Entscheidungsdatum
13.08.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W215 2145196-1/14E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. STARK über die Beschwerde von XXXX , Staatsangehörigkeit Bundesrepublik Somalia, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht über den Antrag auf internationalen Schutz vom 23.04.2015, Zahl 1065861607-150412255, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:
A)
I. Der Antrag von XXXX auf internationalen Schutz vom 23.04.2015 wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, abgewiesen.
II. Der Antrag auf internationalen Schutz von XXXX wird bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bundesrepublik Somalia gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG abgewiesen.
III. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird
XXXX gemäß § 57 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, nicht erteilt. Gemäß
§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, wird gegen XXXX eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, festgestellt, dass die Abschiebung von XXXX gemäß § 46 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, in die Bundesrepublik Somalia zulässig ist. Gemäß § 55 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise von XXXX 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl Nr. 1/1930 (B-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Antragstellerin reiste zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt illegal in das Bundesgebiet und stellte am 23.04.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Noch am selben Tag erfolgte die Erstbefragungen der Antragstellerin, in der diese, in Gegenwart einer Dolmetscherin für die Sprache Somali, zusammengefasst angab, nach moslemischem Ritus mit ihrem Lebensgefährten in der Bundesrepublik Somalia verheiratet zu sein. Die Antragstellerin gehöre dem Clan der Abgal/Abgaal an, habe in ihrem Heimatort XXXX ihren Lebensgefährten, die beiden Töchter und zwei Söhne sowie ihre Schwester zurückgelassen und die Bundesrepublik Somalia vor ca. zwei Jahren mit einem Pkw verlassen. Zunächst sei sie mit einem XXXX , von dort mit einem Pkw nach Kenia und von Kenia mit einem Flugzeug über einen internationalen Flughafen legal, mit ihrem somalischen Reisepass und einem Visum, in die Türkei gereist. Sie sei dann nach Griechenland und von Griechenland mit einem Flugzeug nach Rom geflogen. Von Rom sei die Antragstellerin mit dem Zug nach Österreich gereist. Ihre Identität könne die Antragstellerin aber nicht nachweisen, da sie ihren somalischen Reisepass einem Schlepper gegeben habe. Die Antragstellerin habe für ihre Reise nach Österreich US-Dollar 6.000.- bezahlt. Ein Bruder lebe in Österreich. Zu ihrem Fluchtgrund gab die Antragstellerin, in Gegenwart der Dolmetscherin ihrer Muttersprache Somali, an:
"...11. Warum haben Sie ihr Land verlassen (Fluchtgrund):
Ich verkaufte auf dem Markt in Somalia Tee, als mich des Öfteren ein Mann mit den Worten bedrohte, dass ich damit aufhören und einen Schleier tragen müsste, da ich verheiratet sei. Dieser Mann rief mich auch mehrmals an und bedrohte mich, dass er mich umbringen würde, wenn ich weiter auf dem Markt Tee verkaufe und keinen Schleier trage würde.
12. Zusatzfrage [...]
14. Was befürchten Sie bei einer Rückkehr in Ihre Heimat?
Ich habe Angst, dass mich dieser Mann (Bedroher) tötet, wenn ich nach Somalia zurückkehre.
14.1. Gibt es konkrete Hinweise, dass Ihnen bei Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohen? Hätten Sie im Fall Ihrer Rückkehr in ihren Heimatstaat mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen? Wenn ja, welche?
Nicht vom Staat, aber von diesem Bedroher.
15. Beweismittel..."
Am 08.11.2016 brachte der Rechtsanwalt der Antragstellerin eine Säumnisbeschwerde beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein.
2. Am 20.01.2017 langten die Aktenvorlagen vom 17.01.2017 im Bundesverwaltungsgericht ein und wurden einer Gerichtsabteilung zur Erledigung zugewiesen.
Mit Schreiben dieser Gerichtsabteilung vom 23.01.2017 wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl beauftragt im Säumnisbeschwerdeverfahren gemäß
§ 19 Abs. 6 AsylG die Antragstellerin niederschriftliche zu befragen.
Am 28.03.2017 erfolgte eine ausführliche niederschriftliche Befragung der Antragstellerin, in Gegenwart eines Dolmetschers ihrer Muttersprache Somali. Darin gab die Antragstellerin zusammengefasst an, dass ihr Vorbringen in der Erstbefragung am 23.04.2015 der Wahrheit entspricht, ihr vor Unterschriftsleistung rückübersetzt wurde und gab wiederholt an, diesbezüglich nichts berichtigen zu wollen. Die Antragstellerin gab weiters an mit XXXX nach XXXX gefahren und dort 20 Tage lang bei Bekannten gelebt zu haben. Dann sei sie mit einem Pkw nach Kenia, wo sie ein Jahr und neun Monate gelebt habe. Anschließend nach Griechenland und von dort mit dem Flugzeug nach Rom. Nach drei Tage in Rom sei die Antragstellerin mit dem Zug nach Österreich. Zu ihrem Fluchtgrund gab die Antragstellerin zusammengefasst an, dass Männer der al-Schabaab der Antragstellerin gesagt hätten, dass sie beim Verkaufen von Tee eine Burka tragen müsse, weil es verboten sei, dass eine Frau ihr Gesicht zeige. Beim ersten Mal sei nur ein Mann gekommen und habe der Antragstellerin befohlen eine Burka zu tragen. Zwei Wochen danach sei dieser Mann wiedergekommen, habe gesagt, dass der Lebensgefährte der Antragstellerin seinetwegen geflüchtet wäre, nachdem er mehrere Male abgelehnt habe mit al-Schabaab gegen die Regierung zu kämpfen (Variante: nicht erst nach mehreren Ablehnungen, sondern schon am zweiten Tag - nachdem die al-Schabaab alle Männer des Dorfes zum ersten Mal in der Moschee aufgefordert haben sich ihnen binnen drei Tagen anzuschließen - sei der Lebensgefährte geflogen). Auf Grund dieser Flucht des Lebensgefährten, mit dem die Antragstellerin nach moslemischem Ritus verheiratet sei, gelte die Antragstellerin nicht als verheiratet, sondern als geschieden und dieser Mann dürfe sie daher heiraten. Dieser Mann habe der Antragstellerin eine Woche Zeit zum Überlegen gegeben, sollte sie danach eine Eheschließung ablehnen würde er die Antragstellerin töten. Daraufhin habe die Antragstellerin Angst gehabt, einen befreundeten XXXX ihres Lebensgefährten kontaktiert und dieser habe sie nach XXXX gebracht. Nach der Flucht der Antragstellerin hätte der Mann die Schwester der Antragstellerin bedroht (Variante: Männer hätten von der Schwester wissen wollen, wo sich die Antragstellerin aufhalte, sie hätten zwar laut gesprochen, die Schwester sei aber nicht bedroht worden), woraufhin diese gesagt habe, welcher XXXX die Antragstellerin nach XXXX gefahren habe und man habe diesen Fahrer deswegen ins Gefängnis gesperrt. Deswegen habe die Antragstellerin XXXX verlassen. Im Fall ihrer Rückkehr fürchte die Antragstellerin von dem genannten Mann getötet zu werden.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies mit Bescheid vom 25.04.2017, Zahl 1065861607-150412255, den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm
§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia ab (Spruchpunkt II.) Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Antragstellerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen Gemäß
§ 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Antragstellerin gemäß § 46 FPG nach Somalia zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist zur freiwilligen Rückkehr mit zwei Wochen festgesetzt (Spruchpunkt IV.). Dieser Bescheide wurde von der damals zur Entscheidung berufenen Gerichtsabteilung mit Erkenntnis vom 20.11.2017, Zahl W111 2145196-2/4E, gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 16 Abs. 1 VwGVG aufgehoben und die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig erklärt.
Zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde von der damals zuständigen Gerichtsabteilung für den 15.01.2018 eine Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumt, aber mit Schreiben vom 11.01.2018 wieder abberaumt und das Säumnisbeschwerdeverfahren, nach einer Unzuständigkeitseinrede vom 15.01.2018, mit einer gerichtsinternen Verfügung, noch am selben Tag der nunmehr zur Entscheidung berufenen Gerichtsabteilung zur Erledigung zugewiesen.
Zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde für den 23.07.2018 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, in Gegenwart einer Dolmetscherin für die Sprache Somali, anberaumt. Es erschienen die Antragstellerin und ihr Rechtsanwalt. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte sich mit Schreiben vom 07.02.2018 für die Verhandlung entschuldigt und die Abweisung der Beschwerde beantragt. In der Verhandlung wurde ausdrücklich zugestimmt, dass die Verhandlung ohne Rechtsberater, der nicht erschienen war, stattfinden sollte. Es wurden die Quellen der zur Entscheidungsfindung herangezogenen Länderinformationen dargetan. Die Antragstellerin und deren Rechtsanwalt verzichteten auf Einsichtnahme und Ausfolgung. Das Bundesverwaltungsgericht räumte den Verfahrensparteien vor Schluss der Verhandlung eine zweiwöchige Frist zur Abgabe von Stellungnahmen ein.
Mit Parteiengehör des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.02.2019 wurde die Antragstellerin aufgefordert Änderungen zu den aktuellen Verhältnissen in Österreich bekannt zu geben.
Am 06.03.2019 langte eine Stellungnahme samt Urkundenvorlage des Rechtsanwaltes der Antragstellerin im Bundesverwaltungsgericht ein.
Mit Email der Rechtsanwaltskanzlei der Antragstellerin vom 29.07.2019 wurde um rasche Verfahrenserledigung ersucht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
1. Die Identität der Antragstellerin kann nicht festgestellt werden. Die Antragstellerin ist Staatsangehörige der Bundesrepublik Somalia, gehör dem einflussreichen Clan der Abgal/Abgaal an und ist moslemischen (sunnitischen) Glaubens. Die Antragstellerin ist nach moslemischem Ritus verheiratet, hat ihren Lebensgefährten und ihre vier Kinder in Bundesrepublik Somalia zurückgelassen und reiste in die Republik Kenia, wo die Antragstellerin ein Jahr und neun Monate lang problemlos in XXXX lebte und als XXXX für US-Dollar XXXX pro Monat arbeitete. Dennoch machte sich mit einem Visum für die Türkei in ihrem somalischen Reisepass auf den Weg Richtung Österreich, flog mit dem Flugzeug weiter nach Rom, wo sie drei Tage blieb, von dort reiste sie mit dem Zug nach Österreich, wo sie am 23.04.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Für ihre Reise mit dem Zielland Österreich bezahlte die Antragstellerin US-Dollar 6.000.-.
2. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Antragstellerin in der Bundesrepublik Somalia jemals Tee verkauft hat und dabei von einem Mann gezwungen werden hätte sollen gegen ihren Willen einen Schleier zu tragen. Es kann weiters nicht festgestellt werden, dass die Antragstellerin gegen ihren Willen von einer al-Schabaab Gruppe gezwungen werden hätte sollen eine Burka tragen; ebenso wenig einen Nikab. Es kann weiters nicht festgestellt werden, dass die bereits zum zweiten Mal nach moslemischem Ritus in der Bundesrepublik Somalia verheiratete Antragstellerin und Mutter von vier Kindern, gegen ihren Willen, ein Mitglied von al-Schabaab nach moslemischem Ritus heiraten hätte sollen. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Antragstellerin im Fall ihrer Rückkehr in die Bundesrepublik Somalia von al-Schabaab getötet werden würde.
3. Es kann nicht festgestellt werden, dass oder wann die Antragstellerin in XXXX , lebte oder ob sie tatsächlich nur kurze Zeit vor ihrer Ausreise bei Bekannten in XXXX lebte. Die gesunde Antragstellerin hat im Herkunftsstaat nach wie vor ihre vier minderjährigen Kinder. Die Antragstellerin konnte bis zu ihrer Ausreise aus der Bundesrepublik Somalia ihren Lebensunterhalt und den ihrer Kinder erwirtschaften. Sie gehört dem einflussreichen Clan der Abgal/Abgaal an und ist mit ihrem aktuellen Lebensgefährten, zugleich ein Cousin der Antragstellerin und Vater ihrer beiden Söhne, nach moslemischem Ritus verheiratet. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Lebensgefährte der Antragstellerin, der als XXXX vor einer Rekrutierung von
al-Schabaab geflüchtet bzw. verschollen ist. Zudem lebt auch noch die ältere Schwester der Antragstellerin mit den vier Kindern der Antragstellerin, nach wie vor in der Bundesrepublik Somalia. Die Antragstellerin lebte bis zur Ausreise mit ihrem Lebensgefährten, ihrer Schwester und ihren Kindern im Elternhaus, das im Eigentum der Familie steht, auf einem auf dem familieneigenen Grundstück und hat diese dort zurückgelassen. Die Antragstellerin telefoniert ca. einmal pro Monat mit ihrer Schwester; dieser und den Kindern der Antragstellerin geht es gut. Die Schwester der Antragstellerin bestreitet den Lebensunterhalt für sich und die Kinder der Antragstellerin mit XXXX . Ein Bruder des verstorbenen Vaters der Antragstellerin hat in der Bundesrepublik Somalia sehr XXXX und kann die Familie der Antragstellerin zusätzlich unterstützen.
4. Ein Bruder der ca. XXXX jährigen Antragstellerin lebt aktuell mit seiner Frau und seinen Kindern in Österreich. Die Antragstellerin lebt mit ihrem Bruder nicht im gemeinsamen Haushalt, sondern in einem anderen Bundesland und ist von ihm in keiner Weise abhängig. Die Antragstellerin ist in Österreich, im Gegensatz zum Herkunftsstaat, nicht in der Lage ihren eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten und lebt seit ihrer illegalen Einreise im Jahr 2015 von der Bundesbetreuung. Die Antragstellerin hilft ein Mal pro Woche in der Küche ihrer Unterkunft für Asylwerber mit und putzt in ihrer Unterkunft, machte aber ansonsten nichts. Die Antragstellerin lebt in Österreich alleine, hat zwei Monate im Jahr 2016/2017 einen Deutschkurs A1 Teil 1, zwei Monate im Jahr 2017 einen Deutschkurs A1 Teil 2 sowie vier Wochen im Jahr 2018 einen Deutschkurse A1 Teil 1 besucht, sprach in der Beschwerdeverhandlung kaum Deutsch und hat immer noch keine Deutschprüfung bestanden.
5. Zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat der Antragstellerin wird festgestellt:
Allgemein
In der Bundesrepublik Somalia leben schätzungsweise 15,45 Millionen Menschen (2019, World Population Review [AA Überblick Stand 05.03.2019, abgefragt am 08.08.2019]).
