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L94404 Krankenanstalt Spital OberösterreichNorm
ApG 1907 §10Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Hainz-Sator als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision der K GmbH in T, vertreten durch Haslinger & Partner Rechtsanwälte in 4020 Linz, Zollamtstraße 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 7. Dezember 2016, Zl. LVwG-050075/2/GS/KA, betreffend Parteistellung und Akteneinsicht in einer Angelegenheit des Oberösterreichischen Krankenanstaltengesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Oberösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die revisionswerbende Partei hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin beantragte mit Schreiben vom 16. Juli 2012 (modifiziert mit Schreiben vom 14. Dezember 2012) die Vorabfeststellung des Bedarfs gemäß § 4 Abs. 3 Oberösterreichisches Krankenanstaltengesetz 1997 (Oö. KAG) an der Errichtung einer Sonderkrankenanstalt für psychiatrische Rehabilitation für Kinder und Jugendliche mit 24 stationären Betten und fünf bis zehn ambulanten Therapieplätzen für Kinder und Jugendliche in T (Oberösterreich). Die P GmbH brachte im September 2012 einen Antrag auf Errichtungsbewilligung für ein bettenführendes Rehabilitationszentrum (stationäre Sonderkrankenanstalt) für die Rehabilitation von Kindern und Jugendlichen mit 24 Betten in B (Oberösterreich) ein. Die H GmbH brachte im Oktober 2012 einen Antrag auf Vorabfeststellung des Bedarfs für eine Sonderkrankenanstalt für die Rehabilitation von Kindern und Jugendlichen mit 67 Betten - davon 24 Betten für Kinder- und Jugendrehabilitation - in R (Oberösterreich) ein. 2 Mit Eingabe vom 11. Juli 2013 beantragte die Revisionswerberin die Erlassung der "gegenständlichen Bewilligung" sowie die Einräumung von Akteneinsicht und Parteistellung in den Verfahren betreffend die P GmbH und die H GmbH.
3 Mit Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (hg. protokolliert zu Zl. 2013/11/0146) beantragte die Revisionswerberin - unter Bezugnahme auf den Antrag vom 16. Juli 2012 mit Antragsmodifikation vom 14. Dezember 2012 -, der Verwaltungsgerichtshof möge in Stattgabe der gegenständlichen Säumnisbeschwerde in der Sache selbst erkennen
4 Nach Abtretung der Säumnisbeschwerde an das Landesverwaltungsgericht und Klärung der Entscheidungszuständigkeit
durch den Verwaltungsgerichtshof im Rahmen einer Entscheidung über einen Kompetenzkonflikt stellte das Verwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 28. Jänner 2016 fest, dass "grundsätzlich" ein Bedarf an einer Sonderkrankenanstalt für psychiatrische Kinder- und Jugendrehabilitation mit 24 Betten am Standort T bestehe, sofern die beantragte Bettenzahl nicht durch "eine entsprechende rechtskräftige Errichtungsbewilligung für eine andere (Sonder-)Krankenanstalt in der Versorgungszone Nord verbraucht" werde. Hinsichtlich der "5 bis 10 ambulanten Therapieplätze" wurde festgestellt, dass der Bedarf daran in der Versorgungszone Nord nicht gegeben sei. Dieses Erkenntnis wurde nicht angefochten. 5 Mit Bescheid vom 10. Juni 2016 wies die belangte Behörde die Anträge der Revisionswerberin auf Zuerkennung der Parteistellung und Akteneinsicht in den Verfahren über die Anträge der P GmbH und der H GmbH ab.
