Entscheidungsdatum
14.08.2019Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W240 2222217-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Feichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.08.2019, Zl. 1232445303-190557279, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als
unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, eine Staatsangehörige von Indien, stellte am 02.06.2019 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.
Betreffend den Beschwerdeführer liegt kein EURODAC-Treffer vor.
Nach Einsicht in die Visa-Datenbank konnte festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Besitz eines Visums für Lettland, gültig ab 28.11.2018 bis 20.12.2018, ins Gebiet der Mitgliedstaaten gelangt waren.
Am 03.06.2019 fand eine Erstbefragung des Beschwerdeführers durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt, in welcher der Beschwerdeführer insbesondere angab, in Österreich oder einem anderen EU-Staat würden keine Familienangehörigen mit einem Aufenthaltsstatus leben. Er habe sein Heimatland verlassen und sei am 28.11.2018 mit dem Flugzeug nach Lettland gelangt. In Lettland sei er drei bis vier Tage gewesen, danach vier Tage in Italien, ab Dezember 2018 bis Mai 2019 sei er in Spanien gewesen, danach nochmal sieben Tage in Italien, bevor er am 27.05.2019 nach Österreich gelangt sei. Seinen Reisepass habe er in Spanien verloren. Er habe ein Visum für Lettland, gültig für November bis Dezember 2018 besessen.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) richtete am 12.06.2019 ein Aufnahmeersuchen gemäß Art. 12 Abs. 4 der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 (in der Folge Dublin III-VO) an Lettland.
Lettland stimmte mit Schreiben vom 10.07.2019 ausdrücklich zu, den Beschwerdeführer auf Grundlage des Art. 12 Abs. 4 der Dublin III-VO zu übernehmen.
Am 01.08.2019 fand eine Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA statt. Im Wesentlichen gab er an, es gehe ihm gut, er nehme keine Medikamente und habe keine Ärzte konsultiert.
Befragt, weshalb der Beschwerdeführer am 11.06.2019 die Betreuungsstelle in Österreich verlassen habe und somit abwesend gewesen sei sowie der Behörde dies nicht mitgeteilt habe und daher von der Grundversorgung abgemeldet worden sei, gab der Beschwerdeführer an, er sei Veganer und habe die Betreuungsstelle verlassen, weil das Essen nicht in Ordnung gewesen sei. Im Tempel sei ihm gesagt worden, dass man automatisch sehe, wenn er woanders gemeldet sei.
Dem Beschwerdeführer wurde eine Meldeverpflichtung gem. § 15 a AsylG ausgefolgt.
Er verfüge über keine identitätsbezeugenden Dokumente. Er sei verheiratet und habe einen Sohn. In der EU bzw. in Österreich, in Norwegen, der Schweiz, in Liechtenstein oder Island seien keine Familienangehörige von ihm aufhältig. Er lebe mit keiner Person in einer Familiengemeinschaft.
Auf Vorhalt bestätigte der Beschwerdeführer, dass er mit einem lettischen Visum, gültig ab 28.11.2018 bis 20.12.2018 nach Österreich gelangt sei. Er sei am 27.05.2019 nach Österreich gekommen. In Lettland, wo er drei Tag ab 27.11.2018 gewesen sei, seien ihm keine Fingerabdrücke abgenommen worden. Er habe dort keinen Asylantrag gestellt. Den Reisepass habe er in Spanien verloren, er habe aber keine Verlustanzeige erstattet.
Er fühle sich in Österreich sicher, er habe deshalb einen Asylantrag gestellt.
Befragt zu Lettland führte der Beschwerdeführer aus, dass es dort keine indischen Geschäfte gebe, es gebe dort auch wenig Essen und keinen Schlafplatz. In bzw. zu Österreich habe er keine Verbindungen.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass gemäß Artikel 12 Abs. 4 Dublin III-VO Lettland für die Prüfung des Antrages zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge ihre Abschiebung nach Lettland gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Die Feststellungen zur Lage in Lettland wurden im Wesentlichen Folgendermaßen zusammengefasst (gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):
Allgemeines zum Asylverfahren
Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (PMLP o.D.a, vgl. PMLP o.D.b, LCHR/UNHCR o.D., OHCHR 30.1.2018, USDOS 3.3.2017 für weitere Informationen siehe dieselben Quellen).