Im Hinblick auf beinahe alle zu beleuchtenden Tatsachen ist Somalia faktisch zweigeteilt:
a) In den Gliedstaaten Süd- und Zentralsomalia, wo auch die Hauptstadt Mogadischu liegt, herrscht in vielen Gebieten Bürgerkrieg. Die somalischen Sicherheitskräfte kämpfen mit Unterstützung der vom VN-Sicherheitsrat mandatierten Friedensmission der Afrikanischen Union AMISOM (African Union Mission in Somalia) gegen die radikalislamistische, al-Qaida-affiliierte al-Schabaab-Miliz. Die Gebiete sind nur teilweise unter der Kontrolle der Regierung, wobei zwischen der im Wesentlichen auf Mogadischu beschränkten Kontrolle der somalischen Bundesregierung und der Kontrolle anderer urbaner und ländlicher Gebiete durch die Regierungen der föderalen Gliedstaaten Somalias, die der Bundesregierung de facto nur formal unterstehen, unterschieden werden muss. Weite Gebiete stehen aber auch unter der Kontrolle der al-Schabaab-Miliz oder anderer Milizen. Diese anderen Milizen sind entweder entlang von Clan-Linien organisiert oder, im Falle der Ahlu Sunna Wal Jama'a, auf Grundlage einer bestimmten religiösen Ausrichtung. Zumindest den al-Schabaab-Kräften kommen als de facto-Regime Schutzpflichten gegenüber der Bevölkerung in den von ihnen kontrollierten Gebieten gemäß des 2. Zusatzprotokolls zu den Genfer Konventionen zu. Der Gliedstaat Puntland State of Somalia, der das Horn von Afrika im engeren Sinne umfasst, hat sich 1998 mit internationaler Unterstützung konstituiert. Er strebt keine Unabhängigkeit von Somalia an und ist einer der fünf offiziellen föderalen Gliedstaaten Somalias, wenngleich mit größerer Autonomie. Es konnten einigermaßen stabile staatliche Strukturen etabliert werden. Al-Schabaab kontrolliert hier keine Gebiete mehr, sondern ist nur noch in wenigen schwer zugänglichen Bergregionen mit Lagern vertreten, ebenso wie der somalische Ableger des sog. "Islamischen Staats". Stammesmilizen spielen im Vergleich zum Süden eine untergeordnete Rolle. Allerdings ist die Grenzziehung im Süden sowie im Nordwesten nicht eindeutig, was immer wieder zu kleineren Scharmützeln, im Süden auch zu schwereren gewaltsamen Auseinandersetzungen führt.
b) Das Gebiet der früheren Kolonie Britisch-Somaliland im Nordwesten Somalias hat sich 1991 für unabhängig erklärt, wird aber bisher von keinem Staat anerkannt. Allerdings bemühen sich die Nachbarn in der Region sowie zunehmend weitere Staaten in Anerkennung der bisherigen Stabilisierungs- und Entwicklungsfortschritte um pragmatische Zusammenarbeit. Das Vertrauen der internationalen Gemeinschaft wurde durch die mehrfache Verschiebung der Parlamentswahlen und schwerwiegende Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit dem Abkommen zum Betrieb des Hafens von Berbera auf die Probe gestellt. Al-Schabaab kontrolliert in Somaliland keine Gebiete. Die Grenze zu Puntland ist allerdings umstritten, hier kam es im Berichtszeitraum zu zum Teil heftigen militärischen Auseinandersetzungen zwischen "somaliländischen" und somalischen (puntländischen) Truppen.
Grundsätzlich gilt, dass die vorhanden staatlichen Strukturen sehr schwach sind und wesentliche Staatsfunktionen von ihnen nicht ausgeübt werden können. Von einer flächendeckenden effektiven Staatsgewalt kann nicht gesprochen werden (AA 04.03.2019).
Seit 2012 gibt es eine politische Entwicklung, die den Beginn einer Befriedung und Stabilisierung sowie eines Wiederaufbaus staatlicher Strukturen markiert. Am 01.08.2012 wurde in Mogadischu eine vorläufige Verfassung angenommen. Seitdem ist die Staatsbildung kontinuierlich vorangeschritten. Das im Dezember 2016 gewählte Parlament stellt dabei auch einen demokratischen Fortschritt gegenüber dem 2012 gewählten Parlament dar. Während 2012 135 Clanälteste die Zusammensetzung bestimmten, waren es 2016 über 14.000 Wahlleute. Allgemeine freie Wahlen bleiben das Ziel für 2020/21. Im Februar 2017 wählte das neue Zweikammerparlament Mohamed Abdullahi Mohamed, genannt "Farmajo", zum Präsidenten, und im März bestätigte es Hassan Ali Khaire als Premierminister und das neue Kabinett. Die Regierung von Präsident Farmajo verfolgt eine intensive Reformagenda in den Bereichen Politik, Wirtschaft und Sicherheit. Allerdings stehen mächtige Teile der Clan-Eliten der Regierung und ihrem Reformkurs kritisch gegenüber. Hinzu kommen immer wieder Spannungen in den Beziehungen Mogadischus zu den föderalen Gliedstaaten, die den politischen und wirtschaftlichen Fortschritt des Landes lähmen (AA Innenpolitik Stand 05.03.2019, abgefragt am 08.08.2019).
Die Wahl des relativ unerfahrenen Farmajo als Präsident markiert den vorläufigen Endpunkt eines somalischen Experimentes, das im Oktober 2016 mit der Wahl von erstmalig zwei Parlaments-Kammern begann. Eine allgemeine und freie Wahl ist in dem von Anarchie geprägten Land nach wie vor nicht möglich. Doch die Zahl von 14.024 Wahlmännern ist ein erheblicher Fortschritt gegenüber früheren Wahlen, als der Sieger unter gerade einmal 135 Clanchefs ausgekungelt wurde. Auch die Gründung föderaler Verwaltungsregionen ist ein wichtiger Schritt. Schließlich konnten die Medien zur Wahl relativ frei agieren und Korruption und Wahlverschiebung anprangern - auch das ein gutes Zeichen (DW 09.02.2017).
Mehr als jeder andere Präsident in Somalias unruhiger Geschichte, trifft Mohamed Abdullahi Mohamed beim Amtsantritt auf eine Welle von Unterstützung, Goodwill und Optimismus. Tausende von jubelnden Menschen gingen am Mittwoch spät auf die Straßen von Mogadischu, nachdem Mohamed, besser bekannt unter dem Spitznamen Farmajo, vom Parlament Somalias in einer Art Erdrutschsieg gewählt wurde. Es kam zu Straßensperren und Freudenschüssen, Unterstützer skandierten Farmajos Namen und Autohupen hießen ihn als neuen Präsidenten willkommen. Ähnliche Feiern brachen in Städten in ganz Somalia aus, sowie in den Städten Garissa und Eastleigh in Kenia; in beiden findet sich eine somalische Mehrheitsbevölkerung. Trotz aller Anzeichen waren die Feierlichkeiten ein Spiegelbild der aufrichtigen öffentlichen Unterstützung für Farmajo. Er ist 55 Jahre alt, besitzt die Somalisch-U.S. amerikanische Doppelstaatsbürgerschaft und war zuvor in der Jahren 2010 und 2011 acht Monate lang Premierminister Somalias (VOA 09.02.2017).
Der Sicherheitsrat begrüßt den Abschluss des Wahlprozesses in Somalia und die Wahl von Präsident Mohamed Abdullahi Mohamed "Farmajo". Der Sicherheitsrat würdigt die Dienste des ehemaligen Präsidenten Hassan Sheikh Mohamud und lobt den raschen und gütlichen Machtübergang in Somalia. Der Sicherheitsrat begrüßt die seit 2012 in Somalia erzielten politischen und sicherheitsbezogenen Fortschritte und unterstreicht, dass die Dynamik in Richtung auf eine demokratische Regierungsführung in Somalia aufrechterhalten werden muss. Der Sicherheitsrat würdigt die stärkere Teilhabe und Vertretung der Bevölkerung Somalias in dem Wahlprozess (UN Sicherheitsrat 10.02.2017).