6 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde der Revisionswerberin ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision unzulässig sei. Begründend führte es zusammengefasst aus, dem Österreichischen Strukturplan Gesundheit 2012 (ÖSG) sei ein Bedarf von 24 Betten für Kinder und Jugendliche für die Rehabilitations-Indikationsgruppe ESP, KJP (Entwicklungs- und Sozialpädiatrie sowie pädiatrische Psychosomatik, Erkrankungen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie) in der Versorgungszone 3 (Nord), welche die Länder Oberösterreich und Salzburg umfasse, zu entnehmen. Bei der Oberösterreichischen Landesregierung seien drei Anträge auf Errichtungsbewilligung bzw. Vorabfeststellung des Bedarfs nach dem Oö. KAG eingebracht worden, die ein Leistungsangebot vorsähen, das sich auf diese Planungsvorgaben beziehe. Alle geplanten Leistungen seien im Wesentlichen sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähig.
Dem Vorbringen der Revisionswerberin in der Beschwerde, es sei eine Verwaltungsverfahrensgemeinschaft mit der P GmbH und der
H GmbH zu bilden, stehe entgegen, dass dem Oö. KAG eine ausdrückliche diesbezügliche Anordnung nicht zu entnehmen sei. Voraussetzung für die Bewilligung zur Errichtung einer bettenführenden Krankenanstalt - und für die entsprechende Vorabfeststellung - sei das Bestehen eines Bedarfs an einer bettenführenden Krankenanstalt mit dem angegeben Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot. Es sei zu prüfen, ob im in Frage kommenden Einzugsgebiet die seitens der Antragstellerin in Aussicht genommenen ärztlichen Leistungen durch das bereits bestehende Versorgungsangebot der in § 5 Abs. 2
1. Satz Oö. KAG genannten Einrichtungen abgedeckt werde (hier sei das Versorgungsangebot von privaten, nicht gemeinnützigen bettenführenden Krankenanstalten ohne Kassenvertrag nicht einzubeziehen). Schon deshalb sei es verfehlt, den Bedarf an einer geplanten Krankenanstalt allein deshalb zu verneinen, weil das in Aussicht genommene Leistungsangebot vollinhaltlich dem einer anderen geplanten Krankenanstalt entspreche, über deren Vorabfeststellung des Bedarfs positiv entschieden worden sei. Ein in Aussicht genommenes (beantragtes oder geplantes), aber noch nicht verwirklichtes Leistungsangebot sei dem für die Beurteilung der Bedarfsfrage grundsätzlich maßgeblichen "bestehenden Versorgungsangebot" nicht hinzuzurechnen. Daher würden parallel gestellte Vorabfeststellungsanträge sowie Anträge auf Errichtungsbewilligung nach § 5 Oö. KAG einander im Hinblick auf die Bedarfslage nicht ausschließen, weshalb die vorliegende Konstellation nicht mit den in der Beschwerde erwähnten Fällen nach dem Apothekengesetz vergleichbar sei, in denen der VwGH ausgesprochen habe, dass eine Verfahrensgemeinschaft bestehe (Hinweis auf VwGH 11.10.2016, Ro 2014/11/0056, mwN). Es sei daher keine Verfahrensgemeinschaft zu bilden, weshalb die belangte Behörde den Antrag der Revisionswerberin auf Zuerkennung der Parteistellung und Akteneinsicht in den Verfahren betreffend die
P GmbH und die H GmbH zu Recht abgewiesen habe.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.
8 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen vor, es fehle Rechtsprechung dazu, wie im Errichtungsbewilligungsve rfahren vorzugehen sei, wenn sich mehrere Bewerber "gleichzeitig um die Errichtung einer bettenführenden Krankenanstalt mit dem gleichen Anstaltszweck und dem gleichen in Aussicht genommenen Leistungsangebot im gleichen Bedarfsgebiet bemühen". Das vom Verwaltungsgericht zitierte Erkenntnis VwGH 11.10.2016, Ro 2014/11/0056, beschäftige sich lediglich mit der Frage, ob zwei parallel gestellte Vorabfeststellungsanträge gemäß § 10a des Salzburger Krankenanstaltengesetzes (SKAG) einander im Hinblick auf die Bedarfslage ausschließen würden. Es sei jedoch nicht die Frage der Parteistellung im Verfahren über die Errichtungsbewilligung eines konkurrierenden Projekts behandelt worden.
9 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
10 Die Revision ist aus den in ihr genannten Gründen zulässig.
Sie ist jedoch nicht begründet.
