Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ.-Prof. Dr.
Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann sowie die fachkundigen Laienrichter Helmut Purker (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr. Wolfgang Kozak (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei DDI R*****, vertreten durch Dr. Thomas Majoros, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Wiener Gebietskrankenkasse, 1100 Wien, Wienerbergstraße 15–19, wegen Familienzeitbonus, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14. Juni 2019, GZ 10 Rs 60/19w-11, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Der Anspruch des Vaters auf Familienzeitbonus setzt unter anderem voraus, dass der Vater, das Kind und der andere Elternteil im gemeinsamen Haushalt leben (§ 2 Abs 1 Z 4 FamZeitbG) und sich der Vater im gesamten von ihm gewählten Anspruchszeitraum in Familienzeit befindet (§ 2 Abs 1 Z 3 FamZeitbG).
2. Während des Krankenhausaufenthalts von Mutter und Kind nach der Geburt liegt kein gemeinsamer Haushalt im Sinn des § 2 Abs 3 FamZeitbG vor, weil in dieser Zeit die Pflege und Betreuung des Kindes durch Leistungen der Krankenanstalt abgedeckt wird (10 ObS 109/18d mwN, RIS-Justiz RS0132377).
3. Erst jüngst hat der Oberste Gerichtshof das Vorliegen eines gemeinsamen Haushalts auch dann verneint, wenn sich der Vater gemeinsam mit Mutter und Neugeborenem in einem Familienzimmer des Geburtskrankenhauses aufhält und (auch) während dieser Zeit die Mutter bei der Pflege und Betreuung des Säuglings unterstützt. Diese Betreuung auch während des Krankenhausaufenthalts dient zwar der vom Gesetzgeber gewünschten Verstärkung einer emotionalen Bindung des Kindes zum Vater und der Unterstützung der Mutter. Ungeachtet dessen werden Pflege- und Betreuungsbedürfnisse von Mutter und Kind während der ersten Tage nach der Geburt durch Leistungen des Krankenhauspersonals sichergestellt, wie beispielsweise die medizinische Betreuung, Nahrungsversorgung (jedenfalls der Mutter) und Hilfestellung bei der Säuglingspflege. Klassische Haushaltsleistungen, mit denen der Vater seine Partnerin nach der Geburt unterstützen soll, fallen während des Krankenhausaufenthalts nicht an (10 ObS 101/19d).
4. Der Familienzeitbonus gebührt ausschließlich für eine ununterbrochene Dauer von 28, 29, 30 oder 31 aufeinanderfolgenden Tagen innerhalb eines Zeitraums von 91 Tagen ab der Geburt des Kindes (§ 3 Abs 2 FamZeitbG). Die Anspruchsdauer ist bei Antragstellung verbindlich festzulegen, sie kann ausschließlich 28, 29, 30 oder 31 Kalendertage betragen und später nicht geändert werden (§ 3 Abs 3 Satz 3 FamZeitbG).
5. Die Familienzeit und der beantragte Bezugszeitraum müssen sich demnach decken. Die Familienzeit darf nicht kürzer andauern als der gewählte Familienzeitbonus-Anspruchszeitraum (10 ObS 109/18d; 10 ObS 101/19d). Werden die Voraussetzungen auch nur an einem Tag der gewählten Dauer nicht erfüllt, so gebührt gar kein Familienzeitbonus (ErläutRV 1110 BlgNR 25. GP 3; vgl Sonntag in KBGG2 § 3 FamZeitbG Rz 5 mwN; Holzmann-Windhofer in Holzmann-Windhofer/Weißenböck Kinderbetreuungsgeldgesetz [2017] § 2 FamZeitbG Anm 1.4; siehe auch 10 ObS 101/19d).
6. Ein gemeinsamer Haushalt im Sinn des § 2 Abs 3 FamZeitbG lag in der Zeit vom 14. 3. bis 12. 4. 2018 vor. Diese Anspruchsvoraussetzung war nicht für den gesamten, vom Vater gewählten Anspruchszeitraum (31 Tage ab 13. 3. 2018) erfüllt.
Textnummer
E126305European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2019:010OBS00115.19P.0913.000Im RIS seit
16.10.2019Zuletzt aktualisiert am
18.02.2020