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97/01 Öffentliches AuftragswesenNorm
B-VG Art139 Abs1 Z1Leitsatz
Zurückweisung von Aufhebungsanträgen des BVwG betreffend die Verordnung über die Pauschalgebühr für die Inanspruchnahme des BVwG in Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens; Vergebührung eines Nachprüfungsantrags oder eines Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist eine Zulässigkeitsvoraussetzung für die Erledigung durch das BVwGRechtssatz
Unzulässigkeit von Anträgen des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) auf Aufhebung der Zeichenfolge "1 und" nach der Zeichenfolge "§ 12" in §2 Abs2 Z1 BVwG-PauschGebV Vergabe 2018, BGBl II 212/2018.
Keine Anwendung der angefochtenen Bestimmung der BVwG-PauschGebV Vergabe 2018 in den mit Entscheidung über die Sache (abgeschlossenen) Ausgangsverfahren:
Ein Nachprüfungsantrag ist gemäß §344 Abs2 Z3 BundesvergabeG 2018 (BVergG 2018) unzulässig, wenn er trotz Aufforderung zur Verbesserung nicht ordnungsgemäß vergebührt wurde. Ebenso ist ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß §350 Abs7 BVergG2018 unzulässig, wenn er trotz Aufforderung zur Verbesserung nicht ordnungsgemäß vergebührt wurde. Bei der ordnungsgemäßen Vergebührung eines Nachprüfungsantrages sowie eines Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach dem BVergG 2018 handelt es sich daher um eine Zulässigkeitsvoraussetzung. Die Erledigung eines Nachprüfungsantrages oder eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung in der Sache steht dem BVwG daher jedenfalls nur dann zu, wenn der entsprechende vergabespezifische Rechtsschutzantrag, allenfalls nach Verbesserung, auch ordnungsgemäß vergebührt wurde.
In näher bezeichneten Verfahren hat das BVwG über den Nachprüfungsantrag bzw den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung in der Sache bereits entschieden, womit feststeht, dass es die Zulässigkeitsvoraussetzung der ordnungsgemäßen Entrichtung der Pauschalgebühren (zumindest implizit) als erfüllt angesehen hat; andernfalls hätte es (nach Aufforderung zur Verbesserung) den Nachprüfungsantrag oder den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zurückweisen müssen. Damit kommt dem BVwG keine Zuständigkeit mehr zu, den jeweiligen Antragstellern in diesen Verfahren weitere Pauschalgebühren vorzuschreiben.
Das BVergG 2018 sieht auch kein (fortgesetztes oder gesondertes) Verfahren zur "Vorschreibung nicht entrichteter Pauschalgebühren" vor, wenn das BVwG über einen Nachprüfungsantrag oder einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in der Sache entscheidet. Gerade im Hinblick auf die Zulässigkeitsvoraussetzung der ordnungsgemäßen Vergebührung ist jedoch, wie der VfGH in E v 01.03.2019, E 4474/2018, ausgeführt hat, die Entscheidung darüber der Rechtsprechung des BVwG zugeordnet.
Keine Senatszuständigkeit für die Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages iSv §13 AVG iVm §333 BVergG 2018 in einem Nachprüfungsverfahren:
Gemäß §9 BVwGG ist es Aufgabe des Vorsitzenden, das Verfahren bis zur Verhandlung zu führen und die dazu erforderlichen Beschlüsse (ohne Senatsbeschluss) zu treffen. §9 Abs1 BVwGG betrifft dabei die der Entscheidung in der Hauptsache vorangehenden Beschlüsse. Verfahrensleitende Beschlüsse wie Mängelbehebungsaufträge trifft daher der Vorsitzende.
Der Senat befindet bei seiner Entscheidung in der Hauptsache über die Rechtmäßigkeit der vom Vorsitzenden gefassten verfahrensleitenden Beschlüsse. Das BVwG als Senat kann in der Entscheidung über die Hauptsache selbst - auch hinsichtlich des Vorliegens der Zulässigkeitsvoraussetzungen - nicht durch die Erteilung eines Verbesserungsauftrags des Vorsitzenden präjudiziert sein. Allenfalls hat ein (neuerlicher) Verbesserungsauftrag zu ergehen. Daher: keine Präjudizialität der angefochtenen Bestimmung der BVwG-PauschGebV Vergabe 2018 bei Entscheidung über die Sache in den (abgeschlossenen) Ausgangsverfahren.
Keine Entscheidung über Pauschalgebühr nach Sachentscheidung:
Für eine Vorgangsweise, bei der das BVwG die Frage der Gebührenhöhe einem (nach Sachentscheidung über den verfahrenseinleitenden Antrag fortzusetzenden) Verfahren zur Vorschreibung nicht entrichteter Pauschalgebühren vorbehält (und damit diese Frage bei Beurteilung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Sachentscheidung offen lässt), fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage. Die gesetzmäßige Festlegung der zu entrichtenden Pauschalgebühr stellt eine Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Entscheidung in der Sache dar. Dafür, dass das BVwG diese Zulässigkeitsvoraussetzung gleichsam übergehen und die Frage der zu entrichtenden Pauschalgebühr (erst) einem nach Entscheidung in der Sache fortzusetzenden und darauf eingeschränkten Verfahren überantworten könnte, enthält weder das BVergG 2018 noch das VwGVG eine Grundlage. Eine solche ergibt sich insbesondere auch nicht aus einer teleologischen Auslegung (welcher Bestimmung auch immer) des BVergG 2018, weil der Gesetzgeber dem Aspekt einer allfälligen besonderen Dringlichkeit der Durchführung des Vergabeverfahrens aus öffentlichen Interessen in §351 Abs1 BVergG 2018 Rechnung getragen hat.
Nichts anderes gilt im Fall, dass das BVwG das Verfahren über den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung bzw über den Antrag auf Nachprüfung eingestellt hat. Auch hier sind gegebenenfalls (noch) erforderliche Entscheidungen über die Höhe der zu entrichtenden Pauschalgebühr (spätestens) im Einstellungsbeschluss zu treffen.
Keine Entscheidung über die Höhe der Pauschalgebühr im Gebührenersatzverfahren:
Im Gebührenersatzverfahren nach §341 BVergG 2018 hat das BVwG darüber zu entscheiden, ob der Antragsteller seine "gemäß §340 entrichteten Gebühren" durch den Auftraggeber ersetzt bekommt. Das BVwG hat (durch Einzelrichter, §328 Abs1 BVergG 2018) darüber spätestens drei Wochen ab jenem Zeitpunkt zu entscheiden, ab dem feststeht, dass ein Anspruch auf Gebührenersatz besteht. In diesem Zeitpunkt hat das BVwG daher nur mehr über die Frage (der Höhe) des Gebührenersatzes, nicht aber über die Höhe der (eine Zulässigkeitsvoraussetzung eines Nachprüfungsantrages oder eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung bildenden) Pauschalgebühr zu entscheiden. Nach §341 BVergG 2018 dürfen auch dem Antragsteller weitere Pauschalgebühren nicht vorgeschrieben werden.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Vergabewesen, Gebühr, VerwaltungsgerichtsverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2019:V64.2019Zuletzt aktualisiert am
17.10.2019