Index
10 VerfassungsrechtNorm
VfGG §33Leitsatz
Abweisung eines Antrags auf neuerliche Zustellung eines Verbesserungsauftrags und eines Wiedereinsetzungsantrags nach Zurückweisung des Verfahrenshilfeantrags wegen nicht behobenen Formmangels durch den Verfassungsgerichtshof; Gegenstandslosigkeit des neuerlichen VerfahrenshilfeantragsSpruch
I. Der Antrag auf neuerliche Zustellung des Verbesserungsauftrages des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 1996 B2029/96-3 wird abgewiesen.
II. Der Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Der Einschreiter beantragte zunächst mit Eingabe vom 24. Juni 1996 die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Beschwerdeführung gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. Mai 1996, Z119.246/2-III/11/96.
Mit Schriftsatz vom 27. Juni 1996 B2029/96-3 wurde der Einschreiter gemäß §§84, 85 ZPO in Verbindung mit §66 ZPO und §35 VerfGG aufgefordert, innerhalb von vier Wochen den Tag der Zustellung des angefochtenen Bescheides anzugeben und bekanntzugeben, ob der Rechtsanwalt für die Einbringung der Beschwerde allein oder für das gesamte Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beigegeben werden sollte. Der Einschreiter wurde in diesem Schriftsatz darauf aufmerksam gemacht, daß sein Antrag zurückgewiesen würde, wenn er dieser Aufforderung nicht fristgerecht entspräche. Dieser Verbesserungsauftrag wurde dem Einschreiter am 3. Juli 1996 durch postamtliche Hinterlegung zugestellt, er wurde vom Einschreiter aber nicht behoben und dem Verfassungsgerichtshof zurückgestellt.
Der Verfahrenshilfeantrag des Einschreiters wurde in weiterer Folge mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 4. September 1996 B2029/96-5 wegen Nichterfüllung des dem Einschreiter gesetzten Verbesserungsauftrages zurückgewiesen.
2. Mit Eingabe vom 18. September 1996 stellte der Einschreiter den Antrag auf neuerliche Zustellung des Schreibens des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 1996 B2029/96-3; subsidiär beantragte er die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erfüllung des Verbesserungsauftrages und holte unter einem die versäumte Verbesserung nach. Weiters stellte der Einschreiter nochmals den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe. Die Anträge werden wie folgt begründet: Der Einschreiter habe den Verbesserungsauftrag des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 1996 B2029/96-3 niemals erhalten; unter Umständen sei die Zustellung dieses Schriftsatzes jedoch ordnungsgemäß erfolgt und die Hinterlegungsanzeige durch fremde Personen beseitigt worden. Er sei sohin an der rechtzeitigen Stellungnahme bzw. Bekanntgabe der aufgetragenen Erfordernisse durch ein unabwendbares und unvorhersehbares Ereignis, nämlich dadurch, daß er von der Zustellung ohne sein Verschulden keine Kenntnis erlangt habe, gehindert worden.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Anträge erwogen:
1.1. Dem Antrag auf neuerliche Zustellung des Verbesserungsauftrages wäre nur Folge zu geben, wenn infolge einer mangelhaften Zustellung des fristbegründenden Schriftstückes des Verfassungsgerichtshofes die Frist zur Erfüllung des Verbesserungsauftrages gar nicht zu laufen begonnen hätte. Die Zustellung des Verbesserungsauftrages erfolgte - wie sich aus dem Akt des Verfassungsgerichtshofes ergibt - jedoch rechtswirksam durch postamtliche Hinterlegung am 3. Juli 1996. Nach den Angaben des Postzustellers im Rückschein wurde der erste Zustellversuch am 1. Juli 1996 vorgenommen, wobei die Ankündigung eines zweiten Zustellversuches in das Hausbrieffach eingelegt wurde. Nachdem auch der zweite Zustellversuch am 2. Juli 1996 erfolglos verlaufen war, wurde das Schriftstück beim Postamt hinterlegt. Eine Verständigung von der Hinterlegung wurde in das Hausbrieffach eingelegt. Da der Einschreiter nicht behauptet, daß er wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte (vgl. §17 Abs3 Zustellgesetz), galt das hinterlegte Schriftstück des Verfassungsgerichtshofes mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt. Gemäß §17 Abs4 Zustellgesetz hat die Beschädigung oder die Entfernung der Verständigung auf die Gültigkeit der Hinterlegung keinen Einfluß.
Der Antrag des Einschreiters auf neuerliche Zustellung des Verbesserungsauftrages des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 1996 B2029/96-3 war daher abzuweisen, weil der Verbesserungsauftrag rechtswirksam zugestellt wurde.
1.2. Auch der - zulässige - Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der gesetzten Frist zur Behebung des Mangels des Verfahrenshilfeantrages ist nicht begründet:
Da das VerfGG in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen des §146 Abs1 ZPO idF der Zivilverfahrens-Novelle 1983, BGBl. 135/1983, sinngemäß anzuwenden: Danach ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Unter "minderem Grad des Versehens" ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (vgl. VfSlg. 9817/1983, 11706/1988).
Der Einschreiter bringt vor, von der (rechtswirksamen - s. oben unter 1.1.) Zustellung des Verbesserungsauftrages ohne sein Verschulden keine Kenntnis erlangt zu haben und macht damit das Vorliegen eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses im Sinne von §146 ZPO geltend. Begründend führt der Einschreiter lediglich aus, daß "unter Umständen die Hinterlegungsanzeige durch fremde Personen beseitigt wurde". Dieses Vorbringen kann dem Antrag jedoch nicht zum Erfolg verhelfen, weil dieses nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes nicht ausreicht, um die Angaben des Postzustellers im Rückschein, wonach sowohl die Ankündigung des zweiten Zustellversuches als auch die Hinterlegungsanzeige ins Hausbrieffach eingelegt wurden, zu entkräften. Da der Einschreiter nicht glaubhaft machen konnte, daß die ordnungsgemäß angebrachte Benachrichtigung - sowohl vom zweiten Zustellversuch als auch von der Hinterlegung - durch dritte Personen entfernt worden sei, war der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abzuweisen.
Der Antrag des Einschreiters auf (neuerliche) Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Beschwerdeführung gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. Mai 1996, Z119.246/2-III/11/96, ist im Hinblick auf den Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 4. September 1996 B2029/96-5 als gegenstandslos zu betrachten.
III. Dies konnte gemäß §§19 und 33 VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Zustellung, VfGH / Mängelbehebung, VfGH / Wiedereinsetzung, VfGH / VerfahrenshilfeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1996:B2029.1996Dokumentnummer
JFT_10038875_96B02029_00