Entscheidungsdatum
23.08.2019Norm
BFA-VG §22a Abs4Spruch
W186 2222478-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. PUTZER als Einzelrichterin im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl 457102808-190411959, über die weitere Anhaltung von XXXX , geb. XXXX, StA. Indien, in Schubhaft zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG idgF iVm § 76 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.
II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge: BF) reiste 2007 illegal nach Österreich und stellte einen Asylantrag, welcher am 20.02.2008 in I. Instanz und am 25.06.2008 in II. Instanz rechtskräftig abgewiesen worden ist. Er lebte illegal in Österreich weiter und kam der Ausreiseverpflichtung nicht nach. Drei "Asylfolgeanträge aus dem Zeitraum 2014 bis 2016" wurden zurückgewiesen.
Der auferlegten Wohnsitzauflage vom 25.09.2018 leistete der BF keine Folge. Ebenso kam er dem Mitwirkungsbescheid vom 22.01.2019 "zum Ausfüllen der Formblätter" nicht nach. Seit 14.02.2019 verfügte der BF über keinen gemeldeten Wohnsitz mehr und war "untergetaucht".
Am 09.04.2019 wurde der BF von der LPD angetroffen, festgenommen und es wurde die Beugehaft über ihn verhängt. Dies wurde Ihnen im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vom 23.04.2019 mitgeteilt.
2. Verhängung der Schubhaft:
Mit Bescheid vom 23.04.2019 verhängte die Behörde Schubhaft über den BF und befand dabei Folgendes:
"Sie sind ledig und haben keine Sorgepflichten. Sie sind nicht beschäftigt und Ihre Identität steht nicht fest, da Sie keinen Reisepass zur Vorlage bringen konnten. Sie sind indischer Staatsangehöriger.
Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:
Ihr illegaler Aufenthalt ist als erwiesen anzusehen. Sie reisten 2007 illegal nach Österreich und stellten einen Asylantrag, welcher am 25.06.2008 in II. Instanz rechtskräftig abgewiesen worden ist. Sie lebten illegal in Österreich weiter und kamen der Ausreise nicht nach.
Sie kamen der freiwilligen Ausreise nicht nach und zeigen auch jetzt durch Ihr Verhalten, dass Sie unwillig in Bezug auf die Ausreise sind. Es muss daher zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt werden.
Zu Ihrem bisherigen Verhalten:
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Sie reisten illegal nach Österreich ein.
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Sie gehen keiner Erwerbstätigkeit bzw. Beschäftigung nach.
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Sie verfügen über keine Meldeadresse. Sie nächtigen an unbekannter Stelle und kamen bis dato Ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nach.
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Es wurde bereits eine Ausweisung/Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen.
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Sie verfügen laut Effekten über Euro 10.-, wobei dieser Bargeldbetrag nicht ausreicht, um Ihren Lebensunterhalt langfristig zu sichern.
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Sie stellten einen unbegründeten Asylantrag und tauchten unter.
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Es konnten weder familiäre noch soziale Bindungen festgestellt werden.
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Sie verfügen über keinen Reisepass.
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Sie wirken am anhängigen Verfahren zur Erlangung von Dokumenten nicht mit und wurden in Beugehaft genommen.
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Der Wohnsitzauflage kamen Sie nicht nach.
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Sie wurden bereits zwei Mal strafrechtlich verurteilt.
Zu Ihrem Privat- und Familienleben:
Sie haben weder familiäre noch private Bindungen. Sie sind in Österreich weder beruflich noch sozial verankert. Es besteht auch kein schützenswertes Privatleben.
D) Beweiswürdigung
Die von der Behörde getroffenen Feststellungen resultieren aus dem Inhalt Ihres BFA-Aktes, Zl 457102808.
E) Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG können Fremde festgenommen oder angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder um die Abschiebung zu sichern. Für die Anordnung der Schubhaft muss Fluchtgefahr und Verhältnismäßigkeit vorliegen.