Präsident Farmajo war während Sheikh Sharifs Präsidentschaft Premierminister (von Okt 2010 bis Juni 2011) und trat aufgrund politischer Differenzen mit dem Präsidenten und dem Sprecher zurück. Präsident Farmajo hat die somalische sowie die US-Staatsbürgerschaft. Präsident Farmajo ist der erste somalische Präsident des Darood-Clans (Marehan Sub-Clan) seit 2008; hingegen gehören beide Sheikh Sharif und Hassan Sheikh zu den Hawiye (Abgaal Sub-Clan). Präsident Farmajo hat angeblich auch gute Beziehungen zum Militär was einige Kommentatoren als ein viel versprechendes Zeichen für Stabilität sehen (Europäische Kommission Februar 2017).
Seit dem Ende der Übergangsperiode und dem Beginn des New Deal Prozesses 2013 wurde wiederholt der politische Wille zur umfassenden Reform des Staatswesens (Etablierung von Rechtsstaatlichkeit, Schutz von Menschenrechten, Demokratisierung, Föderalisierung) bekundet. 2016 und 2017 konnten mit der Gründung der Gliedstaaten und einem relativ demokratisch erfolgten Machtwechsel wichtige Weichen in Richtung Demokratisierung, legitimer Staatsgewalt und Föderalismus erreicht werden. In den anderen Bereichen ist die Situation nach wie vor mangelhaft. Insbesondere das Verhalten der Sicherheitskräfte, Aufbau, Funktionsweise und Effizienz des Justizsystems und die Lage im Justizvollzug entsprechen nicht den völkerrechtlichen Verpflichtungen des Landes (AA 04.03.2019).
UN-Generalsekretär Antonio Guterres ernannte am 12.09.2018 mit Wirkung vom 01.10.2018 den Südafrikaner Nicholas "Fink" Haysom zum Sondergesandten für Somalia und Nachfolger von Michael Keating. Haysom ist derzeit Sondergesandter für Sudan und Südsudan. Unter Nelson Mandela diente er als Chefberater für Rechts- und Verfassungsfragen (BAMF 24.09.2018).
Der UN Security Council verlängerte am 27.03.2019 das Mandat der UN-Hilfsmission in Somalia (UNSOM) bis zum 31.03.2020 (BAMF 01.04.2019).
ad a) Somalia
Seit Jahrzehnten gibt es keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler, regionaler oder zentralstaatlicher Ebene. Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft, hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen, insbesondere Clan-Strukturen, vergeben. Traditionell benachteiligte Gruppen wie Frauen, Jugendliche, ethnische Minderheiten, LGBTI, Behinderte usw. sehen sich somit nicht oder nicht hinreichend vertreten Im November und Dezember 2016 wurde von über 14.000 Wahlmännern und -frauen ein 275-köpfiges Parlament gewählt. Dieser Prozess ist ein bemerkenswerter demokratischer Fortschritt, da noch bei der letzten "Wahl" die Mitglieder des Parlaments unmittelbar durch einzelne Clanälteste bestimmt worden waren. Die Präsidentschaftswahl fand am. 8. Februar 2017 statt, als Gewinner ging der frühere Premierminister Mohamed Abdullahi Mohamed "Farmajo" hervor, am 29. März wurde die neue Regierung unter Premierminister Hassan Ali Khayre bestätigt und vereidigt (AA 04.03.2019).
(AA, Auswärtiges Amt, Somalia, Innenpolitik, Stand 05.03.2019, abgefragt am 08.08.2019,
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/somalia-node/-/203162
UN Sicherheitsrat, Erklärung des Präsidenten des Sicherheitsrats zur Situation in Somalia, 10.02.2017, http://www.un.org/depts/german/sr/sr_17/sp17-03.pdf
DW, Deutsche Welle, Kommentar, Farmajo, der neue Präsident Somalias - Wie viele Löcher hat der Käse? 09.02.2017, http://www.dw.com/de/kommentar-farmajo-der-neue-pr%C3%A4sident-somalias-wie-viele-l%C3%B6cher-hat-der-k%C3%A4se/a-37496267
VOA, Voice of America, Somalis Optimistic about New President, 09.02.2017,
http://www.voanews.com/a/hopes-high-somalia-s-new-president-will-improve-security/3716301.html
AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2019, 04.03.2019
Europäische Kommission, Somalia 2016-2017; limited election process; EU election expert mission; final report; Framework Contract Beneficiaries, LOT 7 Specific Contract N° 2016/377703/1; 13 September 2016 - 16 February 2017, Februar 2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1408355/1226_1505130012_eu-eem-somalia-final-report.pdf
BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 24.09.2018,
https://www.ecoi.net/en/file/local/1445536/1226_1539002669_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-24-09-2018-deutsch.pdf
BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 01.04.2019,
https://www.ecoi.net/en/file/local/2006127/Deutschland___Bundesamt_f%C3%BCr_Migration_und_Fl%C3%BCchtlinge%2C_Briefing_Notes%2C_01.04.2019_%28deutsch%29.pdf
AA, Auswärtiges Amt, Somalia, Überblick, Stand 05.03.2019, abgefragt am 08.08.2019,
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/somalia-node/somalia/203130)
Parteiensystem
ad a) Somalia
Es gibt keine Parteien im westlichen Sinn. Die politischen Loyalitäten bestimmen sich in erster Linie durch die Clan-Zugehörigkeit oder religiöse Bindung an informelle Gruppierungen. Im September 2016 verabschiedete der Präsident ein Parteiengesetz, das die Grundlage für eine Parteienbildung werden soll. Trotz vorgesehener Mechanismen, die eine breite geografische Repräsentanz in den Parteien sicherstellen sollen, ist nicht ausgeschlossen, dass die Parteienbildung im Wesentlichen anhand von Clan-Zugehörigkeit stattfindet und somit zu einer weiteren Manifestierung des Clan-Systems führt (AA 04.03.2019).
Eine Besonderheit der Politik und Geschichte Somalias liegt in der Bedeutung der Clans. Clans sind auf gemeinsame Herkunft zurückgehende Großfamilienverbände mit einer bis zu siebenstelligen Zahl von Angehörigen. Die Kenntnis der Clanstrukturen und ihrer Bedeutung für die somalische Gesellschaft ist ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis der politischen und historischen Entwicklungen in Somalia. Die übergeordneten Clans in Somalia sind die Hawiye, Darod, Issaq, Dir und der Clanverbund der Digil-Mirifle bzw. Rahanweyn. Aufgrund des jahrzehntelangen Bürgerkriegs ist es nicht möglich, die genauen Zahlenverhältnisse der einzelnen Clans anzugeben. Hawiye, Darod, Issaq und Digil-Mirifle stellen wohl je 20 bis 25 Prozent der Gesamtbevölkerung, die Dir deutlich weniger. Über 95 Prozent aller Somalier fühlen sich einem Sub-Clan zugehörig, der genealogisch zu einem der Clans gehört. Auch diese Sub-Clans teilen sich wiederum in Untereinheiten auf. Die Zugehörigkeit zu einem Clan bzw. Sub-Clan ist ein wichtiges Identifikationsmerkmal und bestimmt, welche Position eine Person oder Gruppe im politischen Diskurs oder auch in bewaffneten Auseinandersetzungen einnimmt (AA Innenpolitik Stand 05.03.2019, abgefragt am 08.08.2019).
(AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2019, 04.03.2019
AA, Auswärtiges Amt, Somalia, Innenpolitik, Stand 05.03.2019, abgefragt am 08.08.2019,
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/somalia-node/-/203162)
Abgal/Abgaal
Die Hawiye leben hauptsächlich in Süd- und Zentralsomalia. Die wichtigsten Hawiye-Clans sind die Habr Gedir und die Abgaal (U.K. Jänner 2019).
Die Abgaal, die zu Hawiye gehören, bilden einen der dominantesten und stärksten Clans in der Bundesrepublik Somalia (ARC 25.01.2018).
Die Abgaal, die ebenfalls den Hawiye angehören, stellen einen der dominantesten und stärksten Clans dar. Bei den Hawiye stellen Habar Gedir und Abgaal die wichtigsten Untergruppen dar. Die Hawiye findet man in Süd- und Zentralsomalia, und insbesondere die Habar Gedir und Abgaal-Gruppen dominieren in Mogadischu. In den anderen Regionen sind die Hawiye weniger präsent, und generell begnügen sie sich mit der Kontrolle über Süd- und Zentralsomalia. "Mukulal Madow" bezeichnet die Knüpfung von Heiratsbeziehungen zwischen Rer Hamar-Haushalten (und anderen Benadiri-Gruppen) und den mächtigen "noblen" Clans (insbesondere den Hawiye-Gruppen Abgaal und Habr Gedir). Daher stehen Rer Hamar-Haushalte, die ihre Tochter bzw. Töchter an mächtige Clans verheiratet haben, bis zu einem gewissen Grad unter dem den Schutz dieser Clans (Accord 15.05.2009).
In einem im Rahmen des Projekts Conflict Early Warning and Response Mechanism (CEWARN) im September 2013 veröffentlichten Bericht der Intergovernmental Authority on Development (IGAD), einer regionalen Organisation von Staaten (Dschibuti, Eritrea, Äthiopien, Kenia, Somalia, Sudan und Uganda) mit Sitz in Dschibuti, wird erwähnt, dass Unterclans der Hawiye, darunter die Habar Gedir, Abgaal, Murusade und Hawadle aus Mogadischu und dem zentralen Landesteil als neue Siedler angesehen ("farac") würden. Seit dem Zusammenbruch des Staates würden diese Farac-Gemeinschaften die Region militärisch, wirtschaftlich und politisch dominieren (Accord 03.02.2016).
In einem im März 2014 veröffentlichten gemeinsamen Bericht zu einer Fact-Finding-Mission nach Nairobi (Kenia) und Mogadischu (Somalia) im November 2013 führen die dänische Einwanderungsbehörde (Danish Immigration Service, DIS) und das norwegische Herkunftsländerinformationszentrum Landinfo an, dass eine international Behörde hinsichtlich kürzlich erfolgter Konflikte in Jowhar zwischen den Abgaal und Shiidle angegeben habe, dass es bei diesen Konflikten grundsätzlich um die Kontrolle von Wirtschaftsgütern, wie landwirtschaftliche Nutzflächen, Wasserquellen und Hafenstädte, ging. Laut einem Bericht des Danish Refugee Council (DRC) vom November 2006 hat es früher in Jowhar für die nomadischen Clans der Shiidle, eine vom Ackerbau geprägte Gruppe, die an den Ufern des Flusses Shabelle in der Region Middle Shabelle lebt, eine schlechtere Sicherheitslage - besonders für Frauen und ackerbauenden Minderheiten, die unter willkürlichen Angriffen und der Dominanz der Gruppe der Abgaal gelitten haben sollen - gegeben (Accord 12.05.2016).
Die Shiidle, die in den Flussgebieten um Jowhar und Balad Landwirtschaft betreiben sind ein Jareer Can, der in der Region beheimatet ist. Ihre Rivalen um die Macht sind in erster Linie die Viehwirtschaft beitreibenden Abgaal, die traditionell Regieruns- und Sicherheitsposten, sowohl auf Bezirks- als auch auf regionaler Ebene besetzten. Wenn es um die Kontrolle humanitärer Einsätze im Jahr 2017 ging verschob sich die Position des humanitären Koordinators. Davor stand dieser unter der Verantwortung des Bezirks Kommissars - üblicherweise Shiidle -, danach mit Bekräftigung der dominierenden Interessen unter jener des Regionalgouverneurs - Abgaal. Fast alle humanitären Einrichtungen in der Region, ob auf lokaler oder internationaler Ebene, werden auf höherer personeller Ebene von Abgaal besetzt, es gibt allerdings einige Ausnahmen. Die Abgaal sind auch der dominierende Clan in der in Jowahr und Balad stationierten somalischen Nationalarmee (SNA), wo sie die Instrumente der Regierungsgewalt monopolisieren. Im April 2017 wurden über 5000 Jareer/ Shiidle/Bare aus drei Dörfern in der Nähe von Balad nach militärischen Angriffen der Abgaal, die von Teilen der SNA unterstützt wurden, vertrieben (UNSC 02.11.2017).
Die somalischen Nationalarmee (SNA) ist eine Freiwilligenarmee. Die Rekrutierung für die SNA erfolgte bisher nicht auf faire Art und Weise. In großen Teilen ist die Truppe eine Ansammlung ehemaliger Clan-Milizen, die ausgebildet und in SNA umbenannt worden sind. Ehemalige Kommandanten von Clan-Milizen fanden sich im Offiziersstab wieder, manche wurden Oberst oder gar General. 60 Prozent der Soldaten gehören zu den Hawiye/Abgaal und Hawiye/Habr Gedir, ein weiterer großer Anteil zu den Hawiye/Murusade (BFA August 2017).
In der Middle Shabelle Region führte eine Brigade des Hawiye/Abgaal Clan Krieg gegen einen Minderheitenclan, die Shiidle, um die Kontrolle über die wertvollen Flussgebiete zu erhalten. Al-Schabaab hatte es leicht diese Angriffe zu ihrem Vorteil zu auszunützen, indem sie in den Communities für den Kampf gegen die SNA Brigaden rekrutierten (ARC 25.01.2018).
Es gibt keine Übersicht bezüglich der Clanzusammensetzung in Mogadischu, aber Quellen sind sich einig, dass die Stadt von Hawiye-Clans dominiert wird, insbesondere von den beiden Hawiye-Clans Abgal und Haber Gedir. Den Quellen zufolge stellen diese Clans einen bedeutenden Teil der Bevölkerung und der Regierungstruppen in Mogadischu. Nach Einschätzung von Landinfo ist es daher in erster Linie an den Hawiye-Clans Abgal und Haber Gedir, als Abschreckung für potenzielle Aggressoren in Mogadischu zu erscheinen (U.K. Jänner 2019).
(BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Sicherheitslage in Somalia, Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, August 2017,
http://www.ecoi.net/file_upload/5209_1502195321_ffm-report-somalia-sicherheitslage-onlineversion-2017-08-ke.pdf
Accord, Bericht, Clans in Somalia, Bericht zum Vortrag von Dr. Joakim Gundel beim COI-Workshop in Wien am 15.05.2009, https://www.ecoi.net/file_upload/90_1261131016_accord-bericht-clans-in-somalia-ueberarbeitete-neuausgabe-20091215.pdf
Accord, Anfragebeantwortung zu Somalia, Informationen zu Konflikten zwischen Clans in der Stadt Merka (auch: Merca, Marka) in der Region Lower Shabelle, Zahl a-9478-2 (9479), 03.02.2016, https://www.ecoi.net/de/dokument/1393732.html
Accord, Anfragebeantwortung zu Somalia, Informationen zum Clan der Shiidle (Shidle), Zahl a-9645, 12.05.2016, https://www.ecoi.net/de/dokument/1038892.html
U.K. Home Office, Country Policy and Information Note Somalia, Majority clans and minority groups in south and central Somalia, Version 3.0 Jänner 2019,
https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/773526/Somalia_-_Clans_-_CPIN_V3.0e.pdf
UNSC, UN Security Council, Report of the Secretary-General on Somalia, S/2017/924, 02.11.2017, https://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2017/924
ARC, Asylum Research Consultancy, Situation in South and Central Somalia (including Mogadishu), 25.01.2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1423361/90_1517484171_2018-01-arc-country-report-on-south-and-central-somalia-incl-mogadishu.pdf)
"Zwangsehen" Eheschließungen/arrangierte Eheschließungen
Zwangsehen in Somalia sind auch unabhängig von al-Schabaab nicht unüblich, insbesondere sind arrangierte Ehen weit verbreitet. Wenn sich eine Frau gegen eine Ehe stellen will, bedeutet das in der Regel einen massiven Konflikt mit den Eltern und die Frau müsste den Eltern gute Gründe, die gegen die Ehe sprechen (beispielsweise, dass der ausgesuchte Ehemann ein schlechter Moslem ist), vorlegen und auch z.B. vorbringen, dass sie immer eine gute Tochter war. Somalische Frauen sind grundsätzlich keine "grauen Mäuschen", doch sind sie Männern, vor allem nahen männlichen Verwandten oder dem Ehemann, gegenüber in der Regel hörig. Offener Widerstand kann leicht mit physischer Gewalt (vor allem im Haus) beantwortet werden. Für den eigenen Schutz ist die Frau auf die eigenen Verwandten (in väterlicher Linie) angewiesen. Wenn sie diesen nicht genießt bzw. die Verwandtschaftsgruppe der Frau schwach ist, hat die Frau wenig Chancen, eigene Wünsche oder Rechte gegen Männer durchzusetzen, die sich ihrer bemächtigen wollen. Für den Fall, dass sich Mädchen wirklich gegen den Willen der Familie gegen eine Ehe wehren, fallen sie durch alle Netze und sind extrem vulnerabel, auch unabhängig von al-Schabaab.
Zur Frage wie weit al-Schabaab auf Zwangsehen angewiesen sind und wieso diese nicht innerhalb eigener Kreise heiraten, ist keine Trennung von al-Schabaab und Nicht-al-Schabaab nötig, da somalische Männer es de facto gewohnt sind, ihre Macht gegenüber Frauen auszuführen. Somalische Frauen werden tendenziell als "Beute" gesehen. Für al-Schabaab kann es vielleicht leichter sein, diese Macht effektiver auszuführen, aber die Unterdrückung der Frau ist eine generelle Attitüde in Somalia. Al-Schabaab könnte eine Ehe ohne Zustimmung des Vaters aus religiösen Gründen wahrscheinlich nicht legitimieren. Allerdings kann der potentielle Schwiegervater auch schlicht als "Ungläubiger" definiert werden. Dann könnte er leicht ein Opfer einer lokalen al-Schabaab Einheit werden und müsste fliehen, um sein Leben zu retten. Die begehrte Frau kann dann auch ohne seine Zustimmung geheiratet werden. Also: Eine Ehe scheint in der Praxis auch ohne Zustimmung des Vaters der Braut möglich (Höhne 26.01.2018)
ad a) Somalia
Erwachsene Frauen und viele minderjährige Mädchen werden zur Heirat gezwungen (AA 04.03.2019).
(Markus Virgil Höhne, promovierter Ethnologe und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Ethnologie Universität Leipzig, Autor vieler Publikationen zur Bundesrepublik Somalia und zum Horn von Afrika, Fragebeantwortung im Rahmen eines Vortrages bzw. Seminars für Richter des Bundesverwaltungsgerichts zur Bundesrepublik Somalia am 26.01.2018; markus.hoehne@uni-leipzig.de
AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2018, 04.03.2019)
Sicherheitslage
Der Alltag der Menschen vor allem im Süden und in der Mitte Somalias bleibt von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der Regierung und den sie unterstützenden internationalen Kräften (AMISOM) einerseits und der radikalislamistischen Terrorgruppe
al-Schabaab andererseits geprägt. Mit Waffengewalt ausgetragene Streitigkeiten zwischen rivalisieren Clans oder Sub-Clans kommen hinzu. In den Regionen Puntland und "Somaliland" ist die Lage insgesamt stabiler. In den zwischen Puntland und "Somaliland" umstrittenen Grenzregionen (Regionen Sool und Sanaag sowie im östlichen Teil der Region Togdheer) kam es in jüngerer Zeit wieder verstärkt zu bewaffneten Auseinandersetzungen, insbesondere um den umstrittenen Ort Tukaraq. Spannungen und gelegentliche bewaffnete Zusammenstöße gibt es auch in der Stadt Galkayo an der Südgrenze Puntlands mit Galmudug, die Lage hat sich aber seit der Durchführung gemeinsamer Polizeipatrouillen stark verbessert (AA Innenpolitik Stand 05.03.2019, abgefragt am 08.08.2019).
Wer sich in Somalia aufhält, muss sich der Gefährdung durch Terroranschläge, Kampfhandlungen, Piraterie sowie kriminell motivierte Gewaltakte bewusst sein. Im Fall einer Notlage (gesundheitlich, kriminalitäts- oder kriegsbedingt) fehlen weitgehend funktionierende staatliche Stellen, die Hilfe leisten könnten. Hinweisen zufolge laufen insbesondere ausländische Fachkräfte und Reisende Gefahr, Opfer von Attentaten, Überfällen, Entführungen und anderen terroristisch motivierten Gewaltverbrechen zu werden. Milizen und andere Sicherheitskräfte, die nicht der somalischen Bundesregierung unterstehen, folgen oft nicht vorhersehbaren Loyalitäten und können für ausländische Reisende in der Regel keine Sicherheit garantieren. Übernachtungen sollten landesweit nur in von der Sicherheitsabteilung der Vereinten Nationen freigegebenen Unterkünften erfolgen (BMEIA Stand 18.03.2019 abgefragt 08.08.2019).
Somalia hat den Zustand eines failed state überwunden, bleibt aber ein fragiler Staat. Gleichwohl gibt es keine flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind fragil und schwach. Die Autorität der Zentralregierung wird vom nach Unabhängigkeit strebenden "Somaliland" (Regionen Awdaal, Wooqoi Galbeed, Toghdeer, Sool, Sanaag) im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen al-Schabaab-Miliz in Frage gestellt (AA 04.03.2019).
In den Regionen Lower und Middle Juba, Lower und Middle Shabelle, Gedo, Bay, Bakool, Banaadir und Hiraan kommt es regelmäßig zur Explosion von improvisierten Sprengsätzen. Seit September 2018 wurden mindestens 54 durch Explosionen getötete Zivilisten verzeichnet. Opfer wurden auch bei Zusammenstößen zwischen Soldaten und der al-Schabaab rund um Mogadischu, in der Region Hiraan, in der Region Gedo und in anderen Regionen verzeichnet. Die Taktik der al-Schabaab scheint Recherchen zufolge in Richtung weniger Angriffe auf Regierungsstützpunkte und mehr Angriffe auf Regierungsbüros und Geschäfte, die sich weigern, der al-Schabaab gegenüber Steuern abzuführen, zu gehen. Zudem verwendet die al-Schabaab scheinbar Bombenangriffe als Hauptmethode, um die somalische Regierung und ihrer Verbündeten ins Visier zu nehmen (Accord Sicherheitslage 14.05.2019).
