TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/6 W203 2202703-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.05.2019
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Entscheidungsdatum

06.05.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §13 Abs2 Z1
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2
FPG §55 Abs1a

Spruch

W203 2202703-1/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gottfried SCHLÖGLHOFER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX 2000, StA. Afghanistan, vertreten durch die Volkshilfe Flüchtlingsdienst- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.07.2018, Zl. 1101226801 - 160034240, zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. - VII. wird als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt VIII. wird mit der Maßgabe abgewiesen, dass dieser zu lauten hat:

"Gemäß § 13 Absatz 2 Ziffer 1 Asylgesetz haben Sie Ihr Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 22.09.2017 verloren."

III. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt IX. wird mit der Maßgabe abgewiesen, dass dieser zu lauten hat:

"Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wird gegen Sie ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen".

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger sunnitischen Glaubens und Angehöriger der tadschikischen Volksgruppe, stellte am 08.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Noch am selben Tag erfolgte die Erstbefragung des Beschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes. Im Rahmen dieser Befragung gab er zusammengefasst an, dass er ledig sei. Er habe sieben Jahre lang die Grundschule im Iran besucht und habe zuletzt den Beruf eines Hilfsarbeiters ausgeübt. Sein Vater, seine Mutter, drei seiner Brüder und eine Schwester würden sich noch im Iran befinden. Eine weitere Schwester, sein Schwager und seine beiden Neffen seien mit ihm nach Österreich gereist. Er sei 20 Tage vor der gegenständlichen Befragung illegal, mit dem Bus aus Teheran, Iran, ausgereist. Zu seinem Fluchtgrund befragt gab der Beschwerdeführer an, dass er seit seiner Geburt im Iran gelebt habe und dort unmenschlich behandelt worden sei. Seine Eltern hätten sich keine weitere Schulbildung für ihn leisten können. Als er erfahren habe, dass seine Schwester ausreise, habe er mit ihr ausreisen wollen. Er habe keine Zukunft im Iran und wolle bei seiner Schwester bleiben.

2. Am 19.09.2017, rechtskräftig mit 22.09.2017, wurde der Beschwerdeführer nach § 125 sowie §§ 127, 129 Abs. 1 Z 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Höhe von zwei Monaten, bedingt nachgesehen für eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

3. Am 11.01.2018 wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) durch die PI XXXX über die Abgängigkeit des Beschwerdeführers - es wurde eine Abgängigkeitsanzeige gelegt - informiert.

4. Am 14.02.2018 wurde das gegenständliche Verfahren auf internationalen Schutz durch die belanget Behörde eingestellt, da der Beschwerdeführer das österreichische Bundesgebiet freiwillig verlassen habe.

5. Am 03.05.2018 wurde der Beschwerdeführer von Frankreich nach Österreich überstellt.

6. Am 12.06.2018 wurde der Beschwerdeführer in der Justizanstalt Wels - es wurde über ihn die Untersuchungshaft wegen des Verdachtes des schweren Raubes verhängt - durch Organe der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Im Laufe dieser Befragung gab er zusammengefasst an, dass er im bisherigen Verfahren wahrheitsgemäße Angaben gemacht habe. Es sei durch die "Chefin der Flüchtlingsunterkunft" bereits eine Tazkira vorgelegt worden. Das Original habe der Beschwerdeführer in seinem Zimmer, er könne dieses durch seine Schwester an die belangte Behörde weiterleiten lassen. Diese würde ihn nicht in der Justizanstalt besuchen, da sie sich um die Kinder kümmern müsse. Da sich im Akt der belangten Behörde die bezeichnete Tazkira nicht fand, wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, dieses Dokument innerhalb von 14 Tagen vorzulegen. Der Beschwerdeführer gab an, er habe einen Reisepass, dieser befinde sich bei seinen Eltern im Iran. Dazu näher befragt gab der Beschwerdeführer an, dass er eine diesbezügliche Vorlage mit seinen Eltern besprechen müsse und dass er nicht seinen eigenen Pass gemeint habe, sondern den seiner Eltern, auf dem sich auch ein Foto von ihm befinde. Der Beschwerdeführer sei Tadschike und Sunnite. Er werde aufgrund seines Vaters in Afghanistan verfolgt. Er sei im Iran geboren worden und habe mit neun Jahren begonnen, für drei Jahre in einer "Becherfabrik" zu arbeiten. Nachfolgend sei die Familie nach Teheran gezogen, dort habe der Beschwerdeführer ca. vier bis fünf Jahre lang die Schule besucht und nebenbei als Straßenhändler im Basar gearbeitet. Dies sei bis zu seiner Ausreise der Fall gewesen. Er habe eine private afghanische Schule besucht und könne lesen und schreiben. Er habe im Iran seinen Lebensunterhalt durch seine Arbeit und durch Unterstützung der Familie bestritten. Der Beschwerdeführer stamme aus dem Dorf XXXX in der Provinz Kapisa in Afghanistan. Er habe dort auch ca. 1,5 Jahre lang gewohnt, als er im Alter von 13 Jahren dort hingegangen sei, weil sein Bruder dort geheiratet habe. Er habe nicht gleich zurückreisen können, da er illegal nach Afghanistan gekommen und dann mit dem Reisepass zurück in den Iran gegangen sei. Er habe dann legal im Iran gelebt. Sein Vater, seine Mutter, drei Brüder und eine Schwester würden noch im Iran leben, eine weitere Schwester in Österreich. In Afghanistan würden noch zwei Onkel väterlicherseits in Kapisa und ein weiterer in Kabul leben. Dieser Onkel in Kabul habe vier Söhne und zwei Töchter. Zu einem Onkel mütterlicherseits, der auch in Kabul lebe, habe der Beschwerdeführer schon lange keinen Kontakt mehr. In Kapisa befände sich auch noch eine Tante väterlicherseits. Seinen Onkeln gehe es finanziell gut. Sein Vater habe Grundstücke in Kapisa gehabt. Der Beschwerdeführer werde nicht von den Behörden seines Heimatlandes gesucht, er sei auch nie festgenommen worden. Er habe auch keine Probleme mit den Behörden gehabt und sei auch nicht wegen seiner politischen Gesinnung, seiner Religion, seiner Rasse, seiner Nationalität, seiner Volksgruppe oder der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe verfolgt worden. Sein Heimatland verlassen habe der Beschwerdeführer, da sein Vater Mudjahedin gewesen sei und mit XXXX zusammengearbeitet habe. Die Onkel des Beschwerdeführers hätten seinem Vater seine Grundstücke weggenommen. Ein kleines Stück hätten sie dem Vater gelassen, da dieses der Mutter des Beschwerdeführers gehört habe. Nachdem der Vater des Beschwerdeführers dies gesehen habe und auch sein eigener Vater gestorben sei, sei er in den Iran gereist. Dies auch, da er kein Haus und keine Arbeit mehr gehabt habe. Dies sei zwei Jahre vor der Geburt des Beschwerdeführers passiert. Sein Vater habe keine Ausbildung gehabt, er habe im Iran als Bauer gearbeitet, dort sei dann auch der Beschwerdeführer geboren worden. Wer genau dem Vater die Grundstücke weggenommen habe, wisse der Beschwerdeführer nicht, es seien "alle zusammen" gewesen. Den letzten Kontakt mit seinen Onkeln väterlicherseits habe er mit 13 oder 14 Jahren gehabt, und zwar zu der Zeit, als sein Bruder in Afghanistan geheiratet habe. Die Onkel seien auch bei der Hochzeit gewesen und sie hätten sich gegenseitig besucht. Die Hochzeit habe in Kabul stattgefunden, die Besuche im Heimatdorf in XXXX . Von den 1,5 Jahren in Afghanistan habe er ca. vier bis fünf Monate in XXXX gelebt und dann ca. ein Jahr in Kabul. Weder der Beschwerdeführer noch sein Vater hätten sich wegen der Probleme in Afghanistan je an die staatlichen Behörden gewandt. Bei einer Rückkehr in sein Heimatland habe der Beschwerdeführer "Angst vor dem Krieg". Eine Cousine des Beschwerdeführers lebe in Österreich, diese würde er ca. alle zwei Monate sehen, den Namen wisse er nicht mehr. Eine Woche vor der Einlieferung in die U-Haft habe er ein eigenes Zimmer bekommen, davor habe er mit seiner Schwester, seinem Schwager und deren vier Kindern zusammengelebt. Er habe sie jeden Tag besucht, da er im Nachbardorf lebe, im Gefängnis habe ihn seine Schwester noch nicht besucht. Er verstehe sich gut mit seiner Schwester, er habe Respekt vor ihr, aber es bestehe kein Abhängigkeitsverhältnis. Seit seiner Einreise habe er ein Jahr das Polytechnikum besucht und dieses abgeschlossen. Er habe Deutschkurse - A1 und A2 - besucht, die Prüfung für A2 habe er bereits bestanden. Er sei drei Monate in der NMS gewesen, dann habe er aber die Prüfung nicht geschafft und die Schule verlassen. Er besuche in Österreich keine Kurse, keine Schule, keine Vereine und auch nicht die Universität. Seinen Aufenthalt finanziere sich der Beschwerdeführer durch die Grundversorgung. Er arbeite nicht und sei auch in der Vergangenheit keiner beruflichen Tätigkeit nachgegangen. Er habe bei einer Lehrlingsmesse eine Lehrstelle als Zimmerer gesucht. Er habe viele Freunde, spiele Fußball, kümmere sich um seine Nichten, spiele Tischfußball, lerne Deutsch und sehe fern mit Freunden. Er habe in Österreich keinen Privatbesitz und keine Lebensgefährtin und sei auch in keinem Verein aktiv tätig. Zu seiner Verurteilung zu zwei Monaten, bedingt nachgesehen unter Setzung einer Probezeit, gab der Beschwerdeführer an, zum Zeitpunkt der Tat betrunken gewesen zu sein. Auch die anderen Anzeigen bzw. Anklageerhebungen seien aufgrund seines Alkoholkonsums entstanden. Wieso er sich in Untersuchungshaft wegen eines Raubes befinde, wisse er nicht. Nach Deutschland sei er gegangen, da er in Österreich "lange gewartet" - 2 Jahre - und kein Asyl bekommen habe, deswegen sei er mit zwei Freunden nach Frankreich gegangen, diese hätten schon "den Pass". Der Beschwerdeführer gab weiters an, dass er nie persönlich bedroht oder verfolgt worden sei, sein Vater sei vor seiner Geburt von "

