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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AlVG 1977 §26a Abs1 Z1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofräte Dr. Strohmayer und Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des R G in W, vertreten durch Mag. Martin Wakolbinger, Rechtsanwalt in 4470 Enns, Linzer Straße 1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts
vom 18. Mai 2018, L525 2167915-1/5E, betreffend Bildungsteilzeitgeld (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Arbeitsmarktservice Wels), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber beantragte beim Arbeitsmarktservice Wels (AMS) die Gewährung von Bildungsteilzeitgeld ab dem 1. März 2017. Mit seinem Antrag legte er eine Bescheinigung über die Vereinbarung einer Bildungsteilzeit mit seinem Arbeitgeber nach § 11a AVRAG im Zeitraum von 1. März 2017 bis 28. Februar 2019 und eine Information über die geplante Ausbildung als Fachsozialbetreuer mit dem Ausbildungsschwerpunkt Behindertenbegleitung vor. Daraus ergab sich, dass die Ausbildung des Revisionswerbers von März 2017 bis Februar 2019 dauern und einen "Fachabschluss Behindertenbegleitung" mit
1.300 Unterrichtseinheiten und 1.160 Stunden praktischer Ausbildung sowie das Ausbildungsmodul "Unterstützung bei der Basisversorgung" mit 100 Unterrichtseinheiten und 40 Stunden praktischer Ausbildung umfassen sollte.
2 Das AMS übermittelte dem Revisionswerber zunächst die Mitteilung, aufgrund der von ihm vorgelegten Unterlagen sowie der Angaben und gesetzlichen Bestimmungen stünde ihm ein Bildungsteilzeitgeld iHv tgl. EUR 11,85 von 1. März 2017 bis 28. Februar 2019 zu. Mit Bescheid vom 26. April 2017 sprach das AMS aus, dass die Zuerkennung von Bildungsteilzeitgeld an den Revisionswerber für den Zeitraum von 1. März 2017 bis 28. Februar 2019 widerrufen werde. Eine dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das AMS mit Beschwerdevorentscheidung vom 13. Juli 2017 ab. Der Revisionswerber stellte einen Vorlageantrag.
3 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, der Revisionswerber sei seit dem Jahr 2008 als Behindertenbetreuer beschäftigt. Der praktische Teil der der Vereinbarung von Bildungsteilzeit zugrunde liegenden Ausbildung des Revisionswerbers von insgesamt 1.200 Stunden finde - ganz überwiegend - beim Arbeitgeber des Revisionswerbers an seinem bisherigen Arbeitsplatz statt. Es treffe nicht zu, dass die praktische Ausbildung nur beim Arbeitgeber des Revisionswerbers möglich gewesen wäre. Damit seien die Voraussetzungen des Bildungsteilzeitgeldes nach § 26a Abs. 1 Z 1 letzter Satz AlVG nicht erfüllt.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit vorgebracht, für die Gewährung von Bildungsteilzeitgeld sei nach § 26a Abs. 1 Z 1 AlVG die Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme im Ausmaß von mindestens zehn Wochenstunden nachzuweisen. Diesem Erfordernis entspreche der Revisionswerber schon durch den theoretischen Teil seiner Ausbildung von durchschnittlich wöchentlich 13,98 Stunden, den er nicht bei seinem Arbeitgeber absolviere. Auf den praktischen Teil der Ausbildung könne es in einer solchen Konstellation nicht mehr ankommen. Das Bundesverwaltungsgericht habe im Übrigen zu Unrecht von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen.
