TE Vwgh Erkenntnis 1980/7/4 3337/79

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Veröffentlicht am 04.07.1980
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Index

StVO

Norm

StVO 1960 §5 Abs2
StVO 1960 §99 Abs1 litb

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):3338/79

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Mag. Onder, Dr. Närr, Dr. Degischer und Dr. Dorner als Richter, im Beisein des Schriftführers Rat Dr. Dworak, über die Beschwerde des DM in W, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in Wien IV, Brucknerstraße 4, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 24. Oktober 1979, Zl. MA 70-IX/M 346/79/Str., betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 3.230,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Am 3. März 1979 verfaßte Inspektor G. der Bundespolizeidirektion Wien, Wachzimmer 18, Gersthoferstraße 135, eine Anzeige, in der - soweit für den vorliegenden Beschwerdefall von Bedeutung - ausgeführt wurde, der Beschwerdeführer sei an diesem Tag, "da er aus dem Mund nach Alkohol roch, beim Gehen schwankte und eine stark herabgesetzte Aktivität zeigte, zur Ablegung eines Alkotestes aufgefordert worden. Dieser Aufforderung sei der Angezeigte nicht nachgekommen und habe angegeben: 'Ich mache keinen Alkotest, da ich nicht getrunken habe, sondern die ganze Nacht gearbeitet habe.' M. wurde über die Folgen der Verweigerung in Kenntnis gesetzt."

Rechtsfreundlich vertreten führte der Beschwerdeführer dazu in seiner Eingabe vom 27. März 1979 aus, daß der Meldungsleger ihn niemals aufgefordert habe, in ein Alkoteströhrchen zu blasen, dem Beschwerdeführer ein solches Alkoteströhrchen auch niemals vor den Mund hingehalten worden sei, noch habe er es in seiner Hand gehalten. Der Meldungsleger habe vom Beschwerdeführer verlangt, daß er ihn mit Atemluft anhauche, und dieser Aufforderung sei er auch nachgekommen. Selbst nach diesem Anhauchen habe der Meldungsleger den Beschwerdeführer nicht aufgefordert, eine Alkotestprobe abzulegen.

Die Ehegattin des Beschwerdeführers gab mit Hilfe eines Dolmetschers am 2. April 1979 als Zeugin vernommen dazu an, "Ich kann nicht sagen, daß ich gehört habe, daß der Beamte meinen Gatten aufforderte, einen Alkotest zu machen, zumal ich dies auch auf Deutsch nicht verstanden hätte. Ich hätte aber sehen müssen, daß der Beamte meinem Gatten ein Alkoteströhrchen zum Blasen hingehalten hätte. Der Beamte ließ sich lediglich von meinem Gatten anhauchen und stellte neuerlich fest, er sei alkoholisiert. Mein Gatte verlangte, durch die Beamten einer Blutabnahme zugeführt zu werden, doch lehnten diese es ab."

In seiner Stellungnahme vom 23. April 1979 führte der Beschwerdeführer im wesentlichen aus, es sei seine Verantwortung durch diese Zeugin bestätigt und die Darstellung des Meldungslegers, daß eine Alkotestprobe verweigert worden sei, widerlegt worden. Es werde nunmehr interessant sein, die Darstellung des Meldungslegers zum Vorwurf zu hören, weshalb sich dieser geweigert habe, den Beschwerdeführer dem Amtsarzt zur Abnahme einer Blutprobe vorzuführen. Wenn der Vorwurf der Weigerung tatsächlich zu Recht gegeben wäre, so liege es in der Natur der Sache, daß ein Meldungsleger zur Bestätigung seiner Darstellung des Grades der Alkoholisierung des Beschwerdeführers eine Blutabnahme sicher unverzüglich in die Wege geleitet hätte.

Dazu nahm der Meldungsleger in einem schriftlichen Bericht vom 2. Mai 1979 wie folgt Stellung:

"Die in meiner Anzeige vom 3. März 1979 gemachten Angaben halte ich vollinhaltlich aufrecht ....

Nach der Aufnahme des Sachverhaltes über den Unfallshergang wurde der Angezeigte, da er aus dem Mund nach Alkohol roch, beim Gehen schwankte und eine stark herabgesetzte Aktivität zeigte, dreimal zur Ablegung einer Atemluftprobe aufgefordert, wobei ihm, als er dieser Aufforderung mit der Begründung, die ganze Nacht gearbeitet und nicht getrunken zu haben, nicht nachkam, die Folgen der Verweigerung klargemacht wurde.