Quellen:
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PMLP - Pillsonibas un migracijas lietu parvalde (o.D.a): Asylum granting procedure,
http://www.pmlp.gov.lv/en/home/services/asylum-seeking/the-procedure-of-granting-asylum.html, Zugriff 16.3.2018
-
PMLP - Pillsonibas un migracijas lietu parvalde (o.D.b): Guideline for asylum seekers in Latvia,
http://www.pmlp.gov.lv/lv/assets/documents/BRO%C5%A0%C5%AARAS/ENG%20Patveruma%20mekletaji%20makets%20WEB.pdf, Zugriff 16.3.2018
-
LCHR/UNHCR - Latvian Centre for Human Rights (o.D.): Seeking asylum in Latvia,
http://www.rs.gov.lv/doc_upl/SeekingAsylum-inLatvia.pdf, Zugriff 16.3.2018
-
OHCHR - UN Office of the High Commissioner for Human Rights (30.1.2018): Common core document forming part of the reports of States parties; Latvia,
https://www.ecoi.net/en/file/local/1425626/1930_1519822345_g1802053.pdf, Zugriff 16.3.2018
-
USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Latvia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1395434.html, Zugriff 16.3.2018
Dublin-Rückkehrer
Als EU-Mitgliedsstaat hält das Land die Dublin-III-VO ein (USDOS 3.3.2017).
Asylwerber, deren Verfahren aufgrund der Dublin-Verordnung in Lettland geführt werden muss, erhalten ein reguläres Asylverfahren (LCFHR/UNHCR o.D.). Wenn das Asylverfahren eines Rückkehrers noch nicht eingestellt ist, kann es wiedereröffnet oder fortgesetzt werden. Wenn das Verfahren hingegen eingestellt wurde, ist eine neuerliche Asylantragsstellung erforderlich (EASO 24.10.2017).
Quellen:
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EASO - European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query.
Subject: Access to Procedures and Reception Conditions for persons transferred back from another Member State of the Dublin regulation, per E-Mail
-
LCHR/UNHCR - Latvian Centre for Human Rights (o.D.): Seeking asylum in Latvia,
http://www.rs.gov.lv/doc_upl/SeekingAsylum-inLatvia.pdf, Zugriff 16.3.2018
-
USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Latvia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1395434.html, Zugriff 16.3.2018
Non-Refoulement
Ein Abschiebeauftrag oder eine Entscheidung zur zwangsweisen Außerlandesbringung eines negativ beschiedenen Asylwerbers kann aus humanitären Gründen aufgehoben oder verschoben werden (LCFHR/UNHCR o. D.).
Es gibt keine glaubhaften Beschwerden, dass die lettischen Behörden Asylwerber in Länder mit schlecht entwickelten Asylsystemen zurückschicken würden (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
-
LCHR/UNHCR - Latvian Centre for Human Rights (o.D.): Seeking asylum in Latvia,
http://www.rs.gov.lv/doc_upl/SeekingAsylum-inLatvia.pdf, Zugriff 16.3.2018
-
USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Latvia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1395434.html, Zugriff 16.3.2018
Versorgung
Unterbringung
Nach Asylantragstellung werden Asylwerber in der Regel im Aufnahmezentrum Mucenieki in der Nähe von Riga untergebracht, welches über ca. 400 Plätze verfügt. Dort erhalten sie alle grundlegenden Unterstützungsleistungen (LCFHR/UNHCR o.D; vgl. PMLP o. D.c). Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in Mucenieki betrug im Jahr 2016 92 Tage (EMN 4.8.2017). Das Unterbringungszentrum wurde im Jahr 2017 um ein Gebäude erweitert, welches mit Aufenthaltsräumen, Gemeinschaftsküchen und Seminarräumen ausgestattet ist. Daneben wurde ein multifunktionales Zentrum für Asylwerber und Dorfbewohner in Mucenieki eröffnet (PMLP o.D.c).