Wird gemäß § 76 Abs. 5 FPG eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
Die Schubhaft ist mit Bescheid anzuordnen, dieser ist gem. § 57 AVG zu erlassen. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gem. § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
In Ihrem Fall liegt ein illegaler Aufenthalt vor und sind illegal in Österreich verblieben. Die Ausweisung/Rückkehrentscheidung ist seit 25.06.2008 rechtskräftig. Sie sind ausreiseunwillig und halten sich nicht an die fremdenpolizeilichen Bestimmungen. Es muss zur Sicherung der Abschiebung diese Entscheidung getroffen werden.
Die Schubhaft dient der Sicherung der angeführten Verfahren bzw. der Sicherung der Abschiebung. Zur Prüfung der Fluchtgefahr ist auf alle Umstände des konkreten Falles Bedacht zu nehmen, um die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens, als schlüssig anzusehen. Dabei kommt insbesondere auch dem bisherigen Verhalten des Fremden Bedeutung zu (VwGH 27.2.2007, 2006/21/0311). Von einer Anordnung der Schubhaft ist Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist. So ist eine verfassungsrechtlich gebotene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen (VfGH 24.6.2006, B362/06). In diesem Zusammenhang sind die Kriterien gem. § 76 Abs. 3 FPG zu beachten.
1. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
Sie entzogen sich aus der Grundversorgung und kamen der verpflichteten Ausreise nicht nach. Sie haben jetzt auch wieder keine Meldeadresse und leben im Verborgenen und entziehen sich somit dem fremdenpolizeilichen Verfahren. Am Verfahren zur Erlangung von Dokumenten wirkten Sie nicht mit, womit Sie die Rückkehr oder Abschiebung behindern.
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
Dem Mitwirkungsbescheid vom 22.01.2019 zum Ausfüllen der Formblätter kamen Sie nicht nach, weshalb die Beugehaft verhängt worden ist.
2. ob der Fremde entgegen eines aufrechten Einreiseverbots, eines aufrechten Aufenthaltsverbots oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
Es besteht eine rechtskräftige Ausweisung/Rückkehrentscheidung vom 25.06.2008
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
Zum Zeitpunkt der Asylantragstellung bestand bereits eine rechtskräftige Ausweisung.
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen zur Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
Der auferlegten Wohnsitzauflage vom 25.09.2018 leisteten Sie keine Folge.
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
Es bestehen in Ihrem Fall weder familiäre Beziehung, noch gehen Sie einer Erwerbstätigkeit nach oder sind Existenzmittel vorhanden.
Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende
Kriterien in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr:
Kriterien: 1, 1a, 3, 8 und 9
Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung insbesondere auch ein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an der baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit überwiegt.
Sie wurden bereits zwei Mal strafrechtlich verurteilt.
Sie reisten illegal nach Österreich ein und Sie hielten sich illegal in Österreich auf. Eine Ausweisung/Rückkehrentscheidung wurde nach Abweisung des Asylantrages rechtskräftig erlassen und Sie haben sich in der Vergangenheit schon dem Verfahren entzogen, indem Sie sich aus der Grundversorgungsstelle unerlaubt entfernten und der Ausreise nicht nachkamen. Der Ausreise kamen Sie aber nicht nach und tauchten stattdessen unter. Ladungen leisteten Sie keine Folge, waren an der gemeldeten Adresse nicht greifbar und entzogen sich somit dem Verfahren. Sie versuchten damit die Behörden zu täuschen und sich dem Zugriff zu entziehen. Sie sind unsteten Aufenthaltes und leben im Verborgenen. Aufforderungen der Behörde notwendige Formulare auszufüllen oder eine Unterkunft in der Rückkehreinrichtung zu nehmen, leisteten Sie keine Folge. Des Weiteren sind Sie mittellos und nicht in der Lage für Ihren Unterhalt oder weiteren Aufenthalt aufzukommen. Ihr Verhalten zeigt eindeutig Ihren Unwillen sich der österreichischen Rechtlage zu unterwerfen und der Ausreise nachzukommen. Eine Entlassung würden Sie nur wieder zum Untertauchen und zur Prolongierung Ihres Aufenthaltes benützen. Sie haben keinen sozialen Bezug zu Österreich. Ein schützenswertes Familie- und/oder Privatleben wurde von Ihnen nicht angegeben und konnte auch nicht festgestellt werden. Ihre vorhandenen Barmittel sind viel zu gering, dass Sie in der Lage wären, Ihren Lebensunterhalt zu sichern. Sie können aus Eigenen weder Ihre Ausreise noch Ihren Aufenthalt selbst finanzieren.
