TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/2 W233 2115548-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.05.2019
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Entscheidungsdatum

02.05.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W233 2115548-2/12E

W233 1436008-3/13E

W233 1436009-3/9E

W233 1436010-3/8E

W233 2115545-2/9E

W233 2190988-1/9E

W233 2213495-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Andreas FELLNER als Einzelrichter über die Beschwerden von 1) XXXX alias XXXX , geboren am XXXX , 2) XXXX, geboren am XXXX , 3) XXXX , geboren am XXXX , 4) XXXX , geboren am XXXX , 5) XXXX , geboren am XXXX , 6) XXXX , geboren am XXXX und 7) XXXX , geboren am XXXX , alle Staatsangehörige Kasachstans, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.02.2018, Zl. 543373605-170451365 (ad 1.), vom 28.02.2018, Zl. 830435806-170451379 (ad 2.), vom 22.02.2018, Zl. 830436008-170451395 (ad 3.), vom 22.02.2018, Zl. 830435904-170451387 (ad 4.), vom 22.08.2018, Zl. 1074518810-170451409 (ad 5.), vom 22.08.2018, Zl. 1159171907-170790211 (ad 6.) sowie vom 14.01.2019, Zl. 1213642703-181141863 (ad 7.), nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 17.04.2019, zu Recht:

A) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang:

1.1. Der Erstbeschwerdeführer (BF 1) ist der Ehemann der Zweitbeschwerdeführerin (BF 2). Die Drittbeschwerdeführerin (BF 3), der Viertbeschwerdeführer (BF 4), der Fünftbeschwerdeführer (BF 5), die Sechstbeschwerdeführerin (BF 6) und der Siebentbeschwerdeführer (BF 7) sind ihre gemeinsamen minderjährigen Kinder. Sämtliche Beschwerdeführer sind Staatsangehörige Kasachstans.

1.2. Zu den Vorverfahren der Beschwerdeführer:

Die Zweitbeschwerdeführerin stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet gemeinsam mit ihren beiden minderjährigen Kindern, der Dritt- und dem Viertbeschwerdeführer erstmals am 07.04.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz. Diese Anträge wurden im Rechtsmittelweg in Bezug auf ihre Anträge auf internationalen Schutz mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.07.2014, rechtskräftig als unbegründet abgewiesen und ihre Verfahren hinsichtlich zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. In der Folge hat das Bundesamt der Zweit-, der Dritt- und dem Viertbeschwerdeführer, keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Fällen erteilt und gegen sie eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Kasachstan zulässig ist, wofür ihnen eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt wurde. Die dagegen eingebrachte Beschwerde hat das Bundesverwaltungsgericht mit gemeinsamen Erkenntnis vom 10.11.2014 rechtskräftig als unbegründet abgewiesen.

Der Erstbeschwerdeführer stellte am 24.11.2014 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.11.2016 rechtskräftig als unbegründet abgewiesen.

Der erste Antrag des im Bundesgebiet geborenen Fünftbeschwerdeführers wurde am 22.06.2015 gestellt und ebenfalls mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.11.2016 rechtskräftig als unbegründet abgewiesen.

In der Folge haben der Erst-, die Zweit-, die Dritt-, der Viert- und der Fünftbeschwerdeführer das österreichische Bundesgebiet unbefugt verlassen und sind in die Bundesrepublik Deutschland weitergereist, wo sie am 27.12.2016 erkennungsdienstlich behandelt wurden und daran anschließend wieder nach Österreich zurückgekehrt sind.

1.3. Zu den gegenständlichen Verfahren der Beschwerdeführer:

Der Erstbeschwerdeführer, die Zweitbeschwerdeführerin, die minderjährige Drittbeschwerdeführerin, der minderjährige Viertbeschwerdeführer und der minderjährige Fünftbeschwerdeführer stellten am 12.04.2017 den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz.

Noch am selben Tag wurden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin zu ihrem Folgeantrag auf internationalen Schutz von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes befragt.

Auf Vorhalt, dass ihre ersten Asylanträge seit 29.11.2016 rechtskräftig als unbegründet abgewiesen worden seien, führt der Erstbeschwerdeführer aus, dass er Ende November 2016 mit seiner Hausherrin in seinem Herkunftsstaat telefoniert hätte, die ihm gegenüber angegeben hätte, dass Polizisten an seiner Adresse im Heimatland nach ihm gesucht hätten, da an seiner Adresse eine Waffe registriert wäre. Das würde jedoch nicht stimmen und könne er deswegen nicht mehr nach Kasachstan zurückkehren, da er mit Schwierigkeiten zu rechnen habe.

Die Zweitbeschwerdeführerin führte im Rahmen ihrer Befragung aus, dass ihr Mann erfahren hätte, dass die Polizei nach ihm suche.

Am 12.10.2017 wurde der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt zu ihrem Folgeantrag auf internationalen Schutz niederschriftlich einvernommen. Dabei hielten sie ihr Vorbringen aus der Erstbefragung aufrecht und gaben zu diesem weitere Auskunft, wobei die Zweitbeschwerdeführerin sich für sich und die minderjährigen Beschwerdeführer hauptsächlich auf die Fluchtgründe des Erstbeschwerdeführers berief.

Die Anträge der minderjährigen Sechstbeschwerdeführerin und des minderjährigen Siebentbeschwerdeführers wurden am 06.07.2017 bzw. am 28.11.2018 gestellt.

Mit den im Spruch unter 1.) bis 6.) genannten Bescheiden vom 22.02.2018 wurden die Anträge des Erstbeschwerdeführers, der Zweitbeschwerdeführerin, der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin, des minderjährigen Viertbeschwerdeführers, des minderjährigen Fünftbeschwerdeführers und der minderjährigen Sechstbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kasachstan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Den Beschwerdeführern wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und wurde gegen sie gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG nach Kasachstan zulässig ist (Spruchpunkt V.) und den Beschwerdeführern gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise von 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt VI.).

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 27.03.2018 fristgerecht Beschwerde.

Am XXXX wurde der Siebentbeschwerdeführer im Bundesgebiet geboren und wurde für ihn am 28.11.2018 gemäß § 17 AsylG 2005 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt, wobei für ihn keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht wurden.

Der Antrag des Siebentbeschwerdeführers wurde mit dem im Spruch unter 7.) näher bezeichneten Bescheid vom 19.01.2019 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kasachstan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Siebentbeschwerdeführer wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und wurde gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Siebentbeschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Kasachstan zulässig ist (Spruchpunkt V.) und dem Siebentbeschwerdeführer gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise von 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt VI.).

Gegen diesen Bescheid erhob der Siebentbeschwerdeführer mit Schriftsatz vom 07.02.2019 fristgerecht Beschwerde, in welcher auf die Beschwerde der Eltern verwiesen wurde.

Zur Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes fand am 17.04.2019 vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt, in welcher der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin zu ihren Lebensumständen im Herkunftsstaat und in Österreich sowie zu ihrem Fluchtvorbringen einvernommen wurden. In der Verhandlung wurde das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Kasachstan (Stand 20.07.2018) in das Verfahren eingebracht.

2. Feststellungen:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten der Beschwerdeführer; durch Einvernahme des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht; durch Einsichtnahme in die im Verlauf des Verfahrens vorgelegten Befunde, Unterlagen und Stellungnahmen der Beschwerdeführer; durch Einholung aktueller Auszüge aus Strafregister, ZMR, GVS und IZR sowie durch Einsichtnahme in das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Kasachstan. Demnach steht folgender Sachverhalt fest:

2.1. Zur Person der Beschwerdeführer:

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige Kasachstans und Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe. Sie bekennen sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam.

