Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Roch als Vorsitzenden sowie den Hofrat Priv.-Doz. Dr. Rassi und die Hofrätinnen Mag. Korn, Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T*****, vertreten durch Dr. Christian Pichler, Rechtsanwalt in Reutte, gegen die beklagten Parteien 1. B***** AG, *****, vertreten durch KNOETZL HAUGENEDER NETAL Rechtsanwälte GmbH in Wien, und 2. „P*****“ Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH in Wien, wegen 254.571,95 EUR sA und Feststellung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 17. Juni 2019, GZ 3 R 40/19k-20, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der Kläger erhielt am 16. Mai 2009 in Tirol von seinem Hausarzt einen Impfstoff verabreicht, der von der erstbeklagten (damaligen) Zulassungsinhaberin mit Sitz in Wien hergestellt wurde; die Zweitbeklagte ist seit 1. Mai 2015 Zulassungsinhaberin dieses Impfstoffs. Im Jahr 2012 erkrankte der Kläger an multipler Sklerose.
Der Kläger begehrt – gestützt auf das PHG – von den Beklagten zur ungeteilten Hand Schadenersatz sowie die Feststellung der Haftung für künftige Schäden, Folgen und Nachteile aus der Zeckenschutzimpfung im Jahr 2009; der Impfstoff sei ursächlich für die 2012 bei ihm aufgetretene Erkrankung. Die örtliche Zuständigkeit des Erstgerichts ergebe sich aus dem Ort der Schadenszufügung; das fehlerhafte Produkt sei injiziert worden und habe am Wohnort des Klägers die Erkrankung (und damit den Schadenseintritt) bewirkt.
Die Beklagten erhoben die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit.
Das Erstgericht wies die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit zurück.
Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers dagegen zeigt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO auf und ist daher zurückzuweisen.
1. § 92a JN ist auch auf Ersatzansprüche nach dem PHG anwendbar (10 Ob 7/05k; Mayr in Rechberger, ZPO5 § 92a Rz 1).
Wie der Oberste Gerichtshof bereits klarstellte, ist bei einem Auseinanderfallen von Handlungsort und Erfolgsort allein der Ort maßgeblich, an dem das schädigende Verhalten gesetzt wurde. Der Ort, an dem das schädigende Verhalten seine schadensauslösende Wirkung zeigte oder an dem der Schaden eingetreten ist, hat hingegen außer Betracht zu bleiben (RIS-Justiz RS0046720; zuletzt 7 Ob 173/17t mwN; Mayr in Rechberger, ZPO5 § 92a JN Rz 2). Ein schädigendes Verhalten der Beklagten in Tirol macht der Kläger aber gar nicht geltend.
2. Die Lehre und Rechtsprechung zum Deliktsstatut des § 48 IPRG, nach der bei der Gefährdungshaftung Handlungsort der Ort ist, an dem die gefährliche Sache außer Kontrolle geraten ist und dadurch den Unfall herbeigeführt hat (RS0121126 [T2]), kann für die Auslegung des Gerichtsstands nach § 92a JN nicht herangezogen werden (7 Ob 541/92).
3. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Textnummer
E126272European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2019:0030OB00152.19B.0911.000Im RIS seit
10.10.2019Zuletzt aktualisiert am
17.02.2021