11 In den Revisionsgründen wird - auf das Wesentliche zusammengefasst - vorgebracht, dass die Rechtslage nach dem Salzburger Krankenanstaltengesetz (SKAG) nicht mit der des Oö. KAG vergleichbar sei, weil das SKAG - anders als das Oö. KAG - eine Befristung der Bedarfsfeststellung mit höchstens drei Monaten vorsehe. Die vom Verwaltungsgericht herangezogene, zu § 10a SKAG ergangene Judikatur könne daher nicht auf das Oö. KAG und den vorliegenden Fall übertragen werden.
Das Oö. KAG regle nicht ausdrücklich, was zu gelten habe, wenn mehrere Projekte vorlägen und nicht für alle Projekte ein entsprechender Bedarf gegeben sei bzw. sogar eine Aliquotierung des Bedarfs an mehrere Krankenanstalten ausgeschlossen sei. Es sei daher auf den Willen des Gesetzgebers abzustellen und eine verfassungskonforme Interpretation vorzunehmen sowie diese Frage anhand der höchstgerichtlichen Judikatur zur Vergabe von limitierten Konzessionen zu lösen. Die Bedarfsprüfung nach dem Oö. KAG habe die Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen, ausgewogenen und allgemein zugänglichen Gesundheitsversorgung sowie die Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit zum Ziel. Dieses Ziel sei nur zu erfüllen, wenn objektiv untersucht werden könne, welches Projekt unter Heranziehung dieser Kriterien "am besten geeignet" sei, den Bedarf zu erfüllen. Daher sei den Antragstellern auch die Möglichkeit zu geben, zum jeweiligen Projekt des Konkurrenten Stellung zu nehmen und so Vor- und Nachteile herauszuarbeiten.
Weiters sei eine Verfahrensgemeinschaft zu bilden, da im vorliegenden Fall eine limitierte Anzahl von Berechtigungen zu vergeben sei und daher die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zum Apothekengesetz jedenfalls übertragbar sei. Zweifelsohne würden subjektive Rechte der Revisionswerberin durch die Erteilung der Bewilligung an ein Parallelprojekt tangiert, zumal die Revisionswerberin in der Folge selbst von der Bewilligungserteilung ausgeschlossen sei. Es handle sich im vorliegenden Fall auch um gleichgeartete Verfahren. Wenn weder eine Verfahrensgemeinschaft gebildet noch den Mitbewerbern gegenseitig Parteistellung eingeräumt werde, so werde ihnen jegliche Möglichkeit des effektiven Rechtsschutzes genommen. 12 Die bei Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses maßgeblichen Bestimmungen des Oö. Krankenanstaltengesetzes 1997 (Oö. KAG), LGBl. Nr. 132/1997 idF LGBl. Nr. 56/2014, lauten auszugsweise:
1. UNTERABSCHNITT
Errichtungs- und Betriebsbewilligung für bettenführende Krankenanstalten
§ 4
Errichtungsbewilligung
(1) Die Errichtung einer bettenführenden Krankenanstalt bedarf einer Bewilligung der Landesregierung.
(2) Der Antrag auf Erteilung der Errichtungsbewilligung hat den Anstaltszweck, die Bezeichnung der Anstalt und das in Aussicht genommene Leistungsangebot (Leistungsspektrum, Leistungsvolumen einschließlich vorgesehener Personalausstattung) genau anzugeben. Dem Antrag sind folgende Unterlagen je in dreifacher Ausfertigung anzuschließen:
1. die zur Beurteilung des Vorhabens erforderlichen Planunterlagen, wie Lagepläne, Baupläne, Baubeschreibungen und dgl.; für Inhalt und Planunterlagen gilt die Oö. Bautechnikverordnung sinngemäß;
2. ein Verzeichnis, aus dem die Anzahl der Anstaltsräume, getrennt nach ihrem Verwendungszweck, sowie die Größe der Bodenfläche und des Luftraums dieser Räume ersichtlich ist;
3. Pläne und Beschreibungen für die medizinisch-technischen Apparate und technischen Einrichtungen;
4. ein Verzeichnis über den Bettenstand für die Schlafräume der Patienten und des Anstaltspersonals.
