Entscheidungsdatum
12.08.2019Norm
AsylG 2005 §35 Abs1Spruch
W185 2123544-1/13E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Nairobi vom 15.02.2016, Zl Nairobi-OB/KONS/0093/2016, aufgrund des Vorlageantrags von XXXX , geb. XXXX StA. Somalia, vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz LV Tirol, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Nairobi vom 15.12.2015, Zl. Nairobi-ÖB/KONS/0619/2015, beschlossen:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung einer neuen Entscheidung an die Behörde zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger aus Somalia, stellte am 05.05.2014 unter Anschluss diverser Unterlagen bei der Österreichischen Botschaft Nairobi (im Folgenden: ÖB Nairobi) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 2 AsylG. Begründend führte er aus, seine Ehefrau, XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, sei in Österreich aufhältig. Seiner Gattin sei mit Bescheid des Bundesasylamtes (nunmehr Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) vom 05.04.2012 der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 01.03.2013 wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung der Bezugsperson erstmalig bis zum 01.03.2014 verlängert.
Am 23.05.2014 wurde der Beschwerdeführer in der ÖB Nairobi einem Interview unterzogen und zu seiner Eheschließung, seinen familiären Verhältnissen sowie zum Fluchtgrund der Bezugsperson befragt. Hiebei gab der Beschwerdeführer u.a. an, mit seiner bereits verstorbenen ersten Gattin 2 Kinder (geb. 2002 bzw 2004) zu haben, welche jedoch vermisst würden. Angeblich seien die Kinder mit ihrer Tante im Dezember 2013 in den Yemen gereist; seit diesem Zeitpunkt habe er von seinen Kindern nichts mehr gehört. Seine nunmehrige Gattin habe er am 10.11.2008 geheiratet. Die Zeremonie habe im Haus der Schwiegereltern stattgefunden; es sei ein Sheikh anwesend gewesen. Hochzeitsfotos hätten sie zurückgelassen. Seine Gattin habe die Heimat aufgrund Verfolgung durch Al Shabab am 10.07.2011 schlepperunterstützt verlassen und sei zunächst in die Türkei gereist.
Nachdem die Antragsunterlagen dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) übermittelt wurden, teilte dieses mit Schreiben vom 29.07.2014 mit, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten im vorliegenden Fall nicht wahrscheinlich sei. Näheres sei dem beiliegenden Aktenvermerk (Beiblatt) zu entnehmen.
Im bezughabenden Beiblatt zur negativen Wahrscheinlichkeitsprognose wurde konkretisierend ausgeführt, dass die Angaben des Antragstellers zur Angehörigeneigenschaft gem. § 35 AsylG 2005 in mehrfacher Hinsicht den von der Bezugsperson im Asylverfahren gemachten Angaben widersprechen würden. Aus diesem Grund stehe das in Zusammenhang mit den widersprüchlichen Angaben, der Beantwortung der Staatendokumentation vom 11.06.2010 über die Versagung der Beweiskraft somalischer Dokumente, und mit den geäußerten Bedenken zu den vorgelegten Unterlagen, eine Verehelichung und das damit in Zusammenhang behauptete verwandtschaftliche Verhältnis auf keinen Fall fest, womit der Antragsteller die Voraussetzungen des § 35 AsylG 2005 (iVm § 2 Abs. 1 Z 22) nicht erfüllt habe.
Mit der "Aufforderung zur Stellungnahme (Parteiengehör)" vom 14.10.2014, am 20.10.2014 per Mail an den Beschwerdeführer versandt, wurde dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben, die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen. Ablehnungsgründe: "Die Angaben zur Angehörigeneigenschaft gem. § 35 AsylG 2005 widersprechen in mehrfacher Hinsicht den von der Bezugsperson gemachten Angaben."
Der Beschwerdeführer brachte keine Stellungnahme ein.
Am 30.11.2015 erkundigte sich das ÖRK nach dem Verfahrensstand, da der Beschwerdeführer seit der Aufforderung zur Stellungnahme im Oktober 2014 keinen Bescheid zugestellt bekommen habe. Gleichzeitig wurde die Zustellvollmacht an die Bezugsperson übermittelt und ersucht, den Bescheid an die Bezugsperson zuzustellen.
Mit Schreiben vom 03.12.2015 teilte das ÖRK mit, dass der Beschwerdeführer zwischenzeitig nach Somalia zurückgekehrt sei. Sollte die Einbringung einer Stellungnahme nicht mehr möglich sein, werde um Zustellung des Bescheids an die Bezugsperson als Zustellbevollmächtigte gebeten.
