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32/06 Verkehrsteuern;Norm
GrEStG 1987 §17 Abs1 Z1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 98/16/0116Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde der E-Bank-AG in E, vertreten durch Beck & Dörnhöfer, Rechtsanwälte OEG in Eisenstadt, Franz Liszt-Gasse 1, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 16. Februar 1998, Zlen. RV 0085-09/05/97 und GA 9-628/96, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 30.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Kaufvertrag vom 21. Dezember 1992 verkaufte die EB und HYPO-Bank Burgenland AG (in der Folge: AG) der EB und Hypo-ImmobilienvermietungsgesellschaftmbH (in der Folge: GmbH) die im Kaufvertrag näher bezeichneten Liegenschaften. Mit Bescheid vom 7. Jänner 1993 setzte das Finanzamt für diesen Erwerbsvorgang die Grunderwerbsteuer fest.
Mit Notariatsakt vom 12. September 1995 wurde zwischen den Vertragsparteien ein Verschmelzungsvertrag errichtet. Danach wird die GmbH durch Übertragung ihres Vermögens als Ganzes mit allen Rechten und Pflichten und unter Verzicht auf die Liquidation mit der AG verschmolzen. Für diesen Verschmelzungsvorgang wurden die umgründungssteuerrechtlichen Begünstigungen des Art. I Umgründungssteuergesetz in Anspruch genommen. Zum Zweck der Verschmelzung übertrug die GmbH der AG deren gesamtes Gesellschaftsvermögen mit allen Aktiven und Passiven im Wege der Gesamtrechtsnachfolge und unter Inanspruchnahme der umgründungssteuerrechtlichen Begünstigungen des Art. I Umgründungssteuergesetz. Mit dem Bilanzstichtag (31.12.1994) wurde die GmbH aufgelöst und ihr Vermögen war als Ganzes unter Verzicht auf die Liquidation auf die AG übergegangen. Die GmbH war Alleineigentümerin der im Notariatsakt angeführten Liegenschaft und erteilte mit dem Notariatsakt die Einwilligung, daß auf Grund dieses Vertrages ohne ihr weiteres Wissen und Einvernehmen die im Notariatsakt genannte Liegenschaft zur Gänze für die AG einverleibt werde.
Mit Bescheid vom 13. Februar 1996 wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 29. November 1995 auf Rückvergütung der mit Bescheid vom 7. Jänner 1993 vorgeschriebenen Grunderwerbsteuer gemäß § 17 Abs. 1 GrEStG nicht stattgegeben (Zl. 98/16/0115). Mit weiterem Bescheid vom 11. März 1996 wurde für den Erwerbsvorgang - Verschmelzungsvertrag vom 12. September 1995 - gemäß § 7 Z. 3 GrEStG 1987 ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 13,904.000,-- und einem Grunderwerbsteuersatz von 3,5 % Grunderwerbsteuer in der Höhe von S 486.640,-- festgesetzt (Zl. 98/16/0116).
Die gegen diese Bescheide erhobenen Berufungen wies die belangte Behörde mit den angefochtenen Bescheiden als unbegründet ab. Dies im wesentlichen mit der Begründung, "aus dem Verschmelzungsvertrag sei nicht auszumachen, daß damit lediglich (primär) die Rückführung der Liegenschaft, um den ursprünglichen Kaufvertrag vom 21. Dezember 1992 ungeschehen zu machen, bezweckt" worden sei. "Die Gesamtheit der Bestimmungen des Verschmelzungsvertrages" wiesen "in die Richtung einer besseren zukünftigen wirtschaftlichen Nutzung, denn Rückgängigmachung". Da das Tatbestandsmerkmal der "Rückgängigmachung" nicht erfüllt sei, liege mit dem Verschmelzungsvertrag ein weiterer Erwerbsvorgang vor.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, mit denen Rechtswidrigkeit des Inhalts und in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Nichtfestsetzung bzw. Rückerstattung der Grunderwerbsteuer verletzt.
Die belangte Behörde erstattete Gegenschriften, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.
Im Beschwerdefall Zl. 98/16/0115 nahm die Beschwerdeführerin zur Gegenschrift Stellung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerdefälle zur gemeinsamen Beratung verbunden und danach erwogen:
Gemäß § 17 Abs. 1 Z. 1 GrEStG wird die Steuer auf Antrag nicht festgesetzt, wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts oder eines Wiederkaufsrechtes rückgängig gemacht wird.
Ist zur Durchführung einer Rückgängigmachung zwischen dem seinerzeitigen Veräußerer und dem seinerzeitigen Erwerber ein Rechtsvorgang erforderlich, der selbst einen Erwerbsvorgang nach § 1 darstellt, so gelten nach § 17 Abs. 2 GrEStG die Bestimmungen des Abs. 1 Z. 1 und 2 sinngemäß.