(3) Eine Vorabfeststellung zur Frage des Bedarfs ist zulässig. In diesem Verfahren ist die Vorlage von Unterlagen zum Nachweis der Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Z 2, 3, 4 und 6 nicht erforderlich.
(...)
(6) In Verfahren zur Erteilung einer Errichtungsbewilligung für eine Krankenanstalt und zur Vorabfeststellung des Bedarfs haben die Wirtschaftskammer Oberösterreich als gesetzliche Interessenvertretung der privaten Krankenanstalten sowie die betroffenen Sozialversicherungsträger hinsichtlich des nach § 5 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit Abs. 5 zu prüfenden Bedarfs Parteistellung im Sinn des § 8 AVG und das Recht der Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG sowie das Recht der Revision gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG.
§ 5
Bewilligungsvoraussetzungen
(1) Die Errichtungsbewilligung ist zu erteilen, wenn
1. ein Bedarf im Sinn des Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 4 oder 5 gegeben ist,
2. das Eigentum an der für die bettenführende Krankenanstalt vorgesehenen Betriebsanlage oder das sonstige Recht zu deren Benützung nachgewiesen wird,
3. das Gebäude, das als Betriebsanlage dienen soll, den für solche Gebäude geltenden bau-, feuer-, sicherheits- und gesundheitspolizeilichen Vorschriften entspricht,
4. die vorgesehene Ausstattung mit medizinisch-technischen Apparaten den nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft an eine bettenführende Krankenanstalt der vorgesehenen Art zu stellenden Anforderungen entspricht,
5. eine den Grundsätzen und anerkannten Methoden der medizinischen Wissenschaft entsprechende ärztliche Behandlung gewährleistet ist, und
6. gegen den Bewilligungswerber keine Bedenken bestehen; Bedenken sind dann gegeben, wenn er vorbestraft ist und nach der Art der Vorstrafe ein einwandfreier Betrieb nicht zu erwarten ist oder wenn sonstige Umstände, zB im Hinblick auf seine körperlichen und geistigen Fähigkeiten sowie sein Vorleben, vorliegen, die seine Eignung ausschließen.
(2) Der Bedarf nach einer bettenführenden Krankenanstalt mit dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot ist im Hinblick auf das in angemessener Entfernung bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger bettenführender Krankenanstalten mit Kassenverträgen zur Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen, ausgewogenen und allgemein zugänglichen Gesundheitsversorgung und zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit zu beurteilen. Ein Bedarf nach Sanatorien ist nicht gegeben, wenn das Verhältnis der Zahl der Sanatoriumsbetten einer Fachrichtung im Land zur Bettenzahl der Sonderklasse der entsprechenden Fachrichtung der öffentlichen Krankenanstalten der im § 2 Z 1 und 2 bezeichneten Art im Land einen von der Landesregierung durch Verordnung festzusetzenden Wert (Verhältniszahl) überschreitet. Bei der Festsetzung der Verhältniszahl ist unter Bedachtnahme auf die Verordnung gemäß § 39 Abs. 4 sicherzustellen, dass die eine wirtschaftliche Führung zulassende Belagstärke der Betten der Sonderklasse in den öffentlichen Krankenanstalten der erwähnten Art im Land gewährleistet bleibt.
(...)
(4) Für Fondskrankenanstalten ist ein Bedarf gegeben, wenn die geplante Errichtung nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot einer gemäß § 39 Abs. 4 erlassenen Verordnung entspricht.
(5) Für sonstige bettenführende Krankenanstalten ist ein Bedarf gegeben, wenn unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Planungen des Österreichischen Strukturplanes Gesundheit (ÖSG) hinsichtlich
1. der örtlichen Verhältnisse (Bevölkerungsstruktur und Besiedelungsdichte),
2.
der für die Versorgung bedeutsamen Verkehrsverbindungen,
3.
der Auslastung bestehender stationärer Einrichtungen sowie
4.
der Entwicklungstendenzen in der Medizin bzw. Zahnmedizin eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots
nachgewiesen werden kann.