Richtig ist, daß ihm ein Alkoteströhrchen nicht vorgehalten wurde, denn dieses müßte an beiden Enden abgesägt werden, wodurch eine Verwendung zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr möglich wäre. Weiters müßte das Mundstück aus der hygienischen Verpackung genommen werden, wodurch die Verwendung zu einem späteren Zeitpunkt ebenfalls nicht mehr angebracht ist. Der Angezeigte zeigte sich der deutschen Sprache mächtig, wodurch angenommen werden konnte, daß er meine Aufforderung, die dreimal und deutlich ausgesprochen wurde, verstand.

Nach der Verweigerung des Alkotestes ist es nicht möglich, so wie es der Beschuldigte verlangt hat, diesen zum Amtsarzt vorzuführen. Weiters kann eine Blutabnahme zur Feststellung des Grades der Alkoholisierung nur nach einem Verkehrsunfall, bei dem jemand erheblich verletzt worden war, erzwungen werden."

In seiner Stellungnahme vom 18. Mai 1979 führte der Beschwerdeführer dazu im wesentlichen aus, es habe sich nun herausgestellt, daß er die Vorführung zum Amtsarzt begehrt habe, es sei jedoch die Bemerkung des Meldungslegers in seinem Bericht vom 2. Mai 1979 unrichtig, wonach eine Blutabnahme nur bei einem Verkehrsunfall mit Personenschaden möglich wäre, da bei einer geforderten Blutabnahme durch einen Polizeiarzt diese selbstverständlich durchzuführen wäre. Die Weigerung des Meldungslegers, den Beschwerdeführer dem Polizeiarzt zur Blutabnahme vorzuführen, könne sohin in der Richtung gewertet werden, daß der Beschwerdeführer tatsächlich nicht durch Alkohol beeinträchtigt gewesen sei.

Mit Straferkenntnis vom 31. Juli 1979 sprach die Bundespolizeidirektion Wien aus, der Beschwerdeführer habe sich am 3. März 1979, um 8.35 Uhr, in Wien 18., vor dem Hause X-gasse 43, als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Personenkraftwagens geweigert, einen Alkotest abzulegen, obwohl die Vermutung bestanden habe, daß er das Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b StVO in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 begangen habe. Gemäß § 99 Abs. 1 lit. b leg. cit. werde gegen ihn eine Geldstrafe von S 5.000,-- (Ersatzarreststrafe 7 Tage) verhängt. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, es sei der Tatbestand auf Grund der eigenen dienstlichen Wahrnehmung des Meldungslegers als erwiesen anzusehen. Vom Meldungsleger seien beim Beschwerdeführer Anzeichen von Alkoholisierung festgestellt und der Beschwerdeführer deshalb zur Vornahme eines Alkotestes aufgefordert worden. Dieser sei vom Beschwerdeführer verweigert worden, obwohl er dazu verpflichtet gewesen wäre, da er ein Kraftfahrzeug kurz vorher gelenkt gehabt und auf Grund von Alkoholisierungssymptomen die Vermutung bestanden habe, daß er dies in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand getan habe. Es sei somit gänzlich unwesentlich, ob der Beschwerdeführer im Sinne der StVO alkoholisiert gewesen sei. Der Beschwerdeführer bestreite, vom Meldungsleger zum Alkotest aufgefordert worden zu sein, sondern dieser habe lediglich verlangt, ihn anzuhauchen. Anschließend seien dem Beschwerdeführer die Fahrzeugpapiere und der Führerschein abgenommen worden. Die Aussage der Gattin des Beschwerdeführers sei nicht verwertbar, da sie der deutschen Sprache nicht mächtig sei und so auch nicht angeben könne, was die Beamten mit ihm gesprochen haben. Die Aussage sei somit nicht geeignet, die Angaben des Meldungslegers, der einer erhöhten "Beweispflicht" unterliege, zu widerlegen.