XXXX Die Sicherheitslage in Somalia blieb zwischen 23. August und 13. Dezember 2018 volatil. Die al-Schabaab war weiterhin die Hauptbedrohung der Sicherheit im Land. Es gab zudem einen Anstieg der berichteten Aktivitäten von Elementen, die der Gruppe Islamic State of Iraq and the Levant (ISIL) zugerechnet werden, in Mogadischu. In der umstrittenen Region Sool, gab es weiterhin Spannungen in der Stadt Turkaraq und angrenzenden Gebieten, mit sporadischen bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften Somalilands und Puntlands. Die höchste Anzahl der terroristischen Zwischenfälle des Jahres 2018 wurden im November berichtet, wobei die meisten Fälle in Mogadischu und in den Regionen Lower Shabelle und Hiraan berichtet wurden. Die al-Schabaab behielt trotz andauernder und intensivierter landesweiter Boden- und Luftangriffe weiterhin operative Stärke und Fähigkeiten. Pro-ISIL-Elemente verstärkten ihre Aktivitäten in und um Mogadischu, obwohl ihre Aktivitäten auf gezielte Tötungen beschränkt blieben. In Puntland waren al-Schabaab und Pro-ISIL-Elemente weiterhin aktiv (Accord Sicherheitslage 14.05.2019).
ad a) Somalia
In vielen Gebieten der Gliedstaaten Somalias und der Bundeshauptstadt Mogadischu herrscht Bürgerkrieg. In den von al-Schabaab befreiten Gebieten kommt es weiterhin zu Terroranschlägen durch diese islamistische Miliz. Am 14. Oktober 2017 kam es zu einem der verheerendsten Anschläge der Geschichte Somalias mit über 500 Todesopfern und zahlreichen Verletzten. Ein LKW brachte eine Sprengladung in einer belebten Kreuzung in Mogadischu zur Detonation. Die Al-Schabaab Miliz wird hinter dem Anschlag vermutet, hat sich jedoch nicht offiziell dazu bekannt Seitdem hat es wiederholt Anschläge im Stadtgebiet von Mogadischu mit bis zu 40 Todesopfern gegeben (AA 04.03.2019).
Laut Militär der USA sollen 62 Kämpfer der al-Schabaab bei sechs Luftangriffen getötet worden sein (BBC 17.12.2018).
Bei einer Operation US-gestützter somalischer Spezialeinheiten am 13.01.2019 in mehreren Ortschaften außerhalb der Stadt Janaale (Region Lower Shabelle) wurden 85 al-Schabaab-Kämpfer getötet, unter ihnen fünf ausländische Staatsangehörige, so ein somalischer Radiosender. Die ausländischen Kämpfer stammten aus Tansania, Ägypten, Mauretanien, Jemen und Syrien. Al-Schabaab tötete am 18.01.2019 nach eigenen Angaben 57 Soldaten bei einem Angriff auf einen äthiopischen Militärkonvoi nahe der Stadt Burhakaba (Region Bay). Die äthiopische Militärführung machte keine Angaben zur Anzahl der Opfer. Die US-Streitkräfte gaben bekannt, dass bei einem Luftangriff gegen al-Schabaab am 19.01.2019 nahe Jilib (Region Middle Juba) 52 Extremisten ums Leben gekommen seien. Die Operation soll nach Angriffen der al-Schabaab auf zwei Stützpunkte der somalischen Armee erfolgt sein, bei denen laut al-Schabaab mindestens 41 somalische Soldaten das Leben verloren (BAMF 21.01.2019).
Mutmaßliche al-Schabaab-Kämpfer ermordeten am 30.01.2019 einen Gemeindeältesten in Afgoye (Region Lower Shabelle). Das Opfer hatte an der Auswahl der Delegierten für die Parlamentswahl 2016/2017 teilgenommen. Mutmaßliche al-Schabaab-Kämpfer feuerten am 28.01.2019 Granaten auf einen Kontrollpunkt der Sicherheitskräfte in Jowhar (Regon Middle Shabelle). Die Anzahl der Opfer ist nicht bekannt. AFRICOM tötete bei einem Luftangriff am 30.01.2019 in der Nähe der Ortschaft Shebeeley bei Beled Weyne (Region Hiraan) 24 Extremisten (BAMF 04.02.2019).
Ein al-Schabaab-Extremist ermordete in Boosaaso am 04.02.2019 einen italienischen Staatsangehörigen, der für die emiratische Gesellschaft DP World in der Verwaltung des Hafens von Boosaaso arbeitete. DP World hatte im Jahr 2017 einen Vertrag über 30 Jahre für die Verwaltung und Entwicklung des Hafens von Boosaaso erhalten. Dagegen hatten damals zahlreiche Einwohner der Stadt protestiert. Al-Schabaab-Angehörige ermordeten nahe der Ortschaft Dhanaane (Region Lower Shabelle) am 05.02.2019 zwei hochrangige Offiziere der somalischen Armee mit einer Sprengfalle. Am 04.02.2019 sollen bei einer Operation der somalischen Armee nahe dem Dorf Farsooley (Region Lower Shabelle) 40 al-Schabaab-Kämpfer getötet worden sein. Sechs Soldaten starben am 06.02.2019 bei einem Angriff der al-Schabaab auf einen Stützpunkt von somalischem Militär und Sicherheitskräften Jubalands in der Region Lower Juba. Bei einer US-gestützen Boden- und Luftoffensive des somalischen Militärs gegen al-Schabaab nahe Barire (Region Lower Shabelle) sollen am 07.02.2019 zehn Extremisten getötet worden sein. United States Africa Command (AFRICOM) unternahm mehrere Luftangriffe. Für einen Angriff am 05.02.2019 nahe Leego (Region Bay) wurden keine Opferzahlen bekanntgegeben. Bei Angriffen am 06.02.2019 nahe Gendershe (Region Lower Shabelle) und 07.02.2019 nahe Barire (Region Lower Shabelle) wurden elf bzw. vier Extremisten getötet. Ein weiterer Luftangriff am 08.02.2019 nahe Kismayo (Region Lower Juba) tötete acht al-Schabaab-Kämpfer (BAMF 11.02.2019).
Bei zwei Luftangriffen des United States Africa Command (AFRICOM) nahe der Stadt Janaale (Region Lower Shabelle) am 11.02.2019 wurden nach Angaben von U.S.-Angaben elf bzw. vier Extremisten getötet. Zivilisten sollen entgegen anderslautender Behauptungen der al-Schabaab nicht zu Schaden gekommen sein. Einheiten des somalischen Militärs und Sicherheitskräfte des Bundesstaates Jubaland griffen am 12.02.2019 Stützpunkte der al-Schabaab nahe der Stadt Jamame (Region Lower Juba) an. Flugzeuge unbekannter Herkunft unternahmen am 14.02.2019 nahe der Stadt El Adde (Region Gedo) einen Luftangriff, bei dem mindestens 13 al-Schabaab-Angehörige ums Leben gekommen sein sollen. Bei einem Angriff der al-Schabaab auf die Baledogle Airbase nahe Wanlaweyne (Region Lower Shabelle) kamen nach Angaben der Extremisten drei U.S.-Soldaten ums Leben. AFRICOM bestritt dies. Puntländische Sicherheitskräfte nahmen im Rahmen einer Operation gegen den IS nordöstlich der Stadt Boosaaso am 11.02.2019 mehrere Personen fest, die sich dem IS anschließen wollten (BAMF 18.02.2019).