Jeder bedürftige Asylwerber erhält ein Taggeld von EUR 3 pro Tag (PMLP o.D.c). Asylwerber haben nach sechs Monaten Zugang zum Arbeitsmarkt, wenn ihr Verfahren ohne eigenes Verschulden bis dahin nicht erledigt ist (EMN/OCMA 4.2017).
Zusätzlich gibt es eine geschlossene Einrichtung der Grenzpolizei für inhaftierte Fremde bzw. abzuschiebende Personen in Daugavpils. Dieses Zentrum wurde im Mai 2011 errichtet und ersetzte das alte Zentrum Olaine. Es hat eine Kapazität von 70 Plätzen. Es gibt seitens der Insassen keine Vorbringen über schlechte Behandlung. Die materiellen Bedingungen werden als ausgezeichnet beschrieben. Auch die medizinische Behandlung vor Ort wird als adäquat angesehen (CoE 27.8.2013).
Bei der Unterbringung von Asylwerbern wird auf deren psychosoziale, medizinische und sonstige Bedürfnisse Rücksicht genommen (LCFHR/UNHCR o.D).
Es gibt eine Reihe von Unterstützungsdiensten aus dem NGO-Bereich, etwa Safe House (Patverums Droša maja) zur Unterstützung von Opfern von Menschenhandel, Immigranten, Asylwerbern und Schutzberechtigten; Ressource Center for Women "Marta" zur Unterstützung von Frauen mit psychologischer, sozialer und Rechtsberatung; Latvian Human Aid Centre; Lettisches Rotes Kreuz, Caritas und Johanniterbund zur Unterstützung mit Beratung, Information, Kleidung und Unterkunft. Weiters bietet der Baltische Regionalfond diverse Workshops an und IOM bietet Unterstützung bei der freiwilligen Rückkehr (LCFHR/UNHCR
o. D; vgl. PDM o.D.a, EMN/OMCA 4.2017).
Quellen:
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CoE - Council of Europe (27.8.2013): Report to the Latvian Government on the visit to Latvia carried out by the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) from 5 to 15 September 2011
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EMN - European Migration Network (4.8.2017): EMN Ad-Hoc Query on Average cost and average length of reception for asylum seekers, http://www.emn.fi/files/1671/2017.1229_-_average_cost_and_average_length_of_reception_for_asylum_seekers.pdf, Zugriff 16.3.2018
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EMN/OCMA - European Migration Network/Office of Citizenship and Migration Affairs Republic of Latvia (4.2017): Policy report on mingration and asylum in Latvia - 2016, http://www.emn.lv/wp-content/uploads/APR_2016_part2_LATVIA_EN.pdf, Zugriff 16.3.2018
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PDM - Patverums Droša maja (o.D.a): Support, http://www.beglis.lv/en/support-1, Zugriff 16.3.2018
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PMLP - Pillsonibas un migracijas lietu parvalde (o.D.c): Asylum seeker centre,
http://www.pmlp.gov.lv/en/home/services/asylum-seeking/asylum-seeker-centre.html, Zugriff 16.3.2018
Medizinische Versorgung
Asylwerber haben Anspruch auf medizinische Nothilfe, medizinische Grundversorgung, ambulante und stationäre psychiatrische Hilfe bei schweren psychischen Störungen. Die Kosten für die medizinische Grundversorgung werden vom Staat übernommen. Im Falle einer stationären Behandlung fallen jedoch Kosten an. Um die notwendige medizinische Versorgung in Anspruch nehmen zu können, müssen sich Asylwerber zuerst an den zuständigen Mitarbeiter des Unterbringungszentrums wenden (LRKM/PDM 2017; vgl. EMN/OMCA 4.2017).
Unabhängig vom Aufenthaltsstatus haben in Lettland alle Personen Zugang zur kostenlosen telefonischen ärztlichen Beratung auf Lettisch, Englisch und Russisch. Dieser Service wird vom Nationalen Gesundheitsdienst zur Verfügung gestellt. Die Anrufe werden an Werktagen zwischen 17 Uhr bis 8 Uhr, am Wochenenden und Feiertagen Rund um die Uhr entgegengenommen (LRKM/PDM 2017).
