TE Bvwg Beschluss 2019/5/10 W230 2133138-2

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Veröffentlicht am 10.05.2019
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Entscheidungsdatum

10.05.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §88
FPG §94
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
ZustG §17 Abs3
ZustG §9 Abs3

Spruch

W230 2133138-2/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. Philipp CEDE, LL.M., über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. XXXX , vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.04.2019, Zl. XXXX , den Beschluss:

A)

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerde richtet sich gegen einen Bescheid über die Abweisung eines Antrags auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die in der Beschwerde als Bescheid bezeichnete Erledigung wurde von der belangten Behörde am 01.04.2019 genehmigt und am 02.04.2019 abgefertigt. Nach der behördlichen Zustellverfügung war der Bescheid an den Beschwerdeführer persönlich an einer näher genannten Abgabestelle zuzustellen.

Mit Fax vom 02.04.2019, bei der belangten Behörde am 02.04.2019 eingelangt, zeigte ein vom Beschwerdeführer bevollmächtigter Rechtsanwalt die ihm erteilte Vertretungsvollmacht an und ersuchte um Zustellung zu seinen Handen.

Nach einem erfolglosem Zustellversuch am 03.04.2019 wurde die an den Beschwerdeführer gerichtete Ausfertigung des Bescheides beim Postamt hinterlegt. Die Abholfrist begann am 04.04.2019.

Die dem Beschwerdeführer zugedachte Bescheidausfertigung ist dem zunächst als Vertreter einschreitenden Rechtsanwalt nie tatsächlich zugekommen.

Die Beschwerde wurde von der Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH am 02.05.2019 eingebracht, gleichzeitig zeigte die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH ihre Bevollmächtigung an und schloss die Kopie einer Vollmachtsurkunde bei.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Ablauf der Zustellung stützen sich auf den Akteninhalt (insb. Rückschein und Urschrift des Bescheides zu den Daten der Abfertigung, des erfolglosen Zustellversuchs und des Beginns der Hinterlegung bzw. Abholfrist, weiters der im Verwaltungsakt einliegende Faxausdruck mit Eingangsstempel der belangten Behörde zum Zeitpunkt der Einbringung der Vollmachtsanzeige). Dass die Bescheidausfertigung dem einschreitenden Rechtsanwalt nie tatsächlich zukam, stützt sich auf seine (unbedenkliche) Beantwortung einer entsprechenden Aufforderung des Gerichts. Die Vertretung des Beschwerdeführers brachte auf Vorhalt dazu nichts Gegenteiliges vor.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:

3.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Für das Zustandekommen eines Bescheides ist es erforderlich, dass dieser erlassen wird. Erst mit seiner Erlassung erlangt ein Bescheid rechtliche Existenz (VwGH 26.04.2000, 99/05/0239; 23.07.2009, 2007/05/0139). Solange ein Bescheid noch nicht erlassen wurde, kann er keine Rechtswirkung nach außen entfalten (vgl. Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht, 10. Aufl. 2014, Rz 426 f). Die Erlassung schriftlicher Bescheide hat durch Zustellung oder Ausfolgung zu erfolgen. Erlassen ist ein Bescheid ab dem Zeitpunkt, ab dem eine rechtswirksame Zustellung oder Ausfolgung vorliegt (VwGH 26.06.2001, 2000/04/0190).

Im Einparteienverfahren (um ein solches handelt es sich beim vorliegenden Verfahren über einen Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses) setzt die Erhebung einer Beschwerde zwingend die Erlassung eines damit angefochtenen Bescheides an die Partei voraus (vgl. VwGH 18.11.2015, Ra 2015/17/0026 mwN).

Nach § 17 Abs. 3 ZustG ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten und der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt.

Im vorliegenden Fall geschah der erfolglose Zustellversuch an den Beschwerdeführer am 03.04.2019 an seiner damals bekannten Abgabestelle. Am 02.04.2019, dem Tag, an dem die Vollmachtsanzeige des bevollmächtigten Rechtsanwaltes bei der Behörde einlangte, war die Zustellung daher noch nicht wirksam abgeschlossen, weil der erfolglose Zustellversuch keine Zustellung bewirken konnte und auch die nachfolgende Hinterlegung noch zu keiner wirksamen Zustellung geführt hatte: § 17 Abs. 3 ZustG lässt die Wirksamkeit der Zustellung durch Hinterlegung frühestens am ersten Tag der Abholfrist eintreten. Dies wäre im vorliegenden Fall der 04.04.2019 gewesen, sohin ein Zeitpunkt, zu dem die anwaltliche Vollmachtsanzeige der belangten Behörde gegenüber bereits wirksam erklärt war.