Sie waren für die ha. Behörde schon des Öfteren nicht greifbar und hielten sich illegal im Bundesgebiet auf. Es besteht daher die Gefahr, dass Sie bei einer Entlassung wieder untertauchen, da Sie bereits in der Vergangenheit untergetaucht sind. Ihr persönliches Verhalten zeigt eindeutig, dass Sie bestehende Rechtsvorschriften nicht beachten und jede Gelegenheit dazu benutzen, um Ihren illegalen Aufenthalt in Österreich fortzusetzen. So fehlt es an der notwendigen Vertrauenswürdigkeit Sie wieder freizulassen. Ihr bisheriges Verhalten bestätigt das eines illegal aufhältigen Fremden, der nicht gewillt ist aus dem Bundesgebiet auszureisen.
Eine Fluchtgefahr liegt somit begründet vor.
Daher ist die Entscheidung auch verhältnismäßig, da Ihnen bewusst war, dass Sie sich illegal in Österreich aufhalten und dass Sie Ausreisen müssen.
Trotz Kenntnis Ihres unrechtmäßigen Aufenthaltes sind Sie nicht freiwillig aus Österreich ausgereist. Das beharrliche unrechtmäßige Verbleiben eines Fremden im Bundesgebiet bzw. ein länger dauernder unrechtmäßiger Aufenthalt stellt jedoch eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf die Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens dar, was wiederum eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gegen den Fremden als dringend geboten erscheinen lässt (vgl. VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190). Die Voraussetzungen im gegenständlichen Fall liegen ebenso vor.
Die Schubhaft ist somit als verhältnismäßig anzusehen.
Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hin künftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.
Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.
Wie bereits eingehend begründet, verfügen über keine behördliche Meldung. Sie würden an nicht näher bekannten Adressen unangemeldet nächtigen. Sie waren daher für die ha. Behörde nicht greifbar, versuchten sich dem Verfahren zu entziehen und die Behörde zu täuschen. Sie verfügen über zu geringe eigene Barmittel, die eine längerfristige Sicherung Ihres Lebensunterhaltes nicht gewährleisten. Sie haben weder familiäre, berufliche noch soziale Bindungen in Österreich. Es liegt daher ein berechtigter Verdacht vor, dass Sie eine Entlassung nur dazu benützen werden, um weiterhin in Österreich zu verbleiben und sich durch Untertauchen einem behördlichen Zugriff entziehen. Sie kamen auch in der Vergangenheit den Auflagen und Aufforderungen der Behörde nicht nach.
Bei der Prüfung der Fluchtgefahr ist auch ein massives strafrechtliches Verhalten des Fremden in Bezug auf Gewalt- und Vermögensdelikte in Verbindung mit der wegen seiner Mittellosigkeit naheliegenden Wiederholungsgefahr einzubeziehen (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276). Der VwGH hat auch ausgesprochen, dass eine erhebliche Deliquenz des Fremden das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität einer baldigen Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276).
01) LG F.STRAFS.WIEN 061 HV 98/2010t vom 29.06.2017 RK 04.07.2017
§ 229 (1) StGB
§ 15 StGB § 269 (1) 1. Fall StGB
§§ 83 (1), 84 (2) StGB
§ 231 (1) StGB
Datum der (letzten) Tat 21.04.2010
Freiheitsstrafe 5 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre
02) LG F.STRAFS.WIEN 061 HV 98/2010t vom 23.11.2017 RK 28.11.2017
§ 134 (1) StGB
§§ 83 (1), 84 (1) idF BGBL Nr 60/1974 StGB
Datum der (letzten) Tat 24.11.2011
Freiheitsstrafe 3 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre
Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf LG
F.STRAFS.WIEN
061 HV 98/2010t RK 04.07.2017
Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.
Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.
Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio - Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.
Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden.
Sie haben Ihren Aufenthalt bisher auch schon mehrmals im Verborgenen verbracht und hatten keine gemeldete Adresse, um sich den Verfahren vor der Behörde zu entziehen. Sie missachteten die bestehenden fremdenpolizeilichen Vorschriften und trachten danach Ihren illegalen Aufenthalt in Österreich fortzusetzen. Sie haben keinen Willen auszureisen und auch zu geringe Barmittel. Sie sind wissentlich illegal im Bundesgebiet verblieben und kamen der freiwilligen Ausreise bereits nach Abschluss des Asylverfahrens nicht nach. Es ist daher festzustellen, dass Sie nicht bereit sind behördlichen Auflagen Folge zu leisten und ist daher zu befürchten, dass Sie untertauchen und sich der Abschiebung entziehen werden. Zur Sicherung der Abschiebung musste diese Maßnahme getroffen werden.
Mit der Erlassung eines gelinderen Mittels kann in Ihren Fall nicht das Auslangen gefunden werden.
Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima - ratio - Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.
Es ist weiters aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind.
Sie haben keine Angaben zu etwaigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen gemacht. Es liegen keine Gründe einer Haftunfähigkeit vor.
Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist."
3. Mit Schreiben vom 16.08.2019 legte das Bundesamt dem Bundesverwaltungsgericht den Verwaltungsakt (Schubhaftakt) vor und ersuchte um Bestätigung der Fortsetzung der Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG.
Dabei wurde Folgendes vorgebracht:
"Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erlaubt sich die Akten zur amtswegigen Überprüfung der Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG vorzulegen.
Die Person befindet sich seit 23.04.2019 durchgehend in Schubhaft.
Die Frist zur Entscheidung über die Fortsetzung der Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG endet daher mit 23.08.2019.
Die amtswegigen Haftprüfungen durch das BFA gemäß § 80 Abs. 6 FPG wurden am 21.05.2019, 13.06.2019, 06.07.2019 sowie am 14.08.2019 vorgenommen.
Das BFA verweist auf den Schubhaftbescheid vom 23.04.2019 sowie die niederschriftliche Einvernahme der Person vom 23.04.2019.
Das BFA erlaubt sich auf folgende Aspekte besonders hinzuweisen:
• XXXX reiste 2007 illegal nach Österreich und stellte einen Asylantrag, welcher am 20.02.2008 in I. Instanz und am 25.06.2008 in II. Instanz rechtskräftig abgewiesen worden ist.
• XXXX lebte illegal in Österreich weiter und kam der Ausreise nicht nach. Weitere drei Asylfolgeanträge aus dem Zeitraum 2014 bis 2016 wurden zurückgewiesen.
• Der auferlegten Wohnsitzauflage vom 25.09.2018 leisteten XXXX keine Folge. Ebenso dem Mitwirkungsbescheid vom 22.01.2019 zum Ausfüllen der Formblätter kamen XXXX nicht nach.
• Seit 14.02.2019 verfügt XXXX über keinen gemeldeten Wohnsitz und war untergetaucht.
• Am 09.04.2019 wurde XXXX von der LPD beim illegalen Aufenthalt angetroffen, festgenommen und wurde die Beugehaft über Ihn verhängt.
• XXXX wurde bereits zwei Mal strafrechtlich verurteilt.
• XXXX wirkt am anhängigen Verfahren zur Erlangung von Dokumenten vorerst nicht mit und wurde deswegen bereits in Beugehaft genommen.
• Es konnten weder familiäre noch soziale Bindungen festgestellt werden.
• XXXX verfügt über keinen Reisepass und ist mittellos.
• Es wurde bereits eine Ausweisung/Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen.
• XXXX geht keiner Erwerbstätigkeit bzw. Beschäftigung nach.
• Am 24.04.2019 wurde ein Neuantrag mit den jetzt unterschriebenen Formblättern bei den indischen Behörden gestellt und konnte am 07.06.2019 ein Interviewtermin realisiert werden. Seine Daten werden in Indien überprüft und wurde seitens der HRZ Abteilung des BFA zuletzt am 10.07.2019 persönlich urgiert.
• Nach Rücksprache mit der HRZ Abteilung am 16.08.2019 ist die Ausstellung eines Dokumentes in absehbarer Zeit realistisch.
• Das bisherige Verhalten spricht XXXX jede Vertrauenswürdigkeit ab.
Das BFA ersucht daher höflich um Genehmigung der Fortsetzung der Schubhaft, da die Person sich bisher unkooperativ verhalten hat und die bisherige Schubhaftdauer alleine den Handlungen der Partei zuzurechnen sind, welche nur darauf abzielen, eine Abschiebung zu verhindern."
Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zu Grunde gelegt:
Bezüglich des Beschwerdeführers liegt eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. An den Gründen, die zur Anordnung der Schubhaft und insbesondere zur (amtswegig geprüften) Aufrechterhaltung der Schubhaft geführt haben, hat sich nichts geändert. Von der Rückführung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat ist nach wie vor in zumutbarer Zeit zu rechnen.
Der Beschwerdeführer ist haftfähig.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die Feststellungen zum Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichts. Zweifel an der Haftfähigkeit des Beschwerdeführers sind zwischenzeitlich nicht hervorgekommen.
II. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt I. (Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft):
Entsprechend dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 - FrÄG 2015 vom 18.06.2015, BGBl. I Nr. 70/2015, lautet §22a Abs. 4 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) wie folgt:
§ 22a. (4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
§22a Abs. 4 bildet im gegenständlichen Fall die formelle Grundlage, da der Beschwerdeführer seit 01.12.2017 in Schubhaft angehalten wird.
Die in diesem Zusammenhang maßgeblichen (innerstaatlichen) verfassungsrechtlichen Bestimmungen des Art 5 Abs. lit. f EMRK und des Art 2 Abs. 1 Z. 7 PersFrBVG sowie einfachgesetzlichen Normen des mit 20. Juli 2015 im Rahmen des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2015 - FrÄG 2015 in Kraft getretenen Fremdenpolizeigesetzes 2005 lauten:
Art 5 Abs. 1 lit. f
(1) Jedermann hat ein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf einem Menschen nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:
f) wenn er rechtmäßig festgenommen worden ist oder in Haft gehalten wird, um ihn daran zu hindern, unberechtigt in das Staatsgebiet einzudringen oder weil er von einem gegen ihn schwebenden Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren betroffen ist.
Art 2 Abs. 1 Z. 7 PersFrBVG
(1) Die persönliche Freiheit darf einem Menschen in folgenden Fällen auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:
7. wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern.
(1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
Gemessen also an § 76 Abs. 3, konkret an dessen ersten Satz "liegt eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 - immer noch - vor, da "bestimmte Tatsachen", nämlich jene bereits im Rahmen der angeführten Beweiswürdigung relevierten, indizieren, dass sich der Beschwerdeführer einer drohenden Abschiebung nach Indien entziehen wird.
Hinzugekommen ist auch noch, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nun unmittelbar bevorsteht.
Mit der Verhängung gelinderer Mittel kann dementsprechend weiterhin nicht das Auslangen gefunden werden. Darüber hinaus steht die Abschiebung des Beschwerdeführers zum gegenwärtigen Zeitpunkt binnen weniger Wochen bevor, weshalb sich daraus auch ein verdichteter Sicherungsbedarf ergibt.
Der Beschwerdeführer war bei Anordnung der Schubhaft haftfähig und ist dies auch weiterhin.
Aus diesen Gründen ist festzustellen, dass im Zeitpunkt der Entscheidung die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.
Zu Spruchpunkt II. (Revision):
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Aufgrund der reinen Tatsachenlastigkeit des gegenständlichen Falles - es sind keine Rechtsfragen, schon gar nicht von grundsätzlicher Bedeutung hervorgekommen - war die Revision für nicht zulässig zu erklären.
Schlagworte
Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, öffentliche Interessen,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W186.2222478.1.00Zuletzt aktualisiert am
10.10.2019