Index
L65002 Jagd Wild Kärnten;Norm
JagdG Krnt 1978 §57 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des J V in K, vertreten durch Dr. Gottfried Hammerschlag und Dr. Wilhelm Dieter Eckhart, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Alter Platz 19, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 19. Juni 1995, Zl. KUVS-810/1/1995, betreffend Übertretung des Kärntner Jagdgesetzes 1978, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt vom 17. Mai 1995 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe ein der Abschußplanung unterliegendes Wild nicht im Rahmen des Abschußplanes erlegt und dadurch § 98 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 57 Abs. 1 und Abs. 5 Kärntner Jagdgesetz 1978, LGBl. Nr. 76 in der Fassung LGBl. Nr. 104/1991, (im folgenden: JagdG) verletzt, weshalb über ihn eine Verwaltungsstrafe in Höhe von S 3.000,-- und eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt wurde.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es im wesentlichen, der nunmehrige Beschwerdeführer habe sich auf der Gamspirsch befunden und aufgrund starken Nebels einen Hochsitz aufgesucht. Es habe auf Grund des Nebels stark eingeschränkte Sicht geherrscht, nur bei kurzzeitigem Aufreißen des Nebels sei es möglich gewesen, in den Schlag Einsicht zu bekommen. Nach kurzzeitigem Aufreißen des Nebels habe der Beschwerdeführer aus einer Entfernung von rund 200 m eine nicht führende Geiß wahrnehmen können. Der Beschwerdeführer habe die Gamsgeiß unter Zuhilfenahme des Spektivs als ältere nicht führende Geiß angesprochen und beschlossen, diese zu erlegen. Es habe sich dann der Nebel wieder zusammengezogen. Als er wieder aufgerissen habe, habe der Beschwerdeführer nochmals mit dem Spektiv die Geiß als schußbar angesprochen und sich demnach zu einem Schuß entschlossen. Aus diesem Grunde habe er dann das Spektiv weggelegt und das Gewehr schußfertig gemacht, um bei Aufreißen des Nebels in der Lage zu sein, die von ihm als schußbar angesprochene Gamsgeiß zu erlegen. Tatsächlich habe sich dann kurz darauf der Nebel soweit gelichtet, daß er wieder Sicht zur Gamsgeiß gehabt habe. Er habe sofort das Gewehr genommen und die in einer Entfernung von 200 m stehende Gams erlegt, in der Meinung, daß es sich um die von ihm als schußbar angesprochene Gamsgeiß handle. Erst als er zu dem erlegten Wildstück gekommen sei, habe er feststellen müssen, daß er irrtümlich nicht die vorhin angesprochene Gamsgeiß, sondern einen sieben- bis achtjährigen Gamsbock erlegt habe.
Als versierter Jäger sei der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen, sich vor Abgabe des Schusses noch einmal mittels Spektivs davon zu überzeugen, daß es sich bei dem zu erlegenden Gamswild tatsächlich um die vorher angesprochene Gamsgeiß gehandelt habe, nachdem diese infolge Nebeleinfalles für ihn eine Zeit lang nicht sichtbar gewesen sei. Die Möglichkeit, daß nach Aufreißen des Nebels an jener Stelle nunmehr anstelle der Gamsgeiß ein Gamsbock stehe, hätte der Beschwerdeführer von vornherein nicht ausschließen dürfen. Da er es unterlassen habe, unmittelbar vor Abgabe des Schusses sich darüber durch einen Blick in das Spektiv Klarheit zu verschaffen, habe er zweifelsohne fahrlässig gehandelt.
Mit dem bekämpften Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.
Die belangte Behörde führte im wesentlichen aus, daß der Beschwerdeführer die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht bestreite.
Entgegen der in der Berufung vertretenen Auffassung handle es sich bei der gegenständlichen Übertretung nach dem JagdG um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG. Es wäre daher am Beschwerdeführer gelegen gewesen, glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Eine dahingehende Wirkung habe jedoch sein Vorbringen nicht zu erzielen vermocht. Der Unabhängige Verwaltungssenat für Kärnten habe bereits wiederholte Male unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt, daß ein fehlerhaftes Ansprechen immer zu Lasten des Schützen zu gehen habe. Werde daher, wie hier, ein Stück Wild in Erlegungsabsicht beschossen und dadurch ein Abschuß entgegen dem Abschußplan bewirkt, so sei in jedem Fall zumindest von einem fahrlässigen Verhalten auszugehen. Der Schütze habe demnach das Risiko eines Fehlabschusses zu tragen. Zudem habe die Erstinstanz unter Zugrundelegung der eigenen Verantwortung des Beschwerdeführers in durchaus nachvollziehbarer Weise dargelegt, aus welchen Gründen dem Beschwerdeführer ein fahrlässiges Verhalten zur Last zu legen gewesen wäre. Im übrigen werde die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses als zutreffend zur Gänze in die Berufungsentscheidung aufgenommen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des JagdG
lauten:
"§ 57
Abschußplan
(1) Das der Abschußplanung unterliegende Wild darf nur im Rahmen eines Abschußplanes erlegt und gefangen werden.
