TE Vwgh Erkenntnis 1998/10/29 96/20/0203

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Veröffentlicht am 29.10.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §18 Abs2;
AVG §18 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Nowakowski und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Grubner, über die Beschwerde des A Z in Wien, geboren am 10. Oktober 1967, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/II/23, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. August 1995, Zl. 4.322.944/13-III/13/95, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. August 1995 wurde in Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers, eines pakistanischen Staatsangehörigen, der am 7. September 1991 in das Bundesgebiet eingereist war und noch am selben Tag den Asylantrag gestellt hatte, gegen die Erledigung der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 15. Mai 1992, mit welcher festgestellt worden war, daß der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Zuerkennung seiner Flüchtlingseigenschaft nicht erfülle, festgestellt, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling sei, weil bei ihm der Ausschließungsgrund des Art. 1 Abschnitt C Z. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention vorliege. Dem lag der Umstand zugrunde, daß sich der Beschwerdeführer von der Pakistanischen Botschaft in Wien am 18. Mai 1993 einen pakistanischen Reisepaß hatte ausstellen lassen, was die belangte Behörde als "freiwillige Unterschutzstellung" im Sinne der zitierten Bestimmung der Genfer Flüchtlingskonvention wertete.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer die nun vorliegende Beschwerde. Aus den von der belangten Behörde auftragsgemäß im Vorverfahren vorgelegten Verwaltungsakten ergaben sich für den Verwaltungsgerichtshof Zweifel an der Bescheidqualität der Erledigung erster Instanz, die den Parteien mit Berichterverfügung vom 20. April 1998 zur Stellungnahme bekanntgegeben wurden. Seitens der belangten Behörde erfolgte keine inhaltliche Äußerung, der Beschwerdeführer vertrat die Ansicht, dem "Bescheid" der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 15. Mai 1992 mangle die Bescheidqualität, weshalb die Berufungsbehörde keine Zuständigkeit erlangt und als unzuständige Behörde entschieden habe.

In Ergänzung der Berichterverfügung vom 20. April 1998 wurde den Parteien durch Senatsbeschluß gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz VwGG Gelegenheit gegeben, sich zur vorläufigen Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes zu äußern, der im Verwaltungsakt Blatt 36 befindliche handschriftliche Vermerk "neg. Bescheid", dem eine unleserliche Paraphe und der Datumsstempel 14. Mai 1992 beigefügt sind, stamme nicht erkennbar von derjenigen Person, die im "Bescheid" (Blatt 37 verso) mit Maschinschrift als Genehmigender genannt sei. Eine auf Blatt 37 verso oberhalb des maschinschriftlichen Namens mit dem Zusatz "gez.f.d.R." angebrachte Unterschrift stamme - wie schon in der Berichterverfügung vom 20. April 1998 dargestellt - erkennbar nicht von der maschinschriftlich als Genehmigender ausgewiesenen Person, sondern von einer weiteren Person.

Mit Eingabe vom 30. Juli 1998 nahm die belangte Behörde nunmehr dazu dahingehend Stellung, "daß der Genehmigende des 'Bescheides' der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 15. 5.1992, Zl IV - 84771- AF/92, nicht identisch mit dem auf der Ausfertigung des 'Bescheides' aufscheinenden Organwalter" sei, "somit ein Nichtbescheid erster Instanz vorzuliegen scheine, welcher Umstand im Bundesministerium für Inneres bei der Erlassung des verfahrensgegenständlichen Berufungsbescheides übersehen worden sein dürfte".

Aufgrund dieser Sachlage hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Vorweg ist klarzustellen, daß kein Anwendungsfall des § 44 Abs. 2 Asylgesetz 1997 vorliegt, weil das Verfahren erster Instanz am 1. Juni 1992 noch anhängig war, das AsylG 1991 gemäß § 25 Abs. 1 und 2 leg. cit. im Beschwerdefall nicht anzuwenden war.

Gemäß § 18 Abs. 2 AVG erfolgt die Genehmigung einer Erledigung durch die Unterschrift des Genehmigenden. Davon kann jedoch abgesehen werden, wenn sichergestellt ist, daß derjenige, der die Genehmigung erteilt hat, auf andere Weise festgestellt werden kann.

"Sichergestellt" im Sinne dieser Gesetzesbestimmung bedeutet aber, daß der Genehmigende zum Zeitpunkt der Genehmigung eigenhändig einen Vorgang setzt, der einerseits die genehmigte Erledigung in der Zukunft jederzeit dem Genehmigenden zurechenbar und andererseits die genehmigte Erledigung faktisch unabänderlich macht. "Sichergestellt" bedeutet aber auch, daß im nachhinein keine Zweifel über den Genehmigungsvorgang entstehen dürfen.

In diesem Sinne ist weder der Erledigung vom 15. Mai 1992 (Blatt 37 verso des Verwaltungsaktes), die eine Unterfertigung des als "Genehmigenden" Genannten nicht enthält (sondern lediglich den von einer anderen Person unterschriebenen Zusatz "f.d.R."), noch jenem, von einer dritten Person paraphierten Vermerk vom 14. Mai 1992 "neg. Bescheid" (Blatt 36) eine eindeutige Zuordnung dieser Paraphe zur Person, deren Name auf der Bescheidausfertigung als Genehmigender wiedergegeben ist, zu entnehmen. Nach der Aktenlage und dem Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist vielmehr davon auszugehen, daß der erstinstanzliche Bescheid nicht von jenem Organwalter genehmigt wurde, dessen Name als Genehmigender auf der Erledigung angegeben ist. Ein Bescheid im Rechtssinn ist daher nicht zustandegekommen.

Mangels Vorliegens eines erstinstanzlichen Bescheides war der eine Sacherledigung der Berufung beinhaltende angefochtene Bescheid der belangten Behörde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Daher muß auch nicht mehr untersucht werden, ob dem Vermerk auf Blatt 36 ("neg. Bescheid") vom 14. Mai 1992 überhaupt Bescheidqualität hätte zukommen können.

Bei dieser Sach- und Rechtslage konnte von einer Auseinandersetzung mit den vom Beschwerdeführer vorgetragenen, die Sache selbst betreffenden Beschwerdeausführungen Abstand genommen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 29. Oktober 1998

Schlagworte

Unterschrift des Genehmigenden

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996200203.X00

Im RIS seit

21.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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