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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AsylG 2005 §11Betreff
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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Dr. Sutter als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des K J, vertreten durch Mag. Ronald Frühwirth, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Grieskai 48, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Dezember 2018, Zl. W248 2178327- 1/19E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber ist Staatsangehöriger Afghanistans, stammt aus Kabul und lebte viele Jahre im Iran. Am 9. September 2015 stellte er gemeinsam mit seinem damals minderjährigen Bruder, seiner volljährigen Schwester und seinen Eltern einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, dass er als Afghane im Iran benachteiligt worden sei und ihm auch die Abschiebung nach Afghanistan gedroht habe. Der Revisionswerber und sein Bruder hätten sich in der Hoffnung, dass sich die Lebensumstände im Iran verbessern würden, einer iranischen freiwilligen Miliz angeschlossen. Als dem Revisionswerber und seinem Bruder gedroht habe, im Syrienkrieg kämpfen zu müssen, habe die Familie beschlossen, den Iran zu verlassen. Seine Großeltern sowie mehrere Onkel und Tanten mütterlicherseits und väterlicherseits würden nach wie vor in Kabul leben.
2 Mit Bescheid vom 24. Oktober 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass eine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, und setzte eine Frist von zwei Wochen für die freiwillige Ausreise.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen gerichtete Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab. Die Revision wurde vom Verwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.
4 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zur Zulässigkeit geltend gemacht wird, dass das BVwG von den aktuellen Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30. August 2018 abgegangen sei, zumal eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative (IFA) nur an Orten angenommen werden könnte, an denen soziale Anknüpfungspunkte bestehen würden. Ausgenommen hiervon seien demnach nur alleinstehende leistungsfähige Männer und Paare im erwerbsfähigen Alter. Eine IFA in Kabul komme nach den UNHCR-Richtlinien überhaupt nicht in Frage; in Mazar-e Sharif und Herat aber auch nicht, weil der Revisionswerber mit seiner Familie nicht zu jenen Personengruppen (alleinstehende Männer oder verheiratete Paare im arbeitsfähigen Alter) gehöre, die auch ohne Vorliegen eines unterstützungsfähigen und -willigen Netzwerks vor Ort auf eine IFA verwiesen werden könnten. Durch die unterlassene Heranziehung der UNHCR-Richtlinien weiche das BVwG somit von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, da das BVwG seiner Verpflichtung nicht nachgekommen sei, seiner Entscheidung im asylrechtlichen Beschwerdeverfahren zum Entscheidungszeitpunkt aktuelle Länderberichte zugrunde zu legen.
5 Die Revision erweist sich als nicht zulässig. 6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 9 Soweit in der Zulässigkeitsbegründung der Revision Verfahrensmängel geltend gemacht werden, reicht es nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel - in konkreter Weise - darzulegen (vgl. etwa VwGH 29.1.2019, Ra 2018/18/0399, mwN). 10 Das BVwG ist im angefochtenen Erkenntnis ausgehend von aktuellen Länderberichten und mit Blick auf ein bestehendes Unterstützungsnetzwerk durch die zahlreichen nach wie vor in Kabul lebenden Familienangehörigen des Revisionswerbers davon ausgegangen, dass für ihn eine Rückkehr in die Herkunftsregion Kabul möglich sei. Mit seinem Verweis auf die Ausführungen bzw. die Einschätzung des UNHCR in seinen aktuellen Richtlinien vom 30. August 2018 zur Frage, ob Kabul eine zumutbare IFA darstellen könne, geht das Revisionsvorbringen daher ins Leere, denn darauf kam es fallbezogen nicht an. Dass das BVwG die UNHCR-Richtlinien vom 30. August 2018 in anderen relevanten Punkten nicht berücksichtigt habe, zeigt die Revision nicht auf. 11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 13. Juni 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019180139.L00Im RIS seit
17.10.2019Zuletzt aktualisiert am
17.10.2019