TE Vfgh Beschluss 1996/11/25 B1321/96, B1324/96

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Veröffentlicht am 25.11.1996
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33
VfGG §87 Abs3
ZPO §148 Abs2

Leitsatz

Zurückweisung von Wiedereinsetzungsanträgen als verspätet; Zurückweisung der Anträge auf Abtretung der Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof als verspätet

Spruch

Die Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand werden zurückgewiesen.

Die Anträge auf Abtretung der Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Mit den zu B1321/96-7 und B1324/96-7 protokollierten Beschlüssen des Verfassungsgerichtshofes vom 23. September 1996 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf Abtretung der Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof als verspätet zurückgewiesen, weil sie erst nach Ablauf der zweiwöchigen Frist (§87 Abs3 VerfGG 1953 idF BGBl. 297/1984) gestellt worden waren. Die Frist war am 31. Juli 1996 abgelaufen, die Anträge wurden aber erst am 1. August 1996 zur Post gegeben.

Die Einschreiter begehren nunmehr mit den am 31. Oktober 1996 zur Post gegebenen Schriftsätzen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Antragstellung nach §87 Abs3 VerfGG 1953 und stellen unter einem jeweils den Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

2. Zur Begründung ihrer Wiedereinsetzungsanträge bringen die Einschreiter jeweils im wesentlichen vor:

"Neben dem herkömmlichen Termin- und Fristenbuch werden in der Kanzlei meines Vertreters Termine, Fristen und sonstige Aktivitäten computerunterstützt bearbeitet. Dabei werden Fristen so eingetragen, daß in einem eigenen Fristenfenster des Programms die Endtermine einer Frist automatisch ermittelt werden. Bei Eintragung einer neuen Frist wird ein Button 'Neu' bedient, welcher unter 'Eingang' (Eingang des Poststückes) das aktuelle Tagesdatum einträgt. Im Feld 'W' (für Wochen) ist hinsichtlich der gegenständlichen Frist korrekt '2' eingetragen. Als Eingangsdatum scheint jedoch der 18.7.1996 auf.

...

Der Umstand, daß eine Versäumung der Frist auf Basis der am Rückschein aufscheinenden Eingangsstampiglie mit Tagesdatum 17.7.1996 vorliegt, läßt sich im wesentlich auf zwei - im Nachhinein nicht mehr einwandfrei zu rekonstruierenden - Fehlerursachen zurückführen:

a) Die Posteingangsstücke mich und meinen Gatten betreffend ... wurden entgegen der Anweisung meines Vertreters von der damaligen Mitarbeiterin, welche ca. 15 Jahre Vorpraxis aufwies und seit Juni 1996 der Kanzlei meines Vertreters angehörte, nicht am Tage des Eingangs bearbeitet oder aber

b) es wurde verabsäumt, den Datumsstempel der Kanzlei auf den 18.7.1996, den in Betracht zu ziehenden Tag der tatsächlichen Entgegennahme der Zustellstücke umzustellen.

Ein so in Betracht zu ziehendes Versehen ist in der Kanzlei meines Rechtsfreundes noch nie vorgekommen, da insbesondere im Rahmen der Ausstattung der Kanzlei mittels EDV darauf geachtet wurde, mögliche Fehlerquellen bei der Fristenbemessung auszuschalten.

Soweit ein Verschulden der damaligen Kanzleileiterin meines Vertreters vorliegt, ist höchstens das Ausmaß eines minderen Grades eines Versehens gegeben."

Als Beweis wurde die zeugenschaftliche Einvernahme des Vertreters der Beschwerdeführer sowie die Vorführung des Computerprogrammes auf Laptop angeboten.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Anträge der Beschwerdeführer erwogen:

1. Gemäß §33 VerfGG 1953 kann in den Fällen des Art144 B-VG wegen Versäumung einer Frist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden.

Da das VerfGG 1953 in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen des §146 Abs1 ZPO idF der Zivilverfahrens-Novelle 1983, BGBl. 135/1983, sinngemäß anzuwenden: Danach ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Nach §148 Abs2 ZPO muß ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand binnen vierzehn Tagen gestellt werden; diese - nicht verlängerbare - Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis, das die Fristversäumung verursachte, weggefallen ist.

Hier stand eine seitens der Antragsteller behauptete Fehlleistung einer Kanzleibediensteten der rechtzeitigen Einbringung der Anträge auf Abtretung der Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof entgegen. Eine derartige Fehlleistung wurde nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes wiederholt als Nachlässigkeit qualifiziert, die gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht und die damit auf einem - die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht hindernden - minderen Grad des Versehens iS des §146 Abs1 ZPO beruht .

Dieses - behauptetermaßen vorgelegene - Hindernis wäre aber jedenfalls nicht erst mit Zustellung der Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofes vom 23. September 1996, am 21. Oktober 1996, sondern schon früher entfallen: Der Anwalt der Beschwerdeführer hatte am 1. August 1996 die Anträge gemäß §87 Abs3 VerfGG 1953 an den Verfassungsgerichtshof selbst unterfertigt. Dabei hätte ihm auffallen müssen, daß die Frist zur Antragstellung auf Abtretung der Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof nicht am 1. August 1996, sondern schon am 31. Juli 1996 abgelaufen ist, da er davon ausging und auch im Antrag festhielt, daß die Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofes am 17. Juli 1996 zugestellt wurden.

Bei dieser Sachlage hätten die Wiedereinsetzungsanträge binnen vierzehn Tagen, und zwar vom 1. August 1996 an gerechnet, gestellt werden müssen, um rechtzeitig zu sein. Die erst am 31. Oktober 1996 zur Post beförderten Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand waren daher verspätet und als unzulässig zurückzuweisen (vgl. VfSlg. 11959/1989, 12365/1990) ohne daß das weitere Antragsvorbringen näher zu prüfen war.

2. Bei diesem Ergebnis sind auch die mit den Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gleichzeitig gestellten Anträge auf Abtretung der Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof als verspätet zurückzuweisen.

3. Diese Beschlüsse konnten gemäß §19 Abs3 Z1 litb VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung, VfGH / Abtretung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1996:B1321.1996

Dokumentnummer

JFT_10038875_96B01321_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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