Eine Explosion von zwei Sprengfallen der al-Shabaab am 20.02.2019 zerstörte in Bardheere (Region Gedo) den gepanzerten Mannschaftswagen einer äthiopischen AMISOM-Patrouille. Die Anzahl der Opfer ist unbekannt. Al-Schabaab behauptete, am 21.02.2019 am Stadtrand von Afgoye (Region Lower Shabelle) somalische und amerikanische Soldaten eines Konvois mit einer Autobombe getötet zu haben. Der Angriff wurde nicht bestätigt. Am 21.02.2019 griffen al-Schabaab-Kämpfer nahe Balad (Region Middle Shabelle) einen Stützpunkt der somalischen Armee an. Es kam zu Verlusten auf beiden Seiten. Die Extremisten behaupteten, große Teile der Stadt erobert zu haben. Nach Berichten örtlicher Medien soll dies nicht zutreffen. Am 21.02.2019 kehrten 200 burundische AMISOM-Soldaten in ihre Heimat zurück. Forderungen der Afrikanischen Union (AU), Burundi solle 1.000 Soldaten seines etwa 5.400 Mann starken Kontingents bis Ende Februar aus Somalia abziehen, will die burundische Regierung nicht nachkommen. Sie droht mit einem Abzug all ihrer Soldaten, falls die AU auf der Forderung bestehe. Burundi stellt ca. ein Viertel der AMISOM-Soldaten und damit nach Uganda das zweitgrößte Kontingent. Im bisherigen Verlauf des Einsatzes verloren 800 bis 1.000 burundische Soldaten ihr Leben. Präsident Pierre Nkurunziza und Somalias Präsident Mohamed Abdullahi Farmajo forderten nach einem Treffen eine Dringlichkeitssitzung der AU zur Frage des Truppenabzugs. Die Beteiligung an AMISOM bedeutet eine Einkommensquelle in harter Währung für Burundi. Die AU bezahlt für das Kontingent rund 18 Mio. USD pro Quartal (BAMF 25.02.2019).
Am 25.02.2019 wurden neun Straßenreiniger am Stadtrand von Afgoye (Region Lower Shabelle) erschossen. Dieser Vorfall wird der al-Schabaab ebenso zugerechnet wie die Ermordung von zwei Zivilisten am 27.02.2019 in einem Internetcafé im Bezirk Bondhere von Mogadischu. Das Afrikakommano der USA (U.S. AFRICOM) unternahm am 23.02.2019 Luftangriffe auf Stützpunkte der al-Schabaab in der Ortschaft Qunyow Barrow (Region Middle Juba) nahe der Stadt Awdheegle (Region Lower Shabelle) sowie in der Stadt Janaale (Region Lower Shabelle). Zwei Extremisten sollen bei diesen Angriffen ums Leben gekommen sein. Bei weiteren Luftschlägen von AFRICOM auf Stellungen und Ausbildungslager der al-Schabaab wurden am 24.02.2019 nahe Beledweyne (Region Hiraan) 35 Extremisten, am 25.02.2019 nahe der Ortschaft Shebeeley (Region Hiraan) 20 sowie am 28.02.2019 ebenfalls in der Region Hiraan 26 Extremisten getötet. Al-Schabaab-Kämpfer überfielen am 27.02.2019 einen Stützpunkt der AMISOM nahe der Stadt Qoryoley (Region Lower Shabelle). Bei dem sich anschließenden Gefecht wurden mindestens drei somalische Soldaten verletzt (BAMF 04.03.2019).
Al-Schabaab behauptet, mehrere Gebiete in der Nähe der Stadt Bal'ad in der Region Middle Shabelle, nördlich von Mogadischu, erobert zu haben, nachdem sich die Somalische Nationalarmee (SNA) aus den Gebieten zurückgezogen hatte. Berichten zufolge haben die SNA-Kräfte ihre Positionen aus Streit um Lohnzahlungen aufgegeben (BAMF 01.04.2019).
Al-Schabaab-Kämpfer griffen am 31.03.2019 in der Stadt Qoryoley in der Region Lower Shabelle die somalischen Streitkräfte (SNA) und AMISOM an. Der Angriff konnte nach schweren Auseinandersetzungen abgewehrt werden. In letzter Zeit wurde zusätzlich von Kämpfen zwischen al-Schabaab und SNA/AMISOM in den Regionen Gedo und Lower and Middle Juba berichtet. Am 04.04.2019 explodierte eine Autobombe in der Nähe einer Polizeiakademie in Mogadischu. Mehrere Personen wurden getötet und verletzt. Berichten zufolge schossen somalische Regierungskräfte am 04.04.2019 auf einen Bus mit Zivilisten in Ugunji in der Region Lower Shabelle. Eine Person wurde dabei getötet und sechs weitere Personen verletzt. Das United States Africa Command (US AFRICOM) erklärte am 05.04.2019, dass bei einem AFRICOM-Luftangriff am 01.04.2018 in Elbur, Region Galgudud, zwei somalische Zivilisten sowie vier al-Schabaab Kämpfer unbeabsichtigt getötet worden seien. Die Aussage erfolgte, nachdem Amnesty International im März 2019 behauptete, dass allein fünf der mehr als hundert US-Luftangriffe in Somalia seit 2017 mindestens 14 Zivilisten getötet hätten. Der Luftangriff in Elbur war nicht in dem Bericht Amnesty erwähnt (BAMF 08.04.2019).
Am 08.04.2019 wurden drei Zivilisten bei einer Explosion getötet. Bei einem Attentatsversuch auf einen somalischen Polizisten am 10.04.2019 in Mogadischu wurde ein Zivilist verletzt. Ebenso wurden bei einem Attentatsversuch der al-Schabaab auf einen weiteren Polizisten am 11.04.2019 in Bosaso, Puntland, sechs Personen verletzt. Mindestens weitere sechs Menschen wurden am 11.04.2019 getötet, als bewaffnete Schützen das Feuer auf einen Bus eröffneten, der Zivilisten in der Nähe des Elash-Gebietes (15 km westlich von Mogadischu) transportierte. Das US Africa Command (US AFRICOM) führte am 09.04.2019 einen Luftangriff auf al-Schabaab bei Jilib in der unteren Jubba-Region durch, bei dem ein Kämpfer der al-Schabaab getötet worden sein soll. Der stellvertretende Führer des Islamischen Staates wurde Berichten zufolge am 14.04.2019 bei einem Luftangriff in der Region Bari getötet. AFRICOM stoppte nach einem Bericht von Amnesty International, in dem 14 zivile Todesfälle zwischen 2017 und 2018 auf AFRICOM-Luftangriffe zurückgeführt wurden, vorübergehend Luftangriffe in Somalia. Al-Schabaab soll am 06.04.2019 das Dorf Dag Adey in der Region Lower Jubba von den nationalen Sicherheitskräften erobert haben. Am 09.04.2019 kam es zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Clans. Grund war ein Streit über einen Kontrollpunkt im Bezirk Wanlaweyn in der Region Lower Shabelle. Mindestens sieben Menschen wurden getötet (BAMF 15.04.2019).
Bei Demonstrationen am 13.04.2019 und 14.04.2019 in Mogadischu sollen Sicherheitskräfte vier Teilnehmer getötet haben. Anlass der Kundgebung war der Tod eines Riksch