TE Vwgh Beschluss 2019/8/22 Ra 2019/21/0122

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Veröffentlicht am 22.08.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

BFA-VG 2014 §9
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Pfiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des A C in der R K, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das am 9. August 2018 mündlich verkündete und am 7. Dezember 2018 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, G311 2160120-1/12E, betreffend insbesondere Rückkehrentscheidung, Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung und Einreiseverbot (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein 1993 geborener kosovarischer Staatsangehöriger, hielt sich seit März 2004 in Österreich auf, wo er mit seinen Eltern und Geschwistern lebte. Ihm waren zunächst Aufenthaltstitel als Familienangehöriger, ab 10. Juni 2014 ein Aufenthaltstitel Daueraufenthalt-EU erteilt worden. 2 Mit rechtskräftigem Urteil vom 20. Februar 2015 (bestätigt mit Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 10. Juni 2015) verhängte das Landesgericht Linz über den Revisionswerber wegen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes, Vergehens nach § 50 Abs. 1 Waffengesetz, Vergehens der versuchten Begünstigung, des Verbrechens der versuchten Hehlerei, des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten Diebstahls durch Einbruch sowie Vergehens nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall sowie Abs. 2 SMG eine Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren, die (unter Anrechnung der Vorhaft ab 14. November 2014) bis zur bedingten Entlassung des Revisionswerbers aus dem Strafvollzug am 14. November 2017 vollzogen wurde. An diesem Tag reiste der Revisionswerber aus dem Bundesgebiet (zunächst nach Albanien) aus.

Der Revisionswerber war am 22. Oktober 2014 in Linz an einem versuchten Raubüberfall unter Verwendung einer Faustfeuerwaffe in einer Trafik beteiligt. Während ein Mittäter die Pistole gegen die Trafikantin richtete und ihr damit einen Schlag ins Gesicht versetzte, sodass sie zu Boden stürzte und einen Jochbeinbruch, also eine schwere Verletzung am Körper, erlitt, durchsuchte u. a. der Revisionswerber die Trafik nach werthaltiger Beute. Im Oktober 2014 hatte er in Linz unbefugt eine Schusswaffe, nämlich die eben genannte Pistole, besessen. Am 31. Oktober 2014 hatte er in Linz seine Mittäter aus dem beschriebenen Raubüberfall, die am 30. Oktober 2014 (alleine) einen weiteren Raub begangen hatten, in Kenntnis der letztgenannten Tat der Verfolgung absichtlich zu entziehen versucht, indem er sie in die Wohnung seiner Eltern einließ, um sie zu verstecken, und sie bei Eintreffen der Polizei warnte. Des Weiteren hatte er versucht, die Genannten nach dem Raub vom 30. Oktober 2014 dabei zu unterstützen, eine Sache, die sie durch diese Tat erlangt hatten, zu verwerten, indem er EUR 60,-

- aus der Beute übernahm, um damit Alkohol und Zigaretten zu kaufen.

Bereits in der Nacht zum 28. September 2012 hatte er in Leonding gemeinsam mit einem Mittäter Verfügungsberechtigten seines damaligen Dienstgebers (als Lehrling) zwei Digitalkameras im Zuge eines nächtlichen Einbruchdiebstahls gestohlen sowie weitere Wertgegenstände durch Aufbrechen eines Tresors zu stehlen versucht.

Zwischen 14. Juli 2012 und Juni 2014 hatte er in Leonding und anderen Orten jeweils wenige Gramm Marihuana erworben und zum persönlichen Gebrauch besessen.

3 Mit Bescheid vom 4. Mai 2017 erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Bezug auf diese Straftaten gegen den Revisionswerber gemäß § 52 Abs. 5 FPG eine Rückkehrentscheidung. Es stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung nach § 46 FPG in den Kosovo zulässig sei. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG erließ es gegen den Revisionswerber ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot. Es gewährte ihm gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise und erkannte gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung ab.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach mündlicher Verhandlung einer dagegen erhobenen Beschwerde mit der Maßgabe statt, dass es die Dauer des Einreiseverbotes auf sechs Jahre herabsetzte. Im Übrigen wies es die Beschwerde als unbegründet ab. Es sprach gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5 Begründend verwies das BVwG auf die massiven, in ihrer Intensität vom Jahr 2012 bis zum Jahr 2014 gesteigerten Straftaten des Revisionswerbers, die eine gegenwärtige hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit iSd § 52 Abs. 5 FPG begründen. Der Revisionswerber sei unverheiratet und kinderlos. Er habe in Österreich eine Lehrausbildung als Mechaniker absolviert, vor seiner Inhaftierung als Hilfskraft gearbeitet und gemeinsam mit seiner Familie (sein Vater und sein Bruder seien österreichische Staatsbürger) gelebt. Im Hinblick vor allem auf diese privaten Bindungen sei die Dauer des Einreiseverbotes auf sechs Jahre reduziert worden. Das Ergebnis der Interessenabwägung stehe im Übrigen jedoch einer Rückkehr in den Kosovo, wo er die ersten elf Jahre seines Lebens verbracht habe und wo eine Reintegration zu erwarten sei, nicht entgegen. 6 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 26. Februar 2019, E 251/2019, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. 7 Die in der Folge ausgeführte Revision erweist sich als unzulässig.

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a erster Satz VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

9 Unter diesem Gesichtspunkt rügt der Revisionswerber vor allem, dass er nicht die Möglichkeit gehabt habe, an der vom BVwG anberaumten (und über sein Ersuchen auf einen späteren Termin verlegten) mündlichen Verhandlung teilzunehmen, weil ihm von der Österreichischen Botschaft zu diesem Zweck kein Einreisevisum ausgestellt worden sei.

10 Damit wird jedoch kein Verfahrensmangel aufgezeigt, weil insoweit angesichts der über mehrere Jahre wiederholten und in ihrer Intensität gesteigerten massiven vom Revisionswerber begangenen Verbrechen und der insgesamt nicht ausgeprägten in Österreich erreichten Integration dem BVwG eine Entscheidung erlaubt war, ohne sich davor einen persönlichen Eindruck vom Revisionswerber zu verschaffen.

11 Den in der Revision hervorgehobenen starken familiären Bindungen zu den Eltern und Geschwistern hat das BVwG ohnehin mit einer deutlichen Reduktion der Dauer des Einreiseverbotes ausreichend Rechnung getragen.

12 Auch sonst vermag die Revision keine revisiblen Gesichtspunkte aufzuzeigen. Die inhaltlich thematisierte, unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommene Gefährdungsprognose und die Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG sind, wenn sie (wie hier) angesichts der massiven Straftaten des Revisionswerbers in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurden, nicht revisibel (vgl. etwa VwGH 25.1.2018, Ra 2017/21/0258, Rn. 12, mwN). 13 Der Revision gelingt es daher insgesamt nicht, eine entscheidungsrelevante grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen, sodass sie gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war.

Wien, am 22. August 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019210122.L01

Im RIS seit

12.11.2019

Zuletzt aktualisiert am

12.11.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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