Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé sowie die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei O***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Lindinger und Dr. Andreas Pramer, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei W***** Versicherung AG *****, vertreten durch Mag. Dr. Christian Frießnegger, Rechtsanwalt in Wien, wegen 26.676,30 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 11.698,29 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 11. April 2019, GZ 3 R 20/19k-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Linz vom 7. Dezember 2018, GZ 1 Cg 28/18k-16, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 939,24 EUR (darin 156,54 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die klagende Partei reinigte im Auftrag eines Werkstättenunternehmens deren Kundenfahrzeuge in der Waschanlage des Werkstättenunternehmens. Der die Reinigung eines mit Automatikgetriebe ausgestatteten Fahrzeugs durchführende Mitarbeiter der klagenden Partei war mit dessen Funktion ebensowenig vertraut, wie mit der Benützung der Waschanlage. Er war von einem anderen Mitarbeiter der klagenden Partei lediglich dahingehend in die Bedienung der Waschstraße eingeschult worden, dass bei einem Fahrzeug mit Schaltgetriebe der Leerlauf eingelegt werden müsse. Über Automatikfahrzeuge war nicht gesprochen worden. Da der Mitarbeiter der klagenden Partei die diesbezüglichen Warnhinweise bei der Einfahrt in die Waschanlage nicht beachtete und das Automatikgetriebe des Kundenfahrzeugs falsch bediente, beschädigte das Fahrzeug Teile der Waschanlage. Die klagende Partei wurde in einem vom Werkstättenunternehmen angestrengten Vorprozess zum Ersatz des Schadens an der Waschanlage verpflichtet, den sie samt Zinsen und Prozesskosten bezahlte.
Die klagende Partei begehrte von der beklagten Haftpflichtversicherung des Kundenfahrzeugs den Ersatz der aufgrund der Verurteilung an das Werkstättenunternehmen bezahlten Beträge in Höhe von 23.396,58 EUR sowie der eigenen Vertretungskosten aus dem Vorprozess von 3.270,72 EUR, insgesamt daher 26.676,30 EUR sA. Die beklagte Partei sei zur Schadensdeckung verpflichtet.
Die beklagte Partei wendete – soweit noch wesentlich – ein, auch die klagende Partei selbst treffe ein grobes Verschulden. Sie habe einen offenbar ungeeigneten Mitarbeiter ausgewählt und diesen auch nicht ausreichend eingeschult. Eine Haftung aus dem Versicherungsvertrag komme gegenüber der klagenden Partei nicht in Betracht, da zwischen den Streitteilen keinerlei Vertragsverhältnis bestehe und die klagende Partei auch nicht mitversichert im Sinne des KHVG sei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von 23.396,58 EUR sA statt und wies das Mehrbegehren (unbekämpft und daher rechtskräftig) ab. Im Rahmen des Rückgriffs nach § 896 ABGB sei auf das besondere Verhältnis nach EKHG und KHVG abzustellen. Die beklagte Partei habe für den Lenker als mitversicherte Person iSd § 2 Abs 2 KHVG einzustehen, weil er mit Willen des Halters bei der Verwendung des Fahrzeugs tätig gewesen sei.
Das von der beklagten Partei angerufene Berufungsgericht änderte das erstinstanzliche Urteil dahin ab, dass es dem Klagebegehren lediglich mit der Hälfte des noch strittigen Begehrens stattgab, und ließ die ordentliche Revision zu. Einerseits treffe den das Fahrzeug lenkenden Mitarbeiter der klagenden Partei ein Verschulden an der Beschädigung der Waschanlage, für das die beklagte Partei als Haftpflichtversicherer einzustehen habe. Andererseits habe auch die klagende Partei selbst ein Verschulden zu verantworten, da sie ihren Mitarbeiter unzureichend eingeschult und ihn nicht über die speziellen Erfordernisse bei der Benützung der Waschanlage mit einem Fahrzeug mit Automatikgetriebe unterrichtet habe. Die klagende Partei sei nicht vom Haftpflichtversicherungsverhältnis umfasst. Im Rahmen des internen Ausgleichs nach § 896 ABGB seien die Verschuldensanteile der klagenden Partei und des Lenkers gleich schwer zu gewichten, was zu einer Haftungsteilung im Verhältnis 1 : 1 führe. Dies gelte auch für die Verfahrenskosten des Prozessgegners im Vorprozess, an dem die beklagte Partei als Nebenintervenientin auf Seiten der nunmehr klagenden Partei beteiligt gewesen sei.
Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil der Frage, ob der Fahrzeuglenker sowohl (im Wege des § 2 Abs 2 KHVG und § 19 Abs 1 EKHG) der beklagten Haftpflichtversicherung als auch (im Wege des § 1313a ABGB) dem geschädigten Werkstättenunternehmen zuzurechnen sei, erhebliche Bedeutung zukomme.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen den klagsabweisenden Teil des Berufungsurteils gerichtete Revision der klagenden Partei ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.
1. Die Revisionswerberin macht – ungeachtet der Zulassungsbegründung des Berufungsgerichts – in ihrer Revision lediglich geltend, bei der Aufteilung des Schadens im Innenverhältnis nach § 896 ABGB sei der Schaden vom schuldtragenden Lenker alleine zu tragen, den die beklagte Partei als Haftpflichtversicherer freihalten müsse. Ein allfälliges Fehlverhalten der klagenden Partei im Innenverhältnis habe angesichts grober Fahrlässigkeit des Lenkers außer Betracht zu bleiben. Damit zeigt sie keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.
2. In dritter Instanz ist davon auszugehen, dass auch die beklagte Partei dem Geschädigten gegenüber schadenersatzpflichtig ist. § 896 ABGB erfasst auch das Zusammentreffen von vertraglicher (klagende Partei) und deliktischer (beklagte Partei) Haftung, hier zufolge § 26 KHVG (2 Ob 61/17k). Sind mehrere Gesamtschuldner zum Schadenersatz verpflichtet, ist im Innenverhältnis insbesondere zu berücksichtigen, wie weit der Schaden von dem einem oder anderen verschuldet wurde (2 Ob 61/17k; vgl RS0017501). Die Gewichtung der Zurechnungsgründe bei Festsetzung der Regressquoten, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab (2 Ob 61/17k; RS0026824).
3. Unbekämpft blieb die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach nur der den Schaden verursachende Mitarbeiter der klagenden Partei, nicht aber diese selbst gemäß § 2 Abs 2 KHVG mitversichert war. Für die klagende Partei besteht demnach kein Versicherungsschutz, den die beklagte Partei zu gewähren hätte. Auf ein solches besonderes Verhältnis hat sich die klagende Partei daher zu Recht nicht berufen.
4. Mit der Ansicht, aufgrund der unzureichenden Einschulung durch die klagende Partei seien die Anteile der Schadenstragung zwischen ihr und der beklagten Partei, für die dabei das Verschulden des Fahrzeuglenkers maßgeblich sei, gleich schwer zu gewichten, hält sich das Berufungsgericht im Rahmen des ihm zur Verfügung stehenden Ermessensspielraums. Das Argument, die beklagte Partei könne sich nicht auf die Haftungsbeschränkungen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes stützen, geht schon deshalb ins Leere, weil das Berufungsgericht die Haftungsbeschränkungen für Dienstnehmer in seine Beurteilung ohnehin nicht einfließen ließ.
5. Hat das Gericht zweiter Instanz, wenn auch zu Recht, ausgesprochen, dass die Revision zulässig sei, macht der Rechtsmittelwerber aber dann nur solche Gründe geltend, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, ist die Revision trotz der Zulässigerklärung durch das Berufungsgericht zurückzuweisen (RS0102059). Auf die in dessen Zulassungsbegründung aufgeworfene Frage ist damit nicht mehr einzugehen.
6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die beklagte Partei hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
Textnummer
E126328European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2019:0020OB00121.19M.0919.000Im RIS seit
17.10.2019Zuletzt aktualisiert am
17.10.2019