3.2. Wenn ein Zustellbevollmächtigter bestellt ist und gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, hat die Behörde gemäß § 9 Abs. 3 ZustG diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

Ab dem Wirksamwerden einer Zustellungsvollmacht (Zugang an die Behörde) kann nur mehr an den Zustellbevollmächtigten, der als Empfänger zu bezeichnen ist, zugestellt werden. Eine Zustellung an den Vollmachtgeber selbst ist unwirksam (VwGH 21.01.2013, 2012/16/0011; OGH 10 ObS 221/92).

3.3. Wie ausgeführt, war die Zustellung des Bescheides vom 01.04.2019 an den Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Vollmachtsanzeige noch nicht abgeschlossen. Ab dem Zeitpunkt des Einlangens der Vollmachtsanzeige bei der belangten Behörde, konkret dem 02.04.2019, hätte die Zustellung des Bescheides nicht mehr an den Beschwerdeführer selbst, sondern an den bevollmächtigten Rechtsanwalt erfolgen müssen. Um eine rechtswirksame Zustellung zu bewirken, hätte die belangte Behörde den Bescheid daher noch einmal korrekt, diesmal an den bevollmächtigten Rechtsanwalt zustellen müssen.

3.4. Nachdem § 7 ZustG auf die Heilung einer Verletzung des § 9 Abs. 3 leg.cit. nicht anwendbar ist, bewirkt auch die Zustellung an die Partei persönlich durch Hinterlegung keine Erlassung des Bescheides. Sofern gegen die Bestimmung des § 9 Abs. 3 erster Satz leg.cit. verstoßen wird, gilt die Zustellung erst dann als bewirkt, wenn die Voraussetzungen des § 9 Abs. 3 zweiter Satz leg.cit. vorliegen (VwGH 18.12.2003, 2003/12/0135).

Der Umstand, dass die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH als nunmehr zur Beschwerdeführung bevollmächtigter und (seit Beschwerdeeinbringung am 02.05.2019) einschreitender Vertreter des Beschwerdeführers möglicherweise die Ausfertigung des Bescheides vom Beschwerdeführer selbst erhalten hatte, konnte keine Heilung der Zustellung bewirken, weil nach der Rechtsprechung eine Sanierung durch tatsächliches Zukommen des Bescheides nur dann erfolgen kann, wenn dieser Bescheid dem zur Zeit des (wirkungslosen) Zustellvorganges bereits der Behörde gegenüber namhaft gemachten Zustellbevollmächtigten zukommt (VwGH 08.04.1992, 92/01/0001), ein tatsächliches Zukommen an einen später erst Bevollmächtigten heilt die Zustellung dagegen nicht. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, ist dem zum Zeitpunkt des erfolglosen Zustellversuchs bevollmächtigten Rechtsanwalt die dem Beschwerdeführer zugedachte Bescheidausfertigung tatsächlich nie zugekommen. Eine Heilung des Zustellmangels ist daher nicht erfolgt.

3.5. Abschließend ist festzuhalten, dass der angefochtene Bescheid bislang nicht rechtswirksam zugestellt und somit auch noch nicht rechtswirksam erlassen wurde. Aus diesem Grund liegt (noch) kein tauglicher Anfechtungsgegenstand vor, weshalb die von der bevollmächtigten Rechtsberatungsorganisation des Beschwerdeführers erhobene Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen war. Erst nach einer allfälligen rechtswirksamen Erlassung eines Bescheides gegenüber dem Beschwerdeführer ist ein Rechtszug an das Bundesverwaltungsgericht möglich.

3.6. Im vorliegenden Fall konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, zumal aufgrund der Aktenlage feststeht, dass die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen ist und der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Anfechtungsgegenstand, Bescheiderlassung, Bescheidwirkung,
Nichtbescheid, Zustellbevollmächtigter, Zustellmangel, Zustellung,
Zustellung durch Hinterlegung, Zustellwirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W230.2133138.2.00

Zuletzt aktualisiert am

10.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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