In der dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer im wesentlichen aus, die Behörde erster Instanz habe ihren Bescheid nicht den Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 entsprechend begründet. Die Unwahrheit und Haltlosigkeit der Angaben des Meldungslegers werde auf das Eindeutigste dadurch aufgezeigt, daß dieser den Beschwerdeführer nicht, wie von ihm begehrt, einem Amtsarzt vorgeführt habe, was nur damit zu erklären sei, daß dem Meldungsleger dabei völlig klar gewesen sei, daß ein Amtsarzt beim Beschwerdeführer nicht ein einziges Symptom einer Alkoholbeeinträchtigung festgestellt hätte. Überdies habe der Meldungsleger durch seine Weigerung, den Beschwerdeführer zur Widerlegung der Behauptung seiner Alkoholisierung einem Amtsarzt vorzuführen, diesen in fast als vorsätzlich zu bezeichnender Weise des einzigen stichhältigen Beweises der Unrichtigkeit der Behauptung, alkoholisiert zu sein, beraubt. Wenn der Beschwerdeführer tatsächlich alkoholisiert gewesen wäre, so hätte die Untersuchung durch den Amtsarzt völlig klare Verhältnisse geschaffen, wodurch nur dem Beschwerdeführer bei erwiesener Alkoholisierung weitere Unkosten entstanden wären. Die wahre Absicht und nebenbei die völlige Gesetzesunkenntnis zu dieser Frage zeige der Meldungsleger in seinem Bericht vom 2. Mai 1979 auf, wonach eine von einem Fahrzeuglenker verlangte Vorführung zum Amtsarzt nach einer behaupteten Weigerung, sich dem Alkotest zu unterziehen, nicht zulässig und eine Blutabnahme nur bei einem Verkehrsunfall mit Verletzten möglich wäre. Dieser Bericht werfe daher in jeder Weise ein äußerst bedenkliches Bild auch die Persönlichkeit und das Fachwissen dieser Person auf. Weiters müsse darauf hingewiesen werden, daß der Beschwerdeführer die Prüfung zum Erwerb der Lenkerberechtigung nur in Anwesenheit eines Dolmetschers für die serbokroatische Sprache abgelegt habe, woraus ersichtlich sei, daß er der deutschen Sprache nicht mächtig sei. Im übrigen verweise er auf seine Verantwortung vor der Behörde erster Instanz und darauf, daß die Angaben seiner Ehegattin - im Gegensatz zur Ansicht dieser Behörde - sehr bedeutungsvoll seien, da sie ausgeführt habe, daß sie nicht davon gehört habe, daß vom Meldungsleger ein Alkotest verlangt worden sei.

Im Zuge des Rechtsmittelverfahrens wurde der Meldungsleger als Zeuge vernommen und gab dabei an:

"Am 3. 3. 79 um 08.30 Uhr wurde ich von der Funkstelle wegen eines VU nach 18., S-gasse 43 beordert. Da der Lenker des Pkw W .... DM leicht schwankte und seine Atemluft auch nach Alkohol roch, wurde er von mir aufgefordert, einen Alkotest durchzuführen. Über den VU machte er in gebrochenen Deutsch die in der Meldung angef. Angaben. Den Alkoholtest lehnte er mit der Begründung ab, er mache keinen Alkotest, da er nichts getrunken habe. Aus seinen in Deutsch gemachten Angaben ist aber ersichtlich, daß er meine Frage verstanden hat. Ich habe den Beschuldigten klar und deutl. zum Alkotest aufgefordert und er hat meine Worte auch verstanden. Es ist keinesfalls richtig, daß ihm ohne Aufforderung zum Alkotest mit der Begründung, er sei betrunken, der Führerschein abgenommen wurde. Die Aussage der Gattin des Besch. wurde mir vorgehalten."

In seiner Stellungnahme zur Aussage des Meldungslegers führte der Beschwerdeführer im wesentlichen aus, daß die Angaben des als Zeugen vernommenen Meldungslegers am Inhalt der diesbezüglichen Verfügung der belangten Behörde mit Stillschweigen vorbeigingen, da der Meldungsleger nach der genannten Verfügung als Zeuge darüber zu vernehmen gewesen wäre, wie die Aufforderung an den Beschwerdeführer zur Überprüfung der Atemluft ergangen sei, wobei ihm insbesondere die Aussage der Ehefrau des Beschwerdeführers vorgehalten werden sollte. Der Beschwerdeführer habe bereits in seiner Stellungnahme vom 27. März 1979 vorgebracht, daß der Meldungsleger den Beschwerdeführer niemals aufgefordert habe, in ein Alkoteströhrchen zu blasen und der Meldungsleger dem Beschwerdeführer ein solches Alkoteströhrchen auch niemals vor den Mund oder in seiner Hand gehalten habe. Der Meldungsleger habe vom Beschwerdeführer (lediglich) verlangt, daß dieser ihn anhauche und dieser Aufforderung sei er auch nachgekommen. Selbst nach diesem Anhauchen durch den Beschwerdeführer habe der Meldungsleger den Beschwerdeführer nicht aufgefordert, nun eine Alkotestprobe an sich vornehmen zu lassen. Dies sei von der Ehefrau des Beschwerdeführers auch als Zeugin zu Protokoll gegeben worden. Im übrigen sei der Beschwerdeführer nicht in der Lage, ein Gespräch in deutscher Sprache zu verfolgen oder gar eine Antwort in deutscher Sprache zu geben.