Am 03.12.2015 übermittelte die ÖB Nairobi die Aufforderung zur Stellungnahme vom 14.10.2014 an das ÖRK mit der Bitte die Übernahme von der Bezugsperson unterschreiben zu lassen.
Am 10.12.2015 wurde um Fristverlängerung zur Einbringung der Stellungnahme ersucht. Sollte dies nicht möglich sein, werde um Zustellung des verfahrensabschließenden Bescheides gebeten.
Mit Schreiben vom 14.12.2015 teilte das ÖRK mit, dass die Zustellung der Aufforderung zur Stellungnahme am 03.12.2015 erfolgt sei und die Frist mit 10.12.2015 somit verstrichen sei. Zwar sei das ÖRK nicht zustellbevollmächtigt, jedoch gelte laut gängiger Judikatur ein behördliches Schriftstück als zugestellt, wenn es dem rechtlichen Vertreter zugekommen sei. Das ÖRK sei sowohl seitens der Bezugsperson als auch des Beschwerdeführers mit der rechtlichen Vertretung betraut worden. Daher werde um Zustellung des Bescheides entweder an die Bezugsperson als Zustellbevollmächtigte oder das ÖRK als rechtliche Vertretung gebeten.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 15.12.2015 verweigerte die ÖB Nairobi die Erteilung des Einreisetitels gem. §26 FPG iVm §35 AsylG.
Begründung: Die Angaben des Antragstellers zur Angehörigeneigenschaft gem. § 35 AsylG 2005 widersprechen in mehrfacher Hinsicht den von der Bezugsperson im Asylverfahren gemachten Angaben. Aus diesem Grund stehen in Zusammenhang mit den widersprüchlichen Angaben, der Beantwortung der Staatendokumentation vom 11.06.2010 über die Versagung der Beweiskraft somalischer Dokumente, und mit den geäußerten Bedenken zu den vorgelegten Unterlagen, eine Verehelichung und das damit in Zusammenhang behauptete verwandtschaftliche Verhältnis auf keinen Fall fest, womit der Antragsteller die Voraussetzungen des § 35 AsylG 2005 (iVm § 2 Abs. 1 Z 22) nicht erfüllt. Da der Beschwerdeführer keine Stellungnahme eingebracht habe, sei aufgrund der Aktenlage entschieden worden.
Gegen den Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 12.01.2016. Zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wird darin ausgeführt, dass es unbestritten sei, dass somalischen Dokumenten aufgrund des Fehlens sämtlicher staatlicher Strukturen seit nunmehr 25 Jahren kein Beweiswert zukomme. Es sei dem Beschwerdeführer daher nicht möglich, das Bestehen der Ehe durch zweifelsfreie Dokumente zu belegen. Dies allein könne jedoch nicht der Grund der Ablehnung des Einreiseantrages sein, vielmehr seien andere Belege (Aussagen des Beschwerdeführers und der Bezugsperson) heranzuziehen. Die Bezugsperson habe in ihrem Asylverfahren in Österreich den Namen ihres Ehemanns genannt und umfangreiche Angaben zu diesem, zur Eheschließung und zum gemeinsamen Familienleben erstattet. Im Zuge des vorliegenden Einreiseverfahrens sei jedoch keine zeugenschaftliche Einvernahme der Bezugsperson durchgeführt worden. Die Behörde habe verabsäumt, den Beschwerdeführer auf konkrete Widersprüche hinzuweisen und ihm Gelegenheit zu geben, zu den angeblichen Widersprüchen Stellung zu nehmen. Auch in der Aufforderung zur Stellungnahme sei nicht näher ausgeführt worden, welche Aussagen unglaubwürdig seien. Es sei nicht nachvollziehbar, worin die Widersprüche bestünden und weshalb die Angaben der Bezugsperson im Asylverfahren nicht entsprechend gewürdigt worden seien. Daher liege eine Verletzung des Grundsatzes der amtswegigen Ermittlungspflicht, des Rechts auf Parteiengehör sowie der in § 11 Abs. 4 FPG verankerten Pflicht zur umfassenden Begründung der Entscheidung vor.
Am 18.01.2016 wurde seitens der ÖB Nairobi ein Verbesserungsauftrag erteilt, da der Beschwerde keine deutsche Übersetzung der Heiratsurkunde angeschlossen gewesen sei.