Die vom Erstbeschwerdeführer zudem behauptete Staatsangehörigkeit der Russischen Föderation kann nicht festgestellt werden.

Die Beschwerdeführer verfügen in Kasachstan über familiäre Anknüpfungspunkte in Form der dort lebenden Mutter und Geschwister der Zweitbeschwerdeführerin, mit denen diese in regelmäßigem Kontakt steht.

Der Erstbeschwerdeführer hat die Grundschule abgeschlossen und danach an einer technischen Fachhochschule einen Fernlehrgang besucht. Der Erstbeschwerdeführer hat in Kasachstan seinen Lebensunterhalt als Taxifahrer und als Sachbearbeiter verdient.

Die Zweitbeschwerdeführerin hat die Grundschule abgeschlossen und danach an einer Fachschule drei Jahre studiert und in der Folge in Kasachstan in einer Apotheke gearbeitet.

Alle Beschwerdeführer weisen keine Krankheiten auf, die dermaßen schwer, aktuell lebensbedrohlich und zudem in ihrem Herkunftsstaat nicht behandelbar wären, dass sie die Abschiebung nach Kasachstan unzulässig machen würden.

1.2. Zum Leben der Beschwerdeführer in Österreich:

Die Zweitbeschwerdeführerin, die Drittbeschwerdeführerin und der Viertbeschwerdeführer befanden sich ab ihrer ersten Antragstellung auf internationalen Schutz am 07.04.2013 bis zum rechtskräftigen Abschluss ihrer ersten Asylverfahren am 13.11.2014 aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz rechtmäßig im Bundesgebiet. In Missachtung ihrer ihnen gegenüber am 13.11.2014 rechtskräftig gewordenen Rückkehrentscheidung haben sie das Bundesgebiet der Republik Österreich nicht verlassen, sondern sind gemeinsam mit dem Erst- und dem Fünftbeschwerdeführer unbefugt in die Bundesrepublik Deutschland weitergereist. Seit ihrem am 12.04.2017 im österreichischen Bundesgebiet gestellten Folgeantrag auf internationalen Schutz halten sich sie wieder aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Der Erstbeschwerdeführer befand sich ab seiner ersten Antragstellung auf internationalen Schutz am 24.11.2014 bis zum rechtskräftigen Abschluss seines ersten Asylverfahren am 29.11.2016 aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz rechtmäßig im Bundesgebiet. In Missachtung seiner ihm gegenüber am 29.11.2016 rechtskräftig gewordenen Rückkehrentscheidung hat er das Bundesgebiet der Republik Österreich nicht verlassen, sondern ist gemeinsam mit der Zweit-, der Dritt-, dem Viert- und dem Fünftbeschwerdeführer unbefugt in die Bundesrepublik Deutschland weitergereist. Seit seinem am 12.04.2017 im österreichischen Bundesgebiet gestellten Folgeantrag auf internationalen Schutz hält er sich wieder aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Der Fünftbeschwerdeführer wurde am XXXX im österreichischen Bundesgebiet geboren und wurde führ ihn am 22.05.2015 erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Der Fünftbeschwerdeführer befand sich bis zum rechtskräftigen Abschluss seines ersten Asylverfahren am 29.11.2016 aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz rechtmäßig im Bundesgebiet. In Missachtung seiner ihm gegenüber am 29.11.2016 rechtskräftig gewordenen Rückkehrentscheidung hat er das Bundesgebiet der Republik Österreich nicht verlassen, sondern ist gemeinsam mit dem Erst-, der Zweit-, der Dritt- und dem Viertbeschwerdeführer unbefugt in die Bundesrepublik Deutschland weitergereist. Seit seinem am 12.04.2017 im österreichischen Bundesgebiet gestellten Folgeantrag auf internationalen Schutz hält er sich wieder aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Die Sechst- und der Siebentbeschwerdeführer wurden am XXXX und am XXXX im österreichischen Bundesgebiet geboren und wurden für sie am 06.07.2017 bzw. am 28.11.2018 Anträge auf internationalen Schutz gestellt und halten sich diese auf Grund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 2005 durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin üben in Österreich keine berufliche Tätigkeit aus und sind beide nicht selbsterhaltungsfähig.

Der Erstbeschwerdeführer engagiert sich ehrenamtlich in einem Pflege- und Betreuungszentrum in seiner Aufenthaltsgemeinde.

Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin verfügen in Österreich über soziale Kontakte in ihrer Aufenthaltsgemeinde.

Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin verfügten über einfache Kenntnisse der deutschen Sprache.

Die Drittbeschwerdeführerin besucht in Österreich in ihrer Aufenthaltsgemeinde die erste Klasse (fünft Schulstufe) einer Neuen Mittelschule und weist im Schuljahr 2018/19 eine positive Beurteilung ihrer Leistungen in allen Pflichtgegenständen auf. Ihre Leistungen im Unterrichtsfach Deutsch sind mit "Gut" beurteilt.

Der Viertbeschwerdeführer besucht in Österreich in seiner Aufenthaltsgemeinde im Schuljahr 2018/19 die erste Klasse (erste Schulstufe) einer Volksschule und weist mit Ausnahme der Pflichtgegenstände Sachunterricht und Deutsch, Lesen und Schreiben, positive Beurteilungen auf. Die Pflichtgegenstände Sachunterricht und Deutsch, Lesen und Schreiben wurden nicht beurteilt.

Die Beschwerdeführer verfügen in Österreich über keine relevanten familiären oder verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte.

Beide erwachsenen Beschwerdeführer sind in Österreich strafrechtlich unbescholten.

1.3. Zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführer:

Die vom Erstbeschwerdeführer vorgebrachten Fluchtgründe, auf welche sich auch die Zweitbeschwerdeführer bezieht, können den Feststellungen nicht zugrunde gelegt werden.

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Erst-, die Zweit-, die Dritt- und der Viertbeschwerdeführer vor ihrer Ausreise aus Kasachstan von staatlichen Sicherheitsorganen aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aus politischer Gesinnung verfolgt wurden bzw. ihnen allen im Falle einer Rückkehr eine solche Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht.

1.4. Zur Situation im Fall einer Rückkehr der Beschwerdeführer:

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Falle der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Kasachstan in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung unterworfen würden oder von der Todesstrafe bedroht wären.

Zudem kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr nach Kasachstan Gefahr liefen, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Bei beiden erwachsenen Beschwerdeführern handelt es sich um arbeitsfähige und gesunde Personen, bei denen die grundsätzliche Teilnahme am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Der Erstbeschwerdeführer hat eine 10-jährige Schulausbildung erfahren und darüber hinaus eine technische Ausbildung an einer Fachschule erhalten und verfügt zudem über eine mehrjährige Berufserfahrung in Kasachstan. Auch die Zweitbeschwerdeführerin hat eine 11-jährige Schulbildung und im Anschluss eine dreijährige Fachschule besucht und verfügt über Berufserfahrung in einer Apotheke. Somit sind beide erwachsenen Beschwerdeführer mit dem Arbeitsmarkt in Kasachstan vertraut. Durch ihre vormaligen Erwerbstätigkeiten haben sie somit maßgebliche Vorteile bei der Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit in Kasachstan.

Somit wird festgestellt wird, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung der Beschwerdeführer nach Kasachstan keine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für die Beschwerdeführer als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

1.5. Zur maßgeblichen Situation in der Republik Kasachstan

Aufgrund der in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen werden folgende Feststellungen zur allgemeinen Situation im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer getroffen

(Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Kasachstan, Stand 20.07.2018, gekürzt und bereinigt):

Politische Lage

Das unabhängige Kasachstan hatte sich 1993 seine erste - parlamentarische - Verfassung gegeben. Schon 1995 wurde sie durch eine neue Konstitution ersetzt, die, orientiert an der französischen, einen starken Präsidenten etabliert. Durch mehrere Verfassungsänderungen wurden dessen Kompetenzen auf Kosten von Regierung und Parlament noch erweitert (GIZ 6.2018a).

Mit der am 10. März 2017 verabschiedeten Verfassungsreform erfolgte eine Kompetenzverlagerung vom Präsidenten zu Parlament und Regierung. Zudem soll mit der Reform die Unabhängigkeit der Justiz gestärkt werden. Auch nach der Reform bleiben weitreichende Vollmachten beim Präsidenten: Er ist dem Parlament gegenüber politisch nicht verantwortlich (Präsidentenanklage nur wegen Hochverrats). Auch nach dem Ende seiner Amtszeit genießt er verfassungsmäßig garantiert umfangreiche Immunitäten und das Recht, auf die kasachische Politik Einfluss zu nehmen ("Führer der Nation" seit Mai 2010). 2007 wurde zwar die Amtszeit des Präsidenten von sieben auf fünf Jahre bei nur einer möglichen Wiederwahl reduziert. Präsident Nasarbajew jedoch wurde als "Erster Präsident" Kasachstans von dieser Wiederwahlbeschränkung durch Ausnahme in der Verfassung befreit. Er ist Vorsitzender der Regierungspartei Nur-Otan, die 1999 gegründet wurde und 2005 mit drei anderen Parteien fusionierte. Von einer echten Opposition kann in Kasachstan nicht gesprochen werden (AA 3.2018a).

Jegliche Art der Gewaltenteilung (checks and balances) im Sinne der Kontrolle der Exekutive ist extrem schwach. Die Exekutive beherrscht alle übrigen Bereiche der Regierung und innerhalb der Exekutive wiederum dominiert der Präsident mit seiner engsten Entourage und der Präsidialverwaltung. Während das gegenwärtige Regime relativ stabil ist, verhindert es das Entstehen neuer politischer Kräfte, verlangsamt die Entwicklung einer Mittelklasse und schafft auf lange Hinsicht Stabilitätsrisiken (BTI 2018).

Die prägende Gestalt des unabhängigen Kasachstan ist Nursultan Nasarbajew. Als Parteichef der KasSSR wurde er 1990 zunächst vom Obersten Sowjet der Unionsrepublik ins neu geschaffene Amt des Präsidenten gewählt und am 1.12.1991 als einziger Kandidat von der Bevölkerung in diesem Amt bestätigt und hat es seither ununterbrochen inne (1995 Verlängerung der Amtszeit per Referendum; 1999 und 2005 reguläre Präsidentschaftswahlen, 2011 um ein Jahr vorgezogene Wahlen). Im Februar 2015 wurden extrem kurzfristig wiederum um ein Jahr vorgezogene Wahlen für den 26.4.2015 angekündigt. Erwartungsgemäß hieß der Sieger erneut Nursultan Nasarbajew. Seine beiden Gegenkandidaten waren in der Bevölkerung unbekannt und ließen auch keinen Zweifel daran, dass sie den Amtsinhaber für die bessere Wahl hielten (GIZ 6.2018a). Nasarbajew wurde mit 97,75% im Amt bestätigt. Die Wahlbeteiligung lag bei 95% (IFES 2018a). Die nächsten Präsidentschaftswahlen finden regulär 2020 statt (AA 3.2018a).

Senat (Oberhaus) und Mazhilis (Unterhaus) sind die beiden Häuser des Parlaments. Der Senat setzt sich aus 47 Senatoren zusammen: Je Verwaltungsgebiet (Oblast) werden zwei Senatoren (Amtszeit 6 Jahre) von den örtlichen Vertretungskörperschaften (Maslikhate) gewählt; 15 Senatoren werden vom Präsidenten ernannt. Bei vorgezogenen Unterhauswahlen am 20. März 2016 hat die Präsidentenpartei "Nur Otan" mit 82,15% den erwarteten Wahlsieg errungen.

Oppositionsparteien boten keine ernst zu nehmende politische Alternative zur dominierenden Präsidentenpartei. Die Kommunistische Volkspartei (7,14%) und die wirtschaftsliberale Partei "Ak Zhol" (7,18%) haben neben "Nur Otan" die 7%-Sperrklausel überwunden. Beide Parteien waren bereits im vorherigen Parlament vertreten (AA 3.2018a). Von den 98 Sitzen des Unterhauses fielen 84 auf "Nur Otan", und je sieben auf die "Kommunistische Volkspartei" sowie auf die "Demokratische Partei Ak Zhol" (IFES 2018b). Die OSZE konstatierte zwar einige Fortschritte, doch hätte das Land noch Wesentliches vor sich, um die OSZE-Verpflichtungen für die Durchführung demokratischer Wahlen zu erfüllen. Der rechtliche Rahmen schränkt die grundlegenden politischen und Bürgerrechte ein, was eine umfassende Reform von Nöten macht. Am Wahltag selbst kam es zu ernsten prozeduralen Fehlern und Unregelmäßigkeiten (OSCE 21.3.2016).

Ende April 2016 kam es in ganz Kasachstan zu zahlreichenden Demonstrationen, gegen eine geplante Landreform, welche von den Gegnern als Ausverkauf kasachischen Bodens an ausländische Investoren aufgefasst wurde (Erhöhung der Pachtdauer von 10 auf 25 Jahre). In mehreren Städten sollen jeweils zwischen 1.000 und 2.000 Personen teilgenommen haben. Die Regierung dementierte, dass dies faktisch dem Verkauf von Land gleichkäme. Präsident Nasarbajew forderte, Provokateure, die bewusst Gerüchte über den Verkauf von Agrarland streuen, streng zu bestrafen. (BBC 28.4.2016; vgl. ZA 27.5.2016). In der Folge suspendierte die Regierung die Änderungen des Landrechts (ODF 20.5.2016), nachdem Präsident Nasarbajew am 5.5.2016 sein Veto bis zur "weiteren Klarstellung" eingelegt hatte. Am selben Tag entließ Nasarbajew den Wirtschaftsminister, dessen Stellvertreter sowie den Landwirtschaftsminister, weil sie es verabsäumt hätten, der Bevölkerung die diesbezügliche Regierungspolitik zu erklären (JF 16.5.2016; vgl. ZA 16.2.2017).

2017 war die Lage in Kasachstan innenpolitisch - im Gegensatz zum eher unruhigen Vorjahr - stabil (AA 3.2018a).

Sicherheitslage

Erstmals kam es im Jahre 2011 zu mehreren kleineren islamistisch-terroristische Anschlägen in Kasachstan. Daraufhin wurde im Oktober 2011 ein neues Religionsgesetz verabschiedet, um die Verbreitung extremistischer religiöser Strömungen einzudämmen (GIZ 6.2018a; vgl. AA 3.2018a).

2016 kam es zu den ersten größeren Anschlägen seit 2011 (USDOS 19.7.2017). Am 5.6.2016 und am Folgetag kam es in der 400.000 Einwohner-Stadt Aqtobe zu Schießereien zwischen mutmaßlichen islamistischen Extremisten und Sicherheitskräften, bei denen laut Innenministerium 19 Menschen getötet wurden. Zwei Dutzend junger Männer überfielen zwei Waffengeschäfte, dann einen Posten der Nationalgarde. Es wurde die oberste Terrorwarnstufe ausgerufen (FR 6.6.2016; vgl. ZA 30.6.2016). Unter den Toten waren 13 Attentäter, drei Zivilisten und drei Soldaten der Nationalgarde (RFE/RL 7.6.2016). Während nachfolgender Polizeirazzien wurden fünf weitere vermeintliche Attentäter getötet (RFE/RL 10.6.2016). Die Staatsführung stufte beide Ereignisse als terroristische Akte ein und beschuldigte ausländische Akteure, obwohl die Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden keine Hinweise auf eine direkte Verbindung zu ausländischen terroristischen Organisationen ergaben (USDOS 19.7.2017). So brachte etwa Präsident Nasarbajew die Anschläge mit den Farbrevolutionen in Georgien, der Ukraine und Kirgisistan 2010 in Verbindung (ZA 30.6.2016).

Am 18.7.2016 stürmte ein bewaffneter, offenbar islamistischer Einzeltäter mit krimineller Vergangenheit das Bezirkshauptquartier der Polizei in Almaty und tötete fünf Menschen - darunter drei Polizisten - und verletzte drei weitere Personen zum Teil lebensgefährlich (GIZ 6.2018a; vgl. ZA 29.7.2016). Der Hauptangeklagte des Anschlages wurde später zum Tode verurteilt (AA 3.2018a).

Kasachstan verfügt über eine umfassende Anti-Terrorismus-Gesetzgebung. Es gibt vier spezielle Anti-Terror-Einheiten beim Innenministerium sowie eine weitere beim Nationalen Sicherheitskomitee. Die Regierung hat schon seit langem die Möglichkeit einer Rückkehr ausländischer Terroristen aus dem Irak und Syrien befürchtet, doch haben die Anschläge vom Juni und Juli die Aufmerksamkeit der Regierung wieder verstärkt auf einheimische gewalttätige Extremisten gelenkt. Um dieser Bedrohung besser zu begegnen, änderte die Regierung die Anti-Terror-Gesetzgebung. Was den Umgang mit ehemaligen IS-Kämpfern anlangt, wird einerseits ein Rehabilitationsprogramm umgesetzt, andererseits werden ehemalige IS-Kämpfer auch verhaftet und gerichtlich verfolgt (USDOS 19.7.2017).

Im September 2016 wurde offiziell mitgeteilt, dass durch die Gerichte Kasachstans zahlreiche Urteile im Zusammenhang mit Förderung von "Extremismus" und Terrorismus, sowie zu militanten Tätigkeiten in Syrien, sowie wegen Rekrutierung von Terroristen verhängt worden sind. Innerhalb von fünf Jahren wurden 64 terroristische Anschläge vereitelt und 445 Terroristen verurteilt, darunter 33 Heimkehrer aus Konfliktregionen (USDOS 19.7.2017).

Wurde im April 2015 die Zahl der Kasachen in Syrien mit 350 Personen angegeben (150 Kämpfer, der Rest Familienmitglieder) (USDOS 2.6.2016), wurden 2017 keine dahingehenden offiziellen Schätzungen abgegeben (USDOS 19.7.2017). US-amerikanische Quellen schätzten im Oktober 2017 die Zahl der kasachischen Staatsbürger unter den IS-Kämpfern auf 500 (ZA 27.1.2018).

Die Sicherheitslage in Kasachstan kann im Vergleich zu den Nachbarländern als stabil bezeichnet werden (BMEIA 25.4.2018). 2017 gab es keine islamistischen Anschläge (GIZ 6.2018a).

Rechtsschutz/Justizwesen

Das Gesetz sieht keine unabhängige Justiz vor. Diese wird in der Praxis von der Exekutive eingeschränkt. Überdies dominiert der Staatspräsident generell die Justiz. Die Rekrutierung von Richtern ist von Korruption geplagt, und bedingt oftmals die Bestechung hochrangiger Beamter (USDOS 20.4.2018; vgl. BTI 2018).

Der Präsident ernennt die Richter des Obersten Gerichtshofes und jene der lokalen Gerichte sowie die Mitglieder des Obersten Justizrates. Zwar sieht die Verfassung die Gewaltenteilung und die Unabhängigkeit des Gerichtswesens vor, doch in der Praxis ist die Justiz der Exekutive dienlich und schützt die Interessen der herrschenden Eliten. Zusammen mit der allgegenwärtigen Korruption der Gerichte führt dies zu geringem Vertrauen und Erwartungen der Öffentlichkeit in die Justiz (FH 2018).

Angeklagte genießen die Unschuldsvermutung. Für Verbrechen, welche mit der Todesstrafe oder lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind, sowie für schwere Verbrechen wie Menschenhandel und die Beteiligung Minderjähriger an kriminellen Aktivitäten, sind Geschworenenprozesse vorgesehen. Aktivisten kritisieren jedoch, dass Geschworene durch Richter, Experten und Zeugen Druck ausgesetzt sind und bei Nichtumsetzung richterlicher "Empfehlungen" kann die Jury leicht aufgelöst werden. Angeklagte in Strafsachen, welche über wenig Einkommen verfügen, haben das Recht auf Beratung und einen von der Regierung zur Verfügung gestellten Anwalt. Laut Beobachtern dominieren Staatsanwälte die Prozesse und Verteidiger spielen eine untergeordnete Rolle. Angeklagte haben das Recht, eine Entscheidung vor einem höheren Gericht anzufechten. Das Fehlen von Rechtsstaatlichkeit bleibt ein Problem, insbesondere in einigen politisch motivierten Prozessen mit Oppositionellen und in Fällen, in denen es Vorwürfe unzulässiger politischer oder finanzieller Einflussnahme gibt. Nationale und internationale Menschenrechtsorganisationen berichteten über zahlreiche Probleme im Justizsystem, darunter fehlender Zugang zu Gerichtsverfahren, mangelnder Zugang zu staatlichen Beweismitteln, häufige Verfahrensverstöße, Verweigerung von Verteidigungsanträgen und das Versäumnis von Richtern, Vorwürfen gegen die Behörden bezüglich erzwungener Geständnisse nachzugehen. Korruption ist in gerichtlichen Verfahren offensichtlich. Obwohl Richter zu den am höchsten bezahlten Regierungsangestellten gehören, behaupten Anwälte und Menschenrechtsbeobachter, dass Richter, Staatsanwälte und andere Beamte Bestechungsgelder im Austausch für günstige Entscheidungen in vielen Straf- und Zivilsachen verlangen. Die Staatsanwälte haben eine quasi-richterliche Funktion und sind befugt, Gerichtsentscheidungen auszusetzen. Obgleich es den Gerichten obliegt, Haftbefehle zu bewilligen oder zu verweigern, werden Haftanträge der Staatsanwaltschaft in der überwiegenden Mehrheit der Fälle ausgestellt. Die Staatsanwälte haben die Macht, Untersuchungen und Festnahmen zu autorisieren. Im ersten Halbjahr 2017 wurden 32 Richter wegen Verstößen gegen die gerichtliche Ethik bestraft: Zwölf Richter wurden verwarnt, vierzehn gerügt und sechs wurden entlassen (USDOS 20.4.2018)

Nach wie vor kommen Korruption und politische Intervention im Rechtsbereich vor. In Strafverfahren werden häufig Verfahrensregeln verletzt. Reformanstöße von innen und außen werden zögernd angenommen und umgesetzt (AA 3.2018a).

Fast zwei Drittel der Bürger empfinden die Justiz als korrupt (BTI 2018).

Unternehmen zögern, sich an Gerichte zu wenden. Ausländischen Unternehmen war in der Vergangenheit bei der Anfechtung staatlicher Vorschriften und bei Vertragsstreitigkeiten wenig Erfolg beschieden (USDOS 20.4.2018; vgl. BTI 2018).

Sicherheitsbehörden

Die Zentralregierung hat das Gewaltmonopol inne. Das Nationale Sicherheitskomitee (KNB), [der kasachische Inlandsgeheimdienst], ist weiterhin die Hauptinstitution, die für die nationale Sicherheit verantwortlich ist und eng mit dem Innenministerium zusammenarbeitet (BTI 2018). Die Sicherheitskräfte werden effektiv von den zivilen Behörden kontrolliert (USDOS 20.4.2018).

Das kasachische Innenministerium beaufsichtigt die Polizei, die vor allem für die nationale Sicherheit verantwortlich ist. Das KNB spielt eine wichtige Rolle bei der Durchsetzung der Gesetze, bei der Grenzsicherheit, der inneren Sicherheit, bei Anti-Terror-Maßnahmen und bei der Ermittlung und dem Verbot von illegalen oder nicht registrierten Gruppen, wie z. B. extremistische, militaristische, politische, religiöse Gruppierungen und Gewerkschaften. Der KNB, wie auch der kasachische Auslandsgeheimdienst Syrbar und die Agentur für den öffentlichen Dienst und Korruptionsbekämpfung legen deren Berichte direkt dem Präsidenten vor. Von vielen Ministerien werden Blogs unterhalten, in welchen Bürger Beschwerden einreichen können. (USDOS 20.4.2018).

Am 4.7.2017 unterzeichnete Präsident Nasarbajew Gesetzesänderungen zur Reform der Strafverfolgungsbehörden. Eine dieser Gesetzesänderungen erteilt dem KNB die Befugnis, Korruption durch Beamte der Geheimdienste, des Antikorruptionsbüros und des Militärs zu untersuchen (USDOS 20.4.2018).

Korruption unter den Gesetzesvollzugsorganen ist weit verbreitet. Personen, die verhaftet, festgehalten oder beschuldigt werden, ein Verbrechen begangen zu haben, haben von Anfang an das Recht auf einen Anwalt. Die Strafprozessordnung verpflichtet die Polizei, Verhaftete über ihre Rechte aufzuklären. Weiters erlaubt das Gesetz der Polizei, einen Gefangenen bis zu 72 Stunden vor der Anklage festzuhalten. Menschenrechtsbeobachter kritisieren diese Zeitperiode als zu lange und sie sind der Meinung, dass diese Zeit genutzt wird, um Druck auszuüben und ein Geständnis zu erpressen. Durch die Staatsanwaltschaft wurde in den ersten sechs Monaten des Jahres von fünf Vorfällen willkürlicher Festnahme und Inhaftierung berichtet (USDOS 20.4.2018).

Folter und unmenschliche Behandlung

Das Gesetz verbietet Folter; dennoch existieren Berichte, dass Häftlinge von Polizei- und Strafvollzugsbeamten gefoltert und misshandelt worden wären (USDOS 20.4.2018).

Am 23.11.2016 drängte die EU im Zuge der Aufnahme engerer politischer und wirtschaftlicher Beziehungen mit Kasachstan auf konkrete Maßnahmen zur Lösung dringender Menschenrechtsprobleme. Die Untersuchung von Folter- und Misshandlungsvorwürfen bleibt trotz positiver Gesetzesänderungen bei der Meldung und Untersuchung von Straftaten wirkungslos, und Straflosigkeit ist nach wie vor die Regel. Der Kern des Problems liegt in der Zurückhaltung der Behörden, das Strafverfolgungssystem der öffentlichen Kritik auszusetzen (OMCT 23.11.2016).

Der Ombudsmann verzeichnete im Jahr 2016 über 106 Beschwerden über Folter, Gewalt und andere grausame und erniedrigende Behandlungen und Bestrafungen und berichtete, dass trotz einiger Fortschritte die Probleme mit Menschenrechtsverletzungen in den provisorischen Haftanstalten nach wie vor gravierend sind. (USDOS 20.4.2018).

Für 2016 wird von mehr als 1.500 Fällen von Folter in kasachischen Gefängnissen berichtet (ZA 27.1.2018).

Amnesty International berichtet, dass die kasachische Generalstaatsanwaltschaft offiziellen Angaben zufolge im Jahr 2016 insgesamt 700 Anzeigen wegen mutmaßlicher Folter in Haftanstalten erhalten habe und dass in den vergangenen fünf Jahren 158 Beamte wegen Folter schuldig befunden worden seien (AI 22.2.2018).

Korruption

Korruption ist allgemein verbreitet und reicht in alle Bereiche der Regierung hinein (BTI 2018). Nach wie vor kommen Korruption und politische Interventionen im Rechtsbereich vor (AA 3.2018a).

Das Innenministerium, das Komitee für nationale Sicherheit (KNB) und die Disziplinarkommission für den Staatsdienst sind für die Bekämpfung der Korruption verantwortlich. Das Gesetz sieht Strafen für Korruption bei Beamten vor, jedoch hat die Regierung das Gesetz nicht effektiv implementiert, und Beamte wenden häufig ungestraft korrupte Praktiken an. Laut amtlicher Statistik wurden in den ersten sieben Monaten des Jahres 2017 insgesamt 2.132 Korruptionsvergehen registriert. 1.019 davon wurden vor Gericht gebracht (USDOS 20.4.2018).

Die Chefin der städtischen Agentur für Korruptionsbekämpfung von Almaty erklärte, dass im Jahr 2016 und 1. Quartal 2017 insgesamt 113 Mitarbeiter der staatlichen Verwaltung wegen unethischen Verhaltens disziplinarisch zur Verantwortung gezogen wurden (ZA 27.1.2018).

Im Corruption Perceptions Index 2015 von Transparency International lag Kasachstan auf Rang 123 von 168 Ländern (TI 2015). Im Jahre 2016 lag Kasachstan auf Rang 131 von 176 angeführten Staaten (TI 2016). 2017 erreicht Kasachstan den 122. Rang unter 180 bewerteten Ländern (TI 2017). Kasachstan wird im 2017 Corruption Perceptions Index von Transparency International mit 31 (von 100) Punkten bewertet (0=highly corrupt, 100=very clean). 2016 hatte das Land nur 29 Punkte erhalten. Im längerfristigen Vergleich hat die Bewertung aber abgenommen (2012: 28Punkte; 2013: 26; 2014: 29; 2015: 28;) (TI 2017).

Die Regierung verfolgt vor allem in hochkarätigen Korruptionsfällen selektiv Beamte, denen Missbrauch vorgeworfen wird. Dennoch bleibt Korruption weit verbreitet, und es besteht Straffreiheit, sowohl für Personen, die Autoritätspositionen innehaben, als auch für Personen, die mit Regierungs- oder Strafverfolgungsbeamten in Verbindung stehen (USDOS 20.4.2018).

Im Juli 2017 verurteilte ein Militärgericht in Astana fünf ehemalige Mitarbeiter des Verteidigungs- und Finanzministeriums sowie sechs Geschäftsleute wegen Korruption zu Gefängnisstrafen zwischen drei und zwölf Jahren (ZA 27.1.2018).

Im Februar 2018 wurde von der Entlassung von 148 Polizisten aus verschiedenen Abteilungen des Innenministeriums wegen Korruption und anderer Delikte berichtet (ZA 29.6.2018.).

Allgemeine Menschenrechtslage

Die aktuelle Menschenrechtslage in Kasachstan ist nicht zufriedenstellend und bleibt hinter internationalen Standards und Verpflichtungen zurück (AA 3.2018).

Während von der kasachischen Regierung international hochkarätige Veranstaltungen wie die EXPO 2017, wie auch mehrere Runden der Syrien-Friedensgespräche veranstaltet wurden, verschlechterte sich ihre Menschenrechtsbilanz im Kasachstan weiter. Von den Behörden werden unabhängige Gewerkschaftsaktivitäten unterdrückt und die Behörden richten sich weiterhin mit politisch motivierten Anklagen und anderen Schikanen gegen Regierungskritiker und Journalisten. Mehrere zu Unrecht inhaftierte Aktivisten und Gewerkschaftsführer bleiben inhaftiert. Straflosigkeit für Folter und Misshandlung in der Haft bleibt bestehen (HRW 18.1.2018).

Das Europäische Parlament (EP), forderte eine Umkehr der negativen Tendenzen in Bezug auf die Freiheit der Medien, die freie Meinungsäußerung, sowie die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit und die Religionsfreiheit und zeigte sich besorgt über die Einschränkung der Freiheit der Medien, über die Einschränkung der Freiheit der Medien, der freien Meinungsäußerung, der Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit und der Religionsfreiheit, mittels restriktiver Rechtsvorschriften, Druck, Zensur und der strafrechtlichen Verfolgung von Aktivisten (EP 12.12.2017).

Zu den wichtigsten Menschenrechtproblemen gehören Verletzungen der Persönlichkeitsrechte der Bürger, eine weit verbreitete Korruption und Misshandlung durch Strafverfolgungs- und Justizbeamte, willkürliche Verhaftungen und Inhaftierungen, harte und manchmal lebensbedrohliche Haftbedingungen, Folter sowie andere Misshandlungen von Häftlingen und Gefangenen, sowie willkürliche oder unrechtmäßige Tötungen (USDOS 20.4.2018).

2014 trat der Nationale Präventionsmechanismus gegen Folter (NPM) in Kraft. Der NPM ist Teil der Ombudsstelle (Büro des Menschenrechtsbeauftragten) und somit kein von der Regierung unabhängiges Organ. Manche Beobachter meinen, dass es dem NPM an ausreichend qualifiziertem und ausgebildetem Personal mangelt (USDOS 20.4.2018).

Die Meinungs- und Medienfreiheit wird rechtlich und faktisch erheblich eingeschränkt. Der Großteil der Medien wird direkt oder indirekt staatlich finanziert. Dadurch kommt es, trotz verfassungsmäßig garantierter Pressefreiheit, häufig zu Selbstzensur. Die Versammlungsfreiheit wird restriktiv gehandhabt. Die Religionsfreiheit ist für traditionelle und nicht traditionelle Religionen weitgehend gewährleistet. Im Rechtsbereich kommen nach wie vor Korruption und politische Intervention vor. Im Strafverfahren werden häufig Verfahrensregeln verletzt. Seit 2003 gilt ein Moratorium für die Todesstrafe (AA 3.2018a).

Meinungs- und Pressefreiheit

Während die Verfassung Presse- und Meinungsfreiheit garantiert, schränkt die Regierung die Meinungsfreiheit ein und nimmt Einfluss auf die Medien. Dies geschieht durch Gesetze, Einschüchterung, Lizenzvergaben, Internetbeschränkungen sowie Straf- und Verwaltungsanzeigen. Gerichtliches Vorgehen gegen Journalisten und Medien, inklusive zivil- und strafrechtlicher Verleumdungsklagen durch die Regierung, hat dazu geführt, dass mehrere Medien den Betrieb eingestellt haben und die Selbstzensur gefördert. Die Gesetze sehen zusätzliche Maßnahmen und Restriktionen während "sozialer Notfälle" vor. Diese liegen vor, wenn in einem bestimmten Gebiet Gegensätze und Konflikte in den sozialen Beziehungen herrschen oder drohen, welche zu Verlust von Menschenleben, Personenschaden, beträchtlichem Sachschaden oder zur Verletzung der Lebensbedingungen der Bevölkerung führen könnten. In diesem Fall kann die Regierung Zensur ausüben, indem sie von den Medien 24 Stunden im Voraus das Druck-, Audio- oder Videomaterial verlangt, bevor eine Veröffentlichung genehmigt wird. Etliche private Zeitungen und Fernsehstationen erhalten Regierungssubventionen. Der Mangel an Transparenz in Bezug auf die Eigentumsverhältnisse stellt ein signifikantes Problem dar. Die Mehrheit der nicht direkt von der Regierung kontrollierten Medien gehört mutmaßlich Mitgliedern der Präsidentenfamilie oder engen Vertrauten des Staatsoberhauptes. Journalisten, die für Oppositionsmedien arbeiten und über Korruptionsfälle schreiben, berichten von Schikanen und Einschüchterungen durch Regierungsbeamte und private Akteure (USDOS 20.4.2018).

Die Meinungs- und Pressefreiheit wird in Kasachstan seit 2012 zunehmend durch staatliche Eingriffe eingeschränkt. Im Frühjahr 2014 wurde auch die Gesetzgebung verschärft. Kritische Zeitungen werden mit Steuerprozessen überzogen oder zu ruinösen Entschädigungszahlungen verurteilt, Websites blockiert; kritische Journalisten verbal und durch Tätlichkeiten eingeschüchtert und strafrechtlich verfolgt. In den letzten drei Jahren wurden fast 30 unabhängige oder oppositionelle Zeitungen/Zeitschriften verboten. Aber auch Fernsehsender, Radiosender, Videoportale und zunehmend auch das Internet sind von der restriktiven Politik betroffen. Staatliche Medien erhalten dagegen zunehmende finanzielle Unterstützung (GIZ 6.2018a).

Im Januar 2016 traten Änderungen des Kommunikationsgesetzes in Kraft. Sie verlangen von Internetnutzern das Herunterladen und Installieren eines "nationalen Sicherheitszertifikats". Das Zertifikat ermöglicht es den Behörden, Kommunikationen zu scannen, die über das HTTPS-Protokoll gesendet werden, und den Zugang zu einzelnen Webseiten zu sperren, deren Inhalte die Behörden als illegal einstufen (AI 22.2.2018).

Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen rangiert Kasachstan gegenwärtig auf Platz 158 von 180. Kasachstan verschlechterte sich demnach um einen Platz gegenüber der Reihung des Vorjahres (ROG 25.4.2018).

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition

Die Versammlungsfreiheit wird restriktiv gehandhabt (AA 3.2018a).

Das Gesetz gewährt beschränkte Versammlungsfreiheit. In der Praxis jedoch bestehen weitgehende Einschränkungen. Das Gesetz definiert unerlaubte Versammlungen, öffentliche Treffen, Demonstrationen, Märsche, Streikposten und Streiks, welche die soziale und politische Stabilität gefährden, als Bedrohung der nationalen Sicherheit. Gemäß Gesetz müssen Demonstrationen oder öffentliche Zusammenkünfte bei den lokalen Behörden zehn Tage im Voraus angemeldet werden. Oppositionsvertreter und Menschenrechtsbeobachter beschweren sich, dass das Prozedere kompliziert und vage sei, und die Zehn-Tage-Frist es Gruppen schwermache, öffentliche Zusammenkünfte oder Demonstrationen zu organisieren. Zudem würden die lokalen Behörden viele Ansuchen zurückweisen oder Demonstrationen nur außerhalb des Stadtzentrums zulassen (USDOS 20.4.2016).

Jegliche zivilgesellschaftliche bzw. religiöse Organisation muss sowohl beim Justizministerium als auch bei den lokalen Außenstellen des Ministeriums, registriert werden. Vereinigungen müssen laut Gesetz ihre spezifischen Aktivitäten festlegen. Jede Organisation, die außerhalb ihres Betätigungsfeldes agiert, kann verwarnt, bestraft, suspendiert oder letztendlich verboten werden. NGOs berichten von Schwierigkeiten öffentliche Vereinigungen zu gründen (USDOS 20.4.2018).

Die EU zeigt sich besorgt darüber, dass eine Zugehörigkeit zu einer nicht registrierten Vereinigung kriminalisiert wird und bedauert, dass Tätigkeiten registrierter Vereinigungen bei jedem auch noch so geringen Verstoß gegen nationales Recht gerichtlich ausgesetzt oder beendet werden können (EP 12.12.2017)

Von einer echten Opposition kann in Kasachstan nicht gesprochen werden (AA 3.2018a). Die einzige als ansatzweise oppositionell zu bewertende Partei, OSDP, ist im Parlament nicht vertreten. Die Kommunistische Partei Kasachstans wurde Anfang August 2015 verboten. Der bekanntesten nichtregistrierten, regimekritischen Partei, Alga (Vorwärts), wurde bereits 2012 die Tätigkeit untersagt. Ihr Vorsitzender Wladimir Koslow wurde Anfang Oktober 2012 in einem höchst umstrittenen Urteil wegen Anheizens sozialer Unruhen zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt (GIZ 6.2018a).

Die Regierung verlangt von politischen Parteien, dass sie mindestens 40.000 Unterstützungserklärungen für die Registrierung aufweisen. Das Gesetz verbietet Parteien auf ethnischer, religiöser oder Genderbasis. Mitglieder der Streitkräfte, Angestellte der Gesetzesvollzugsorgane und anderer nationaler Sicherheitsorganisationen dürfen weder einer Partei noch Gewerkschaft beitreten (USDOS 20.4.2018).

Haftbedingungen

Laut offiziellen Angaben befanden sich mit 20.6.2018 insgesamt

33.989 Personen in Haft, was einer Quote von 186 pro 100.000 Einwohner entspricht [vgl. Österreich: 98]. 17% davon befanden sich in Untersuchungshaft. Die Häftlingszahlen sind rückläufig. Offiziell waren 2016 39.179 und 2014 49.821 Menschen inhaftiert (WPB o.D.) Vize-Innenminister Bisenkulow erklärte, dass die Zahl der Häftlinge in kasachischen Gefängnissen aufgrund des reformierten Kriminalstrafrechts in den letzten fünf Jahren um 30% gesunken sei (ZA 27.1.2018).

Die Haftbedingungen sind rau und manchmal lebensbedrohlich, die sanitären und hygienischen Bedingungen unbefriedigend. Die Einrichtungen entsprechen nicht den internationalen Gesundheitsstandards. Gesundheitliche Probleme werden in vielen Fällen nicht behandelt, oder die Haftbedingungen verschärfen diese noch. Die Verbindung zur Außenwelt ist ebenso eingeschränkt wie der Informationsfluss über Häftlingsrechte. Zur Behebung von infrastrukturellen Problemen in den Gefängnissen, wurden von den Behörden in den letzten Jahren jene acht Gefängnisse mit den schlechtesten Bedingungen geschlossen. Verbesserungen haben sich durch das 2015 geänderte Strafrecht ergeben. Es sieht nun auch alternative Strafen wie Geldstrafen und öffentliche Dienstleistungen vor. Von Menschenrechtsaktivisten wird festgestellt, dass dies jedoch nicht wirksam umgesetzt wird (USDOS 20.4.2018).

Die Praxis von Misshandlungen und Folter in Polizeigefängnissen, Untersuchungshaftanstalten und gewöhnlichen Haftanstalten besteht weiterhin (USDOS 20.4.2018; vgl. AI 22.2.2018).

Todesstrafe

Seit 2003 gilt ein Moratorium für die Todesstrafe (AA 3.2018a). Angesichts des Anschlags von Aqtobe Anfang Juni 2016 [siehe Kapitel

3. Sicherheitslage] schlug Präsident Nursultan Nasarbajew die Verhängung der Todesstrafe vor (RFE/RL 8.6.2016). Im November 2016 wurde Ruslan Kulekbaev, dem vorgeworfen wurde im Juli 2016 in Almaty zehn Menschen getötet zu haben, auf der Grundlage terrorismusbezogener Anklagen zum Tode verurteilt. Er ist die sechste Person, die zum Tode verurteilt wurde, seit Präsident Nasarbajew im Jahr 2003 ein Hinrichtungsmoratorium unterzeichnet hatte (AI 17.5.2017).

Da in Kasachstan ein Moratorium für die Todesstrafe gilt, wird die Strafe wohl in lebenslänglich umgewandelt werden. Präsident Nasarbajew hat jedoch mehrfach eine Aussetzung des Moratoriums für Terroristen angekündigt. Auch fordern derzeit mehrere Politiker und Juristen den Vollzug der Todesstrafe im Falle von Terrorismus (GIZ 6.2018a; vgl. ZA 16.2.2017).

2.7.13. Religionsfreiheit

Die Religionsfreiheit ist für traditionelle Religionen weitgehend gewährleistet. Voraussetzung für die freie Religionsausübung ist zumeist eine staatliche Registrierung und Beachtung verschiedener Auflagen. In letzter Zeit kam es wiederholt zu international und national kritisierten juristischen Verfahren gegen Vertreter unterschiedlicher Religionen bzw. gegen Gemeinschaften. Die kasachische Regierung betont ausdrücklich die Bedeutung der religiösen Vielfalt (AA 3.2018a).

Laut Schätzungen waren 2016 von den rund 18,5 Millionen Einwohnern Kasachstans 70% sunnitische Muslime, die meisten der Hanafi Schule angehörend. Andere islamische Gruppen, wie die Schiiten, umfassen zusammen weniger als ein Prozent der Bevölkerung. Die russisch-orthodoxen Christen machen circa 26% aus. Andere Gemeinschaften umfassen weniger als 3% der Bevölkerung (USDOS 29.5.2018).

Kasachstan ist laut Verfassung ein säkularer Staat, Religionsfreiheit sowie die Gleichberechtigung der Religionen sind garantiert. Politisch-religiöse Vereinigungen sind verboten (GIZ 6.2018b).

Religiöse Gruppen müssen sich per Gesetz beim Justizministerium registrieren lassen. Die Zugehörigkeit zu einer nicht registrierten religiösen Gruppe ist nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten strafbar. Religiöse Gruppen durften ihren Glauben nur an staatlich genehmigten Orten praktizieren. Zusammenkünfte religiöser Art und die Verteilung religiöser Schriften an nichtgenehmigten Orten wurden mit hohen Geldstrafen geahndet (AI 22.2.2018).

Der Islam wird von der Führung für das "State- und Nationbuilding" verwendet. Seit der Unabhängigkeit wurden mit staatlichem Segen neue Moscheen errichtet. Islamische Feiertage werden eingehalten. Kasachstan ist Mitglied der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) und hatte dort 2011 sogar den Vorsitz inne. Daneben besteht ein Volksislam, der manches Element der vorislamischen Zeit enthält. Er wird eher kulturell, als streng den religiösen Geboten folgend, gelebt. Im Alltagsleben der Städte spielt der Islam noch kaum eine Rolle, in den traditionelleren Dörfern des Südens ist er stärker verankert, wobei es auch zu Konflikten zwischen den Bestimmungen des säkularen Staates und den religiösen Regeln kommt. Neue, sich unabhängig vom staatlich tolerierten Islam entwickelnde Bekenntnisse zum Islam, werden allerdings kritisch gesehen (GIZ 6.2018b).

Der Pressedienst des Ministeriums für Religionsangelegenheiten und Zivilgesellschaft berichtet, dass die geistliche Direktion der kasachischen Muslime (DSKM) das Verbot des Tragens eines Hidschabs oder des Kopftuches an Schulen, an denen Uniformen getragen werden, unterstützt. Das Verbot war bereits im Januar 2016 verabschiedet worden. Gleichzeitig empfiehlt die DSKM muslimischen Frauen nach Erreichen der Volljährigkeit in der Öffentlichkeit ein Kopftuch zu tragen (ZA 29.6.2018).

Die christliche russisch-orthodoxe Kirche hat im Staat besondere Bedeutung, erst vor zwei Jahren wurde etwa in Astana eine prächtige (von Gazprom gesponserte) russisch-orthodoxe Kathedrale neu eröffnet. In Karaganda wurde ebenfalls vor zwei Jahren eine (vorwiegend aus österreichischen Spendenmitteln finanzierte) katholische Kathedrale neu eröffnet. Man kann davon ausgehen, dass die ethnisch russische Minderheit (ca. 4 Millionen, knapp 30% der Bevölkerung) russisch-orthodox ist. Römisch-katholische Christen zählen etwa 150.000, sie sind v.a. Nachkommen nach Kasachstan exilierter/vertriebener Osteuropäer (v.a. Polen). Es kann keinesfalls von einer Verfolgung der christlichen Bevölkerungsgruppe in Kasachstan gesprochen werden (ÖB Astana 16.2.2015).

Durch die Emigration von vor allem Russen und Ukrainern ist die Zahl der nominell wie tatsächlich russisch-orthodoxen Gläubigen stark zurückgegangen. Gleiches gilt für Protestanten und Katholiken durch die Aussiedlung von Deutschen und Polen. Das Verhältnis zwischen Islam und christlichen Kirchen ist entspannt. Sogenannte "nichttraditionelle Religionen" - Scientology, Hare Krishna, Mormonen - hatten und haben Zulauf, was Widerspruch bei den Amtsträgern der traditionellen Glaubensrichtungen hervorruft und den Staat zum Handeln veranlasst hat. Beobachter beklagen den Versuch des Staates, auch religiöse Angelegenheiten traditioneller Glaubensrichtungen zu kontrollieren (GIZ 5.2018b).

Religiöse Gruppen sind angehalten, sich bei lokalen-, regionalen- oder nationalen Stellen des Justizministeriums zu registrieren. Dabei sind - je nach Verwaltungsorganisation - verschiedene Mitgliederzahlen für eine Registrierung erforderlich. Auf lokaler Ebene sind 50, auf regionaler Ebene 500 und auf nationaler Ebene 5000 Mitglieder erforderlich, um registriert zu werden.

Viele Gruppen konnten diese Schwellenwerte nicht erreichen und so ist die Zahl registrierter Religionsgemeinschaften im Land stark zurückgegangen. Von 48 "nicht-traditionellen religiösen Organisationen" wurden nur 16 neu registriert. Die Union der evangelisch-christlichen Baptisten mit 11.000 Mitgliedern verweigerte aus Gewissensgründen eine Registrierung. Schiiten und Ahmadis wurden für eine Registrierung abgelehnt.

Seit 2013 erfolgt eine Registrierung muslimischer Gruppen nur noch, wenn sie dem staatlich unterstützten muslimischen Vorstand angehören (USCIRF 3.2018).

Im Dezember 2015 bestätigten die Gerichte hohe Geldstrafen gegen zwei Zeugen Jehovas und einen Rentner, wegen Gesprächen über ihren Glauben in der Öffentlichkeit (USCIRF 4.2018). Ein Gericht in Astana verurteilte im Mai 2017 einen Zeugen Jehovas wegen des unerlaubten Abhaltens einer "Versammlung" zu einer Haftstrafe von fünf Jahren. Ende Juni 2017 wurde auf Beschluss eines Gerichts in Almaty das Gebietsbüro der Zeugen Jehovas aus unbekannten Gründen für drei Monate geschlossen und eine hohe Geldstrafe gegen die Religionsgemeinschaft verhängt (ZA 27.1.2018).

Nach NGO-Angaben waren 2017 insgesamt 279 Verwaltungsstrafverfahren mit religiösem Hintergrund bekannt. 259 davon endeten mit Strafen, einschließlich Geldstrafen, einer kurzfristigen Gefängnisstrafe, Abschiebungen, Gottesdienstverboten, Beschlagnahmungen und der Vernichtung religiöser Literatur (Forum 31.1.2018).

Relevante Bevölkerungsgruppen

Laut Schätzung (2009) sind 63,1% der Einwohner Kasachstans ethnische Kasachen; 23,7% Russen; 2,9% Usbeken; 2,1% Ukrainer; 1,4% Uiguren; 1,3% Tataren; 1,1% Deutsche und 4,4% gehören anderen Ethnien an (CIA 12.7.2018; vgl. ASRK 2011). Von 1999 bis 2009 nahm der Anteil der Kasachen hierbei von 53,5 auf 63,1% zu, jener der Russen als zweitgrößter Gruppe schrumpfte im gleichen Zeitraum von 29,9 auf 23,7%. Mit Ausnahme der Usbeken, haben sich die Anteile aller Minderheiten an der Gesamtbevölkerung verkleinert, auch jener Minderheiten, die in absoluten Zahlen gewachsen sind (ASRK 2011).

Kasachstan ist nicht nur das neuntgrößte Land der Erde, auf seinem Territorium leben auch Angehörige von 120 Nationalitäten. Entsprechend groß ist die Vielfalt der Sprachen, Religionen, Traditionen und Kulturen - auch wenn früher das "Sowjetische" und heute zunehmend das "Kasachische" im Vordergrund steht. Nach der Unabhängigkeit hat es eine starke Emigration vieler nichtkasachischer Nationalitäten (Russen, Deutsche, Polen u.v.a.) gegeben, gleichzeitig kehrten Kasachen aus den ehemaligen Sowjetrepubliken, der Mongolei und China in ihre "historische Heimat" zurück. Das Zusammenleben war seit der Unabhängigkeit n

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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