...
(7) Wenn nicht binnen drei Jahren ab Erteilung der Errichtungsbewilligung mit der Errichtung der bettenführenden Krankenanstalt begonnen wird, kann die Landesregierung die Errichtungsbewilligung zurücknehmen, sofern die Zurücknahme im Interesse der Sicherstellung einer dem Bedarf entsprechenden Krankenanstaltspflege geboten ist.
13 § 59j des Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetzes, BGBl. Nr. 1/1957 in der bei Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses noch maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 81/2013, lautet auszugsweise:
"§ 59j. Die/Der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesministerin/Bundesminister hat auf der Homepage des Bundesministeriums jedenfalls
1. den als objektiviertes Sachverständigengutachten anzusehenden aktuellen Österreichischen Strukturplan Gesundheit,
...
zu veröffentlichen."
Im vorliegenden Revisionsfall geht es ausschließlich um die Frage, ob der Revisionswerberin (als potentieller Mitbewerberin) Parteistellung und damit auch das Recht auf Akteneinsicht im Verfahren über die Anträge der P GmbH und der H GmbH auf Erteilung der krankenanstaltenrechtlichen Errichtungsbewilligung zukommt. 14 Nach § 8 AVG sind Parteien eines Verwaltungsverfahrens Personen, die an der Sache vermöge eines Rechtsanspruchs oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind. Darüber, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, dass von einem Rechtsanspruch oder rechtlichen Interesse die Rede sein kann, enthält § 8 AVG keine Bestimmung. Demnach kann die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren Parteistellung besitzt, anhand des AVG alleine nicht gelöst werden. Die Parteistellung muss vielmehr aus den verwaltungsrechtlichen Vorschriften abgeleitet werden. Auf dem Boden des materiellen Verwaltungsrechts muss sie nach dem Gegenstand des betreffenden Verwaltungsverfahrens und nach dem Inhalt der zur Anwendung kommenden Verwaltungsvorschriften beurteilt werden. Das Tatbestandsmerkmal der Parteistellung in Verwaltungsangelegenheiten bestimmt sich demnach nach dem normativen Gehalt der in der Rechtssache anzuwendenden Vorschriften. Die Begriffe "Rechtsanspruch" und "rechtliches Interesse" gewinnen erst durch die jeweils zur Anwendung kommende Verwaltungsvorschrift einen konkreten Inhalt, nach dem allein die Frage der Parteistellung beantwortet werden kann (vgl. VwGH 30.6.2015, 2013/03/0041, mwN). Das bloß faktische, insbesondere auch wirtschaftliche Interesse an der Einhaltung von Vorschriften des objektiven Rechts begründet hingegen keine Parteistellung gemäß § 8 AVG (VwGH 11.10.2007, 2007/04/0043). 15 Im vorliegenden Fall ist daher der Prüfungsmaßstab das Oö. KAG. § 4 Abs. 6 Oö. KAG regelt zwar, dass im Verfahren zur Erteilung einer Errichtungsbewilligung für eine Krankenanstalt und zur Vorabfeststellung des Bedarfs - abgesehen von der Bewilligungs- oder Feststellungswerberin - die Wirtschaftskammer Oberösterreich als gesetzliche Interessenvertretung der privaten Krankenanstalten sowie die betroffenen Sozialversicherungsträger hinsichtlich des nach § 5 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit Abs. 5 zu prüfenden Bedarfs Parteistellung im Sinne des § 8 AVG und das Recht der Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG sowie das Recht der Revision gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG haben. Die Nichtaufzählung weiterer Personen führt jedoch nicht dazu, die Parteistellung zu verneinen, falls ein rechtliches Interesse im Sinne des § 8 AVG anzunehmen wäre.
16 Um die rechtlichen Interessen von Mitbewerbern ausreichend zu schützen, hat der Verwaltungsgerichtshof in einzelnen Konstellationen die Bildung einer Verwaltungsverfahrensgemeinschaft
(und damit die Einräumung der Parteistellung im Verfahren betreffend den Mitbewerber) für erforderlich gehalten. So hat er in ständiger Rechtsprechung zum Apothekengesetz bereits ausgesprochen, dass unter gewissen Umständen eine Verfahrensgemeinschaft zu bilden ist. Dies wurde in Fällen angenommen, in denen die Mitbewerbereigenschaft aus der Bewerbung mehrerer Apothekenwerber um idente oder nahezu deckungsgleiche Standorte und Betriebsstätten erfolgte, aber auch in Situationen, in denen bei mehreren anhängigen Konzessionsverfahren eine Verringerung des Kundenpotenzials einer bestehenden Apotheke zwar nicht die Folge der Erteilung einer der angestrebten Apothekenkonzessionen ist, wohl aber - im Zusammenwirken damit - Folge der Erteilung einer weiteren beantragten Konzession wäre (die sodann nicht erteilt werden dürfte), sowie gleichermaßen im Verhältnis eines Konzessionsverfahrens zur Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke zu einem Verfahren zur Bewilligung einer Filialapotheke (vgl. VwGH 24.10.2018, Ro 2017/10/0010, mwN). In Anlehnung an diese Judikatur wurde auch die Parteistellung und Beschwerdelegitimation einer Mitbewerberin im Fall einer bedarfsgebundenen Gewerbeberechtigung für das Rauchfangkehrergewerbe bejaht, da die mit der Bedarfsbindung einhergehende Beschränkung der Erwerbsfreiheit im Fall konkurrierender Anmeldungen eine Rechtsschutzmöglichkeit, die sich nicht nur auf den die eigene Gewerbeausübung untersagenden Spruchpunkt, sondern auch auf den das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewerbeausübung hinsichtlich des Mitbewerbers bejahenden Spruchpunkt erstreckt, erfordere (VwGH 11.5.2017, Ro 2016/04/0008).
17 Gemeinsam ist diesen Fällen, dass die (angestrebten) Berechtigungen einander im Hinblick auf den Bedarf zwingend ausschließen. Dies trifft im Revisionsfall jedoch nicht zu. 18 Unstrittig ist, dass im ÖSG 2012 in der im Revisionsfall geltenden Fassung, für die Rehabilitation von Jugendlichen betreffend "Mental Health" mit den Indikationen ESP und KJP 24 Betten für die Versorgungszone Nord (Salzburg und Oberösterreich) ausgewiesen waren. In der Verordnung über einen Krankenanstalten- und Großgeräteplan 2016 für Oberösterreich, LGBl. Nr. 147/2015, finden sich keine Bestimmungen zur Kinder- und Jugendrehabilitation; der Plan bezieht sich nur auf die Akutversorgung. Ein Regionaler Strukturplan Gesundheit für Oberösterreich war im Revisionsfall nicht in Kraft. Gegenständlich sind daher die Planungsvorgaben des Österreichischen Strukturplans Gesundheit 2012 in der vorliegend relevanten Fassung (ÖSG) von Interesse. Weder ersetzt aber die Übereinstimmung mit den Planungsvorgaben des ÖSG eine Bedarfsprüfung an Hand der gesetzlichen Kriterien, noch ist bei Fehlen einer solchen Übereinstimmung die Bewilligung (bei Erfüllung der gesetzlichen Bewilligungsvoraussetzungen) zwingend zu versagen (siehe im Zusammenhang mit einem selbstständigen Ambulatorium nach dem NÖ KAG VwGH 15.12.2017, Ra 2016/11/0132, und im Zusammenhang mit der Änderung einer Krankenanstalt nach dem SKAG VwGH 13.12.2018, Ro 2017/11/0009). Diese im Zusammenhang mit Ambulatorien getroffene Aussage des Verwaltungsgerichtshofs trifft auch auf (sonstige) bettenführende Krankenanstalten iSd Oö. KAG zu, da dem ÖSG, der - wie in § 59j Z 1 KAKuG erwähnt - als "objektiviertes Sachverständigengutachten" zu betrachten ist, dessen Ergebnisse gemäß § 5 Abs. 5 Oö. KAG zu berücksichtigen sind, keine Rechtsverbindlichkeit zukommt.
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies jedoch auch, dass ein Bedarf an einer Krankenanstalt nur dann verneint werden darf, wenn - nach Durchführung einer den Vorgaben der hg. Judikatur entsprechenden Bedarfsprüfung - festgestellt wird, dass die beantragte Krankenanstalt zu keiner wesentlichen Verbesserung des Versorgungsangebotes führen würde. Da die Planungsvorgaben des ÖSG mangels Rechtsverbindlichkeit somit nicht zwingend den gesamten Bedarf an bettenführenden Krankenanstalten abbilden, muss die Ausschöpfung des dort angegebenen Bedarfs noch nicht bedeuten, dass an keiner anderen bettenführenden Krankenanstalt in der angesprochenen Versorgungszone mehr ein Bedarf bestehen kann. Deshalb ist auch das Vorbringen der Revisionswerberin, die Projekte würden einander im Hinblick auf die Bedarfslage jedenfalls ausschließen, weshalb eine Verfahrensgemeinschaft zu bilden und damit Parteistellung einzuräumen sei, verfehlt. 19 Ein Bedarf für eine bettenführende Krankenanstalt ist gemäß § 5 Abs. 5 Oö. KAG gegeben, wenn unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Planungen des Österreichischen Strukturplanes Gesundheit (ÖSG) hinsichtlich der örtlichen Verhältnisse (Bevölkerungsstruktur und Besiedelungsdichte), der für die Versorgung bedeutsamen Verkehrsverbindungen, der Auslastung bestehender stationärer Einrichtungen sowie der Entwicklungstendenzen in der Medizin bzw. der Zahnmedizin eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots nachgewiesen werden kann.
20 Anders als die Revisionswerberin meint, ist jedoch nicht zu prüfen, unter welchen Bedingungen ein Bedarf "am besten" erfüllt werden kann. Die Bedarfsprüfung ist nämlich (auch im Vorabfeststellungsverfahren) eine Prüfung, die jeweils anhand des konkreten Projekts bezogen auf den (geplanten) Projektstandort durchzuführen ist. Ein "Wettbewerbsverfahren" um die Bedarfsdeckung ist im Zusammenhang mit sonstigen bettenführenden Krankenanstalten im Errichtungsbewilligungsverfahren jedenfalls nicht vorgesehen. Daher kann der Revisionswerberin kein rechtlich geschütztes Interesse dahingehend zukommen, dass ihr (geplantes) Projekt den Bedarf besser abdecken würde als ein konkurrierendes Projekt. Für die Revision ist aus diesem Grund auch aus dem Vorbringen, es sei aufgrund des Ziels der Bedarfsprüfung (Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen, ausgewogenen und allgemein zugänglichen Gesundheitsversorgung sowie Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit) notwendig, der Revisionswerberin Parteistellung einzuräumen, damit objektiv untersucht werden könne, welches das geeignetste Projekt sei, nichts zu gewinnen.
21 Für diese Auslegung spricht auch der Wortlaut des § 5 Abs. 2 Oö. KAG, nach dem der Bedarf am "bestehenden Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger bettenführender Krankenanstalten mit Kassenverträgen" zu prüfen ist. Das bloß geplante Versorgungsangebot an solchen Krankenanstalten wurde hierbei vom Gesetzgeber nicht angeführt. In den Materialien heißt es zu § 5 Abs. 2 leg. cit., dass eine ausdrückliche Regelung der Ziele für die Bedarfsprüfung nötig gewesen sei. Diese seien die Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen, ausgewogenen und allgemein zugänglichen Gesundheitsversorgung und die Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit (vgl. den Bericht des Sozialausschusses betreffend das Landesgesetz, mit dem das Oö. Krankenanstaltengesetz 1997 geändert wird, Blg. 406/2011 zu den Wortprotokollen des Oö. Landtags 27. GP, 5). Nicht genannt wird in diesen Zielen der Schutz etwaiger Mitbewerber. Auch § 5 Abs. 5 leg. cit., der die Bedarfsprüfung für sonstige bettenführende Krankenanstalten regelt, nimmt in seiner Z 3 nur auf die Auslastung bestehender stationärer Einrichtungen Bezug, erwähnt jedoch die sich in Planung bzw. in einem Bewilligungsverfahren befindlichen Projekte nicht. In den Materialien zu dieser Bestimmung heißt es, dass es erforderlich sei, im Rahmen der Neuregelung der Bedarfsprüfung bereits im Gesetz die Kriterien festzulegen, die bei der Bedarfsprüfung zu berücksichtigen seien. Auch hier ist der Schutz von auf den Markt tretenden Einrichtungen bzw. der Konkurrenzschutz nicht genannt. 22 Im Erkenntnis VwGH 11.10.2016, Ro 2014/11/0056, mwN, wurde zu zwei Vorabfeststellungsanträgen nach § 10a SKAG bereits festgehalten, dass diese einander im Hinblick auf die Bedarfslage nicht ausschließen und der Fall daher nicht mit den Fällen nach dem Apothekengesetz vergleichbar ist, in denen der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, dass zwischen mehreren Bewerbern eine Verfahrensgemeinschaft mit näher ausgestalteter Parteistellung bestehe. Die Revisionswerberin stützt ihr Vorbringen, diese Rechtsprechung sei nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar, vorrangig darauf, dass die Vorabfeststellung des Bedarfs nach § 10a SKAG auf drei Monate befristet sei. Eine solche Möglichkeit kenne das Oö. KAG nicht, jedoch sei diese Befristung im angeführten Erkenntnis entscheidungswesentlich.
23 Der Revisionswerberin ist zwar insofern zuzustimmen, dass
das Oö. KAG eine Befristung der Bedarfsfeststellung nicht kennt,
jedoch ist auch daraus für sie nichts zu gewinnen: Weder die
befristete noch die unbefristete Feststellung eines Bedarfs an
einer Krankenanstalt bewirkt per se ein "bestehendes
Versorgungsangebot ... bettenführender Krankenanstalten mit
Kassenverträgen". Bereits "bestehend" kann das Versorgungsangebot
nämlich nur sein, wenn es von Patientinnen und Patienten auch
tatsächlich in Anspruch genommen werden kann.
24 Nichts anderes gilt für eine bereits erteilte
Errichtungsbewilligung. Auch diese bewirkt nicht per se ein
"bestehendes Versorgungsangebot ... bettenführender
Krankenanstalten mit Kassenverträgen", verpflichtet sie doch den Bewilligungsinhaber nicht einmal, die geplante Anstalt tatsächlich zu errichten. Letzteres ergibt sich auch aus § 5 Abs. 7 Oö. KAG, der normiert, dass die Landesregierung die Errichtungsbewilligung unter bestimmten Umständen zurücknehmen kann, wenn nicht binnen drei Jahren ab Erteilung der Bewilligung mit der Errichtung der bettenführenden Krankenanstalt begonnen wird.
25 Dem Verwaltungsgericht ist somit nicht entgegenzutreten, wenn es davon ausging, dass im Revisionsfall keine Verfahrensgemeinschaft zu bilden und den Anträgen der Revisionswerberin auf Einräumung der Parteistellung und Gewährung der Akteneinsicht in den Verfahren der P GmbH und der H GmbH nicht stattzugeben war.
26 Die Revision war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
27 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014. Wien, am 2. August 2019
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONParteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen RechtspersönlichkeitParteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger ZustellungVerwaltungsverfahrensgemeinschaftVwRallg13European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2017110021.L00Im RIS seit
17.10.2019Zuletzt aktualisiert am
17.10.2019