Mit Bescheid vom 24. Oktober 1979 bestätigte die belangte Behörde das Straferkenntnis der ersten Instanz gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 mit der Abänderung in der Schuldfrage dahin gehend, daß der Spruch wie folgt zu lauten habe:

"Der Beschuldigte DM hat am 3. 3. 1979 um 8.30 Uhr in Wien 18., S-gasse 43, den Pkw mit dem Kennzeichn W ..... gelenkt und sich anschließend gegenüber einem besonders geschulten und hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt überprüfen zu lassen, obwohl auf Grund der festgestellten Symptome vermutet werden konnte, daß er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat."

Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer bestreite, sich der ihm angelasteten Übertretung nach § 5 Abs. 2 StVO schuldig gemacht zu haben, und führe hiezu aus, vor Antritt der Fahrt habe er in der Nachtschicht gearbeitet und schon deshalb keinen Alkohol zu sich genommen. Weiters sei er nicht zur Ablegung des Alkotestes aufgefordert, sondern es sei vielmehr ihm die Vorführung zum Amtsarzt zwecks Feststellung einer Alkoholbeeinträchtigung und der Blutabnahme verweigert worden. Aus der Anzeige des Meldungslegers, seiner ergänzenden Stellungnahme vom 2. Mai 1979 und seiner zeugenschaftlichen Vernehmung vom 2. Oktober 1979 ergebe sich, daß auf Grund der beim Beschwerdeführer festgestellten Symptome (Alkoholgeruch aus dem Mund, schwankende Gehweise und stark herabgesetzte Aktivität) seine Beeinträchtigung durch Alkohol zu vermuten gewesen sei und , zur Vornahme der Atemluftüberprüfung aufgefordert, diese unter Hinweis darauf, daß er nichts getrunken habe, und trotz Hinweises auf die Rechtsfolgen, verweigert habe. Für die Berufungsbehörde habe keine Veranlassung bestanden, diese klaren und in sich widerspruchsfreien Angaben des Meldungslegers, der auf Grund seines Diensteides und seiner Zeugeneigenschaft zur Wahrheit verpflichtet sei und den im Falle der Verletzung dieser Pflicht dienst- und strafrechtliche Folgen träfen, in Zweifel zu ziehen. Auf Grund dieser Erwägungen sei die dem Beschwerdeführer angelastete Verweigerung der Alkotestprobe als erwiesen anzusehen. Mit dem weiteren Vorbringen hinsichtlich der unterlassenen amtsärztlichen Untersuchung sei für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, denn mit der Verweigerung der Atemluftuntersuchung sei die dem Beschwerdeführer angelastete Tat bereits vollendet. Es möge auch durchaus zutreffen, daß der Beschwerdeführer unabhängig von der Atemluftuntersuchung eine Blutabnahme habe verlangen dürfen (§ 5 Abs. 6 StVO), doch wäre dies nur in einem Verfahren wegen Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 5 Abs. 1 StVO von Bedeutung gewesen. Mit dem Hinweis, keinen Alkohol getrunken zu haben, habe der Beschwerdeführer die Untersuchung der Atemluft nicht verweigern dürfen. Daß ihm die Erfüllung der Verpflichtung zur Vornahme des Alkotestes unmöglich gewesen sei, habe er nicht darzutun vermocht. Vielmehr wäre ja gerade die Atemluftprobe und die allenfalls anschließende amtsärztliche Untersuchung ein wesentliches Beweismittel für die von ihm vorgebrachte Nichtbeeinträchtigung durch Alkohol gewesen. Zu dem Vorbringen des Beschwerdeführers, es sei ihm ein Atemluftröhrchen nicht vorgehalten worden, habe der Meldungsleger angegeben, daß vor Gebrauchnahme eines solchen Teströhrchens dieses einer sterilen Verpackung entnommen und die Röhrchenenden abgesägt werden müssen und hiemit eine nochmalige Verwendung des Teströhrchens ausgeschlossen sei. Dieses Vorbringen des Meldungslegers sei durchaus glaubwürdig und stichhältig und es entspreche auch den Grundsätzen einer ökonomischen Verwaltung, ein solches Testgerät erst dann in Gebrauch zu nehmen, wenn anzunehmen sei daß es tatsächlich zu einer Atemluftprobe komme. Habe aber der Beschwerdeführer - wie als erwiesen anzusehen sei - die Atemluftuntersuchung von vornherein verweigert, so habe keine Veranlassung bestanden, ihm ein solches Teströhrchen vorzuhalten. Aber auch der Hinweis, der Beschwerdeführer habe mangels entsprechender Kenntnis der deutschen Sprache die Aufforderung zum Alkotest nicht verstehen können, gehe ins Leere, denn der Meldungsleger habe angeführt, daß der Beschwerdeführer sich in deutscher Sprache geweigert habe und daher die Aufforderung wohl verstanden haben müsse. Hiefür spreche letzlich auch, daß der Wortstamm "Alkotest" sowohl in der deutschen als auch in der serbokroatischen Sprache verständlich sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die belangte Behörde legte den Verwaltungsstrafakt vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 45 Abs. 2 AVG 1950, der gemäß § 24 VStG 1950 auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet nun nicht, daß ein in der Begründung des Bescheides in dieser Richtung zum Ausdruck kommender Denkvorgang nicht der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegen würde. Dies gilt sowohl hinsichtlich der ausreichenden Ermittlung des Sachverhaltes als auch hinsichtlich der Schlüssigkeit der Beweiswürdigung. (Vgl. z. B. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Mai 1974, Slg. Nr. 8619/A.)