Der Beschwerdeführer erfüllte den Verbesserungsauftrag fristgerecht und legte die deutsche Übersetzung der Heiratsurkunde vor.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 15.02.2016 wies die ÖB Nairobi die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab. Begründend wurde ausgeführt, dass nach ständiger Rechtsprechung des VwGH österreichische Vertretungsbehörden bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich der Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden seien. Eine Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes durch die Botschaft komme daher nicht in Betracht. Das Bundesverwaltungsgericht sei in seiner Entscheidung vom 19.12.2014, W2120 2010725-1/2E, W2120 2010726-1/2E, dieser Rechtsprechung gefolgt und habe sie auf das neue Rechtsschutzsystem der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit übertragen, dass nämlich die Vertretungsbehörden - und auch das Bundesverwaltungsgericht - an die Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes gebunden seien und keinen eigenen Entscheidungsspielraum hätten. Von dieser Rechtsansicht des Bundesverwaltungsgerichtes im oben angeführten Erkenntnis, sei auch, entgegen dem Beschwerdevorbringen, im vorliegenden Beschwerdefall auszugehen bzw. habe die Vertretungsbehörde zu folgen. Das zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 23.11.2015, E 1510-1511/2015-15 habe die Bindungswirkung nicht aufgehoben. Es sei unstrittig, dass der Beschwerdeführer einen Antrag nach §35 AsylG gestellt habe und eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes ergangen sei. Als allein tragender Grund für die Abweisung des Antrages komme somit (nur) in Betracht, dass nach der Mitteilung des Bundesamtes die Erfolgsaussichten des Antrages des Beschwerdeführers auf Gewährung desselben Schutzes als nicht wahrscheinlich einzustufen seien. Darauf sei im angefochtenen Bescheid auch ausschließlich Bezug genommen worden. Im Hinblick auf diese Bindung der Vertretungsbehörde sei daher auf die Ausführungen in der Beschwerde nicht einzugehen gewesen.
Am 26.02.2016 wurde bei der ÖB Nairobi ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht. Begründend wurde auf die Beschwerde vom 12.01.2016 verwiesen. Es werde auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.01.2016, W211 2104933-1/3E, verwiesen. Darin werde ausgeführt, dass angebliche Widersprüche konkret anzuführen seien und den Parteien Gelegenheit zu geben sei, dazu Stellung zu nehmen. Dies sei im vorliegenden Fall nicht geschehen.
Mit einem am 23.03.2016 eingelangten Schreiben des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres wurde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A) Behebung des Bescheides und Zurückverweisung:
Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 idgF lauten:
Familienverfahren im Inland
§ 34 (1) Stellt ein Familienangehöriger von
1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist und
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind.
3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG)."
Der gegenständliche Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels wurde am 05.05.2014, und somit vor Inkrafttreten des § 35 AsylG idF BGBl. I Nr. 24/2016 am 01.06.2016, eingebracht. Gemäß der Übergangsbestimmung § 75 Abs. 24 AsylG 2005 war daher § 35 Abs 1 bis 4 AsylG 2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013 anzuwenden.
§ 35 Abs 1 bis 4 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 68/2013 lautet:
(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen.
(2) Befindet sich der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, im Ausland, ist diesem über Antrag nach der ersten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung des Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde, die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 und Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9) und
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
[...]
§ 35 Abs 5 AsylG 2005 idgF lautet:
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.
§ 75 Abs 24 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 24/2016 lautet:
(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs 1 Z 15, 3 Abs 4 bis 4b, 7 Abs 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs 6 und 35 Abs 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 gestellt wurde.
§ 22 Abs 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter.
Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) idgF lauten:
Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung sind auch die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist anzugeben.
...
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.
Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005:
§ 26 FPG lautet:
Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.
§ 28 Abs. 1 bis 3 VwGVG lautet wie folgt:
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das
Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Die Regelung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes im Falle, dass die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 12.11.2014, Zl. Ra 2014/20/0029 (unter Verweis auf das Erkenntnis vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063) zur Anwendung des § 28 Abs. 3 VwGVG ausgeführt:
"Der Verwaltungsgerichtshof hat sich dort mit dieser Frage auseinandergesetzt und dargelegt, dass ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht durch die Verwaltungsgerichte gesetzlich festgelegt ist. Die nach § 28 VwGVG von der meritorischen Entscheidungspflicht verbleibenden Ausnahmen sind strikt auf den ihnen gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem genannten Erkenntnis insbesondere ausgeführt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden kann. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden."