9 § 26a Abs. 1 AlVG lautet samt Überschrift auszugsweise:
"Bildungsteilzeitgeld
§ 26a. (1) Personen, die eine Bildungsteilzeit gemäß § 11a AVRAG in Anspruch nehmen und die Anwartschaft auf Arbeitslosengeld erfüllen, gebührt für die vereinbarte Dauer ein Bildungsteilzeitgeld bei Erfüllung der nachstehenden Voraussetzungen:
1. Die Teilnahme an einer im Wesentlichen der Dauer der Bildungsteilzeit entsprechenden Weiterbildungsmaßnahme ist nachzuweisen. Das Ausmaß der Weiterbildungsmaßnahme muss mindestens zehn Wochenstunden betragen. Umfasst die Weiterbildungsmaßnahme nur eine geringere Wochenstundenanzahl, so ist nachzuweisen, dass zur Erreichung des Ausbildungszieles zusätzliche Lern- und Übungszeiten in einem Ausmaß erforderlich sind, dass insgesamt eine vergleichbare zeitliche Belastung besteht. Eine praktische Ausbildung darf nicht beim selben Arbeitgeber stattfinden, es sei denn, dass die Ausbildung nur dort möglich ist.
2. (...)"
10 Nach dem klaren Wortlaut des letzten Satzes des § 26a Abs. 1 Z 1 AlVG ist somit Voraussetzung der Gewährung von Bildungsteilzeitgeld, dass eine praktische Ausbildung nicht beim Arbeitgeber des Antragstellers stattfindet. Davon besteht nur in den Fällen eine Ausnahme, in denen diese Ausbildung bei einem anderen Arbeitgeber nicht durchgeführt werden kann. Die Ansicht des Revisionswerbers, es reiche aus, dass ein zehn Wochenstunden übersteigender Teil der theoretischen Ausbildung an einer anderen Stelle absolviert werde, findet im Wortlaut der Bestimmung keine Deckung.
11 Ergänzend ist anzumerken, dass die in § 26a Abs. 1 AlVG festgelegten Voraussetzungen des mit dem Sozialrechts-Änderungsgesetz 2013, BGBl. I Nr. 67/2013, eingeführten Bildungsteilzeitgeldes im Wesentlichen den Regelungen zum Weiterbildungsgeld in § 26 Abs. 1 AlVG nachgebildet wurden (vgl. ErlRV 2150 BlgNR 24. GP 15). In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (298 BlgNR 23. GP 13) zu BGBl. I Nr. 104/2007 wurde ausgeführt, die in § 26 Abs. 1 AlVG enthaltene Anordnung, wonach eine praktische Ausbildung - mit der im Gesetz genannten Ausnahme des Nichtbestehens einer anderen Möglichkeit - nicht beim Arbeitgeber des Antragstellers stattfinden dürfe, solle einen "Einsatz zu Arbeitszwecken auf Kosten der Arbeitslosenversicherung"
vermeiden. Die vom Revisionswerber angestrebte Auslegung würde diesen Zweck der Regelung unterlaufen.
12 Ist die Rechtlage nach den in Betracht kommenden Normen - wie vorliegend - klar und eindeutig, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor; das selbst dann, wenn zu einer Frage der Auslegung der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. VwGH 27.11.2018, Ra 2018/08/0225, mwN).
13 Soweit die Revision das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung rügt, ist darauf zu verweisen, dass das Bundesverwaltungsgericht davon ausgegangen ist, dass der entscheidungswesentliche - oben im Wesentlichen wiedergegebene - Sachverhalt unstrittig ist. Das wird in der Revision auch nicht in Abrede gestellt. Davon ausgehend ist aber nicht zu erkennen, dass eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht eine weitere Klärung der Rechtssache iSd § 24 Abs. 4 VwGG hätte erwarten lassen (vgl. VwGH 9.5.2018, Ra 2018/03/0046). Es entspricht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 6 EMRK, dass eine Verhandlung nicht in jedem Fall geboten ist; und zwar insbesondere dann nicht, wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten sind, sodass eine Verhandlung nicht notwendig ist und das Gericht aufgrund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden kann (vgl. EGMR 18.7.2013, Schädler-Eberle/Liechtenstein, 56422/09, Rn. 97 ff; vgl. idS VwGH 19.12.2018, Ra 2018/03/0132; 29.4.2019, Ra 2017/05/0042; jeweils mwN).
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 27. August 2019
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018080188.L00Im RIS seit
11.10.2019Zuletzt aktualisiert am
11.10.2019