Gemäß § 5 Abs. 2 StVO sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, daß sich diese Personen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden. Die Untersuchung ist mit geeigneten Geräten vorzunehmen. Eine Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO begeht unter anderem derjenige, der sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Das Gesetz schreibt nicht vor, in welcher Form ein Begehren im Sinne des § 5 Abs. 2 StVO zu ergehen hat. Es ist daher rechtlich ohne Bedeutung, ob die "Aufforderung" mehr in Befehlsform gehalten ist oder in Form einer Frage zum Ausdruck kommt, sofern nur das Begehren als solches vom Fahrzeuglenker verstanden werden kann. (Vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. November 1979, Zl. 2568/79, und vom 19. Juni 1979, Zl. 441/79.) Der Beschwerdeführer hat sich im vorliegenden Fall von allem Anfang an darauf berufen, vom Meldungsleger nicht in für ihn verständlicher Form zur Vornahme einer Atemluftprobe aufgefordert worden zu sein. Die belangte Behörde stützt ihren Bescheid jedoch ausschließlich auf die Angaben des Meldungslegers, der selbst als Zeuge vernommen am 2. Oktober 1979 angegeben hat, daß der Beschwerdeführer (seine) Angaben über den Verkehrsunfall (nur) in gebrochenem Deutsch gemacht habe. Der Meldungsleger hat also zweifellos erkannt, daß der Beschwerdeführer der deutschen Sprache nicht in vollem Umfang mächtig war und hätte sich unter diesen besonderen Umständen mit der an den Beschwerdeführer gerichteten Frage, ob er an sich einen Alkotest durchführen lasse, nicht begnügen dürfen, sondern den Beschwerdeführer in einer diesem verständlichen Form - z. B. durch Vorhalten des "Atemalkohol -Prüfröhrchens" - zur Vornahme der Atemluftprobe auffordern müssen. Da die belangte Behörde den Meldungsleger nicht befragt und dieser auch nicht dargelegt hat, in welcher Form er dies versucht haben will, wie seine mündliche Aufforderung zur Vornahme der Atemluftprobe an dem Beschwerdeführer vonstatten gegangen, mit welchen Worten diese Aufforderung vorgenommen worden und in welcher Weise die wörtliche Reaktion. des Beschwerdeführers erfolgt ist, hat sie - vor allem auch unter Berücksichtigung der Aussage der als Zeugin vernommenen Ehegattin des Beschwerdeführers - der Entscheidung (insbesondere im Hinblick auf das Vorliegen der subjektiven Tatseite) Tatsachen zugrunde gelegt, die durch das Ergebnis des abgeführten Ermittlungsverfahrens nicht mit der für diese Entscheidung erforderlichen Sicherheit als erwiesen angenommen werden können.

Da die belangte Behörde somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z 2 und 3 VwGG 1965 aufzuheben. Damit erledigt sich auch der vom Beschwerdeführer gestellte Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 und 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 316/1976 in Verbindung mit Art. I A Ziff. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze, BGBl. Nr. 542/1977. Das Begehren auf Ersatz der Stempelgebühren für dritte, im Beschwerdefall aber nicht erforderliche Beschwerdeausfertigung war gemäß § 58 VwGG 1965 abzuweisen.

Wien, am 4. Juli 1980

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1980:1979003337.X00

Im RIS seit

15.10.2019

Zuletzt aktualisiert am

15.10.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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