...
§ 98
Strafbestimmungen
(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer
1. Die Bestimmungen der §§ 3 Abs. 1, ..., 57 Abs. 1 und 8, ... übertritt;
..."
§ 5 Abs. 1 VStG hat folgenden Wortlaut:
"(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft."
§ 51e Abs. 2 VStG in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 620/1995 bestimmte:
"(2) Wenn in der Berufung ausdrücklich nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet, dann ist eine Verhandlung nur dann anzuberaumen, wenn dies in der Berufung ausdrücklich verlangt wurde."
In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof rügt der Beschwerdeführer, daß die belangte Behörde es unterlassen habe, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, obwohl der Beschwerdeführer auf eine solche nicht verzichtet hätte. Zur Durchführung einer solchen wäre die belangte Behörde jedoch aufgrund der sachlichen Ausführungen des Beschwerdeführers verpflichtet gewesen, um dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zu geben, einen Sachverständigen für die Richtigkeit seines Vorbringens, daß ihn am Zustandekommen des Fehlabschusses kein Verschulden treffe, zu beantragen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt der Verstoß gegen die verfahrensrechtliche Bestimmung des § 51e VStG jedenfalls einen Verfahrensmangel dar, der, wie andere Verfahrensfehler auch, dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften führt, wenn die belangte Behörde bei Einhaltung desselben zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 22. April 1998, Zl. 97/03/0377, ausgesprochen hat, handelt es sich bei der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Übertretung um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt, bei welchem der Beschwerdeführer gemäß § 5 Abs. 1 VStG sein mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen hat.
In diesem Erkenntnis wurde weiters ausgesprochen, daß ein Jäger, falls er das zu erlegende Wild unmittelbar vor Abgabe des Schusses nicht einwandfrei ansprechen könne, im Zweifel dieses Wild nicht erlegen dürfe. Der Jäger müsse sich über die Identität des zu erlegenden Wildes mit dem zuvor beobachteten Wild Gewißheit verschaffen und dürfe sich diesbezüglich nicht auf Wahrscheinlichkeitsüberlegungen verlassen.
Auch im Erkenntnis vom 24. Mai 1989, Zl. 88/03/0055, vertrat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, daß die Tatsache, das Wild habe nicht angesprochen werden können, das Verhalten des (damaligen) Beschwerdeführers nicht rechtfertigen könne, weil er in einem solchen Fall, somit im Zweifel, das Wild nicht hätte erlegen dürfen.
Diesen Erkenntnissen lag (jeweils) der Abschuß eines Hirsches zugrunde. Für den Verwaltungsgerichtshof ist kein Grund ersichtlich, diese Gedankengänge nicht auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Daran vermag insbesondere auch eine - offenkundig zur Dartuung der Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels - mit der Beschwerde vorgelegte gutachtliche Stellungnahme eines Jagdsachverständigen nichts zu ändern, in der darauf eingegangen wird, daß das Ansprechen von Waldgemsen biotopmäßig schwierig sei und es in der Jagdpraxis immer wieder zu Verwechslungen komme. Derartige Schwierigkeiten des Ansprechens einer bestimmten Wildart müssen zu einer besonderen Sorgfalt beim Ansprechen führen.
Vor dem Hintergrund des oben Gesagten vermag die Verfahrensrüge wegen Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung eine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht aufzuzeigen. Wenn nämlich der Beschwerdeführer vorbringt, er hätte eine Bestätigung vorlegen können, daß er auch nach Abgabe des Schusses noch der Auffassung gewesen sei, eine Gamsgeiß erlegt zu haben, so ändert dies nichts am oben Gesagten. Ebenso läßt sich aus der mit der Beschwerde vorgelegten gutächtlichen Stellungnahme eines Jagdsachverständigen für die entscheidungswesentliche Frage der Sorgfaltspflicht für den Beschwerdeführer nichts gewinnen.
Wenn der Beschwerdeführer in seiner Rechtsrüge (wiederum) darauf hinweist, gut gehackelte Geißen seien nur schwer von einem Gamsbock zu unterscheiden, so ist er auf die obigen Ausführungen zur objektiven Sorgfaltspflicht zu verweisen. Das Gleiche gilt für das Vorbringen, es habe für ihn keinerlei Veranlassung bestanden, den Gams ein drittes Mal mittels Spektivs anzusprechen. Mag im Übrigen im Hinblick auf die Witterungslage eine atypische Situation vorgelegen sein, so muß von einem einsichtigen und besonnenen Menschen gerade ein erhöhtes Maß an Sorgfalt verlangt werden, und darf eben im Zweifel das Wild nicht erlegt werden.
Soweit aber der Beschwerdeführer schließlich ins Treffen führt, er habe vom Anfang an irrtümlich den Gams als Geiß angesprochen, so läßt sich daraus nur der Schluß ableiten, der Beschwerdeführer habe überhaupt von Anfang an das Wild nicht einwandfrei ansprechen können.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 28. Oktober 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1995030217.X00Im RIS seit
20.11.2000