Quellen:
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EMN/OCMA - European Migration Network/Office of Citizenship and Migration Affairs Republic of Latvia (4.2017): Policy report on mingration and asylum in Latvia - 2016, http://www.emn.lv/wp-content/uploads/APR_2016_part2_LATVIA_EN.pdf, Zugriff 16.3.2018
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LRKM/PDM - Latvijas Republikas Kulturas ministrija/Patverums Droša maja (2017): Latvia - Reference material for asylum seekers, http://www.integration.lv/uploads/files/drosamaja-buklets-en-a4.pdf, Zugriff 16.3.2018
Zusammengefasst wurde festgehalten, dass das BFA ein Aufnahmeersuchen gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO an Lettland gerichtet habe und Lettland habe mit Schreiben vom 10.07.2019 ausdrücklich zugestimmt, der Beschwerdeführer auf Grundlage des Art. 12 Abs. 4 der Dublin III-VO zu übernehmen. Der Beschwerdeführer habe weder in Österreich, noch in der EU oder in der Schweiz, Liechtenstein, Norwegen oder Island nahe Angehörige oder Personen, von denen er abhängig sei. Es könne daher nicht festgestellt werden, dass die Überstellung des Beschwerdeführers nach Lettland eine Verletzung des. Art. 8 EMRK bedeuten würde.
Mangels familiärer Anknüpfungspunkte in Österreich und aufgrund des erst kurzen Aufenthalts im Bundesgebiet sei davon auszugehen, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer Verletzung der Dublin III-VO sowie von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK führe und die Zurückweisungsentscheidung daher unter diesen Aspekten zulässig sei. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe zu. Es habe sich diesbezüglich kein zwingender Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 Abs. 1 der Dublin III-VO ergeben.
3. In der gegen vorzitierte Entscheidung erhobenen Beschwerde wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seine Heimat aus asylrelevanten Gründen verlassen habe. Das BFA sei auf die Mängel im lettischen Asylverfahren und auf die konkreten vom Beschwerdeführer vorgebrachten Befürchtungen im Falle einer Abschiebung nach Lettland nicht eingegangen. Aufgrund der furchtbaren Erlebnisse des Beschwerdeführers in der Heimat vor der Flucht sei dem Beschwerdeführer nicht zumutbar neuerlich einen zwangsweisen Ortwechsel vorzunehmen. Durch das Vorbringen seien unter Berücksichtigung der Berichtslage jedenfalls besondere Gründe glaubhaft gemacht worden, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Lettland sprechen würden. Es sei im gegenständlichen Fall vom BFA festzustellen gewesen, dass der Beschwerdeführer nach den traumatischen Erlebnissen in seiner Heimat und den Strapazen der langen Flucht nunmehr in Österreich Ruhe gefunden habe. Er habe bereits große Anstrengungen hinsichtlich der Integration unternommen. Er habe bereits in Österreich Fuß gefasst und im Bundesgebiet einen Freundschaftskreis aufgebaut. Die Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers sei auch nicht gering. Es bestehe eine tatsächliche Gefahr der Verletzung von Grundrechten in Lettland aufgrund der vulnerablen Konstitution des Beschwerdeführers. Bei Nichtgewährung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde würde der effektive Rechtsschutz nicht gegeben. Es wurde ua. die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer, eine Staatsangehörige von Indien, stellte am 02.06.2019 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer war im Besitz eines Visums für Lettland, gültig ab 28.11.2018 bis 20.12.2018, ins Gebiet der Mitgliedstaaten gelangt.
Das BFA richtete am 12.06.2019 ein Aufnahmeersuchen gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO an Lettland.
Lettland stimmte mit Schreiben vom 10.07.2019 ausdrücklich zu, den Beschwerdeführer auf Grundlage des Art. 12 Abs. 4 der Dublin III-VO zu übernehmen.
Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer im Anschluss an seinen Aufenthalt in Lettland, von wo aus er über diverse europäische Länder nach Österreich gelangt ist, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten wieder verlassen hat.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Lettland an.