Im Erkenntnis vom 01.03.2016, Ro 2015/18/20002 bis 0007, hält der VwGH zunächst fest, dass der in § 35 Abs. 4 AsylG 2005 angeordnete Beweismaßstab, nach dem das Bundesamt zu beurteilen hat, ob es eine positive oder negative Mitteilung abgibt, für sich betrachtet rechtsstaatlich nicht bedenklich erscheint. Da das Gesetz vorsieht, dass eine positive Mitteilung des Bundesamtes schon dann zu ergehen hat, wenn die Gewährung von internationalem Schutz bloß wahrscheinlich ist, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass eine negative Prognose nur dann erfolgen darf, wenn die Gewährung dieses Schutzes in einem nach Einreise in Österreich zu führenden Asylverfahren nicht einmal wahrscheinlich ist; Gewissheit darüber, dass dem Antragsteller internationaler Schutz in Österreich gewährt werden wird, erfordert die Erteilung einer Einreiseerlaubnis hingegen nicht.
Um somit die Einreiseerlaubnis nach Österreich zu erhalten, muss der Antragsteller lediglich die niedrigere Beweisschwelle der Wahrscheinlichkeit einer künftigen Gewährung internationalen Schutzes überspringen. Schon dann steht ihm die Möglichkeit offen, in das Bundesgebiet einzureisen und dort ein Familienverfahren nach § 34 AsylG 2005 - mit allen Verfahrensgarantien - zu absolvieren. Dass § 35 Abs. 4 AsylG 2005 die Vergabe eines Visums an die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes im künftigen Asylverfahren bindet, erscheint unter diesem Blickwinkel mit dem rechtsstaatlichen Prinzip somit nicht im Widerspruch zu stehen.
Ebenso hat der Verfassungsgerichtshof mehrfach ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, sofern in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes. Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl. VfSlg. 13.302/1992 mwN sowie VfSlg. 14.421/1996 und 15.743/2000).
Die Behörde hat die Pflicht, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sein kann, einzugehen. Die Behörde darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (vgl. VwGH vom 10.04.2013, Zl. 2011/08/0169 sowie dazu Walter/Thienel:
"Verwaltungsverfahren Band I2", E 84 zu § 39 AVG).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesamtes über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung, und kommt dieser diesbezüglich keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034; VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).
Ungeachtet dieser für die Vertretungsbehörden bestehenden Bindungswirkung an die Prognoseentscheidung des Bundesamtes steht es dem Bundesverwaltungsgericht allerdings nunmehr - innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012, geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems - offen, auch die Einschätzung des Bundesamtes über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002). Auch wenn es sich bei der Mitteilung des Bundesamtes um keinen Bescheid handelt, der vom Antragsteller (selbständig) angefochten werden kann (VwGH 06. 10.2010, 2008/19/0527), setzt die Möglichkeit einer Überprüfung der Richtigkeit dieser Prognose durch das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls voraus, dass dieser Mitteilung des Bundesamtes in nachvollziehbarer Weise zu entnehmen ist, aus welchen Gründen das Bundesamt die Zuerkennung des beantragten Schutzstatus für nicht wahrscheinlich hält.
Diesem Erfordernis vermag die Mitteilung des Bundesamtes im gegenständlichen Fall - wie im Folgenden dargelegt wird - nicht zu genügen:
Der Beschwerdeführer gibt an, der Ehegatte der als Bezugsperson angeführten XXXX , geb. XXXX , StA Somalia, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.04.2012 der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei, zu sein.
Das Bundesamt führte am 29.07.2014 in seiner Stellungnahme nach § 35 Abs. 4 AsylG aus, dass die Angaben des Beschwerdeführers zur Angehörigeneigenschaft in mehrfacher Hinsicht den von der Bezugsperson im Asylverfahren gemachten Angaben widersprechen würden. Aus diesem Grund würden in Zusammenhang mit den widersprüchlichen Angaben, der Beantwortung der Staatendokumentation vom 11.06.2010 über die Versagung der Beweiskraft somalischer Dokumente und mit den geäußerten Bedenken zu den vorgelegten Unterlagen, eine Verehelichung und die damit in Zusammenhang behaupteten verwandtschaftlichen Verhältnisse auf keinen Fall feststehen, womit der Beschwerdeführer die Voraussetzungen des § 35 AsylG 2005 (iVm § 2 Abs. 1 Z 22) nicht erfülle.
In der Folge wurde dem Beschwerdeführer seitens der Botschaft am 14.10.2014 die Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Als Ablehnungsgründe wurde bekannt gegeben: "Die Angaben zur Angehörigeneigenschaft gem. § 35 AsylG 2005 widersprechen in mehrfacher Hinsicht den von der Bezugsperson gemachten Angaben." Nähere Ausführungen finden sich im genannten Schreiben nicht.
Da keine Stellungnahme des Beschwerdeführers eingegangen ist, wies die ÖB Nairobi in der Folge den Einreiseantrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 15.12.2015 (Anm: aufgrund der Aktenlage) ab. Die Bescheidbegründung war wortident mit den Ausführungen in der Stellungnahme des Bundesamtes vom 29.07.2014. Die (angeblichen) Widersprüche in den Angaben der Bezugsperson und des Beschwerdeführers wurden nicht näher ausgeführt.
Eine Überprüfung der mit der Beschwerde in Vorlage gebrachten Heiratsurkunde ist offenkundig unterbleiben; Ausführungen zur Echtheit und zum Inhalt dieser Urkunde finden sich im Bescheid (und im Verfahrensakt) nicht.
Im Hinblick auf die seitens der Behörde - sowohl generell als auch hinsichtlich der vorgelegten Unterlagen - geäußerten Bedenken an der Beweiskraft somalischer Dokumente ist vorweg festzuhalten, dass dies alleine die Ablehnung eines Einreiseantrages nicht zu begründen vermag. In einem solchen Fall hat die Behörde andere Nachweise für das Bestehen der Familienangehörigeneigenschaft zu prüfen; darunter fallen etwa Einvernahmeprotokolle der Bezugsperson, deren zeugenschaftliche Einvernahme oder die Durchführung von DNA-Tests.
Es ist dem Akt nicht zu entnehmen, ob bzw inwieweit die Behörde die entsprechenden Angaben der Bezugsperson in ihrem Asylverfahren tatsächlich herangezogen bzw mit den Ausführungen des Beschwerdeführers in Konnex gesetzt hat. Aus dem Protokoll der Einvernahme der Bezugsperson im Asylverfahren der Bezugsperson vor dem Bundesasylamt am 04.04.2012 geht hervor, dass diese von Anfang an angegeben hat, verheiratet zu sein und keine Kinder zu haben. Sie hätte, im Gegensatz zu ihrem Mann, gearbeitet und zum Lebensunterhalt beigetragen. Die Hochzeit habe im November 2008 in Mogadischu nach islamischem Ritus stattgefunden. Urkunden oder Fotos gebe es nicht. Die Bezugsperson gab den Namen ihres Ehemannes mit XXXX , geb. im XXXX an und erklärte, dass die erste Ehefrau ihres Mannes verstorben sei. Weiters konnte die Bezugsperson die Namen und Geburtsdaten der beiden Kinder aus der ersten Ehe ihres Gatten nennen und stimmen diese mit den Angaben des Beschwerdeführers im Interview vor der Botschaft überein. Auch die Ausführungen zum Fluchtgrund und den Umständen der Flucht sind im Wesentlichen ident. So gab der Beschwerdeführer etwa an, dass die Schlepperkosten die Bezugsperson betreffend in Höhe von ca USD 5.000,-- aus dem Verkauf der Apotheke seines Schwiegervaters stammten. Er selbst habe nicht gearbeitet. Es liegen somit konkrete Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Angaben zur Familieneigenschaft vor. Es ergaben sich, soweit ersichtlich, aber auch einige Widersprüche bzw Unklarheiten in den Angaben des Beschwerdeführers und der Bezugsperson zu den Umständen der Eheschließung (Vorhandensein von Urkunden, Durchführender der Trauung).
Hiezu ist Folgendes anzumerken:
Ein Antragsteller muss in die Lage versetzt werden, auch zur Einschätzung des Bundesamtes über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes ein zweckentsprechendes, zielgerichtetes Vorbringen zu erstatten. Dazu wird er regelmäßig nur dann in der Lage sein, wenn ihm die Gründe für die Einschätzung des Bundesamtes im Verfahren hinreichend genau dargelegt werden.
