3.3.3.). Eine die BF konkret treffende Bedrohungssituation in Frankreich wurde nicht substantiiert vorgebracht (siehe dazu die weiteren Ausführungen in Punkt II. 3.3.2.).

II.3.2. Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat ergibt sich aus den umfangreichen und durch ausreichend aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen (siehe auch die Erwägungen unter II.3.3.2.).

II.3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerden:

II.3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetz 2005 (AsylG) lauten:

"§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuwiesen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzuhalten, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

...

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

...

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

...

und in den Fällen der Z1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 34 (1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt

worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung

desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit

dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem

anderen Staat nicht möglich ist und

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein

Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit

dem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, in

einem anderen Staat nicht möglich ist;

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt

wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Sc

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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