Konkrete, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung in nach Lettland Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer an akut lebensbedrohenden Krankheiten leidet, die eine Überstellung nach Lettland unzulässig machen würden. In Lettland ist zudem ausreichende medizinische Versorgung für Asylwerber gewährleistet und auch in der Praxis zugänglich.
Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine familiären Anknüpfungspunkte. Eine Abhängigkeit zu Personen, die in Österreich aufenthaltsberechtigt sind, konnte ebenso nicht festgestellt werden.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der Einreise des Beschwerdeführers nach Lettland mittels ab 28.11.2018 bis 20.12.2018 gültigem lettischen Visums ergeben sich aus dem - im Verwaltungsakt dokumentierten - Auszug aus dem VIS-System des Bundesministeriums für Inneres .
Der Beschwerdeführer hatte nicht behauptet und ergeben sich dazu keinerlei Anhaltspunkte, dass er nach seinem Aufenthalt in Lettland das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten wieder verlassen hat, sondern ist er laut eigenen Angaben von Lettland aus über diverse europäische Länder nach Österreich gelangt, wo er den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Die Feststellung bezüglich der Zustimmung zur Aufnahme des Beschwerdeführers seitens Lettlands leitet sich aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren - der diesbezügliche Schriftwechsel liegt den Verwaltungsakten ein - zwischen der österreichischen und der lettischen Dublin-Behörde ab.
Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den aktuellen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Lettland auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin-VO) samt dem jeweiligen Rechtschutz im Rechtsmittelweg getroffen.
Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das Asylwesen in Lettland grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die Sicherheitslage von Asylsuchenden in Lettland, den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, hat der Beschwerdeführer nicht dargetan. Betreffend die vom Beschwerdeführer ausgeführten Behauptungen, wonach es in Lettland keine indischen Geschäfte gebe und wenig Essen sowie keinen Schlafplatz, ist auszuführen, dass vor dem Hintergrund der Länderberichte kein Anhaltspunkt besteht, dass die Versorgung des Beschwerdeführers in Lettland nicht gewährleistet ist. Die Ausführungen in der Beschwerde, wonach eine tatsächliche Gefahr der Verletzung von Grundrechten in Lettland aufgrund der vulnerablen Konstitution des Beschwerdeführers bestehe, kann vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer ein junger, gesunder Mann ist, der auch auf Nachfrage nie gesundheitliche Beschwerde vorgebracht hat bzw. diesbezüglich Unterlagen vorgelegt hat, in keiner Weise nachvollzogen werden. Eine den Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Lettland wurde in Summe nicht ausreichend substantiiert vorgebracht.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand ergeben sich aus der vorliegenden Aktenlage. Diesbezüglich wurde kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.
Die festgestellten persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers ergeben sich aus den eigenen Angaben und der damit im Einklang stehenden Aktenlage.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:
§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
3. ...
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:
§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine
Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:
§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine
Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
2. ...
(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.
Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) lauten:
Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz
(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.
Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.
Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.
Art. 7 Rangfolge der Kriterien
(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.
(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.
Art. 13 Einreise und/oder Aufenthalt
(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.
(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
Artikel 12 Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa
(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaats im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft erteilt wurde. In diesem Fall ist der vertretene Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
(3) Besitzt der Antragsteller mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz in folgender Reihenfolge zuständig:
a) der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der den zuletzt ablaufenden Aufenthaltstitel erteilt hat;
b) der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um gleichartige Visa handelt;
c) bei nicht gleichartigen Visa der Mitgliedstaat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat.
(4) Besitzt der Antragsteller nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat.
Besitzt der Antragsteller einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die mehr als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit mehr als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, und hat er die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.
(5) Der Umstand, dass der Aufenthaltstitel oder das Visum aufgrund einer falschen oder missbräuchlich verwendeten Identität oder nach Vorlage von gefälschten, falschen oder ungültigen Dokumenten erteilt wurde, hindert nicht daran, dem Mitgliedstaat, der den Titel oder das Visum erteilt hat, die Zuständigkeit zuzuweisen. Der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel oder das Visum ausgestellt hat, ist nicht zuständig, wenn nachgewiesen werden kann, dass nach Ausstellung des Titels oder des Visums eine betrügerische Handlung vorgenommen wurde.