Bei den Ansprüchen aus § 17 GrEStG auf Nichtfestsetzung der Steuer oder Abänderung der Steuerfestsetzung handelt es sich um selbständige (gegenläufige) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, die den ursprünglichen Steueranspruch unberührt lassen. Zweck der Bestimmung ist es, Vorgänge nicht mit Steuer zu belasten, deren wirtschaftliche Auswirkungen von den Beteiligten innerhalb der im Gesetz gesetzten Frist wieder beseitigt werden (vgl. hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1998, Zl. 97/16/0345).
§ 17 GrEStG stellt eine Ausnahme von dem für die Verkehrsteuern geltenden Grundsatz dar, daß die einmal entstandene Steuerpflicht durch nachträgliche Ereignisse nicht wieder beseitigt werden soll. Das Gesetz läßt die Festsetzung der Abänderung der Steuer nur in den in den Absätzen 1 bis 3 des § 17 GrEStG ausdrücklich umschriebenen Fällen zu (vgl. hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1993, Zl. 92/16/0160).
Eine Parteienvereinbarung nach § 17 Abs. 1 Z. 1 GrEStG muß zwischen denselben Vertragsparteien abgeschlossen werden, zwischen denen der seinerzeitige Erwerbsvorgang vereinbart wurde (vgl. hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1997, Zl. 97/16/0024).
Bei der rechtlichen Beurteilung, ob das Tatbestandsmerkmal einer Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges im Sinne der in Rede stehenden Bestimmung vorliegt, kommt es nur darauf an, daß der Verkäufer jene Verfügungsmacht über das Grundstück, die er vor Vertragsabschluß innegehabt hat durch einen der im § 17 Abs. 1 GrEStG genannten Rechtsvorgänge wiedererlangt (vgl. hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1998, Zl. 97/16/0345).
Die Rückgängigmachung hat innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld zu erfolgen. Die dreijährige Frist des § 17 Abs. 1 Z. 1 GrEStG beginnt mit der Entstehung der Steuerschuld (vgl. hg. Erkenntnis vom 18. April 1997, Zlen. 97/16/0047, 0048).
Die Bestimmung des § 17 Abs. 2 GrEStG bedeutet, daß eine Vereinbarung über die Rückgängigmachung eines der Grunderwerbsteuer unterliegenden Verpflichtungsgeschäftes, wie auch der eigentliche Rückerwerb eines Grundstückes, somit der actus contrarius von der Grunderwerbsteuer unter der Voraussetzung frei bleiben, daß zwischen dem ursprünglichen Erwerbsvorgang und dem nunmehrigen Rechtsvorgang im Falle des § 17 Abs. 1 Z. 1 GrEStG nicht mehr als drei Jahre verstrichen sind und die Nichtfestsetzung innerhalb der im § 17 Abs. 5 vorgesehenen Frist beantragt wird (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II 3. Teil, Grunderwerbsteuergesetz 1987, Rz 51 zu § 17 GrEStG 1987).
Mit dem zwischen den Vertragsparteien des Kaufgeschäftes abgeschlossenen Verschmelzungsvertrag gelangten an die GmbH veräußerte Grundstücke wieder in die Verfügungsmacht der AG zurück. Der durch den Kaufvertrag im Dezember 1992 begründete Erwerbsvorgang wurde innerhalb von drei Jahren durch den weiteren Erwerbsvorgang betreffend dieselbe Liegenschaft - durch den mit Notariatsakt vom 12. September 1995 errichteten Verschmelzungsvertrag - rückgängig gemacht. Voraussetzung für die Steuerfreiheit nach § 17 Abs. 1 Z. 1GrEStG und die Nichtfestsetzung der Grunderwerbsteuer nach § 17 Abs. 2 GrEStG ist nicht, daß das den vorangegangenen Erwerbsvorgang begründende Verpflichtungsgeschäft aufgehoben wird oder der actus contrarius das gleiche Verpflichtungsgeschäft wie das vorangegangene ist. Es kommt auch entgegen der Ansicht der belangten Behörde nicht darauf an, ob mit der getroffenen Vereinbarung primär die Rückführung der Liegenschaft bezweckt oder ob der Verschmelzungsvertrag primär zu einer "besseren zukünftigen wirtschaftlichen Nutzung" geschlossen wurde. Das Gesetz stellt nämlich nicht darauf ab, daß die Rückgängigmachung des Liegenschaftserwerbs der Hauptzweck der Verschmelzung nach dem Umgründungssteuergesetz sein müsse (vgl. Urteil des BFH vom 6. Dezember 1978, II R 81/73, BFHE 127/65).
Da die belangte Behörde verkannte, daß die Voraussetzungen der Steuerfreiheit nach § 17 Abs. 1 Z. 1 GrEStG für den ersten Erwerbsvorgang und der Nichtfestsetzung nach § 17 Abs. 2 GrStG für den zweiten Erwerbsvorgang vorlagen, belastete sie die angefochtenen Bescheide mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung konnte im Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 29. Oktober 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998160115.X00Im RIS seit
04.01.2002