Im Hinblick darauf ist festzuhalten, dass im Sinne der Rechtsprechung des VwGH mögliche Widersprüche, die sich aus den Einvernahmen mit der Bezugsperson und aus den Angaben der Antragsteller ergeben können, konkret bekannt zu geben sind, um einem Antragsteller eine entsprechende Stellungnahme dazu zu ermöglichen (VwGH, 09.11.2010, 2007/21/0323). Dem Beschwerdeführer wurde in casu die Möglichkeit genommen, im Rahmen eins ordnungsgemäßen Parteiengehörs auf konkret angeführte Vorhalte der Behörde einzugehen, um so zweckmäßige Ausführungen, welche in der Entscheidung der Behörde auch Berücksichtigung finden, zu erstatten. Dieser der Behörde unterlaufene Verfahrensmangel ist jedoch potenziell von Relevanz für den Ausgang des Verfahrens. Im fortgesetzten Verfahren wird die Behörde die von ihr erkannten Widersprüche konkret darzulegen haben, um den Beschwerdeführer so in die Lage zu versetzen, zielgerichtete und zweckmäßige Ausführungen hiezu erstatten zu können.
Eine zeugenschaftliche Einvernahme der Bezugsperson ist - trotz angeblich erkannter Widersprüche in den Aussagen der Beteiligten - im Einreisverfahren des Beschwerdeführers unterbleiben; eine solche wird im fortgesetzten Verfahren jedenfalls nachzuholen und die Bezugsperson mit den Ausführungen des Beschwerdeführers zu konfrontieren sein.
Sowohl die Bezugsperson in ihrem Asylverfahren als auch der Beschwerdeführer in seinem Einreiseverfahren gaben übereinstimmend an, im November 2008 in Mogadischu nach islamischem Ritus geheiratet zu haben (Anm: wenngleich zu einzelnen Umständen der Eheschließung teils divergierende Angaben erstattet wurden).
Was die Frage der Beurteilung der Rechtsgültigkeit einer Eheschließung von Drittstaatsangehörigen im Ausland betrifft, so entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass ausländisches Recht keine Rechtsfrage, sondern eine Tatfrage darstellt, welche in einem - grundsätzlich amtswegigen - Ermittlungsverfahren festzustellen ist, wobei eine Mitwirkungspflicht der Partei besteht, soweit dies erforderlich ist (z.B. VwGH, 27.06.2017, Ra 2016/18/0277; 19.03.2009, 2007/01/0633).
Dennoch hat es die Behörde gegenständlich unterlassen, Ermittlungen zu den Umständen der (angeblich) im Jahr 2008 traditionell geschlossenen Ehe anzustellen und Ausführungen zur Rechtsgültigkeit der Ehe zu treffen. Feststellungen, ob und wenn ja weshalb eine Eheschließung nach islamischem Ritus keine bereits im Herkunftsstaat (bzw nach nunmehriger Rechtslage vor der Einreise der Bezugsperson) gültige Ehe gewesen sein soll, sind zur Gänze unterblieben. Es fehlt jegliche Auseinandersetzung mit den rechtlichen Voraussetzungen einer staatlich anerkannten Ehe in Somalia im Allgemeinen, sowie - die seit vielen Jahren fehlende staatliche Strukturen berücksichtigend - den dortigen Gepflogenheiten und der dortigen behördlichen Anwendungspraxis.
Im fortgesetzten Verfahren werden geeignete Ermittlungen zu den einschlägigen somalischen Rechtsvorschriften einschließlich der dortigen Gepflogenheiten und der Anwendungspraxis in Bezug auf Eheschließungen - wie etwa durch Zugriff auf Informationen der Staatendokumentation - anzustellen und entsprechende Feststellungen zu treffen sein. In deren Lichte wären sodann die Rechtsgültigkeit einer in Somalia traditionell geschlossenen Ehe - und damit die Familienangehörigeneigenschaft der Beschwerdeführerin iSd § 35 Abs. 5 AsylG 2005 - einer neuerlichen Beurteilung zu unterziehen. Allenfalls wird auch die Heiratsurkunde kriminaltechnisch einer Echtheitsuntersuchung zu unterziehen sein.
Gravierende, zur Kassation iSd § 28 Abs. 3 VwGVG berechtigende Ermittlungslücken iSd vorstehend wiedergegebenen höchstgerichtlichen Judikatur liegen demnach gegenständlich vor.
Das Bundesverwaltungsgericht weist noch auf die Spezifika und die verfahrensrechtlichen Einschränkungen (siehe § 11a FPG) des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens hin, weshalb die Durchführung der notwendigen Ermittlungen nicht im Interesse der Effizienz, Raschheit und Kostenersparnis durch dieses selbst durchgeführt werden können.
Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieser Beschluss ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelleEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W185.2123544.1.00Zuletzt aktualisiert am
16.10.2019