Entscheidungsdatum
07.05.2019Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W144 2140884-2/3E
TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Huber über die Beschwerde des XXXX geb., Staatsangehöriger von Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 26.03.2019,
Zl. XXXX , betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung beschlossen und zu Recht erkannt:
A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung
zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen. Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG nicht zuerkannt.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Verfahrensgang:
Der BF ist ein afghanischer Staatsangehöriger, der im August des Jahres 2015 illegal in das Bundesgebiet eingereist ist.
Sein in der Folge gestellter Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des BFA vom 11.11.2006 gemäß §§ 3, 8, 57 AsylG negativ entschieden und abgewiesen. Unter einem wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig ist.
Die gegen diese Entscheidung fristgerecht erhobene Beschwerde an das BVwG wurde letztlich mit Erkenntnis des BVWG vom 22.02.2018 in allen Spruchpunkten abgewiesen.
Seit dem 18.10.2018 ist der BF in der Justizanstalt XXXX inhaftiert.
Am 24.08.2018 wurde am Landesgericht XXXX eine Strafhauptverhandlung durchgeführt und wurde der BF für schuldig befunden,
* das Verbrechen des versuchten schweren Raubes nach den §§ 15 Abs. 1, 142 Abs. 1, 143 Abs. 1 zweiter Fall StGB, sowie
* das Vergehen der versuchten Nötigung nach den §§ 15 Abs. 1, 105 Abs. 1 StGB,
* das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB,
* das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB, sowie
* das Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15 Abs. 1, 269 Abs. 1 dritter Fall StGB und
* das Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB begangen zu haben.
Die afghanische Botschaft hat bezüglich des BF der Ausstellung eines Heimreisezertifikates zugestimmt.
Am 11.12.2018 wurde dem BF zu gegenständlicher Rückkehrentscheidung i. V.m. einem Einreiseverbot Parteiengehör gewährt. Der BF wurde aufgefordert, seine persönlichen/familiären Verhältnisse und Bindungen in Österreich (wie Kinder, Lebensgemeinschaft, Sorgepflichten, gemeinsamer Haushalt, soziale Lebensbereiche, etc.) und im Heimatland, sowie sein soziales Umfeld darzulegen, sowie allenfalls Krankenversicherung und Existenzmittel nachzuweisen.
Der BF brachte jedoch keine diesbezügliche Stellungnahme ein.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) am 02.05.2019 die Beschwerde vom 19.04.2019 gegen den im Spruch genannten Bescheid vor, mit dem dem Beschwerdeführer (BF) kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG erteilt (Spruchpunkt I.) und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.) sowie die Zulässigkeit der Abschiebung nach Afghanistan festgestellt wurde (Spruchpunkt III.). Gegen den BF wurde gemäß § 53 Abs 1 und Abs 3 Z 1 FPG ein 5-jähriges Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs 4 FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt VI.).
Das BFA begründete die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung damit, dass der Verbleib des BF in Österreich eine gegenwärtige, erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstelle. Der BF sei mehrfach straffällig geworden und lasse die sich aus seinem, der Tatbegehung zugrundeliegenden, Verhalten ergebende Gefährlichkeitsprognose klar erkennen, dass er eine tatsächliche und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Eine weitere einschlägige Delinquenz des BF könne nicht ausgeschlossen werden, ein Ende der von ihm ausgehenden Gefährdung sei aktuell nicht zu prognostizieren, vielmehr lasse seine Persönlichkeit die Erwartung zu, dass er wieder strafbare Handlungen begehen würde. Seine sofortige Ausreise sei daher erforderlich. Zudem sei davon auszugehen, dass er sich bei bietender Gelegenheit dem Verfahren und seiner Außerlandesbringung entziehen würde.
Der BF erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde und begehrte die Aufhebung des Rückkehrentscheidung und des Einreiseverbots, sowie subsidiär die Zurückverweisung der Sache an das BFA bzw. die Herabsetzung der Dauer des Einreiseverbots. Zudem wurde beantragt der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Begründend führte der BF im Wesentlichen aus, dass sich die Behörde nicht mit seiner Gefährdung im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan auseinandergesetzt habe. Zudem habe der BF familiäre Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet und habe sich das BFA mit der negativen Wirkung des erlassenen Einreiseverbots auf seinen Kontakt mit seinen Verwandten nicht auseinandergesetzt. Weiters wurden allgemeine Ausführungen zur Sicherheitslage in Afghanistan erstattet.
Die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens langten am 02.05.2019 beim BVwG ein.
Feststellungen:
Festgestellt wird zunächst der oben dargelegte Verfahrensgang samt der strafgerichtlichen Verurteilung des BF.
Der BF verbüßt die Freiheitsstrafe derzeit in der Justizanstalt XXXX ; das errechnete Strafende ist am 05.11.2019.
Der BF ist gesund und benötigt keine ärztliche Behandlung. Zu seinen oder familiären Anknüpfungspunkten in Österreich wurde bereits in der Entscheidung des BVwG vom 22.02.2018 festgestellt:
" 3.3.4.2.2. Im vorliegenden Fall sind keine Umstände iSd der angeführten höchstgerichtlichen Judikatur hervorgekommen, nach welchen die zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Lebensgefährtin geführte Beziehung derart ausgeprägt wäre, dass von einem schützenswerten, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung entgegenstehenden Familienleben iSd Art. 8 EMRK auszugehen wäre. Der Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin waren im Mai 2017 für ein Jahr und vier Monate zusammen und lebten damals gemeinsam "auf der Straße". Aktuellere Informationen konnten auf Grund der in der Beweiswürdigung aufgezeigten mangelnden Mitwirkung des Beschwerdeführers im Verfahren nicht erhoben werden (s. Pkt. II.2.1.3.).
Mit seinem in Österreich aufhältigen Cousin steht der Beschwerdeführer nicht in Kontakt. Es liegt daher zwischen dem Beschwerdeführer und diesem Cousin keine hinreichend ausgeprägte Nahebeziehung vor, die zur Begründung eines schützenswerten Familienlebens iSd Art. 8 EMRK führen könnte."
Aktuell befindet sich der BF in Strafhaft und liegt demgemäß kein gemeinsamer Haushalt mit einer Lebensgefährtin vor, ein solcher oder eine sonstige besonders enge Nahebeziehung wurde in der Beschwerde auch nicht behauptet.
Beweiswürdigung:
Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens, dem Beschwerdevorbringen und den mit der Beschwerde vorgelegten Unterlagen sowie aus dem Zentralen Melderegister, dem Fremdenregister, der Vollzugsinformation XXXX und dem Erkenntnis des BVwG vom 22.02.2018, Zl. W246 2140884-1/25E, bezüglich des Antrags des BF auf int. Schutz.
Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
Aufgrund der in § 18 Abs 5 BFA-VG angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag des BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen.
Das BVwG hat über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 BFA-VG (oder gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids) gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).
Gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.
Aufgrund der gravierenden und wiederholten Delinquenz des BF ist die Voraussetzung des § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG erfüllt. Die mehreren Verurteilung wegen Gewalt- und Eigentumsdelikten im Abstand von jeweils nur wenigen Monaten lassen erkennen, dass der BF sich nicht veranlasst sah, sein gesellschaftsschädigendes Verhalten zu überdenken und von weiteren Straftaten Abstand zu nehmen, was indiziert, dass vom BF auch pro futuro eine schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgeht.
Auch bei Berücksichtigung der behaupteten privaten und familiären Anbindungen ist mit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung kein unverhältnismäßiger Eingriff in sein Privat- und Familienleben verbunden, zumal dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aufgrund der gravierenden Straftaten ein sehr großes Gewicht beizumessen ist (vgl VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0271) und die Kontakte zwischen dem BF und seinen Bezugspersonen derzeit ohnedies haftbedingt eingeschränkt sind.
Eine Grobprüfung der vorgelegten Akten und der dem BVwG vorliegenden Informationen über die aktuelle Lage im Herkunftsstaat des BF (Afghanistan) ergibt ebenfalls keine konkreten Hinweise für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs 5 BFA-VG, zumal sich das BVwG bereits im Erkenntnis vom 22.02.2018 eingehend mit einer allfälligen Rückkehrgefährdung des BF auseinandergesetzt hat und keine neuen gefährdungserhöhenden Umstände ersichtlich sind noch individuell konkret dargetan wurden.
Im Ergebnis ist die sofortige Ausreise des BF nach seiner Entlassung aus der Strafhaft aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich; die vom BFA in diesem Zusammenhang vorgenommene Interessenabwägung ist nicht zu beanstanden. Es ist dem BF zumutbar, den Verfahrensausgang nach seiner allfälligen Enthaftung in seinem Herkunftsstaat abzuwarten.
Der Beschwerde ist somit derzeit - vorbehaltlich allfälliger anderer Verfügungen zu einem späteren Zeitpunkt - die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.
Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG.
Zu Spruchteil B):
Die Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig, weil das BVwG grundsätzliche Rechtsfragen im Sinne dieser Gesetzesstelle nicht zu lösen hatte.
Schlagworte
Antragsrecht, aufschiebende Wirkung, aufschiebende Wirkung -European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W144.2140884.2.00Zuletzt aktualisiert am
10.10.2019