XXXX " verfolgt worden. Nach der Geburt des Beschwerdeführers sei der Vater nicht mehr verfolgt worden.

7. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 03.07.2018 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m.

§ 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF (AsylG 2005) (Spruchteil I.) als auch des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchteil II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchteil III). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, BGBl. Nr. 87/2012, idgF (BFA-VG) wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) erlassen (Spruchteil IV.) und es wurde gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchteil V.). Gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gegen die Rückkehrentscheidung aberkannt (Spruchteil VI.) und gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gesetzt (Spruchteil VII.). Gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 habe der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 30.06.2017 verloren (Spruchteil VIII.). Mit Spruchteil IX. wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 FPG gegen den Beschwerdeführer ein mit sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Begründend führte das BFA Folgendes aus:

Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan einer Verfolgung durch die Verwandten seines Vaters oder durch staatliche Organe oder Privatpersonen unterliege. Es hätte sich auch aus den sonstigen Umständen keine derartige Verfolgung ergeben. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Afghanistan in seinem Recht auf Leben gefährdet sei oder Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht sei. Die Kernfamilie des Beschwerdeführers lebe im Iran bzw. in Österreich. Er verfüge über Schulbildung und mehrjährige Berufserfahrung als Straßenhändler. Er sei wirtschaftlich genügend abgesichert und könne grundsätzlich für seinen Unterhalt sorgen bzw. auch von seiner Familie Unterstützung erhalten. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde. Es läge im Falle des Beschwerdeführers eine relevante Gefährdungslage in Bezug auf seine unmittelbare Heimatprovinz, nicht aber in Bezug auf Afghanistan allgemein, vor. Die Lage in Kabul sei ausreichend sicher, er könne sich in Kabul niederlassen und Kabul - auch ohne einer besonderen Gefährdung ausgesetzt zu sein - erreichen. In Österreich würden keine besonderen sozialen Kontakte bestehen und es habe kein über das übliche Maß hinausgehendes Privatleben festgestellt werden können. Der Beschwerdeführer sei am 19.09.2017 rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe in der Höhe von 2 Monaten, bedingt nachgesehen, verurteilt worden.

8. Am 13.08.2018, rechtskräftig mit 17.08.2018, wurde der Beschwerdeführer wegen § 83 Abs. 1 StGB verurteilt, wobei unter Bedachtnahme auf die Verurteilung vom 19.09.2017 gemäß § 31 und 40 StGB keine Zusatzstrafe verhängt wurde.

9. Gegen den gegenständlichen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, in welcher er zusammengefasst im Wesentlichen Folgendes vorbrachte:

Der Beschwerdeführer sei im Iran geboren und dort sozialisiert worden. Seine Eltern seien vor seiner Geburt von Afghanistan aus in den Iran geflohen, da sein Vater Soldat von XXXX gewesen sei, welcher Probleme mit XXXX gehabt habe. Bei der Rückkehr aus dem Krieg sei der Vater von Soldaten XXXX verfolgt und bedroht worden, darüber hinaus habe sein Vater mitansehen müssen, wie sich seine Brüder, also die Onkel des Beschwerdeführers, seiner Grundstücke bemächtigt hätten. Ohne Haus, ohne Arbeit und aufgrund der Bedrohung sei dem Vater nur die Flucht in den Iran geblieben. Der Beschwerdeführer habe in Österreich die Schule besucht und versucht, Arbeit zu finden. Er spreche sehr gut Deutsch und habe schon viele soziale Kontakte knüpfen können. In seiner Freizeit spiele er Fußball, kümmere sich um seine Nichten und treffe sich mit seinen Freunden. Die im Bescheid enthaltenen Länderfeststellungen würden zwar allgemeine Aussagen über Afghanistan beinhalten, sich aber nur unzureichend mit der aktuellen Sicherheits- und Versorgungslage befassen. Die Behörde habe ihre Ermittlungspflicht nicht voll wahrgenommen und das Verfahren dadurch mit groben Mängeln belastet. Es werde festgehalten, dass der Beschwerdeführer glaubhaft aufgrund seiner politischen Gesinnung von den Truppen XXXX verfolgt werde. Die von seinem Vater abgeleitete Verfolgung stelle eine außergewöhnlich hohe Belastung für den Beschwerdeführer dar und verursache wohlbegründete Furcht. Auch eine "durchschnittlich vernünftige" Person würde sich in der Situation des Beschwerdeführers fürchten. Die belangte Behörde hätte aufgrund der Situation in Afghanistan dem Beschwerdeführer "zumindest" den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen müssen. Bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung müsse eine Interessensabwägung vorgenommen werden. Der Beschwerdeführer sei zwar straffällig geworden, bereue jedoch seine Taten und sehe das Unrecht derselben ein. Seit seiner Zeit im Gefängnis zeige er sich geläutert und er sei bemüht, seine Fehler aus der Vergangenheit wieder gut zu machen. Auch die Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers seien, nach der erst kurzen Aufenthaltsdauer in Österreich, bemerkenswert. In Anbetracht der "inneren Läuterung", aufgrund welcher zukünftig keine Gefahr der Begehung weiterer Straftaten mehr bestehe, und der Setzung weiterer Integrationsschritte gefährde der Beschwerdeführer weder die öffentliche Ruhe und Ordnung, noch die nationale Sicherheit oder das wirtschaftliche Wohl des Landes. Der Beschwerdeführer habe auf freiem Fuß engen Kontakt zu seiner Schwester, die in Österreich aufhältig sei, gehabt, und er wolle auch nach der Entlassung aus der Haft diesen engen Kontakt wiederherstellen. Eine Rückkehrentscheidung im Falle des Beschwerdeführers würde einen unzulässigen Eingriff in sein Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens darstellen und gegen Art. 8 EMRK verstoßen, besonders da er versuche, sich in Österreich zu integrieren und er in seinem Herkunftsland keine Existenzgrundlage habe. Weiters werde die Rechtmäßigkeit der Verhängung des Einreiseverbotes bestritten. Der Beschwerdeführer erfülle keinen der im Gesetz als Voraussetzung aufgezählten Tatbestände. Der Beschwerdeführer stelle - bei Einbeziehung aller maßgeblichen Informationen - keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.

10. Am 02.08.2018, einlangend mit 06.08.2018, wurde die Beschwerde durch die belangte Behörde - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

11. Mit Teilerkenntnis durch das Bundesverwaltungsgericht vom 13.08.2018 wurde der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. (Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde) stattgegeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos behoben.

12. Gegen dieses Teilerkenntnis wurde am 11.09.2018 durch die belangte Behörde eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

13. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 08.03.2019 wurde das bezeichnete Teilerkenntnis vom 13.08.2018 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Zum Beschwerdeführer:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger sunnitischen Glaubens und Angehöriger der tadschikischen Volksgruppe. Der Beschwerdeführer ist im Iran geboren und hat dort auch bis zur Ausreise - bis auf 1,5 Jahre, die er im Alter von ca. 13 Jahren in Afghanistan verbracht hat - gelebt. Er führt den im Spruch angeführten Namen und hatte seinen ständigen Wohnsitz bis vor der Einreise nach Österreich im Iran. Seine Identität steht nicht fest.

Er reiste (spätestens) am 08.01.2016 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte an diesem Tag den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Beschwerdeführer befand sich seit seiner Antragstellung in Österreich bzw. zwischenzeitlich auch in Frankreich, von wo er wieder nach Österreich rücküberstellt wurde.

Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder.

Er hat sieben Jahre lang eine private afghanische Schule im Iran besucht und kann lesen und schreiben.

Der Beschwerdeführer bezieht seit seiner Einreise Leistungen aus der Grundversorgung, einer Erwerbstätigkeit in Österreich ist er bisher nicht nachgegangen. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er hat bisher einmal auf einer "Lehrlingsmesse" versucht, eine Lehrstelle zu finden.

Der Beschwerdeführer hat für ein Jahr den Polytechnischen Lehrgang besucht, danach für drei Monate die NMS, diese hat er aber abgebrochen.

Der Beschwerdeführer hat Deutschkurse bis zum Sprachniveau A2 besucht.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Freundin, keine Kinder - und somit auch keine Obsorgepflichten - und gehört keinen Vereinen an. Er übt auch keine ehrenamtlichen Tätigkeiten aus.

Die Schwester des Beschwerdeführers befindet sich mit ihrem Ehemann in Österreich. Es besteht kein besonderes Abhängigkeitsverhältnis des Beschwerdeführers zu seiner Schwester. Seine Eltern, seine drei Brüder und eine Schwester befinden sich im Iran, drei Onkel väterlicherseits in Afghanistan.

Dem Beschwerdeführer droht weder aufgrund des Umstandes, dass sein Vater Soldat gewesen sei, noch wegen der behaupteten Wegnahme von Grundstücken durch die Brüder des Vaters eine Verfolgung in Afghanistan.

Der Beschwerdeführer hat mit ca. 13 Jahren für 1,5 Jahre in Afghanistan gelebt. Sein Bruder hat dort geheiratet und auch die Brüder des Vaters des Beschwerdeführers (also die Onkel des Beschwerdeführers) waren bei diesen Feierlichkeiten, bei denen es zu keinerlei Auseinandersetzungen zwischen den Hochzeitsgästen gekommen ist, anwesend.

Am 19.09.2017, rechtskräftig mit 22.09.2017, wurde der Beschwerdeführer wegen § 125 sowie §§ 127, 129 Abs. 1 Z 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Höhe von zwei Monaten verurteilt, wobei diese Strafe mit einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Der Beschwerdeführer wurde für schuldig erkannt, im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit zwei anderen Personen in der Nacht zum 30.06.2017 in Schwanenstadt fremde bewegliche Sachen, nämlich 476 Packungen Zigaretten in nicht mehr feststellbarem Wert (Einkaufspreis EUR 1.918,82) dem Besitzer dieser Zigaretten durch Aufzwängen eines Zigarettenautomaten, mithin durch Aufbrechen eines Behältnisses, mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern sowie in derselben Nacht am selben Ort ein Fenster des Asylheimes dadurch beschädigt zu haben, dass er die Verankerung herausgerissen hat. Er hat dadurch das Vergehen des Diebstahles durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs. 1 Z 2 StGB und das Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB verübt. Mildernd wurde gewertet, dass der Beschwerdeführer ein Geständnis ablegte und unbescholten war. Erschwerend kam hinzu, dass mehrere Vergehen zusammengetroffen sind.

Am 13.08.2018, rechtskräftig mit 17.08.2018, wurde der Beschwerdeführer wegen § 83 Abs. 1 StGB verurteilt, wobei keine Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 StGB unter Bedachtnahme auf die vorgängig erfolgte Verurteilung verhängt wurde. Der Beschwerdeführer wurde schuldig erkannt, am 08.09.2017 einen Mann vorsätzlich am Körper verletzt zu haben, indem er ihm einen Fußtritt gegen den Kopf versetzte, wodurch dieser eine Gehirnerschütterung und eine Platzwunde im Bereich der linke Augenbraue erlitten hat.

Im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan würde der Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht in eine existenzbedrohende Notlage geraten.

1.2. Zur hier relevanten Situation in Afghanistan:

Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 29.06.2018:

1.2.1. Sicherheitslage

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (UNGASC 27.2.2018).

Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (INSO o.D.).

Im Jahr 2017 waren auch weiterhin bewaffnete Zusammenstöße Hauptursache (63%) aller registrierten sicherheitsrelevanten Vorfälle, gefolgt von IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und Luftangriffen. Für das gesamte Jahr 2017 wurden 14.998 bewaffnete Zusammenstöße registriert (2016: 14.977 bewaffnete Zusammenstöße) (USDOD 12.2017). Im August 2017 stuften die Vereinten Nationen (UN) Afghanistan, das bisher als "Post-Konflikt-Land" galt, wieder als "Konfliktland" ein; dies bedeute nicht, dass kein Fortschritt stattgefunden habe, jedoch bedrohe der aktuelle Konflikt die Nachhaltigkeit der erreichten Leistungen (UNGASC 10.8.2017).

Die Zahl der Luftangriffe hat sich im Vergleich zum Jahr 2016 um 67% erhöht, die gezielter Tötungen um 6%. Ferner hat sich die Zahl der Selbstmordattentate um 50% erhöht. Östliche Regionen hatten die höchste Anzahl an Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von südlichen Regionen. Diese beiden Regionen zusammen waren von 55% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle betroffen (UNGASC 27.2.2018). Für den Berichtszeitraum 15.12.2017 - 15.2.2018 kann im Vergleich zum selben Berichtszeitraum des Jahres 2016, ein Rückgang (-6%) an sicherheitsrelevanten Vorfällen verzeichnet werden (UNGASC 27.2.2018).

Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren (USDOD 12.2017). Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt; vgl. AAN 6.6.2018) bedrohen - ein signifikanter Meilenstein für die ANDSF (USDOD 12.2017; vgl. UNGASC 27.2.2018); diesen Meilenstein schrieben afghanische und internationale Sicherheitsbeamte den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zu (UNGASC 27.2.2018).

Die von den Aufständischen ausgeübten öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe in städtischen Zentren beeinträchtigten die öffentliche Moral und drohten das Vertrauen in die Regierung zu untergraben. Trotz dieser Gewaltserie in städtischen Regionen war im Winter landesweit ein Rückgang an Talibanangriffen zu verzeichnen (UNGASC 27.2.2018). Historisch gesehen gehen die Angriffe der Taliban im Winter jedoch immer zurück, wenngleich sie ihre Angriffe im Herbst und Winter nicht gänzlich einstellen. Mit Einzug des Frühlings beschleunigen die Aufständischen ihr Operationstempo wieder. Der Rückgang der Vorfälle im letzten Quartal 2017 war also im Einklang mit vorangegangenen Schemata (LIGM 15.2.2018).

1.2.2. Kabul

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul-Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan. im Nordosten an Kapisa. im Osten an Laghman. an Nangarhar im Südosten. an Logar im Süden und an (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar. Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Provinz Kabul besteht aus folgenden Einheiten (Pajhwok o.D.z): Bagrami. Chaharasyab/Char Asiab. Dehsabz/Deh sabz. Estalef/Istalif. Farza. Guldara. Kabul Stadt. Kalakan. Khak-e Jabbar/Khak-i-Jabar. Mirbachakot/Mir Bacha Kot. Musayi/Mussahi. Paghman. Qarabagh. Shakardara. Surobi/Sorubi (UN OCHA 4-2014; vgl. Pajhwok o.D.z).

Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.679.648 geschätzt (CSO 4.2017).

In der Hauptstadt Kabul leben unterschiedliche Ethnien: Paschtunen. Tadschiken. Hazara. Usbeken. Turkmenen. Belutschen. Sikhs und Hindus. Ein Großteil der Bevölkerung gehört dem sunnitischen Glauben an. dennoch lebt eine Anzahl von Schiiten. Sikhs und Hindus nebeneinander in Kabul Stadt (Pajhwok o.D.z). Menschen aus unsicheren Provinzen, auf der Suche nach Sicherheit und Jobs, kommen nach Kabul - beispielsweise in die Region Shuhada-e Saliheen (LAT 26.3.2018). In der Hauptstadt Kabul existieren etwa 60 anerkannte informelle Siedlungen, in denen 65.000 registrierte Rückkehrer/innen und IDPs wohnen (TG 15.3.2018).

Kabul verfügt über einen internationalen Flughafen: den Hamid Karzai International Airport (HKIR) (Tolonews 25.2.2018; vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35). Auch soll die vierspurige "Ring Road", die Kabul mit angrenzenden Provinzen verbindet, verlängert werden (Tolonews 10.9.2017; vgl. Kapitel 3.35.).

Allgemeine Information zur Sicherheitslage

Einst als relativ sicher erachtet, ist die Hauptstadt Kabul von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen der Taliban betroffen (Reuters 14.3.2018), die darauf abzielen, die Autorität der afghanischen Regierung zu untergraben (Reuters 14.3.2018; vgl. UNGASC 27.2.2018). Regierungsfeindliche, bewaffnete Gruppierungen inklusive des IS versuchen in Schlüsselprovinzen und -distrikten, wie auch in der Hauptstadt Kabul, Angriffe auszuführen (Khaama Press 26.3.2018; vgl. FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018). Im Jahr 2017 und in den ersten Monaten des Jahres 2018 kam es zu mehreren "high-profile"-Angriffen in der Stadt Kabul; dadurch zeigte sich die Angreifbarkeit/Vulnerabilität der afghanischen und ausländischen Sicherheitskräfte (DW 27.3.2018; vgl. VoA 19.3.2018 SCR 3.2018, FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018).

Im gesamten Jahr 2017 wurden 1.831 zivile Opfer (479 getötete Zivilisten und 1.352 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Selbstmordanschläge, gefolgt von IEDs und gezielte Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 4% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. Für Kabul-Stadt wurden insgesamt 1.612 zivile Opfer registriert; dies bedeutet eine Steigerung von 17% im Gegensatz zum Vorjahr 2016 (440 getötete Zivilisten und 1.172 Verletzte) (UNAMA 2.2018).

Im Jahr 2017 war die höchste Anzahl ziviler Opfer Afghanistans in der Provinz Kabul zu verzeichnen, die hauptsächlich auf willkürliche Angriffe in der Stadt Kabul zurückzuführen waren; 16% aller zivilen Opfer in Afghanistan sind in Kabul zu verzeichnen.

Selbstmordangriffe und komplexe Attacken, aber auch andere Vorfallsarten, in denen auch IEDs verwendet wurden, erhöhten die Anzahl ziviler Opfer in Kabul. Dieser öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriff im Mai 2017 war alleine für ein Drittel ziviler Opfer in der Stadt Kabul im Jahr 2017 verantwortlich (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen und Maßnahmen der afghanischen Regierung in der Provinz Kabul

Regelmäßig werden in der Hauptstadt Sicherheitsoperationen durch die Regierung in unterschiedlichen Gebieten ausgeführt (Tolonews 31.1.2018; vgl. AT 18.3.2018, RS 28.2.2018; vgl. MF 18.3.2018). Im Rahmen des neuen Sicherheitsplanes sollen außerdem Hausdurchsuchungen ausgeführt werden (MF 18.3.2018). Um die Sicherheitslage in Kabul-Stadt zu verbessern, wurden im Rahmen eines neuen Sicherheitsplanes mit dem Namen "Zarghun Belt" (der grüne Gürtel), der Mitte August 2017 bekannt gegeben wurde, mindestens 90 Kontrollpunkte in den zentralen Teilen der Stadt Kabul errichtet. Die afghanische Regierung deklarierte einen Schlüsselbereich der afghanischen Hauptstadt zur "Green Zone" - dies ist die Region, in der wichtige Regierungsinstitutionen, ausländische Vertretungen und einige Betriebe verortet sind (Tolonews 7.2.2018). Kabul hatte zwar niemals eine formelle "Green Zone"; dennoch hat sich das Zentrum der afghanischen Hauptstadt, gekennzeichnet von bewaffneten Kontrollpunkten und Sicherheitswänden, immer mehr in eine militärische Zone verwandelt (Reuters 6.8.2017). Die neue Strategie beinhaltet auch die Schließung der Seitenstraßen, welche die Hauptstadt Kabul mit den angrenzenden Vorstädten verbinden; des Weiteren, werden die Sicherheitskräfte ihre Präsenz, Personenkontrollen und geheimdienstlichen Aktivitäten erhöhen (Tolonews 7.2.2018). Damit soll innerhalb der Sicherheitszone der Personenverkehr kontrolliert werden. Die engmaschigen Sicherheitsmaßnahmen beinhalten auch eine erhöhte Anzahl an Sicherheitskräften und eine Verbesserung der Infrastruktur rund um Schlüsselbereiche der Stadt (Tolonews 1.3.2018). Insgesamt beinhaltet dieser neue Sicherheitsplan 52 Maßnahmen, von denen die meisten nicht veröffentlicht werden (RFE/RL 7.2.2018). Auch übernimmt die ANA einige der porösen Kontrollpunkte innerhalb der Stadt und bildet spezialisierte Soldaten aus, um Wache zu stehen. Des Weiteren soll ein kreisförmiger innerer Sicherheitsmantel entstehen, der an einen äußeren Sicherheitsring nahtlos anschließt - alles dazwischen muss geräumt werden (Reuters 14.3.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in der Provinz Kabul

Sowohl die Taliban als auch der IS verüben öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriffe in der Stadt Kabul (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 17.3.2018, Dawn 31.1.2018), auch dem Haqqani- Netzwerk wird nachgesagt, Angriffe in der Stadt Kabul zu verüben (RFE/RL 30.1.2018; vgl. NYT 9.3.2018, VoA 1.6.2017). So existieren in der Hauptstadt Kabul scheinbar eine Infrastruktur, Logistik und möglicherweise auch Personal ("terrorists to hire"), die vom Haqqani-Netzwerk oder anderen Taliban-Gruppierungen, Splittergruppen, die unter der Flagge des IS stehen, und gewaltbereiten pakistanischen sektiererischen (anti-schiitischen) Gruppierungen verwendet werden (AAN 5.2.2018).

Zum Beispiel wurden zwischen 27.12.2017 und 29.1.2018 acht Angriffe in drei Städten ausgeführt, zu denen neben Jalalabad und Kandahar auch Kabul zählte - fünf dieser Angriffe fanden dort statt. Nichtsdestotrotz deuten die verstärkten Angriffe - noch - auf keine größere Veränderung hinsichtlich des "Modus Operandi" der Taliban an (AAN 5.2.2018).

Für den Zeitraum 1.1.2017 - 31.1.2018 wurden in der Provinz Kabul vom IS verursachte Vorfälle registriert (Gewalt gegenüber Zivilist/innen und Gefechte) (ACLED 23.2.2018).

1.2.3. Balkh

Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Sie hat folgende administrative Einheiten: Hairatan Port, Nahra-i-Shahi, Dihdadi, Balkh, Daulatabad, Chamtal, Sholgar, Chaharbolak, Kashanda, Zari, Charkont, Shortipa, Kaldar, Marmal, und Khalm; die Provinzhauptstadt ist Mazar-e Sharif. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz Samangan liegt sowohl östlich als auch südlich von Balkh. Die Provinzen Kunduz und Samangan liegen im Osten, Jawzjan im Westen und Sar-e Pul im Süden (Pajhwok o.D.y).

Balkh grenzt an drei zentralasiatische Staaten: Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan (RFE/RL 9.2015). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt (CSO 4.2017).

Die Hauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.: Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.:

Provinzhauptstadt Baghlan]; sie ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Viele der Straßen, vor allem in den gebirgigen Teilen des Landes, sind in schlechtem Zustand, schwer zu befahren und im Winter häufig unpassierbar (BFA Staatendokumentation 4.2018). In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35).

Im Juni 2017 wurde ein großes nationales Projekt ins Leben gerufen, welches darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren (Pajhwok 7.6.2017).

Nach monatelangen Diskussionen hat Ende März 2018 der ehemalige Gouverneur der Provinz Balkh Atta Noor seinen Rücktritt akzeptiert und so ein Patt mit dem Präsidenten Ghani beendet. Er ernannte den Parlamentsabgeordneten Mohammad Ishaq Rahgozar als seinen Nachfolger zum Provinzgouverneur (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Reuters 22.3.2018). Der neue Gouverneur versprach, die Korruption zu bekämpfen und die Sicherheit im Norden des Landes zu garantieren (Tolonews 24.3.2018).

Allgemeine Information zur Sicherheitslage

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans (RFE/RL 23.3.2018), sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan (Khaama Press 16.1.2018; vgl. Khaama Press 20.8.2017). Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Khaama Press 16.1.2018).

Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (Tolonews 7.3.2018), oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte (BBC 22.4.2017; vgl. BBC 17.6.2017).

In der Provinz befindet sich u.a. das von der deutschen Bundeswehr geführte Camp Marmal (TAAC-North: Train, Advise, Assist Command - North) (NATO 11.11.2016; vgl. iHLS 28.3.2018), sowie auch das Camp Shaheen (BBC 17.6.2017; vgl. Tolonews 22.4.2017).

1.2.4. Herat

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel/Injil, Ghorian/Ghoryan, Guzra/Guzara und Pashtoon Zarghoon/Pashtun Zarghun, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba/Obe, Kurkh/Karukh, Kushk, Gulran, Kuhsan/Kohsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirke zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna/Kushki Kohna, Farsi, und Chisht-i-Sharif/Chishti Sharif als Bezirke dritter Stufe (UN OCHA 4.2014; vgl. Pajhwok o. D.). Provinzhauptstadt ist Herat- Stadt, welche sich im gleichnamigen Distrikt befindet und eine Einwohnerzahl von 506.900 hat (CP 21.9.2017). In der Provinz befinden sich zwei Flughäfen: ein internationaler in Herat-Stadt und ein militärischer in Shindand (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35.). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.967.180 geschätzt (CSO 4.2017).

In der Provinz leben Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Uzbeken und Aimaken (Pajhwok o.D.; vgl. NPS o.D.).

Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes. Das Harirud-Tal, eines der fruchtbarsten Täler des Landes, wo Baumwolle, Obst und Ölsaat angebaut werden, befindet sich in der Provinz (AJ 8.3.2012). Bekannt ist Herat auch wegen seiner Vorreiterrolle in der Safran-Produktion (AJ 8.3.2012; vgl. EN 9.11.2017). Es sollen Regierungsprogramme und ausländische Programme zur Unterstützung der Safran-Produktion implementiert werden. Safran soll eine Alternative zum Mohnanbau werden (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Anfang Jänner 2018 wurde ein Labor zur Kontrolle der Safran-Qualität in Herat errichtet (Pajhwok 13.1.2018). Die Safran-Produktion garantierte z.B. auch zahlreiche Arbeitsplätze für Frauen in der Provinz (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Auch in unsicheren Gegenden wird Safran angebaut. (Tolonews 10.11.2017). Insgesamt wurden 2017 in der Provinz min. 8 Tonnen Safran produziert; im Vorjahr 2016 waren es 6.5 Tonnen (Pajhwok 13.1.2018; vgl. EN 9.11.2017). Trotzdem stieg im Jahr 2017 in der Provinz die Opiumproduktion. In den Distrikten Shindand und Kushk, geprägt von schlechter Sicherheitslage, war der Mohnanbau am höchsten (UNODC 11.2017).

Im Dezember 2017 wurden verschiedene Abkommen mit Uzbekistan unterzeichnet. Eines davon betrifft den Bau einer 400 Km langen Eisenbahnstrecke von Mazar-e Sharif und Maymana nach Herat (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2017).

Mitte März 2018 wurde der Bau der TAPI-Leitung in Afghanistan eingeweiht. Dabei handelt es sich um eine 1.800 Km lange Pipeline für Erdgas, die Turkmenistan, Afghanistan, Pakistan und Indien 30 Jahre lang mit 33 Billionen m3 turkmenischem Erdgas versorgen soll. Die geplante Leitung wird sich entlang der Herat-Kandahar-Autobahn erstrecken. Somit wird sie durch Gegenden, auf die die Taliban einen starken Einfluss haben, verlaufen. Jedoch erklärten die Taliban, TAPI sei ein "wichtiges Projekt" und sie würden es unterstützen (PPG 26.2.2018; vgl. RFE/RL 23.2.2018). Im Rahmen des TAPI-Projekts haben sich 70 Taliban bereit erklärt, an den Friedensprozessen teilzunehmen (Tolonews 4.3.2018). Um Sicherheit für die Umsetzung des TAPI-Projekts zu gewähren, sind tausende Sicherheitskräfte entsandt worden (Tolonews 14.3.2018).

Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage

Herat wird als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018; vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Des Weiteren wurde Ende Oktober 2017 verlautbart, dass die Provinz Herat zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen des Landes zählt, wenngleich sich in den abgelegenen Distrikten die Situation in den letzten Jahren aufgrund der Taliban verschlechtert hat (Khaama Press 25.10.2017).

Die Provinz ist u.a. ein Hauptkorridor für den Menschenschmuggel in den Iran bekannt - speziell von Kindern (Pajhwok 21.1.2017).

Mitte Februar 2018 wurde von der Entminungs-Organisation Halo Trust bekannt gegeben, dass nach zehn Jahren der Entminung 14 von 16 Distrikten der Provinz sicher seien. In diesen Gegenden bestünde keine Gefahr mehr, Landminen und anderen Blindgängern ausgesetzt zu sein, so der Pressesprecher des Provinz-Gouverneurs. Aufgrund der schlechten Sicherheitslage und der Präsenz von Aufständischen wurden die Distrikte Gulran und Shindand noch nicht von Minen geräumt. In der Provinz leben u.a. tausende afghanische Binnenflüchtlinge (AN 18.2.2018).

Im gesamten Jahr 2017 wurden in der Provinz Herat 495 zivile Opfer (238 getötete Zivilisten und 257 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Selbstmordanschlägen/komplexen Attacken und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 37% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Herat

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um einige Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Auch werden Luftangriffe verübt (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017); dabei wurden Taliban getötet (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AJ 25.6.2017; vgl. AAN 11.1.2017). In Herat sind Truppen der italienischen Armee stationiert, die unter dem Train Advise Assist Command West (TAAC-W) afghanische Streitmächte im Osten Afghanistans unterstützen (MdD o. D.).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Herat

Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018;

vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Dem Iran wird von verschiedenen Quellen nachgesagt, afghanische Talibankämpfer auszubilden und zu finanzieren (RFE/RL 23.2.2018;

vgl. Gandhara 22.2.2018, IP 13.8.2017, NYT 5.8.2017). Regierungsfeindliche Aufständische griffen Mitte 2017 heilige Orte, wie schiitische Moscheen, in Hauptstädten wie Kabul und Herat, an (FAZ 1.8.2017; vgl. DW 1.8.2017). Dennoch erklärten Talibanaufständische ihre Bereitschaft, das TAPI-Projekt zu unterstützen und sich am Friedensprozess zu beteiligen (AF 14.3.2018; vgl. Tolonews 4.3.2018). Es kam zu internen Konflikten zwischen verfeindeten Taliban-Gruppierungen (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017).

Anhänger des IS haben sich in Herat zum ersten Mal für Angriffe verantwortlich erklärt, die außerhalb der Provinzen Nangarhar und Kabul verübt wurden (UNAMA 2.2018).

ACLED registrierte für den Zeitraum 1.1.2017-15.7.2017 IS-bezogene Vorfälle (Gewalt gegen die Zivilbevölkerung) in der Provinz Herat (ACLED 23.2.2017).

1.2.5. Kapisa

Kapisa zählt zu den zentralen Provinzen Afghanistans. Die Provinz grenzt im Norden an Panjshir, im Westen an Parwan, im Süden an Kabul und im Osten an Laghman. Im Nordosten der Provinz befinden sich die Vorhügel des Hindukusch-Gebirges und breit bewaldete Gegenden, während der Südwesten felsiger und flacher ist. Die Provinz besteht aus folgenden Distrikten: Hesa Dovon/Hisa-e-Duwum-e-Kohestan, Kohistan, Hesa Aval Kohistan/Hisa-e-Awal-e-Kohestan, Koh Band/Kohband, Nijrab/Nejrab, Ala Sai/Alasay, Tag Ab/Tagab und die Provinzhauptstadt Mahmud-i- Raqi/Mahmud-e-Raqi (NPS o.D. vgl. UN OCHA 4.2014). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 455.574 geschätzt (CSO 4.2017). In der Provinz leben Tadschiken, Ghilzai, Safi, Paschai und Nuristani (NPS o.D.).

In Kapisa stieg die Opium-Produktion im Jahr 2017 (+360 Hektar), wenngleich nicht so stark wie in der Provinz Nangarhar. Insgesamt wurden im selben Jahr in Kapisa drei Hektar an Opiumfeldern umgewidmet (UNODC 11.2017).

Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage in Kapisa

Kapisa war eine der relativ friedlichen Provinzen in Nordostafghanistan, jedoch hat sich die Sicherheitslage in einigen abgelegenen Gebieten der Provinz in den letzten Jahren verschlechtert (Khaama Press 10.8.2017; vgl. Khaama Press 8.8.2017, Khaama Press 1.7.2017). Im Rahmen eines von Taliban geführten Aufstandes in Schlüsselprovinzen im Norden und Süden des Landes, versuchen regierungsfeindliche bewaffnete Gruppierungen die Provinz Kapisa zu destabilisieren (Khaama Press 2.10.2017). Talibanaufständische sind in abgelegenen und unruhigen Distrikten der Provinz aktiv; ihre Aktivitäten sind: gezielte Tötungen, Straßenbomben und koordinierte Angriffe auf Sicherheitskräfte, Regierungsbeamte und deren private Anlagen (Khaama Press 1.7.2017; vgl. Pajhwok 6.3.2018, Aawsat 20.2.2018).

Speziell im Winter haben Sicherheitskräfte mit Unterstützung durch die Luftwaffe begonnen Nachtrazzien in unsicheren Gegenden von Kapisa durchzuführen (Pajhwok 24.11.2017).

In der Provinz Kapisa arbeiten auch Frauen für die afghanischen Sicherheitskräfte (DVIDS 3.8.2018).

Im gesamten Jahr 2017 wurden in Kapisa 101 zivile Opfer (34 getötete Zivilisten und 67 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Bodenoffensiven, IEDs und gezielte Tötungen. Dies bedeutet einen Rückgang von 19% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

In Kapisa leben Binnenflüchtlinge, die aus dem Distrikt Tagab aus Sicherheitsgründen flüchten mussten (ARCS 21.2.2018). Mitte März 2018 wurde von ca. 1.300 Personen berichtet, die aus verschiedenen Teilen des Landes (Kapisa, Laghman, Nuristan und Parwan) aufgrund anhaltenden gewaltsamen Konflikts in die Distrikte Mahmud-e-Raqi, Hisa-e-Awal-e-Kohestan und Hisa-e- Duwum-e-Kohestan der Provinz Kapisa geflüchtet sind (UN OCHA o.D.).

Militärische Operationen in Kapisa

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 1.3.2018; vgl. AAT 11.3.2018, Tolonews 23.1.2017, Xinhua 22.1.2017, Khaama Press 22.1.2017, Khaama Press 15.1.2017, Tolonews 12.1.2017, Pajhwok 24.11.2017); dabei wurden unter anderem Anhänger der Taliban und des IS getötet (Khaama Press 1.3.2018; vgl. AA Turkey 11.3.2018, Khaama Press 2.10.2017, Tolonews 19.1.2017, Khaama Press 7.1.2017, Kabul Tribüne 4.1.2017) und manchmal ihre Anführer (Pajhwok 6.3.2018; vgl. Khaama Press 2.10.2017).

Luftangriffe wurden durchgeführt; dabei wurden Taliban-Kommandanten getötet (Tolonews 11.11.2017; vgl. Pajhwok 24.11.2017). Es kommt zu Zusammenstößen zwischen den Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (Xinhua 22.2.2018; vgl. NZH 21.2.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Kapisa

Talibanaufständische sind in abgelegenen und unruhigen Distrikten der Provinz aktiv (Khaama Press 1.7.2017).

Regierungsfeindliche Gruppierungen - zu denen Taliban und IS zählen - sind in folgenden Distrikten aktiv: Tagab, Alasay und Najrab (Khaama Press 1.3.2018; vgl. Pajhwok 24.11.2017, Pajhwok 8.9.2017, Pajhwok 5.9.2017). In Tagab haben die Taliban 2016 ein Fernsehverbot ausgesprochen und 2017 Frauen aus dem Distrikt-Bazar verbannt. Afghanische Sicherheitskräfte betonten, dass sie im Distrikt-Bazaar von Tagab vor Ort wären und dass das Frauen-Verbot nicht implementiert werden würde bzw. weiterhin zurückgewiesen bleibe. (Pajhwok 8.9.2017).

Für den Zeitraum 1.1.2017 - 31.1.2018 wurden in der Provinz Kapisa keine IS-bezogenen Sicherheitsvorfälle registriert (ACLED 23.2.2018).

1.2.6. Erreichbarkeit

Die Infrastruktur bleibt ein kritischer Faktor für Afghanistan. trotz der seit 2002 erreichten Infrastrukturinvestitionen und -optimierungen (TD 5.12.2017). Seit dem Fall der Taliban wurde das afghanische Verkehrswesen in städtischen und ländlichen Gebieten grundlegend erneuert. Beachtenswert ist die Vollendung der "Ring Road", welche Zentrum und Peripherie des Landes sowie die Peripherie mit den Nachbarländern verbindet (TD 26.1.2018). Investitionen in ein integriertes Verkehrsnetzwerk zählen zu den Projekten. die systematisch geplant und umgesetzt werden. Dies beinhaltet beispielsweise Entwicklungen im Bereich des Schienenverkehrs und im Straßenbau (z.B. Vervollständigung der Kabul Ring Road. des Salang-Tunnels. etc.) (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. TD 5.12.2017).

Verkehrsunfälle sind in Afghanistan keine Seltenheit; jährlich sterben Hunderte von Menschen bei Verkehrsunfällen auf Autobahnen im ganzen Land - vor allem durch unbefestigte Straßen. hohe Geschwindigkeiten und Nachlässigkeit der Fahrer während der Fahrt (KT 17.2.2017; vgl. IWPR 26.3.2018). Die Präsenz von Aufständischen sowie Zusammenstöße zwischen letzteren und den Sicherheitskräften entlang einiger Straßenabschnitte gefährden die Sicherheit auf den Straßen. Einige Beispiele dafür sind die Straßenabschnitte Kandahar-Uruzgan (Pajhwok 28.4.2018). Ghazni-Paktika (Reuters 5.5.2018). Kabul-Logar (Tolonews 21.7.2017) und Kunduz-Takhar (Tolonews 12.5.2017).

Ring Road

Straßen wie die "Ring Road". auch bekannt als "Highway One". die das Landesinnere ringförmig umgibt. sind nun asphaltiert und machen das Land für Reisen und die Wirtschaft zugänglicher (HP 9.10.2015; vgl. FES 2015). Die afghanische Ring Road verbindet Kabul mit den vier bedeutendsten Provinzhauptstädten Herat. Kandahar City. Jalalabad und Mazar-e Sharif (USAID 2014; vgl. TG 22.10.2014. BFA Staatendokumentation 4.2018). Die Ring Road ist Teil eines Autobahnprojekts von 3.360 km Länge. das 16 Provinzen mit den größten Städten Afghanistans. Kabul. Mazar. Herat. Ghazni und Jalalabad. verbinden soll (Tolonews 9.12.2017). Die asiatische Entwicklungsbank (Asian Development Bank - ADB, Anm.) genehmigte 150 Millionen USD, um die Kabul Ring Road fertig zu stellen. Die fehlenden 151 Kilometer sollen künftig den Distrikt Qaisar (Provinz Faryab, Anm.) mit Dar-e Bum (Provinz Badghis, Anm.) verbinden. Dieses Straßenstück ist der letzte Teil der 2.200 km langen Straße, welche die großen Städte Afghanistans miteinander verbindet. Mittlerweile leben mehr als 80% der Afghanen weniger als 50 km von der Ring Road entfernt. Die Fernstraße wird in diesem Projekt außerdem mit einem Entwässerungssystem ausgestattet, als auch mit weiteren modernen Sicherheitsfunktionen. Durch das Ring Road Projekt sollen regionale Verbindungen erleichtert und die Qualität der Transportdienste verbessert werden (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. Pajhwok 17.12.2017).

USAID hat ebenso in die Errichtung und Erhaltung von mehr als 2.000 Kilometern Straße in Afghanistan investiert, um Reise- und Warenbewegung zu fördern - dies gilt insbesondere für die Ring Road (BFA Staatendokumentation 4.2018).

Autobahnabschnitt Kandahar - Kabul - Herat

Die afghanische "Ring Road" verbindet große afghanische Städte wie Herat, Kandahar, Mazar-e Sharif und Kabul (TD 12.4.2018). Sie erstreckt sich südlich von Kabul und ist die Hauptverbindung zwischen der Hauptstadt und der großen südlichen Stadt Kandahar (Reuters 13.10.2015). Der Kandahar-Kabul Teil der Ring Road erstreckt sich vom östlichen und südöstlichen Teil Kandahars über die Provinz Zabul nach Ghazni in Richtung Kabul, während die Ring Road westlich von Kandahar nach Gereshk in Helmand und Delaram in Nimroz verläuft (ISW o.D.). Ein Teil der Ring Road verbindet die Provinz Kandahar mit Lashkargah, der Hauptstadt der Provinz Helmand (Xinhua 1.11.2015; vgl. UPI 1.11.2015).

Der Autobahnabschitt zwischen Kabul und Herat beträgt 1.400 km (IWPR 26.3.2018). Die an die Ring-Road anknüpfende 218 km lange Zaranj-Dilram-Autobahn (Provinz Nimroz, Anm.), auch "Route 606" genannt, soll zukünftig Afghanistan mit Chabahar im Iran verbinden (AD 15.8.2017; vgl. TET 9.8.2017, TD 24.5.2017).

Anrainer beschweren sich über den schlechten Zustand des Autobahnabschnitts Kandahar-Kabul- Herat (Tolonews 14.3.2018). Ursachen dafür sind die mangelnde Instandhaltung und ständige Angriffe durch Aufständische (IWPR 26.3.2018).

Internationale Flughäfen

In Afghanistan gibt es insgesamt vier internationale Flughäfen; alle vier werden für militärische und zivile Flugdienste genutzt (Migrationsverket 23.1.2018). Trotz jahrelanger Konflikte verzeichnet die afghanische Luftfahrtindustrie einen Anstieg in der Zahl ihrer wettbewerbsfähigen Flugrouten. Daraus folgt ein erleichterter Zugang zu Flügen für die afghanische Bevölkerung. Die heimischen Flugdienste sehen sich mit einer wachsenden Konkurrenz durch verschiedene Flugunternehmen konfrontiert. Flugrouten wie Kabul - Herat und Kabul - Kandahar, die früher ausschließlich von Ariana Afghan angeboten wurden, werden nun auch von internationalen Fluggesellschaften abgedeckt (AG 3.11.2017).

Internationaler Flughafen Kabul

Der Flughafen in Kabul ist ein internationaler Flughafen (Tolonews 18.12.2017; vgl. HKA o.D.). Ehemals bekannt als internationaler Flughafen Kabul, wurde er im Jahr 2014 in "Internationaler Flughafen Hamid Karzai" umbenannt. Er liegt 16 km außerhalb des Stadtzentrums von Kabul. In den letzten Jahren wurde der Flughafen erweitert und modernisiert. Ein neues internationales Terminal wurde hinzugefügt und das alte Terminal wird nun für nationale Flüge benutzt (HKA o. D.).

Projekte zum Ausbau des Flughafens sollen gemäß der Afghanistans Civil Aviation Authority (ACAA) im Jahr 2018 gestartet werden (Tolonews 18.12.2017).

Internationaler Flughafen Mazar-e Sharif

Im Jahr 2013 wurde der internationale Maulana Jalaluddin Balkhi Flughafen in Mazar-e Sharif, der Hauptstadt der Provinz Balkh, eröffnet (Pajhwok 9.6.2013). Nachdem der Flughafen Mazar-e Sharif derzeit die Anforderungen eines erhöhten Personen- und Frachtverkehrsaufkommens nicht erfüllt, ist es notwendig, den Flughafen nach internationalen Standards auszubauen, inklusive entsprechender Einrichtungen der Luftraumüberwachung und der Flugverkehrskontrolle. Die afghanische Regierung will dieses Projekt gemeinsam mit der deutschen Bundesregierung und finanzieller Unterstützung des ADFD (Abu Dhabi Fund for Development) angehen. Langfristig soll der Flughafen als internationaler Verkehrsknotenpunkt zwischen Europa und Asien die wirtschaftliche Entwicklung der Region entscheidend verbessern. Der im Juni 2017 eröffnete Flugkorridor zwischen Afghanistan und Indien beinhaltet derzeit nur Flüge von Kabul und Kandahar nach Indien; zukünftig sind Frachtflüge von Mazar-e Sharif nach Indien angedacht (BFA Staatendokumentation 4.2018).

Kam Air - eine private afghanische Fluglinie, führt seit kurzem auch internationale Flüge nach Delhi durch. Diese Flüge werden als nutzbringend für die afghanische Bevölkerung im Norden angesehen - sowohl wirtschaftlich als auch insbesondere für jene, die spezielle medizinische Behandlungen benötigen. Indien (Delhi) ist die fünfte internationale Destination, die vom Flughafen Mazar-e Sharif aus angeflogen wird. Die anderen sind Türkei, Iran, Vereinigte Arabische Emirate und Saudi-Arabien. Die Stadt Herat wird in Zukunft von Kam Air zweimal wöchentlich von Neu¬Delhi aus angeflogen werden (BFA Staatendokumentation 4.2018).

Internationaler Flughafen Kandahar

Der internationale Flughafen Kandahar befindet sich 16 km von Kandahar-Stadt entfernt und ist einer der größten Flughäfen des Landes (MB o.D.). Er hat 37

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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