Entscheidungsdatum
16.07.2019Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
G306 2210821-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Mazedonien, vertreten durch RA Dr. XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.10.2018, Zl. XXXX, beschlossen:
A) In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid zur Gänze
a u f g e h o b e n und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl
z u r ü c k v e r w i e s e n .
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Mit Verständigung von der Beweisaufnahme des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 19.9.2017, wurde der Beschwerdeführer (BF) darüber in Kenntnis gesetzt, dass es beabsichtigt sei, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung zu erlassen. Zur Abgabe einer Stellungnahme wurde eine Frist von 14 Tagen gewährt. Mit Schreiben vom 27.9.2017, eingelangt beim BFA am selben Tag, gab der BF eine Stellungnahme ab.
Mit Bescheid vom 22.11.2017, Zl.: XXXXdes BFA, wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Es wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen. Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung nach Mazedonien zulässig ist. Für die freiwillige Ausreise wurde eine Frist von 14 Tagen, ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung, eingeräumt. Dieser Bescheid wurde am 20.11.2017 durch Hinterlegung rechtmäßig zugestellt. Der Bescheid wurde jedoch vom BF nie behoben. Im Verwaltungsakt befindet sich ein Aktenvermerk des BFA vom 3.5.2018. Dieser Aktenvermerk lautet: "Gegen die VP wurde am 22.11.2017 ein falscher Bescheid erlassen (RKE nach § 52 Abs. 1 Z. 1 richtig ist Abs. 4 Z. 5. Der Bescheid wurde an der Wohnadresse hinterlegt am 27.11.2017 und nicht behoben".
Am 03.05.2018 erließ das BFA neuerlich einen Bescheid und führte darin aus das ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigt würden Gründen nicht erteilt wird. Es wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. Z 5 FPG erlassen. Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung nach Mazedonien zulässig ist und wiederum eine Frist von 14 Tagen zur freiwilligen Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt. Dieser Bescheid wurde am 08.05.2018 durch Hinterlegung zugestellt. Dieser Bescheid wurde offensichtlich vom BF auch behoben.
Am 31.10.2018 wurde der BF vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Gegenstand der Einvernahme war die Abklärung der Aufenthaltsgrundlage. Mit nunmehr im Spruch angeführten Bescheid des BFA, wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, es wurde festgestellt, dass die Abschiebung nach Mazedonien zulässig ist und es wurde wiederum eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft eingeräumt.
Am 28.11.2018 langte per Mail beim BFA die Beschwerde des BF durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung ein. Darin wurde beantragt nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, den beantragten Aufenthaltstitel zu zuerkennen. Als Beilage wurde die Anmeldung zur A2 Prüfung vorgelegt.
Die Beschwerdeeingabe samt dazugehörigen Verwaltungsakt wurde am 30.11.2018 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und traf dieser am 02.12.2018 ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Feststellungen (Sachverhalt):
Der relevante Sachverhalt ergibt sich aus den unter Punkt I. getroffenen Ausführungen.
Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt steht aufgrund der außer Zweifel stehenden und von den Parteien nicht beanstandeten Aktenlage fest.
Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFAVG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.
Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFAVG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zur Zurückverweisung:
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (Anmerkung: sog. Bescheidbeschwerden) dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).
Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg cit. nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Vor dem Hintergrund der soeben zitierten Bestimmung hatte die gegenständliche Entscheidung in Beschlussform zu ergehen.
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Insoweit erscheinen auch die von der höchstgerichtlichen Judikatur -soweit sie nicht die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung betrifft- anwendbar, weshalb unter Bedachtnahme der genannten Einschränkungen die im Erk. des VwGH vom 16.12.2009, GZ. 2007/20/0482 dargelegten Grundsätze gelten. Mängel abseits jener der Sachverhaltsfeststellung legitimieren das Gericht nicht zur Behebung aufgrund § 28 Abs. 3, 2. Satz (Erk. d. VwGH vom 19.11.2009, 2008/07/0167; vgl. auch Fischer/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), Anm. 11 zu § 28 VwGVG). Der VwGH hat nun zusammengefasst in ständiger Rechtsprechung betont, dass eine umfangreiche und detaillierte Erhebung des für die Entscheidung jeweils maßgebenden Sachverhaltes durch das Bundesasylamt als Asylbehörde erster und nunmehr auch letzter administrativbehördlicher Instanz durchzuführen ist.
Eine Zurückweisung der Sache gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher insbesondere dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. VwGH 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063).
Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Die Begründung eines Bescheides bedeutet die Bekanntgabe der Erwägungen, aus denen die Behörde zur Überzeugung gelangt ist, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (VwGH 23.11.1993, Zl. 93/04/0156; 13.10.1991, Zl. 90/09/0186; 28.07.1994, Zl. 90/07/0029).
Wie sich aus den folgenden Erwägungen ergibt, ist dies in der gegenständlichen Rechtssache vom Bundesamt jedoch in qualifizierter Weise unterlassen worden.
Das von der belangten Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren erweist sich in wesentlichen Punkten als mangelhaft:
Das BFA hat bereits mit Bescheid vom 22.11.2017 eine Rückkehrentscheidung gegen den BF erlassen. Dieser Bescheid wurde auch rechtmäßig durch Hinterlegung am 27.11.2017 zugestellt. Der BF hat den Bescheid offensichtlich nicht behoben und langte der Bescheid (RSa Sendung) mit der Anmerkung "retour nicht behoben" wieder beim BFA ein. Der erlassene Bescheid ist somit mit Ablauf des 25.12.2018 in Rechtskraft erwachsen.
Aus einem Aktenvermerk, welcher sich im Verwaltungsakt befindet vom 03.05.2018 geht hervor, dass der Bescheid vom 22.11.2017 aufgrund einer falschen Rechtsgrundlage erlassen wurde.
Fakt ist, dass gegen den BF ein neuer Bescheid erlassen wurde. Aufgrund welcher rechtlichen Grundlage dieser erlassen wurden, geht aus dem Aktenverlauf nicht hervor (ob der BF zu diesem Zeitpunkt das Bundesgebiet bereits verlassen hatte, sodass die Rückkehrentscheidung vom 22.11.2017 bereits konsumiert wurde, ist nicht bekannt. Sollte dies nicht der Fall gewesen sein, so wäre die Rückkehrentscheidung vom 22.11.2017 noch nicht vollzogen und die Erlassung einer neuen Rückkehrentscheidung nicht rechtmäßig). Dieser Bescheid wurde durch Hinterlegung am 08.05.2018 rechtmäßig zugestellt. Was mit dem bereits rechtswirksam zugestellten und in Rechtskraft befindlichen Bescheid vom 22.11.2017 geschehen ist, geht aus dem Akteninhalt nicht hervor bzw. wird dessen Existenz auch im gegenständlichen Bescheid ausgespart und nicht erwähnt.
Fakt ist, dass das BFA innerhalb der letzten 18 Monate nunmehr insgesamt 3 Rückkehrentscheidungen gegen den BF erlassen hat.
Der BF wurde zwar am 31.10.2018 vom BFA befragt, jedoch beschränkt sich diese Einvernahme auf eine Seite. Es wurden keinerlei Ermittlungen getätigt, seit wann der BF durchgehend im Bundesgebiet aufhältig ist bzw. wann und für wie lange er dieses verlassen hatte sowie wie lange ein rechtmäßiger Aufenthalt bestand. Um einen rechtmäßigen oder unrechtmäßigen Aufenthalt des BF feststellen zu können, hätte die belangte Behörde diesbezüglich Erhebungen führen müssen.
Auch das Abtun jeglicher familiärer und integrativeren Sachverhalte auf Seiten des BF im Rahmen der verpflichteten Interessenabwägung iSd. Art 8 EMRK, widerspricht einer adäquaten behördlichen Entscheidung. Die alleinige Tatsache, dass der BF gegenwärtig über keinen Aufenthaltstitel verfügt, kann dabei keinesfalls als Argument für die Verneinung eines Familienlebens iSd. Art 8 EMRK, bei einem festgestellten Familienleben - vermutlich bereits die letzten 5 Jahre in Österreich - und einem gemeinsamen Haushalt mit dieser sowie dass der BF hier Erwerbstätigkeiten aufweist, herangezogen werden. Vielmehr stellt Art 8 EMRK einzig auf das tatsächliche Bestehen eines solchen ab (vgl. Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 852 - 862, 860ff) und erklärt § 9 BFA-VG zudem das Familienleben zu einem relevanten Moment in einem Rückkehrentscheidungsverfahren.
Die belangte Behörde hat es unterlassen, auch diesbezüglich Ermittlungen hinsichtlich des Privat- und Familienlebens der BF anzustrengen und dieses in ihrer Entscheidung hinreichend zu würdigen. So hätte die belangte Behörde, allenfalls unter Einbeziehung des Vaters, die Intensität eines tatsächlichen Familienlebens näher zu ermitteln gehabt.
Laut VwGH habe die Behörde die Pflicht, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sein kann, einzugehen. Dabei dürfe diese sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen. (vgl. VwGH 14.4.2010, 2007/08/0134)
Auch hätte die belangte Behörde Ermittlungen im Hinblick auf im Herkunftsstaat bestehende Bezugspunkte anzustrengen gehabt. (Peter Chvosa, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007/74,
858f) Die belangte Behörde traf zwar Feststellungen, dass der BF das österreichische Bundesgebiet verlassen haben muss, da er sich einen neuen Reisepass in Mazedonien beschaffte sie stellte auch fest, wann er wieder ins Bundesgebiet einreiste, unterließ es jedoch Feststellungen zu treffen, wie lange er sich in Mazedonien aufgehalten hat und wie lange sein Aufenthalt im Bundesgebiet als rechtmäßig zu werten ist. Laut einem aktuellen ZMR Auszug geht hervor, dass der BF zumindest seit dem 16.12.2013 (5 1/2 ) im Bundesgebiet durchgängig mit Hautwohnsitz gemeldet ist.
Der VwGH vermeint dazu, dass im Rahmen eines Rückkehrentscheidungsverfahrens rückkehrbezogene im Herkunftsstaat gelegene Sachverhalte bei der Beurteilung des Privatlebens iSd. Art 8 EMRK Bedeutung zukomme, und diese in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen seien (vgl. VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119).
Angesichts der damit aufgezeigten fehlenden Ermittlungsschritte sowie bestehenden Begründungsmängel, erweist sich die Entscheidung der belangten Behörde, hinsichtlich der nicht hinreichenden Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes, vor dem Hintergrund der dem Verwaltungsverfahren innewohnenden Grundsätze, insbesondere jener der Offizialmaxime und der materiellen Wahrheit, (vgl. Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahren9 (2011), Rz 315ff), als mangelhaft. Der bloße Umstand, dass dem BF eine Mitwirkungspflicht trifft, entbindet die belangte Behörde jedoch keinesfalls von ihrer Pflicht den Sachverhalt hinreichend zu ermitteln. (vgl. VwGH 26.6.2008, 2004/06/0060; 27.1.2011, 2009/09/0189)
Aus Sicht des Gerichts verstößt das Vorgehen der belangten Behörde im konkreten Fall somit gegen die in § 37 iVm § 39 Abs. 2 AVG 2005 determinierten Ermittlungspflichten, wonach diese den maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und festzustellen hat.
Im gegenständlichen Fall ist der angefochtene Bescheid des BFA und dass diesem zugrundeliegende Verfahren aufgrund der Unterlassung der notwendigen Ermittlungen zu wesentlichen Punkten und hinreichender Begründung somit als mangelhaft zu bewerten. Weder erweist sich der Sachverhalt in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt, noch ergibt sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspräche. Im Gegenteil ist das Verfahren vor dem Bundesamt mit den oben dargestellten Mängeln behaftet. Weitreichende Erhebungen, welche grundsätzlich von der belangten Behörde durchzuführen sind, wären demnach durch das Bundesverwaltungsgericht zu tätigen. In Anbetracht des Umfanges der noch ausstehenden Ermittlungen würde deren Nachholung durch das erkennende Gericht ein Unterlaufen der vorgesehenen Konzeption des Bundesverwaltungsgerichtes als gerichtliche Rechtsmittelinstanz bedeuten. Besondere Gesichtspunkte, die aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichts gegen eine Kassation des angefochtenen Bescheides sprechen würden, sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar.
Zusammenfassend ist der belangten Behörde vorzuwerfen, dass sie die für die Begründung des Bescheides erforderliche Sorgfalt vermissen lässt und dieser damit nicht den Erfordernissen einer umfassenden und in sich schlüssigen Begründung einer abweisenden behördlichen Entscheidung entspricht (vgl. § 60 iVm. § 58 Abs. 2 AVG).
Das Bundesamt wird in dem neuerlich zu führenden Verfahren bezughabende Ermittlungsschritte, insbesondere im Hinblick des Art 8 EMRK Beachtung zukommender Sachverhalte, vorzunehmen, und den dabei erhobenen Sachverhalt, in Zusammenschau mit den Vorbringen des BF sowie der in Vorlage gebrachten Beweismittel, unter allfälliger Einvernahme des Vaters der BF, zu würdigen und die Rechtssache einer rechtskonformen Lösung zuzuführen haben. Des Weiteren hat der BF nun ein Zertifikat zur Sprachprüfung A2 in Vorlage gebracht.
Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Im gegenständlichen Verfahren konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, da das Bundesverwaltungsgericht die Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 Z 1 Halbsatz VwGVG als gegeben erachtet, zumal bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelleEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G306.2210821.1.00Zuletzt aktualisiert am
10.10.2019