Art. 16 Abhängige Personen
(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.
(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.
(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.
(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
Art. 17 Ermessensklauseln
(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.
Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.
Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.
(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.
Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.
Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.
Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.
Art 29 Modalitäten und Fristen
(1) ..............
(2) Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedsstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedsstaat über. Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist.
Zur Frage der Unzuständigkeit Österreichs für die Durchführung des gegenständlichen Verfahrens pflichtet das Bundesverwaltungsgericht der Verwaltungsbehörde bei, dass sich aus dem festgestellten Sachverhalt die Zuständigkeit Italiens ergibt. Es war hierbei zudem eine Auseinandersetzung mit der Frage erforderlich, auf welcher Bestimmung die Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedstaates beruht (VfGH 27.06.2012, U 462/12); dies freilich, sofern maßgeblich, unter Berücksichtigung der Urteile des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 10.12.2013 in der Rechtssache C-394/12; Shamso Abdullahi/Österreich und vom 07.06.2016 in der Rechtssache C-63/15; Mehrdad Ghezelbash/Niederlande.
Der EuGH sprach in seinem Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi/Österreich Rz 60, aus, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO festgelegten Kriteriums zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausgesetzt zu werden.
Zudem hat der EuGH in seinem Urteil vom 07.06.2016, C-63/15, Gezelbash (Große Kammer), festgestellt, dass Art. 27 Abs. 1 Dublin III-VO im Licht des 19. Erwägungsgrundes dieser Verordnung dahin auszulegen ist, dass ein Asylbewerber im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung die fehlerhafte Anwendung eines in Kapitel III dieser Verordnung festgelegten Zuständigkeitskriteriums geltend machen kann.
Damit im Einklang steht das Urteil des EuGH ebenfalls vom 07.06.2016, C-155/15, Karim (Große Kammer), wonach ein Asylbewerber im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung einen Verstoß gegen die Regelung des Art. 19 Abs. 2 Unterabsatz 2 der Dublin III-VO geltend machen kann.
In materieller Hinsicht ist die Zuständigkeit Lettlands zur Prüfung des in Rede stehenden Asylantrages in Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO begründet, da der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt seiner Antragstellung in Österreich im Besitz eines lettischen Visums war, das mehr als sechs Monate abgelaufen war. Lettland hat sich mit Schreiben vom 10.07.2019 explizit nach Art 12 Abs 4 leg cit zur Übernahme des Beschwerdeführers bereit erklärt. Anhaltspunkte dafür, dass die Zuständigkeit Lettlands in der Zwischenzeit untergegangen sein könnte, bestehen nicht.
Auch aus Art. 16 (abhängige Personen) und Art. 17 Abs. 2 Dublin-III-VO (humanitäre Klausel) ergibt sich mangels familiärer und verwandtschaftlicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet keine Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung des Antrages des Beschwerdeführers.
Nach der Rechtsprechung des VfGH (zB 17.06.2005, B 336/05;
15.10.2004, G 237/03) und des VwGH (zB 23.01.2007, 2006/01/0949;
25.04.2006, 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher zu prüfen, ob von diesem im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre.
Mögliche Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK:
Gemäß Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigenden notorischen Umstände grober
Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogener Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 26.11.1999, 96/21/0499; 09.05.2003, 98/18/0317; vgl. auch 16.07.2003, 2003/01/0059). "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, 2006/01/0949).
Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH 17.02.1998, 96/18/0379; EGMR 04.02.2005, 46827/99 und 46951/99, Mamatkulov und Askarov/Türkei Rz 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung, ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK, sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde. Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 31.03.2005, 2002/20/0582; 31.05.2005, 2005/20/0025; 25.04.2006, 2006/19/0673), ebenso weitere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs (zur Bedeutung solcher Sachverhalte Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung³, K13 zu Art. 19).
Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich den EGMR zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO auszuüben ist, hat sich der EuGH in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10, N.S. ua/Vereinigtes Königreich, befasst und - ausgehend von der Rechtsprechung des EGMR in der Entscheidung vom 02.12.2008, 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung vom 21.01.2011 (GK), 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfa