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DE-10 Verfassungsrecht DeutschlandNorm
ABGB §139 idF 1995/025Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser sowie Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schweinzer, über die Revisionen 1. des C M J H-D, 2. der E C M H-D, 3. des H M A H-D, alle in W und vertreten durch SRG Stock Rafaseder Gruszkiewicz Rechtsanwälte GmbH in 1040 Wien, Schwindgasse 7/6, gegen die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichts Wien vom 2. Jänner 2019, Zlen. 1. VGW-101/042/6405/2018-4, 2. VGW- 101/042/6407/2018 und 3. VGW-101/042/6408/2018, betreffend eine Angelegenheit nach dem Personenstandsgesetz 2013 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Zweitrevisionswerberin ist die Mutter des Erst- sowie des Drittrevisionswerbers. Die Revisionswerber sind österreichische Staatsbürger.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht Wien (VwG) im Beschwerdeverfahren jeweils gemäß § 42 Personenstandsgesetz 2013, BGBl. I Nr. 16 idF BGBl. I Nr. 80/2014 (PStG 2013), die Eintragung des Familiennamens des Erst- und des Drittrevisionswerbers im Geburtenbuch sowie des Familiennamens sämtlicher Revisionswerber im zentralen Personenstandsregister auf "H-D" (statt "H von D") berichtigt und die Anträge der Revisionswerber auf Feststellung, dass der Name "H von D" ein selbständiger Name sei und als solcher in Österreich geführt werden dürfe, als unzulässig zurückgewiesen. Gleichzeitig sprach das VwG jeweils aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
3 Begründend führte das VwG zusammengefasst aus, ausgehend vom durchgeführten Ermittlungsverfahren sei der ursprünglich in den Personenstandsurkunden der Revisionswerber eingetragene Namensbestandteil "von" auf die Erhebung der Vorfahren des Erst- und Drittrevisionswerbers väterlicherseits sowie des Ehegatten der Zweitrevisionswerberin in den Adelsstand zurückzuführen und nicht bürgerlicher Natur. Es erübrige sich daher, sich mit der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Führung von Namensbestandteilen, die trotz ihrer bürgerlichen Herkunft den Anschein einer Adelsbezeichnung erwecken, auseinanderzusetzen. 4 Dagegen erhoben die Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Beschwerdebehandlung mit Beschluss vom 13. März 2019, E 553/2019-5, ablehnte und die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Gemäß § 42 Abs. 1 PStG 2013 ("Berichtigung") ist eine Eintragung zu berichtigen, wenn sie bereits zur Zeit der Eintragung nicht richtig war.
9 Gemäß § 2 Z 1 der Vollzugsanweisung vom 18. April 1919 über die Aufhebung des Adels und gewisser Titel und Würden, StGBl. Nr. 237/1919 idF BGBl. Nr. 50/1948, ist das Recht zur Führung des Adelszeichens "von" durch § 1 des Adelsaufhebungsgesetzes, StGBl. Nr. 211/1919 idF BGBl. I Nr. 2/2008, aufgehoben.
10 Die Revisionswerber bringen zur Zulässigkeit der Revisionen gesondert vor, dass sie mit der Berichtigung der Eintragung ihres Familiennamens im Geburtenbuch bzw. Personenstandsregister im Hinblick auf den Namen ihres Vaters bzw. Ehegatten, der als deutscher bzw. schweizer Staatsangehöriger den Familiennamen "H von D" führen dürfe, im Widerspruch zu § 93 ABGB unterschiedliche Familiennamen führen würden. Überdies sei der Namensbestandteil "von" durch einen Bindestrich ersetzt worden, wodurch nunmehr ein Doppelname gegeben sei, obwohl diese Namen bisher immer als Namenseinheit zu verstehen gewesen seien. Durch das Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetz 2013 - KindNamRÄG 2013 sei nicht geklärt, was künftig für verbundene Namen in Folge des Adelsaufhebungsgesetzes gelte. Zu dieser Rechtsfrage bestehe keine Rechtsprechung. Darüber hinaus habe das VwG den Grundsatz des gleichen Familiennamens falsch angewendet.
11 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung - diesbezüglich an der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes anknüpfend - klargestellt, dass das in Österreich im Verfassungsrang stehende Adelsaufhebungsgesetz für österreichische Staatsbürger sowohl den Erwerb von Namensbestandteilen oder - zusätzen, die im Sinne des Adelsaufhebungsgesetzes und der dazu ergangenen Vollzugsanweisung Adelsbezeichnungen darstellen, ausschließt, als auch dass eine Person, für die eine solche Adelsbezeichnung nach anderem als nach österreichischem Recht Bestandteil ihres Namens ist, diese nach Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft weiterführt (vgl. jüngst VwGH 28.1.2019, Ra 2018/01/0509, Rn. 9; 28.2.2019, Ra 2019/01/0028, Rn. 10, jeweils mwN). Insbesondere zur Unzulässigkeit des Adelszeichens "von" teilte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. März 2016, Ra 2014/01/0045, ausdrücklich die Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes in dessen Erkenntnis vom 26. Juni 2014, B 212/2014, B 213-215/2014-14, VfSlg. 19.891, wonach der Umstand, dass es sich beim Zusatz "von" um einen im Sinne des Art. 109 Abs. 3 der Weimarer Reichsverfassung - der in Deutschland nach wie vor als einfaches Bundesrecht in Geltung steht - gegebenenfalls nach deutschem Recht zulässigen Bestandteil des Namens des Ehegatten bzw. Vaters der Beschwerdeführerinnen handelt, nichts daran ändert, dass dieser Zusatz für die Beschwerdeführerinnen als österreichische Staatsbürgerinnen nach den Bestimmungen des Adelsaufhebungsgesetzes und der dazu ergangenen Vollzugsanweisung eine unzulässige Adelsbezeichnung darstellt, die unabhängig von der Staatsangehörigkeit deren Ehegattens bzw. Vaters auf die Beschwerdeführerinnen im Lichte des Adelsaufhebungsgesetzes verfassungskonform durch die jeweils zum Zeitpunkt des Namenserwerbs anzuwendenden einschlägigen zivilrechtlichen Bestimmungen (§ 92 ABGB idF BGBl. 122/1967, § 146 ABGB idF BGBl. 122/1967 bzw. idF BGBl. 108/1973) nicht weitergegeben werden konnte.
12 Ausgehend von dieser Rechtsprechung sind die im Zulässigkeitsvorbringen angesprochenen zivilrechtlichen Bestimmungen (§ 93 ABGB idFd KindNamRÄG 2013, BGBl. I Nr. 15/2013) sowie die zum Zeitpunkt des Namenserwerbs einschlägigen zivilrechtlichen Bestimmungen (§ 155 ABGB idF BGBl. I Nr. 15/2013 betreffend den Erstrevisionswerber, § 139 ABGB idF BGBl. 25/1995 betreffend den Drittrevisionswerber sowie § 93 ABGB idF BGBl. 25/1995 betreffend die Zweitrevisionswerberin) im Lichte des Adelsaufhebungsgesetzes verfassungskonform dahin auszulegen, dass unabhängig von nach einem anderen als dem österreichischen Recht zulässigen Bestandteil des Namens des Vaters bzw. Ehegatten der Revisionswerber diese als österreichische Staatsbürger nicht berechtigt sind, das unzulässige Adelszeichens "von" in ihrem Familiennamen zu führen.
13 Das Ersetzen dieses unzulässigen Namensbestandteiles durch einen Bindestrich im Wege der Berichtigung gemäß § 42 Abs. 1 PStG 2013 begegnet im Hinblick auf die von den Revisionswerbern herangezogene Bestimmung des § 93 ABGB idFd KindNamRÄG 2013, BGBl. I Nr. 15/2013, keine Bedenken. Vielmehr geht der Gesetzgeber in den Materialien zu dieser Bestimmung von der "Ersetzung des Adelsprädikates ?von' durch einen Bindestrich im Zug der Adelsaufhebung" aus, wodurch verbundene Namen entstanden sind, für die wie "für Doppel- oder Mehrfachnamen, wie sie etwa bei Eheschließungen oder im Kindesnamensrecht gebildet werden," gilt, dass "der gemeinsame Familiendoppelname" als gemeinsamer Familienname auch auf die aus der Ehe stammenden Kinder übertragen werden können" soll (vgl. RV 2004 BlgNR 24. GP, 13). 14 Soweit in der Zulässigkeitsbegründung ein Abweichen von nicht näher dargelegter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes moniert wird, indem das Verwaltungsgericht den Revisionswerbern die Beweislast dazu auferlegt habe, dass der Familienstammvater schon vor der Wappenverleihung an dessen Söhne in seinem Namen das Bindewort "de" geführt habe und die Bezeichnung "von" keine Adels- sondern um eine Herkunftsbezeichnung darstelle, ist auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. März 2018 , E 4354/2017, VfSlg. 20.234 (auf welches auch der erwähnte Ablehnungsbeschluss vom 13. März 2019 Bezug nimmt), hinzuweisen.
15 Darin stellte der Verfassungsgerichtshof klar, dass es darauf ankommt, ob der in Rede stehende Name (Namensbestandteil oder -zusatz) geeignet ist, in den Beziehungen der Menschen untereinander das Bestehen von Vorrechten der Geburt oder des Standes zum Ausdruck zu bringen. Es kommt also auf die objektive Wahrnehmung für diejenigen an, die das Diskriminierungsverbot des Art. 7 Abs. 1 Satz 2 B-VG vor einer Ungleichbehandlung auf Grund von solchen Vorrechten schützen will. Nach der Auffassung des Verfassungsgerichtshofes ist eine entsprechende Führung des durch § 2 Z 1 der Vollzugsanweisung als Namensbestandteil verbotenen Wortes "von" grundsätzlich geeignet, den Anschein einer adeligen Herkunft und damit entsprechender Vorrechte hervorzurufen, ohne dass es darauf ankommt, ob die konkrete Namens- oder Familiengeschichte tatsächlich einen historischen Adelsbezug aufweist.
16 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Hinblick auf das im Verfassungsrang stehende Adelsaufhebungsgesetz diesen Erwägungen angeschlossen, zumal auch der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung im Kontext des Beschwerdefalls bereits auf die Bedeutung (der Vermeidung) des bloßen Anscheins der Verwendung des Adelsprädikats, welches mit dem Adelsaufhebungsgesetz und der hiezu ergangenen Vollzugsanweisung im Widerspruch steht, hingewiesen und das maßgebliche Ziel einer Namensführung nach Maßgabe des Adelsaufhebungsgesetzes darin erblickt hat, dass sich in Hinkunft die Nenn- und Schreibweise eines Familiennamens nicht von jener der übrigen Staatsbürger unterscheidet (vgl. VwGH 28.2.2019, Ra 2019/01/0028, mwN).
17 Soweit im Zulässigkeitsvorbringen lediglich pauschal ausgeführt wird, dass das VwG die Rechtslage grob verkenne, weil die rechtliche Beurteilung grob fehlerhaft sei und diese zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ereignis geführt habe, wird keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen, weil mit diesem Vorbringen nicht konkret dargelegt wird, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. für viele VwGH 3.9.2018, Ra 2018/01/0348, Rn. 8, mwN).
18 In den Revisionen werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen waren daher zurückzuweisen.
19 Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 13. August 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019010216.L00Im RIS seit
15.10.2019Zuletzt aktualisiert am
15.10.2019